VwGH vom 13.09.2017, Ra 2017/12/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der S S in S, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun und Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W213 2129851-1/8E, betreffend Versetzung nach § 38 BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommando Einsatzunterstützung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie war zuletzt im Militärmedizinischen Zentrum/"Heeresspital" an der Interdisziplinären Station als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig und es wurde ihr mit Wirksamkeit vom ein Arbeitsplatz "DGKP" der Verwendungsgruppe K4 zugewiesen.
2 Mit Bescheid des Kommandos Einsatzunterstützung vom wurde die Revisionswerberin gemäß § 38 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) im Zuge der "Sanitätsorganisation 2013" mit Wirksamkeit vom von Amts wegen von ihrer Dienststelle Militärmedizinisches Zentrum/"Heeresspital" zur Dienststelle Kommando Einsatzunterstützung/Militärisches Gesundheitswesen versetzt und auf einen näher genannten Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A3 diensteingeteilt. Gleichzeitig wurde die Revisionswerberin gemäß § 38 Abs. 9 BDG 1979 aus wichtigem dienstlichen Interesse von Amts wegen in die Verwendungsgruppe A3 überstellt. Die Behörde sprach weiters aus, dass die Revisionswerberin nach der Überstellung gemäß § 12b Abs. 5 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) so gestellt werde, als wäre eine von ihr nicht selbst zu vertretende Verwendungsänderung innerhalb ihrer Verwendungsgruppe erfolgt. Gemäß § 141a BDG 1979 habe die Revisionswerberin die für die Versetzung maßgebenden Gründe nicht selbst zu vertreten.
3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Zu dem maßgeblichen Sachverhalt hielt das Verwaltungsgericht lediglich fest, dass sich dieser aus dem dargestellten Verfahrensgang ergebe. Hinsichtlich der Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Feststellungen unmittelbar aufgrund der Aktenlage ohne weiteres Beweisverfahren hätten getroffen werden können. Hervorzuheben sei, dass weder dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid noch den dem Verwaltungsgericht vorgelegten Akten zu entnehmen sei, von welchem Arbeitsplatz die Revisionswerberin abberufen worden sei. Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht unter Verweis auf § 24 Abs. 4 VwGVG.
6 In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Verwaltungsbehörde im vorliegenden Fall die Organisationsänderung ausführlich beschrieben und als Zielsetzung der Reform eine Verschlankung des militärischen Sanitätswesens mit der Erzielung von Einsparungs- und Synergieeffekten ins Treffen geführt habe. Die Behörde habe dargestellt, dass das Heeresspital Wien, die bisherige Dienststelle der Revisionswerberin, aufgelöst und in eine Sanitätsanstalt umgewandelt worden sei, was die Schließung der bettenführenden Abteilungen und eine Reduktion der Bettenkapazität um 85% sowie der Operationskapazität und der postoperativen Überwachungsbetten um 50% sowie die Auflösung der Außenstelle der Sanitätsschule in St. Pölten und Auflösung der zugeordneten Einheit der selbstständig strukturierten "Miliz Feldambulanz (mob)" bewirkt habe. Die Zahl der Arbeitsplätze für Gesundheits- und Krankenpflegemaßnahmen habe an die Reduktion der Bettenkapazität sowie der Operationskapazität und der postoperativen Überwachungsbetten angepasst und somit vermindert werden müssen. Damit habe die Verwaltungsbehörde nachvollziehbar dargelegt, dass mit der Organisationsänderung eine grundsätzliche Neuausrichtung des militärischen Sanitätswesens erfolgt sei und unter anderem durch die Schließung der bettenführenden Abteilungen und der Reduktion der Bettenkapazität um 85% nicht mehr von einer bloßen Umbenennung des Heeresspitals gesprochen werden könne. Vielmehr sei die Identität des