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VwGH vom 05.07.2007, 2005/06/0268

VwGH vom 05.07.2007, 2005/06/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des

F F, 2. der I F, 3. des B B, 4. der R B, 5. des J C, 6. der M C,


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7.
des F G, 8. der H G, 9. des H K, 10. der P K, 11. des A T,
12.
der R T und 13. der K G, alle in T und alle vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in 5580 Tamsweg, Untere Postgasse 17, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/02-39.516/4-2005, betreffend Aufhebung eines Bescheides betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. H Gesellschaft m.b.H. in Salzburg, vertreten durch Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, 2. Marktgemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der erstmitbeteiligten Partei von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom begehrte die mitbeteiligte Partei unter Anschluss eines Bauplanes sowie weiterer Unterlagen die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde.

Die Beschwerdeführer, alle Eigentümer an den Bauplatz angrenzender Grundstücke, wurden zur Bauverhandlung vor dem Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde am ordnungsgemäß geladen und brachten noch vor Durchführung der Bauverhandlung sowie im weiteren Verfahren im Wesentlichen vor, dass die Zufahrt über die in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücke nicht gesichert und nicht geeignet sei, den täglich regelmäßigen Verkehr von vier weiteren (zusätzlichen) Familien aufzunehmen, auch die zusätzliche Beeinträchtigung der Luftverhältnisse (Erhöhung der Schadstoffzufuhr) spreche gegen das Bauvorhaben. Im Rahmen des Projekts seien elf kleine, gleich große und gleich hohe Einfamilienhäuser geplant und sieben Reihenhäuser seien auch errichtet worden. Für vier Einheiten seien auch die Kellergeschosse schon gebaut worden. Die nun geplante Schaffung von zwei wohnblockartigen Mehrfamilienhäusern (an der Stelle von vier Reihenhäusern) mit einem zusätzlichen, alle anderen Reihenhäuser weit überragenden Geschoss würde den Gesamteindruck der Reihenhausanlage grundlegend verändern und damit der Anlage ihren Charakter nehmen. Der gesamte Eindruck der Anlage würde damit nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Schaffung von vier weiteren Pkw-Abstellplätzen bewirke eine unzulässige Entstellung des Gesamtbildes der Reihenhausanlage. Die Licht- und Sichtverhältnisse sowie die Luftverhältnisse der von den sieben Reihenhäusern der Beschwerdeführer würden erheblich eingeschränkt und deren Wohnqualität erheblich vermindert.

Das Projekt stehe im Widerspruch zu Punkt 3.2.d. des Bebauungsplanes vom . Dort sei eine "besondere Bauweise" wie folgt festgelegt: "Die einzelnen Objekte sind prinzipiell zu Gruppen von Reihenhäusern zusammengebaut und bilden einen Platz für den ruhenden und internen Verkehr, welcher an die Stichstraße angebunden ist. Fallweise können auch freistehende Einzelobjekte errichtet werden". Unter Reihenhäusern seien Wohnhäuser mit jeweils einer Wohneinheit zu verstehen, die an der gemeinsamen Grenze zusammengebaut seien, nicht aber Mehrfamilienhäuser mit jeweils vier Wohneinheiten. Bei Ausführung des ursprünglichen Projekts ergebe sich eine freie Geschossfläche von 492,83 m2, bei Ausführung des geänderten Projektes stünden nur noch 111,22 m2 zur Verfügung, was bedeute, dass ohne Änderung des Bebauungsplanes lediglich 1,5 Dachböden ausgebaut werden könnten. Die Erweiterung der Flächen gegenüber dem ursprünglichen Projekt würde den Beschwerdeführern die Möglichkeit nehmen, ihre Dachböden auszubauen. Schließlich rage der Vollwärmeschutz der Mehrfamilienhäuser in das Grundstück der dritt- und der viertbeschwerdeführenden Partei.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde wies den Bauantrag der Erstmitbeteiligten mit Bescheid vom gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 lit. a des Salzburger Baupolizeigesetzes (BauPolG) ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass das gegenständliche Projekt im Sinne des § 9 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. im Widerspruch zum Bebauungsplan vom stehe. Unter einem Reihenhaus werde im allgemeinen Sprachgebrauch eine Bebauung mit in sich geschlossenen Wohnhäusern verstanden, welche jeweils über einen eigenen Eingang verfügten und lediglich aus Gründen des sparsamen Umgangs mit Bauland ganz oder teilweise aneinander gebaut werden, jedoch von einander durch bis in den Keller reichende Brandmauern getrennt seien. Weiters bildeten die einzelnen Häuser eine Grundbuchseinlage. Diese Kriterien träfen für das geplante Projekt nicht zu.

