VwGH vom 28.04.2011, 2010/07/0021

VwGH vom 28.04.2011, 2010/07/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des RM in O, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-MIX/42/5037/2009-13, betreffend Schließung nach § 62 Abs. 2a und 2c AWG 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Deponie zur Lagerung von "Aushub und Bauschutt in Form der Wiederanschüttung" in W, "R-Berg", nächst der B-Straße. Diese wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (LH) vom gemäß § 32 Abs. 2 lit. c iVm § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 bewilligt.

Mit Schreiben an das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung (MA) 22-Umweltschutz vom teilte der Beschwerdeführer mit, dass er im Kalenderjahr 2007 "ca. 31.600 Tonnen recycelbare mineralische Hochbaurestmassen" mit der Schlüsselnummer 31.409 übernommen und recycliert habe.

Das Amt der Wiener Landesregierung, MA 22 führte am eine Verhandlung zwecks "Überprüfung der Aufzeichnungen nach § 17 AWG 2002" durch. Aus der Niederschrift ergibt sich, dass der Beschwerdeführer auf dem Deponiegelände eine Baurestmassenaufbereitungsanlage betreibe. In der Aufbereitungsanlage würden nicht gefährliche Abfälle - Baurestmassen - zerkleinert. Am Ende der Behandlung entstehe in dieser Anlage sofort ein "marktfähiger Stoff", der bis zum Abtransport zwischengelagert und dann verkauft werde. Nach Prüfung der Sachlage sei bereits seitens der MA 22 festgehalten worden, dass es sich um eine Anlage nach § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 handle. Diese Anlage sei nach § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig, weshalb das Verfahren zur Genehmigung dieser Anlage am an das Magistratische Bezirksamt für den X Bezirk abgetreten worden und dort derzeit noch anhängig sei. Nach Angaben des Beschwerdeführers werde die Tätigkeit der Deponierung seit etwa 7 Jahren nicht mehr ausgeübt. Eine entsprechende Meldung sei bereits 2001 an die MA 58 (Wasserrecht) ergangen. Es sei ein Verfahren bei der MA 58 bezüglich der Oberflächenabdichtung anhängig. Zurzeit werde auf der Deponie die Behandlertätigkeit der Baurestaufbereitung betrieben. Das aufbereitete Material werde auf der Deponie zwischengelagert.

Am fand eine Verhandlung bei der MA 58 statt. Der Niederschrift dieser Verhandlung ist zu entnehmen, die MA 22 habe zur "Recyclingtätigkeit" des Beschwerdeführers zu Protokoll gegeben, dass es "auf Grund des Abfallwirtschaftsplanes 2006, eines Erlasses zum Altlastensanierungsgesetz und sonstiger Entwicklungen im Abfallrecht mittlerweile herrschende Rechtsauffassung" sei, dass durch die Aufbereitung von Baurestmassen deren Abfalleigenschaft nicht ende. Dies deshalb, weil grundsätzlich von diesen Materialien ein höheres - wenn auch tolerierbares Umweltrisiko - als von Primärrohstoffen ausgehen könne. Dies bedeute, dass das gegenständliche Brechen von Baurestmassen keine ausschließliche stoffliche Verwertung darstelle, sodass die Anlage eine "AWG-Anlagengenehmigung" benötige. Eine Betriebsanlagengenehmigung nach der GewO 1994 würde damit ins Leere gehen und sei nicht ausreichend. Dem Beschwerdeführer werde empfohlen, den Antrag nach der GewO 1994 zurückzuziehen und beim LH im Wege der MA 22 einen Antrag auf Genehmigung der Abfallbehandlungsanlage nach § 37 AWG 2002 einzubringen.

Die abfalltechnische Amtssachverständige der MA 22 führte in einem Aktenvermerk vom aus, dass sie anlässlich eines unangekündigten Besuches auf der Deponie des Beschwerdeführers eine Baurestmassenaufbereitungsanlage vorgefunden habe, welche während ihres Besuches von einem Arbeiter eingeschaltet worden sei.

