zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 26.01.2012, 2010/07/0011

VwGH vom 26.01.2012, 2010/07/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des J R in E, vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in 5202 Neumarkt/Wallersee, Hauptstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Steiermark vom , Zl. UVS 30.23-39/2009-9, betreffend Übertretung des WRG 1959 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)

Spruch

1. zu Recht erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. den Beschluss gefasst:

Der Antrag auf Aufhebung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates für Steiermark vom , Zl. UVS 30.23-39/2009-8, wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R (BH) vom wurde über den Beschwerdeführer "als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher" der Firma H. GmbH wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit 46 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch die zitierte Strafbestimmung des WRG 1959 richtiggestellt wurde.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom gemäß § 52a Abs. 1 VStG dahingehend ab, dass der Spruch dieses Bescheides nunmehr zu lauten habe:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird die Berufung des Beschwerdeführers , vertreten durch ..., gegen das Straferkenntnis der BH vom , ..., mit der Maßgabe abgewiesen, als im Spruch folgender Satz eingefügt wird:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer nach § 9 Abs. 1 VStG die im Straferkenntnis der BH angeführte Tat zu verantworten. Die Geldstrafe von EUR 1.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit 46 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) wird gemäß § 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959 vorgeschrieben."

Dies wurde damit begründet, dass der Spruch des Strafbescheides das die Verantwortlichkeit des Täters konkretisierende Merkmal richtig und vollständig wiederzugeben habe. Die Umschreibung der Tätereigenschaft (als Verantwortlicher) lasse die Merkmale nicht erkennen, aus denen sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten für eine bestimmte Gesellschaft mit bürgerlicher Haftung im Sinne des § 9 VStG ergebe. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer im Straferkenntnis als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher der Firma H. GmbH für schuldig erkannt worden. Auf Grund des Auszuges aus dem Firmenbuch dieser GmbH sei eindeutig ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die H. GmbH verantwortlich sei.

Im vorliegenden Fall habe es die erstinstanzliche Behörde daher unterlassen, den Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu bezeichnen. Die Bezeichnung, er habe es "als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher" zu vertreten, reiche nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus. Aus diesem Grund und weil aus dem Auszug des Firmenbuches eindeutig ersichtlich sei, dass der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die H. GmbH verantwortlich sei, sei der gegenständliche Bescheid abzuändern gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nun vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, § 52a Abs. 1 VStG spreche von Bescheiden, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden sei. Richtig sei einerseits, dass das Gesetz durch die Fehlbezeichnung im erstinstanzlichen Bescheid verletzt worden sei. Die Berufungsbehörde habe jedoch den Bescheid nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers abgeändert, sondern im Grunde überhaupt keine Abänderung vorgenommen. Sie habe versucht, die ursprüngliche Bezeichnung durch die nunmehrige Bezeichnung zu sanieren. Dies sei jedoch verfahrensrechtlich nicht möglich. Die belangte Behörde hätte eine solche wesentliche Bescheidsanierung nicht durchführen dürfen, sondern vielmehr den Bescheid vom allein schon aus formalrechtlichen Gründen aufheben müssen, da sie das die Verantwortlichkeit des Täters konkretisierende Merkmal unrichtig bzw. unvollständig wiedergegeben habe. Dies zeige auch Abs. 2 des § 52a, wonach die Folgen der Bestrafung nach Aufhebung des Bescheides wiedergutzumachen seien. Sinn und Zweck der Zulässigkeit von Bescheidabänderungen liege nicht in der Sanierung nur einer falschen Bezeichnung durch beliebige Abänderungen, wobei im Wesentlichen keinerlei Besserstellung des Beschuldigten vorgenommen werde. Im Grunde nehme die belangte Behörde nicht nur eine Abänderung ihrer eigenen Berufungsentscheidung vor, sondern auch des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Straferkenntnisses der erstinstanzlichen Behörde. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, durch den von ihr nunmehr erlassenen Bescheid vom keine Abänderung sondern die Aufhebung des Bescheides vom auszusprechen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 52a VStG hat folgenden Wortlaut:

"§ 52a. (1) Von Amts wegen können der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß.

(2) Die Folgen der Bestrafung sind wiedergutzumachen. Soweit dies nicht möglich ist, ist gemäß dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005 (StEG 2005), BGBl. I Nr. 125/2004, zu entschädigen."