Heeresspitals damit untergegangen. Das Bundesverwaltungsgericht habe keine Zweifel daran, dass die vorgenommene Organisationsänderung an sich im wichtigen dienstlichen Interesse erfolgt sei, zumal keine Anhaltspunkte vorlägen, dass sie aus unsachlichen Gründen oder als ausschließlich gegen die Person der Revisionswerberin gerichteten Motiven vorgenommen worden sei. Organisationsänderungen seien, sofern der Maßnahme sachliche Überlegungen zu Grunde lägen, Ausfluss der Organisationshoheit des Dienstgebers. Über die Zweckmäßigkeit der Restrukturierungsmaßnahme habe das Bundesverwaltungsgericht nicht zu befinden. Es falle auch in die Organisationshoheit des Dienstgebers, wenn er die neue Dienststelle auf militärische Aufgaben konzentrieren wolle. Die Behörde habe glaubhaft dargelegt, dass die ehemalige Dienststelle der Revisionswerberin zusätzlich militärische Aufgaben im Rahmen von Assistenzeinsätzen übernommen habe, weswegen nach der "Sanitätsorganisation 2013" im Pflegebereich nur mehr militärische Arbeitsplätze vorgesehen seien und kein ziviler Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stehe. Angesichts dieser Umstände könne von einer bloßen Umbenennung des bisherigen Arbeitsplatzes der Revisionswerberin keine Rede sein. Die Auflassung des Arbeitsplatzes der Revisionswerberin als Folge der Organisationsänderung begründe somit das wichtige dienstliche Interesse an der Versetzung der Revisionswerberin. Eine Weiterverwendung der Revisionswerberin auf einem militärischen Arbeitsplatz sei wegen ihrer fehlenden militärischen Ausbildung auf Dauer nicht möglich.
7 Ausgehend von diesem Interesse an der Versetzung der Revisionswerberin spielten die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten wirtschaftlichen Nachteile unter dem Gesichtspunkt des § 38 Abs. 4 zweiter Satz BDG 1979 keine Rolle, weil eine Auswahl im Verständnis dieser Gesetzesbestimmung von vornherein gar nicht in Betracht komme, wenn das wichtige dienstliche Interesse darin bestehe, einen bestimmten Beamten von einer Dienststelle zu entfernen. Entsprechend dem ersten Satz des § 38 Abs. 4 BDG 1979 seien die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse in einem Versetzungsverfahren zwar zu berücksichtigen, könnten aber für sich alleine eine Unzulässigkeit der Versetzung im Sinne des zweiten Satzes des § 38 Abs. 4 BDG 1979 nicht bewirken. Insbesondere begründe der Umstand, dass sich die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung der Revisionswerberin verschlechtere, nicht die Unzulässigkeit der Versetzung. Im Übrigen sei die Behörde auf den von der Revisionswerberin behaupteten massiven Einkommensverlust von ca. 30% eingegangen und habe mit einer Gegenüberstellung der Bezüge dargetan, dass die Revisionswerberin bis zur nächsten Vorrückung am keinen Einkommensverlust erleide. Ein Rechtsanspruch der Revisionswerberin darauf, nach Auflassung ihres Arbeitsplatzes auf einem neuen Arbeitsplatz wieder in gleicher Weise mit gleicher Einstufung verwendet zu werden, sehe das Gesetz nicht vor. Grundsätzlich sei lediglich eine der bisherigen Verwendung möglichst adäquate Verwendung anzustreben. Bei einer solchen Maßnahme müsse aber nicht die Personalplanung einer ganzen Organisationseinheit im Einzelnen dargelegt bzw. ein "Versetzungsreigen" ausgelöst werden. Dabei sei auch nicht auf das Vorbringen der Revisionswerberin weiter einzugehen, wonach gemäß § 16 BDG 1979 reaktivierte Beamte auf der neu organisierten Bettenstation tätig seien. Zu diesem Vorbringen habe die Behörde anlässlich der Aktenvorlage in einem Schreiben vom zutreffend auf die Möglichkeit einer vorübergehenden Dienstzuteilung zu einer näher genannten Dienststelle hingewiesen. Bei einer Dienstzuteilung handle es sich jedoch nicht um eine Dauerverwendung. Es sei vielmehr die Pflicht der Behörde gewesen, der Revisionswerberin eine Dauerverwendung zuzuweisen. Es könne der Behörde unter den Umständen des Revisionsfalles nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzungen für eine amtswegige Überstellung der Revisionswerberin gemäß § 38 Abs. 9 und Abs. 10 BDG 1979 in die Besoldungsgruppe/Verwendungsgruppe A3 als erfüllt angesehen habe. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sei bei der gegebenen Fallkonstellation einer Überstellung Vorrang gegenüber einer Abberufung ohne Zuweisung einer neuen Verwendung zu geben. Dass die Revisionswerberin aus Gründen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit nicht die erforderliche Eignung für den neuen Arbeitsplatz aufweise, werde von ihr nicht behauptet. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die Zuweisung eines Arbeitsplatzes grundsätzlich dem freien Ermessen der Dienstbehörde obliege und dabei die Behörde ihre dienstlichen Maßnahmen nicht vorrangig an den Interessen des Bediensteten, sondern an den Interessen des Dienstes zu orientieren habe. Das Argument der Revisionswerberin, die Personalmaßnahme stelle eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes dar, gehe schon deshalb ins Leere, weil ein maßgebliches Kriterium für die Besetzung der militärischen Arbeitsplätze im Krankenpflegebereich in den neu geschaffenen Sanitätszentren die militärische Ausbildung sei, hingegen das Geschlecht kein Kriterium darstelle. Da die Revisionswerberin keine militärische Ausbildung vorweisen könne, könne sie für die Besetzung eines solchen Arbeitsplatzes nicht in Betracht gezogen werden. Die Behauptung der Revisionswerberin, wonach zur Überbrückung von Personalengpässen in ihrer ehemaligen Dienststelle im Ruhestand befindliche Beamte in den aktiven Dienst zurückgeholt worden seien, habe nicht verifiziert werden können. Eine solche Maßnahme sei seitens des Dienstgebers nicht gesetzt worden. Es sei daher kein Indiz für eine rechtswidrige oder willkürliche Vorgangsweise der Behörde zu erkennen. Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht unter Verweis auf die ständige hg. Rechtsprechung sowie auf die eindeutige Rechtslage.
8 Gegen diesen Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision vorbringt, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs insofern ab, als für die Zulässigkeit der Versetzung nicht die Änderung der Bezeichnung einer Dienststelle ausschlaggebend sei, sondern der Umstand, dass sich die "Agenden" an dem in Rede stehenden Arbeitsplatz um über 25 % geändert hätten. Mit dieser Frage habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt. Darüber hinaus beruft sich die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung auf das Vorliegen einer unzulässigen mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Aufgrund der militärischen Neuausrichtung des Heeresspitals sowie infolge der im Krankenpflegebereich für die Einstellung beziehungsweise Weiterbeschäftigung der Bediensteten neu eingeführten Voraussetzung einer militärischen Ausbildung seien weibliche Bedienstete, die eine militärische Ausbildung zum weitaus überwiegenden Teil nicht aufwiesen und daher an der neu geschaffenen Dienststelle meist nicht weiterverwendet werden könnten, gegenüber männlichen Bediensteten, die eine solche Ausbildung in der überwiegenden Mehrheit der Fälle aufwiesen und denen eine weitere Beschäftigung in der neu geschaffenen Organisation unter Beibehaltung ihrer besoldungsrechtlichen Einstufung daher meist offen stünde, benachteiligt.
9 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung.
10 Die Revision erweist sich aus den im Folgenden dargelegten Gründen als zulässig und berechtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 § 38 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979),
BGBl. 333/1979 idF BGBl. I Nr. 120/2012, lautet auszugsweise:
"Versetzung
§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation, ..."