Die gegen diesen Bescheid von der erstmitbeteiligten Partei erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom abgewiesen und zusammengefasst damit begründet, dass unter der Festlegung "Gruppen von Reihenhäusern" zusammengebaute Einfamilienhäuser zu verstehen seien. Unter einem Einfamilienhaus sei gemäß § 40 Abs. 3 des Salzburger Bautechnikgesetzes ein Kleinwohnhaus mit höchstens zwei Wohnungen zu verstehen. Das Bauprojekt entspreche daher nicht dem Bebauungsplan.

Gegen diesen Bescheid erhob die erstmitbeteiligte Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. das Rechtsmittel der Vorstellung, auf Grund welcher die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom erließ, mit diesem den Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom aufhob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde verwies. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass hier "zweifelsfrei" die §§ 27, 28 und 29 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 maßgeblich seien. Bei der Auslegung des Begriffes "Reihenhäuser" sei nicht von einem "wahren Willen der Vertragsparteien" auszugehen, sondern es sei der "Bauwille" "am Maßstab des Inhalts und der normativen Aussagen (Festlegungen) des verordneten Bebauungsplanes zu messen". Im Bebauungsplan sei durch die Verwendung des Begriffes "Reihenhaus" keine Höchstzahl von Wohnungen pro Haus festgelegt worden. Die Baubehörden hätten dem Bebauungsplan "bei extensiver Interpretation" des Begriffes "Reihenhaus" einen Inhalt unterstellt, welcher diesem nicht zukäme.

Gegen diesen, den Beschwerdeführern erst auf schriftliches Ersuchen zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift, und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Gegenschriften wurden auch von den mitbeteiligten Parteien erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf Unterbleiben einer nicht den Bestimmungen des Bebauungsplans vom entsprechenden Bauführung" verletzt. Bei den projektsgegenständlichen zwei Wohnhäusern mit insgesamt acht Wohnungen, wobei jeweils drei Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Stock und zwei Wohnungen im Dachgeschoss situiert seien, handle es sich nicht um Reihenhäuser. Es fehle der vorgesehenen Bebauung jedes Element eines Reihenhauses. Die Wohnungen seien übereinander angeordnet, sie seien nicht durch eine bis in den Keller reichende Brandmauer getrennt und die Wohnungen verfügten nicht jeweils über einen unmittelbaren Ausgang ins Freie. Das beantragte Objekt stelle ein einziges Wohnhaus mit acht Wohneinheiten dar.

Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern sie durch die allein bindenden Gründe der Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom - also durch die darin zum Ausdruck gebrachte Auffassung der belangten Behörde, dass der Bebauungsplan dem Projekt der Erstmitbeteiligten nicht entgegen steht - in subjektivöffentlichen Rechten verletzt sein könnten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nämlich in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG i.d.F. seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0383).

Im Beschwerdefall sind insbesondere das Salzburger Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 39 (BauPolG), in der Fassung LGBl. Nr. 65/2004, und das Salzburger Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976 (BauTG), ebenfalls in der Fassung LGBl. Nr. 65/2004, anzuwenden.

Nach § 9 Abs. 1 Z. 6 BauPolG ist die Baubewilligung u.a. dann zu versagen, wenn "durch die bauliche Maßnahme ein subjektivöffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz".