Mit Bescheid des LH vom wurde die sofortige Schließung der Behandlungsanlage zum Brechen von Baurestmassen, bestehend aus einer Brecheranlage inklusive Aufgabetrichter und nachgeschalteter Siebanlage sowie einer weiteren mobilen Brecheranlage mit Aufgabetrichter und Siebstation sowie Radlader und diversen Zwischenlagerflächen, die vom Beschwerdeführer auf seinem Deponiegelände betrieben würden, durch Stilllegung der Brecher- und Siebanlagen und Unterlassung jeglicher weiterer Zulieferungen von Baurestmassen zur Behandlungsanlage verfügt.

Begründend führte der LH nach Hinweis auf die §§ 37 Abs. 1, 62 Abs. 2a und 2c AWG 2002 aus, dass es sich bei einem Brechen von Baurestmassen "nach heutiger herrschender Rechtsmeinung" um eine genehmigungspflichtige Abfallbehandlung nach dem Regime des AWG handle, da hier keine ausschließliche stoffliche Verwertung stattfinde. Daher bedürfe die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen Behandlungsanlage einer Anlagengenehmigung nach § 37 AWG 2002. Es stehe fest, dass am gegenständlichen Standort die Anlage bereits betrieben werde, ohne dass dem Beschwerdeführer hiefür eine Genehmigung nach dem AWG 2002 erteilt worden sei. Da somit offenkundig sei, dass der Beschwerdeführer eine Abfallbehandlungsanlage ohne Genehmigung betreibe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm im Jahre 1987 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Deponie für Bauschutt und Aushub erteilt worden sei. Aus seinen Aufsichtsberichten sei nachvollziehbar, dass die gegenständliche Anlage seit Februar 1998 in Betrieb sei. Dem zufolge sei die gegenständliche Anlage zur Aufbereitung als Bestandteil des Deponiebetriebes zu sehen und somit auch im Zuge der Anpassungen als mitbewilligt zu betrachten.

Die belangte Behörde holte im Zuge des Berufungsverfahrens eine Stellungnahme der MA 58 ein, in welcher diese ausführte, dass die vom Beschwerdeführer auf dem gegenständlichen Gelände ausgeübte Recyclingtätigkeit und die daraus resultierende vorübergehende Ablagerung von Siebrückständen keine Wiederaufnahme des - schon auf Grund der Kubaturverhältnisse bereits definitiv abgeschlossenen - Deponiebetriebes darstelle. Die regelmäßige Baurestmassenaufbereitung mit ihren Zwischenlagerungen führe zu keiner "Einbringung von Abfällen in eine Deponie". Für die angesprochene Tätigkeit des Beschwerdeführers sei beim Magistratischen Bezirksamt für den X Bezirk um die Erteilung einer gesonderten Bewilligung angesucht worden. Die ursprünglich mit Bescheid des LH vom erteilte und in der Folge auf Grund der Vorgaben der "Wasserrechtsgesetznovelle Deponien" modifizierte Bewilligung der Deponie des Beschwerdeführers berechtigte bloß zur Einbringung von Bodenaushub in die ausgebaggerte Grube.

Die belangte Behörde führte am eine Berufungsverhandlung durch, in welcher die abfalltechnische Amtssachverständige der MA 22 als Zeugin einvernommen wurde. Dabei gab diese an, dass im Bereich der gegenständlichen Deponie seit einigen Jahren eine Baurestmassenaufbereitungsanlage betrieben werde. Dabei würden Baurestmassen angeliefert, maschinell zerkleinert und wieder für den Straßenbau weiterverwendet. Aus den zerkleinerten Baurestmassen würden auch Sand für Tennisplätze und Material für Künettenverfüllungen erzeugt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdeführer auf seinem Deponiegelände eine Abfallbehandlungsanlage zum Brechen von Baurestmassen, bestehend aus einer Brecheranlage inklusive Aufgabetrichter und nachgeschalteter Siebanlage sowie einer weiteren mobilen Brecheranlage mit Aufgabetrichter und Siebstation sowie Radlader und diversen Zwischenlagern betreibe bzw. bis zur Zustellung des "gegenständlichen" Bescheides betreiben werde. Das durch diese Anlage gebrochene Material sei in weiterer Folge nicht in die Deponie verfüllt, sondern als Wertstoff weiter veräußert und etwa zur Verfüllung von Künetten, als Sand für Tennisplätze oder zum Straßenbau verwendet worden. Es habe sohin keine Ablagerung auf der gegenständlichen Deponie stattgefunden, was schon auf Grund des Umstandes, dass die Deponie bereits überfüllt worden sei, gesetzlich nicht zulässig gewesen wäre. Damit stehe fest, dass die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage in keinem unmittelbaren rechtlichen und sachlichen Zusammenhang zur gegenständlichen Deponie betrieben worden sei. Es sei unstrittig, dass bislang für die Abfallbehandlungsanlage keine Betriebsanlagenbewilligung erteilt worden sei. Das "Beweisverfahren" habe ergeben, dass für die Errichtung und den Betrieb der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage eine "eigenständige Abfallanlagenbewilligung" erforderlich sei. Weder aus dem Akt noch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung sei hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer über eine abfallbehördliche Anlagengenehmigung verfüge. Insofern seien zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Voraussetzungen für die Schließung dieser Anlage vorgelegen und würden weiterhin vorliegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des AWG 2002 (in der hier zur Anwendung gelangenden Fassung BGBl. I Nr. 34/2006) haben folgenden Wortlaut:

"§ 2 …

(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1. umfasst 'Abfallbehandlung' die im Anhang 2 genannten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren

2. ist 'stoffliche Verwertung' die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen zur Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Ausgangsmaterials mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten zu verwenden, ausgenommen die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe werden einer thermischen Verwertung zugeführt.

§ 5. (1) Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden.

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde.

(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 unterliegen nicht

1. Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen, sofern sie der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen,

§ 62 …

(2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Berechtigung gemäß § 25 zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen.

(2b) Wird durch den Betrieb einer Behandlungsanlage die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten gefährdet, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die erforderlichen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, bescheidmäßig zu verfügen.

(2c) Die Bescheide gemäß Abs. 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen.

Anhang 2

Behandlungsverfahren

1.Verwertungsverfahren

Dieser Anhang führt Verwertungsverfahren auf, die in der Praxis angewandt werden. Abfälle sind so zu verwerten, dass die menschliche Gesundheit nicht gefährdet werden kann; es sind solche Verfahren oder Methoden zu verwenden, welche die Umwelt nicht schädigen können.

R5 Verwertung/Rückgewinnung von anderen anorganischen Stoffen."

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass für die verfahrensgegenständliche Anlage keine Genehmigungspflicht nach § 37 AWG 2002 bestehe. Die Anlage falle unter den Ausnahmetatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002, da es sich um eine Behandlungsanlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen handle. Der Beschwerdeführer erzeuge ganz bestimmte Fraktionen von Gräderersatzmaterial, Drainagematerial und Straßenunterbaumaterial sowie Material, das mit Humus vermischt zur Dachbegrünung, als Tennisplatzsand sowie als Baumaterial (Holzblockziegelerzeugung) verwendet werde. Das aus Bauschutt hergestellte Material eigne sich unmittelbar für die Verwendung als Baustoff und erfülle die hierfür geltenden einschlägigen Qualitätsanforderungen. Die hergestellten Materialien würden verkauft. Bei den vom Beschwerdeführer hergestellten Produkten handle es sich um Baustoffe, von denen "keine schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen" ausgingen. Die belangte Behörde habe sich zu Unrecht nicht mit dem Vorliegen einer stofflichen Verwertung und dem anwendbaren Ausnahmetatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 auseinandergesetzt.

Der Beschwerdeführer macht zudem geltend, dass es an der von § 62 Abs. 2a AWG 2002 geforderten Offenkundigkeit des Betriebes einer Behandlungsanlage ohne Genehmigung fehle. Die Anlage würde seit Jahren von der Behörde unbeanstandet betrieben. Da die Notwendigkeit einer abfallrechtlichen Genehmigung für die gegenständliche stoffliche Verwertungsanlage nicht offenkundig sei, könne auch nicht von einem offenkundigen Fehlen dieser Genehmigung im Sinne des § 62 Abs. 2a AWG 2002 ausgegangen werden.