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann - entsprechende verwaltungsgerichtliche Feststellungen vorausgesetzt - eine Organisationsänderung, die zu einer Änderung der Identität der Dienststelle führt, grundsätzlich ein wichtiges dienstliches Interesse für eine Versetzung nach § 38 Abs. 3 BDG 1979 begründen und zwar unabhängig davon, ob an der neu geschaffenen Dienststelle Arbeitsplätze existieren, die im Hinblick auf ihre Arbeitsplatzbeschreibung dem vom Beamten bisher innegehabten Arbeitsplatz entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/12/0125). Das Bundesverwaltungsgericht erkannte soweit zutreffend, dass im Fall der Änderung der Identität der Dienststelle auf die Frage, in welchem Umfang sich die dem bisherigen Arbeitsplatz zugewiesenen Aufgaben geändert haben, nicht weiter einzugehen ist.
13 Allerdings ist die Revisionswerberin dem angefochtenen Bescheid bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch mit dem Vorbringen entgegen getreten, dass die in Rede stehende Organisationsänderung zu einer unzulässigen mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts führe. So hat die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme vom ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die gegenständliche Organisationsänderung zu deutlich unterschiedlichen Auswirkungen für männliche und weibliche Bedienstete führe und eine Benachteiligung der weiblichen Beamtinnen vor dem Hintergrund der Organisationsänderung bewirkt werde, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich sei. Mit diesem Vorbringen hat sich das Verwaltungsgericht nur insoweit auseinandergesetzt, als es der Argumentation der Revisionswerberin entgegenhielt, dass die militärische Ausbildung, nicht aber das Geschlecht ein Kriterium für die Besetzung der "militärischen Arbeitsplätze im Krankenpflegebereich" darstelle.
14 Damit übersieht das Bundesverwaltungsgericht aber, dass das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung durch das Verwenden dem Anschein nach neutraler Kriterien gekennzeichnet ist und nach den Ausführungen der Revisionswerberin im vorliegenden Fall das nicht geschlechtsspezifische Anforderungsprofil, welches im Krankenpflegebereich auf das Absolvieren einer militärischen Ausbildung abstellt, in seinen faktischen (für männliche und weibliche Bedienstete unterschiedlichen) Auswirkungen zu einer mittelbaren Diskriminierung führt. Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts auf das Verwenden eines geschlechtsneutral formulierten Kriteriums greift somit zu kurz. Zudem lässt die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts gänzlich offen, aus welchem Grund eine militärische Neuausrichtung des Militärmedizinischen Zentrums in der von der Dienstbehörde gewählten Form erforderlich war, die im Krankenpflegebereich eine weitere Verwendung nicht militärisch ausgebildeter (mehrheitlich weiblicher) Bediensteter an der neu eingerichteten Dienststelle ausschließt.
15 Im Zusammenhang mit der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten mittelbaren Diskriminierung beeinträchtigen somit die dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht Rechnung tragende Begründung des angefochtenen Erkenntnisses sowie die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterbliebenen Sachverhaltsfeststellungen eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof maßgeblich. Es fehlt zudem Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu im Rahmen von Organisationsänderungen zu berücksichtigenden gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten. Die Revision erweist sich sohin als zulässig und berechtigt.
16 Die in Rede stehende Organisationsänderung beziehungsweise die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Versetzung betreffen unmittelbar die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen der Revisionswerberin und fallen somit in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (in der Folge: Richtlinie).
17 Nach ihrem Art. 14 Abs. 1 lit. a verbietet die Richtlinie auch im öffentlichen Sektor jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf "die Bedingungen - einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen - für den Zugang zur Beschäftigung ..., unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position einschließlich des beruflichen Aufstiegs" (zur Anwendbarkeit der Richtlinie auf Beamte vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts vom , H. gegen Land Berlin, Rs C-174/16, Rn 31, sowie das KonstantinosMaIstrellis, Rs C-222/14, Rn 42).