Die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte nach dem BauTG sind

hingegen in seinem § 62 taxativ aufgezählt:

"Subjektiv-öffentliche Rechte

§ 62

Folgende Bestimmungen dieses Gesetzes stellen im Baubewilligungsverfahren für Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte dar:

1. § 8 Abs. 1 hinsichtlich des Vortretens von Bauteilen in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes;

2. § 8 Abs. 3 hinsichtlich des Vorliegens der Zustimmung der Straßenverwaltung bzw. der Gemeinde;

3. § 11 Abs. 2 hinsichtlich des Vorliegens der Zustimmung des Grundeigentümers;

4. § 15 Abs. 1 hinsichtlich der Einhaltung der Mindestentfernung von 1 m;

5. § 25 Abs. 5 hinsichtlich der Einhaltung der erforderlichen Mindestabstände von der Bauplatzgrenze sowie hinsichtlich einer allfälligen Unterschreitung derselben;

6. § 34 Abs. 4 sowie § 53 Abs. 1 hinsichtlich der Einhaltung des Mindestabstandes von 2 m sowie hinsichtlich einer allfälligen Unterschreitung desselben;

7. § 39 Abs. 2 hinsichtlich der das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Belästigungen der Nachbarn;

7a. § 39d Abs. 3 hinsichtlich der das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Belästigungen der Nachbarn;

8. § 51 hinsichtlich einer Unterschreitung des Abstandes von 8 m;

9. § 52 Abs. 7 hinsichtlich einer Unterschreitung des Abstandes von 3 m;

10. § 56 Abs. 1 und 3, ausgenommen hinsichtlich der Interessen des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes;

11. § 57 hinsichtlich der erheblich nachteiligen Wirkungen für benachbarte Grundstücke;

12. § 59, soweit in den in Betracht kommenden Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte verankert sind;

13. § 60, ausgenommen hinsichtlich der Interessen des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes;

14. § 61, soweit es sich um Ausnahmen von Vorschriften handelt, die subjektiv-öffentliche Rechte berühren."

Dem Nachbarn kommt angesichts der - angeführten - gesetzlichen Bauvorschriften im Lande Salzburg in Bezug auf die Einhaltung der Widmung immer nur dann ein Nachbarrecht zu, soweit die widmungsrechtliche Regelung auch im Interesse des Nachbarn gelegen ist (z.B. wenn ein Immissionsschutz in der Widmungsregelung vorgesehen ist; vgl. die hg. Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 Z. 6 BauPolG, etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/06/0191, und vom , Zl. 2002/06/0116). Dies gilt auch hinsichtlich der von den Beschwerdeführern im vorliegenden Fall geltend gemachten Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der im Bebauungsplan vorgesehenen besonderen Bauweise: "Die einzelnen Objekte sind prinzipiell zu Gruppen von Reihenhäusern zusammengebaut und bilden einen Platz für den ruhenden und internen Verkehr, welcher an die Stichstraße angebunden ist. Fallweise können auch freistehende Einzelobjekte errichtet werden". Diese Regelung des anzuwendenden Bebauungsplanes liegt nur im öffentlichen Interesse, nicht auch im Interesse des Nachbarn.

Die von den Beschwerdeführern im Zusammenhang mit der Frage, ob das Projekt dem Bebauungsplan entspricht, vorgebrachten Bedenken betreffen nur Umstände, in Bezug auf welche das Salzburger BauPolG dem Nachbarn keine subjektiv-öffentlichen Rechte einräumt:

Ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Beibehaltung der Eigenart der Umgebung des Siedlungscharakters besteht nach den anzuwendenden Bestimmungen des Salzburger Baurechts ebensowenig ein Mitspracherecht wie in bezug auf das Orts- oder Landschaftsbild. Auch ist ein allgemeines subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Wahrung des Licht- und Sonneneinfalles gesetzlich nicht vorgesehen und in bezug auf die Festsetzung der Geschossflächenzahl steht dem Nachbarn ebenfalls kein Mitspracherecht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/06/0194, m.w.N.). Letztlich besitzt der Nachbar hinsichtlich der Frage einer verkehrsmäßigen Erschließung des Baugrundstückes kein Nachbarrecht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0101).

Aus diesen Gründen wurden die Beschwerdeführer durch das von ihnen geltend gemachte Recht auf Unterbleiben einer nicht den Bestimmungen des Bebauungsplanes entsprechenden Bauführung auf ihrem Nachbargrundstück in keinen nach den Salzburger Baurechtsvorschriften gewährleisteten Rechten verletzt, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Ob das von der erstmitbeteiligten Partei projektierte Wohnobjekt aber dem Bebauungsplan entspricht, konnte und durfte im vorliegenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilt werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Die Abweisung des Kostenbegehrens der mitbeteiligten Marktgemeinde beruht darauf, dass deren Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigt war (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0228).

Wien, am