3. Dem § 62 AWG 2002 wurden durch BGBl. I Nr. 34/2006 (AWG-Novelle 2005) die Abs. 2a bis 2c angefügt. Die Materialien (1147 der Beilagen XXII. GP, 18) führen dazu wie folgt aus:

"Im Vollzug haben sich die Möglichkeiten des § 62 als nicht ausreichend herausgestellt. Nach den Vorgaben der GewO 1994 (vgl. § 360 GewO 1994) erhält die Behörde bei schweren Mängeln (dh. es liegt überhaupt keine Genehmigung der Anlage oder Erlaubnis zur Behandlung gefährlicher Abfälle vor bzw. es werden absolute Rechte gefährdet) rasche und effiziente Eingriffsmöglichkeiten."

Aus den Materialien ergibt sich somit, dass § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 der Bestimmung des § 360 GewO 1994 nachgebildet ist. Dabei ist eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 im Sinne des § 360 Abs. 3 GewO 1994 "offenkundig", wenn bei Bedachtnahme auf den der Behörde offenliegenden Sachverhalt daran keine Zweifel bestehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0112, mwN; in diesem Sinne auch Grabler/Stolzlechner/Wendl , Kommentar zur Gewerbeordnung2, 2003, § 360 Rz 29).

"Offenkundig" nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 ist somit im Sinne der hg. Judikatur zu § 360 Abs. 3 GewO 1994 zu verstehen. Von einer solchen "Offenkundigkeit" kann im vorliegenden Beschwerdefall jedoch nicht ausgegangen werden, sodass sich die Beschwerdeausführungen aus nachstehenden Überlegungen im Ergebnis als zutreffend erweisen.

4. Nach § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 bedarf eine Behandlungsanlage dann keiner Bewilligung nach dem AWG 2002, wenn es sich um eine Anlage zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen handelt, sofern sie der Genehmigungspflicht nach den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegt. Das AWG 2002 enthält in § 2 Abs. 5 Z. 2 eine Legaldefinition der "stofflichen Verwertung" und versteht darunter die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärstoffen erzeugten Rohstoffen zu verwenden. Nach § 5 Abs. 1 AWG 2002 endet die Abfalleigenschaft der im Rahmen einer stofflichen Verwertung gewonnenen Stoffe, sobald sie als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärstoffen erzeugten Produkten verwendet werden.

Bereits aus der Niederschrift des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 22, vom ergibt sich, dass der Beschwerdeführer eine Baurestmassenaufbereitungsanlage betreibt, in welcher nicht gefährliche Abfälle, nämlich Baurestmassen, zerkleinert würden und am Ende der Behandlung in dieser Anlage sofort ein "marktfähiger Stoff" entstehe. Weiters sagte die von der belangten Behörde in der Berufungsverhandlung als Zeugin einvernommene abfalltechnische Amtssachverständige der MA 22 aus, dass die angelieferten Baurestmassen maschinell zerkleinert und wieder - etwa im Straßenbau - weiter verwendet würden; aus den zerkleinerten Baurestmassen würden auch Sand für Tennisplätze und Material für Künettenverfüllungen erzeugt.

Die belangte Behörde hätte dies zum Anlass nehmen müssen, sich mit dem Ausnahmetatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 auseinanderzusetzen.

5. Das "Beweisverfahren" habe - nach den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - ergeben, dass für die Errichtung und den Betrieb der beschwerdegegenständlichen Abfallbehandlungsanlage eine "eigenständige Abfallanlagenbewilligung" erforderlich sei.

Mit diesen Ausführungen wird nicht näher dargelegt, welche Ergebnisse des Beweisverfahrens die belangte Behörde damit meint. Sollte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang - auf Grund der wörtlichen Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides in ihrem angefochtenen Bescheid - der Ansicht des LH folgen, wonach es sich bei der Behandlung von Baurestmassen "nach heutiger herrschender Rechtsmeinung" um eine nach dem Regime des AWG 2002 genehmigungspflichtige Abfallbehandlung handle, zumal hier keine "ausschließliche stoffliche Verwertung" stattfinde, so fehlt auch dafür eine - im Hinblick auf § 37 Abs. 2 Z. 1 iVm § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 erforderliche - nähere Begründung.

Der angefochtene Bescheid entbehrt somit einer Begründung, die es dem Verwaltungsgerichtshof ermöglichen würde, ihn auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz zu überprüfen.

6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am