18 Im Sinn von Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie ist eine mittelbare Diskriminierung als eine Situation definiert, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
19 Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. das Urteil vom , Nadežda Riežniece, Rs C-7/12, Rn 39, sowie die dort angeführte Rechtsprechung) liegt eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts u.a. dann vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber eine sehr viel höhere Zahl von Frauen als von Männern benachteiligt. Eine solche liegt hier nach dem Revisionsvorbringen vor, weil von der in Rede stehenden Organisationsänderung in Verbindung mit dem neu eingeführten Anforderungsprofil, welches eine militärische Ausbildung für Krankenpfleger vorsieht, deutlich mehr Frauen als Männer negativ betroffen wären.
20 Gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie wäre demnach die von der Revisionswerberin beschriebene, durch eine Organisationsänderung bewirkte Ungleichbehandlung von weiblichen und männlichen Bediensteten (und somit die Versetzung der Revisionswerberin) nur dann zulässig, wenn die Ungleichbehandlung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen sind (vgl. zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie das Loredana Napoli gegen Ministero della Giustizia, Rs C- 595/12, Rn 50).
21 Dabei wäre zu prüfen, ob eine Ungleichbehandlung zwischen weiblichen und männlichen Bediensteten im Krankenpflegebereich durch Faktoren sachlich gerechtfertigt werden kann, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. zu den Kriterien einer tragfähigen sachlichen Rechtfertigung etwa das Maurice Leone u. a. gegen Garde des Sceaux u.a., Rs C-173/13, Rn 41 sowie Rn 51 ff, siehe insbesondere auch Rn 79; zu "legitimen" Zielen beispielsweise im Rahmen der Sozialpolitik vgl. u. a. die Brachner gegen Pensionsversicherungsanstalt, Rs C-123/10, Rn 70 ff, sowie vom , NicoleSeymour-Smith und Laura Perez, Rs C-167/97, Rn 69 und 72, sowie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 10 ObS 44/14i; zur Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit Art. 141 EG siehe das Margaret Kenny u. a. gegen Minister of Justice, Rs C-427/11, Rn 35 ff; zu gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten bei der Berechnung von durch Teilzeitbeschäftigung erworbenen Ruhegenussansprüchen das Ute Kleinsteuber gegen Mars GmbH, Rs C-354/16).
22 In der Rechtssache Maurice Leone u.a. gegen Garde des Sceaux führte der EuGH in dem bereits zitierten Urteil vom betreffend Art. 141 EG weiter aus:
"54 Ferner können solche Mittel nur dann als zur Erreichung des geltend gemachten Ziels geeignet angesehen werden, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, dieses Ziel zu erreichen, und in kohärenter und systematischer Weise angewandt werden (Urteile Hartlauer, C-169/07, EU:C:2009:141, Rn. 55, Georgiev, C- 250/09 und C-268/09, EU:C:2010:699, Rn. 56, Fuchs und Köhler, C- 159/10 und C-160/10, EU:C:2011:508, Rn. 85, sowie Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 71).
55 Es ist Sache des betreffenden Mitgliedstaats, in seiner Eigenschaft als Urheber der möglicherweise diskriminierenden Vorschrift darzutun, dass diese einem legitimen Ziel der Sozialpolitik dient, dass dieses Ziel nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat und dass er vernünftigerweise annehmen durfte, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet seien (Urteil Brachner, EU:C:2011:675, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).
...
59 Jedoch reichen allgemeine Behauptungen nicht aus, um darzutun, dass das Ziel einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, und um vernünftigerweise die Annahme zu begründen, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet seien (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Seymour-Smith und Perez, EU:C:1999:60, Rn. 76, sowie Nikoloudi, C-196/02, EU:C:2005:141, Rn. 52).