§ 68 Abs. 7 AVG hat folgenden Wortlaut:

"§ 68. (1) ...

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden."

Die belangte Behörde hat auf Grundlage des § 52a Abs. 1 VStG eine Abänderung ihres rechtskräftigen Bescheides vom insofern vorgenommen, als sie die Bezeichnung des Beschwerdeführers von "gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher", auf "handelsrechtlicher Geschäftsführer nach § 9 Abs. 1 VStG" richtiggestellt hat.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, im Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH gewesen zu sein. Bestritten wird allein die Zulässigkeit der auf § 52a Abs. 1 VStG gestützten Vorgangsweise der belangten Behörde. Zu prüfen war daher, ob durch den Bescheid der belangten Behörde vom das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt wurde. Dies ist aber aus folgenden Überlegungen zu bejahen:

Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z 1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw. (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/03/0036, 0212, und andere).

Die Berufungsbehörde ist im Verhältnis zur erstinstanzlichen Behörde daher nicht nur berechtigt, sondern im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG sogar verpflichtet, das die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers konstituierende Merkmal richtig und vollständig anzugeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 97/04/0070, ausgesprochen, dass der Beschuldigte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das in § 44a Z 1 VStG verankerte Recht hat, nicht für eine Tat zur Verantwortung gezogen zu werden, die er nicht - auch nicht in einer ihm rechtsunrichtig vorgeworfenen Eigenschaft (etwa als verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs. 2 VStG) - begangen hat; wurde er im ursprünglichen Bescheid in einer ihm rechtsunrichtig vorgeworfenen Eigenschaft bestraft, so wurde das Gesetz offenkundig zum Nachteil des Bestraften verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/03/0222).

Indem die belangte Behörde im ursprünglichen Bescheid den Beschwerdeführer als "gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen" bestrafte und damit offenbar eine Verantwortlichkeit nach § 9 Abs. 2 VStG zum Ausdruck bringen wollte, wurde das Gesetz deshalb offenkundig zum Nachteil des Beschwerdeführers verletzt, weil dieser richtigerweise als handelsrechtlicher Geschäftsführer nach § 9 Abs. 1 VStG zur Verantwortung zu ziehen gewesen wäre.

Daraus folgt aber, dass die belangte Behörde berechtigt war, ihren Bescheid vom gemäß § 52a Abs. 1 VStG im genannten Sinn abzuändern. Die vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachte Bestimmung des § 52a Abs. 2 VStG bezieht sich nur auf diejenigen Fallkonstellationen, in denen die Abänderung nach § 52a Abs. 1 leg. cit. Auswirkungen auf die Bestrafung hat; daraus ist aber nicht der Schluss zu ziehen, nur solche Abänderungen seien zulässig, die sich auf die Bestrafung auswirken. Die vom Beschwerdeführer erblickte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer bleibt auch eine Erklärung dafür schuldig, in welchen Rechten er durch die verfahrensgegenständliche Abänderung, die sich in der Richtigstellung der Bezeichnung seiner Funktion erschöpft, verletzt wurde. Grundsätzlich ist er darauf hinzuweisen, dass nach § 52a Abs. 1 letzter Satz VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren die Bestimmung des § 68 Abs. 7 AVG gilt. Wie sich aus dessen insoweit eindeutigem Wortlaut ergibt, räumt das Gesetz niemandem ein subjektives öffentliches Recht auf Aufhebung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses ein. Der Beschwerdeführer konnte auch aus diesem Grund eine Verletzung seiner Rechte durch den angefochtenen Bescheid nicht dartun.

Daraus folgt, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein letztinstanzlicher Bescheid durch einen gemäß § 52a Abs. 1 VStG erlassenen Abänderungsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden und durch letzteren Bescheid ersetzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/03/0036, VwSlg 14.963 A/1998). Dies verkennt der Beschwerdeführer, wenn er im Rahmen seiner Anfechtungserklärung am Ende der Beschwerde (auch) die Aufhebung des Bescheides vom beantragt; dieser Bescheid wurde durch den angefochtenen Bescheid vom ersetzt. Schon aus diesem Grund musste der genannte Antrag zurückgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am