60 Im vorliegenden Fall ist umso mehr auf die wirksame Einhaltung der verschiedenen in den Rn. 52 bis 55 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen zu achten als, wie in den Rn. 36 und 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung über die Verbesserung zu dem Zweck erlassen wurde, das nationale Recht in Einklang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen zu bringen, nachdem der Gerichtshof festgestellt hatte, dass das frühere innerstaatliche Regelwerk mit diesem Grundsatz nicht vereinbar war."
23 Im Lichte dieser Erwägungen wäre das Bundesverwaltungsgericht gehalten gewesen, sich mit dem Vorbringen der Revisionswerberin betreffend das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung auseinander zu setzen und auf dem Boden entsprechender Feststellungen die konkreten Auswirkungen der gegenständlichen Organisationsmaßnahme auf männliche und weibliche Bedienstete an der ehemaligen Dienststelle der Revisionswerberin darzulegen. Anschließend wäre zu beurteilen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise durch die Organisationsänderung tatsächlich eine sehr viel höhere Zahl von Frauen als von Männern nachteilig betroffen ist. Dass grundsätzlich auch für Frauen eine militärische Ausbildung zugänglich wäre und dass diese Ausbildung nach dem Vorbringen in der Revisionsbeantwortung nicht mit der Absolvierung der Wehrpflicht gleichzusetzen ist, wäre - entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht - bei der Beurteilung der behaupteten mittelbaren Diskriminierung nicht ausschlaggebend, wenn die (im Verfahren bislang unwiderlegten) Ausführungen der Revisionswerberin zutreffen, wonach an ihrer bisherigen Dienststelle zu einem weitaus überwiegenden Teil Männer eine solche Ausbildung absolviert hätten und faktisch überwiegend Frauen nachteilig von der "Sanitätsorganisation 2013" betroffen seien.
24 Im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung einer durch ein sich als Folge der Organisationsänderung ergebendes, nicht geschlechtsspezifisches Kriterium (hier: militärische Ausbildung) allenfalls bewirkten Ungleichbehandlung wäre sodann gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie weiter darzustellen, welches legitime Ziel mit der vorliegenden Organisationsänderung verfolgt wurde. Hierzu wäre insbesondere offen zu legen, aus welchen objektiv nachvollziehbaren Gründen die militärstrategische Ausrichtung des neu geschaffenen "Sanitätszentrums Ost", nicht näher präzisierte Einsparungs- und Synergieeffekte sowie die in der Revisionsbeantwortung angeführten allgemeinen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen eine Organisationsänderung in einer Weise erforderten, die (nach den Ausführungen der Revisionswerberin) im Krankenpflegebereich eine Weiterbeschäftigung der überwiegenden Mehrheit der weiblichen Bediensteten, die keine militärische Ausbildung aufweist, gänzlich ausschließt. In diesem Zusammenhang wäre auch die Frage zu klären, in welcher Weise und in welchem Umfang im Krankenpflegebereich (z.B. anlässlich der in der Revisionsbeantwortung erwähnten Assistenzeinsätze im In- und Ausland) militärische Kenntnisse objektiv zur Erledigung der mit dem Wirkungskreis des Sanitätszentrums verbundenen Aufgaben erforderlich sind und inwieweit diese Aufgaben nicht auch dann umfassend erfüllt werden könnten, wenn nicht alle, sondern allenfalls nur ein Teil der im Krankenpflegebereich beschäftigten Bediensteten eine militärische Ausbildung aufwiesen. Ausführungen und Feststellungen in der aufgezeigten Richtung enthält das angefochtene Erkenntnis hingegen nicht.
25 Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht keinerlei eigene Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, sondern ausschließlich anführte, dass sich "diese" aus dem Verfahrensgang ergäben. Lediglich aus der rechtlichen Beurteilung lassen sich allenfalls implizite Feststellungen zu gewissen, im Hinblick auf die oben dargestellte hg. Judikatur relevanten Teilaspekten ableiten. Das angefochtene Erkenntnis entspricht unter diesem Gesichtspunkt jedenfalls nicht den Anforderungen, die in der Rechtsprechung zu den §§ 29 und 17 VwGVG in Verbindung mit den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Auf dem Boden der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich - wie oben dargestellt - die Rechtmäßigkeit der Versetzung der Revisionswerberin nicht überprüfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die erforderlichen Feststellungen in Verkennung der Rechtslage in zentralen Punkten (vgl. insbesondere Rz 23 und Rz 24) offenkundig für entbehrlich gehalten und daher nicht getroffen.
26 Schließlich ist festzuhalten, dass der unter den Revisionsgründen dargelegte Einwand der Revisionswerberin, wonach die Voraussetzungen für das Absehen von der Durchführung der mündlichen Verhandlung nach § 24 Abs. 4 VwGVG nicht vorlagen, ebenfalls zutrifft. Bei der in Rede stehenden Versetzung der Revisionswerberin gemäß § 38 BDG 1979 handelt es sich um eine dienstrechtliche Entscheidung, welche unmittelbare Auswirkungen auf besoldungsrechtliche Ansprüche hat, die an die Wertigkeit des dem Beamten zugeordneten Arbeitsplatzes anknüpfen. Die in Rede stehende Streitigkeit hat zudem durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten der Revisionswerberin zum Gegenstand. Es handelt sich gegenständlich somit um eine Entscheidung über "civil rights" (vgl. zu einem Versetzungsverfahren etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1368/08, VfSlg. Nr. 19.145). Darüber hinaus ergeht diese Entscheidung im Anwendungsbereich des Unionsrechts (siehe Rz 16 und Rz 17) und kommen folglich auch die in Art. 47 GRC festgelegten Garantien zum Tragen. Dabei standen im vorliegenden Verfahren die an der in Rede stehenden Dienststelle auszuübenden Tätigkeiten, die mit der gegenständlichen Organisationsänderung verbundenen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation männlicher und weiblicher Bediensteter sowie die mit dieser Organisationsänderung verbundene Zielsetzung und deren Umsetzung in Frage, es waren sohin klassische Tatsachenfragen strittig. Die Revisionswerberin hatte in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt und vorgebracht, dass nach wie vor Pflegepersonal an ihrer ehemaligen Dienststelle verwendet und teils neu angefordert werde. Es komme nach dem Vorbringen der Revisionswerberin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sogar zu einer Reaktivierung von bereits in den Ruhestand versetzten Beamten, um Personalengpässe zu überbrücken und es sei daher nicht ersichtlich, inwiefern durch die Neuausrichtung des "Heeresspitals" tatsächlich Einsparungen zu erzielen wären. Zum Beweis für dieses Vorbringen beantragte die Revisionswerberin die Einvernahme diverser Zeugen. Unter diesen Umständen war das Verwaltungsgericht verpflichtet, zwecks Ermittlung des im vorliegenden Fall maßgeblichen Sachverhalts die beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen. Die nach der Rechtsprechung des EGMR zulässigen Ausnahmen von der Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 EMRK für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/10/0039), oder hochtechnische Fragen greifen hier nicht Platz (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/12/0021).
27 Indem das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht keinerlei Feststellungen getroffen hat, die eine rechtliche Beurteilung des im Hinblick auf das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung erstatteten Vorbringens der Revisionswerberin ermöglichen (vgl. Rz 23 und Rz 24), und sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem diesbezüglichen Einwand der Revisionswerberin in keiner Weise geeignet auseinander gesetzt hat, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit (prävalierender) inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
28 Dabei wird im fortgesetzten Verfahren auf den (erstmals in der Revision erhobenen und daher im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof dem Neuerungsverbot unterliegenden) Einwand der Revisionswerberin einzugehen sein, wonach durch die in Rede stehende Organisationsänderung nicht nur eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, sondern auch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters bewirkt werde.
29 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am
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