VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0280

VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0280

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail, den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde von B A in G, vertreten durch Dr. Franz Bixner, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 034717/2010-4, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin des näher genannten verfahrensgegenständlichen Grundstückes. Am fand auf diesem Grundstück eine baubehördliche Erhebung statt, wobei festgestellt wurde, dass ein ca. 40 m langer und ca. 0,5 bis 0,6 m hoher Zaunsockel aus Beton und ein ca. 42,5 m langer, 2 mal abgewinkelter und 16 mal abgestufter, ca. 2 m bis 2,40 m hoher Metallgitterzaunelementeaufbau mit PVC-Planenbespannung nördlich an der Grundgrenze zum öffentlichen Weg hin errichtet worden seien. Der Betonzaunsockel wurde vor ca. ein bis zwei Jahren der damals noch vorhandenen Hecke als Straßenbegrenzung vorgesetzt; zu welchem Zeitpunkt der Zaun errichtet wurde, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die oben näher genannte Einfriedung (Betonsockel und Zaunaufbau) binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen, weil es sich bei der beschriebenen Maßnahme um eine bewilligungspflichtige Anlage im Sinn des § 19 Z 4 Stmk. BauG handle, die ohne Bewilligung errichtet worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Anlage bestehe aus einem ca. 0,5 m bis 0,6 m hohen Sockel und einem Zaunaufbau. Diese Elemente seien getrennt zu beurteilen. Der Sockel selbst sei nicht bewilligungspflichtig gemäß § 19 Z 4 Stmk. BauG; er sei im Auftrag des "Straßen- und Brückenbauamtes" zum Zweck der Straßenbegrenzung und zur Geländestützung errichtet worden. Der Zaun könne gegebenenfalls vom Sockel abmontiert werden, weil er darauf nur verschraubt sei. Der Betonsockel sei nicht Teil des Zaunes. Wenn sich ein konsenswidriger Teil eines Bauvorhabens von den übrigen, nämlich konsensgemäßen Teilen des Bauvorhabens trennen lasse, dürfe sich ein Beseitigungsauftrag nur auf die nicht bewilligten Teile beziehen. Der Beseitigungsauftrag hätte daher jedenfalls nicht hinsichtlich des Betonsockels erlassen werden dürfen. Weiters wurde eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides gerügt, weil die Behörde auf Grund des mangelhaft ermittelten Sachverhaltes nicht berücksichtigt habe, dass der von der Beschwerdeführerin errichtete Zaun tatsächlich nicht entlang der nördlichen Grundstücksgrenze zur öffentlichen Straße verlaufe, sondern sich zur Gänze auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin in einem Abstand von etwa 50 cm von diesem befinde. Im Übrigen sei mittlerweile ein Bauansuchen eingebracht worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Sockel und der Aufbau des Zaunes als bauliche Einheit zu betrachten seien, weil der hier vorliegende Zaun nicht ohne diesen oder einen anderen vergleichbaren Sockel standfest errichtet werden könne. Um seine Einfriedungsfunktion erfüllen zu können, müsse der Zaun auf diesem Sockel befestigt werden. Dieser sei daher integrativer und notwendiger Bestandteil der Einfriedungsanlage. Ob dem Sockel noch eine andere Funktion als die einer Stützmauer oder einer Begrenzung zur Straße zukomme, mache keinen Unterschied; dies sei häufig der Fall. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Sockel ursprünglich zu einem anderen Zweck errichtet worden sei, wiewohl es in Anbetracht des vorliegenden Sachverhaltes durchaus als sehr wahrscheinlich gelte, dass die Errichtung des Sockels wohl auch mit Rücksicht auf die spätere Anbringung einer Zaunanlage erfolgt sei.

Relevant sei auch, dass die Stützmauer/der Sockel per se zwar nicht dem Regime des § 19 Z 4 Stmk. BauG unterliege, aber dennoch nicht bewilligungsfrei sei, weil gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 lit. k Stmk. BauG eine Stützmauer lediglich bis zu einer Höhe von 0,5 m bewilligungsfrei sei. Die vorliegende Stützmauer sei nach den unbestrittenen Feststellungen höher als 0,5 m und somit anzeigepflichtig gemäß § 20 Z 3 lit. c Stmk. BauG. Eine Baufreistellung nach dieser Bestimmung existiere nicht. Daher sei der Beseitigungsauftrag auch unter diesem Gesichtspunkt in seinem Umfang zu Recht ergangen.

Auch das Berufungsvorbringen, die Zaunanlage sei etwa 0,5 m von der Grundgrenze entfernt, ändere nichts an deren Charakterisierung als Einfriedung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0082). Angesichts der exakten Beschreibung der Anlage im Spruch des Bescheides könne für die Beschwerdeführerin auch nicht zweifelhaft sein, welche Anlage von der Erstbehörde gemeint gewesen sei. Auch wenn diese in Teilbereichen bis zu 50 cm von der Grundgrenze entfernt liege, befinde sie sich dennoch "entlang" der nördlichen Grundgrenze. Wegen der gegebenen Klarheit sei eine zentimetergenaue Festmachung ihrer Situierung nicht erforderlich.

Es sei auch nicht bestritten worden, dass die Einfriedung auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin liege und diese daher zu Recht als Adressatin des Auftrages herangezogen worden sei.

In der Folge begründete die belangte Behörde, warum aus ihrer Sicht kein relevanter Verfahrensfehler auf Grund der Verletzung des Parteiengehörs sowie der unterlassenen Belehrung gemäß § 13a AVG vorliege.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Laut Beschwerdepunkt erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Unterbleiben unnötiger sowie rechtlich nicht gedeckter Abbruch-/Beseitigungsaufträge hinsichtlich des Betonsockels" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

In der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerdeanträge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt das Stmk. BauG 1995, LGBl. Nr. 59 in der Fassung LGBl. Nr. 88/2008, zur Anwendung.

§ 3 Z 1, § 19 Z 4, § 20 Z 3 lit. c, § 21 Abs. 1 Z 2 lit. k

sowie § 41 Abs. 1 Stmk. BauG lauten wie folgt:

"§ 3

Ausnahmen vom Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt insbesondere nicht für:

1) bauliche Anlagen, die nach straßenrechtlichen Vorschriften als Straßen oder Bestandteile einer Straße gelten, sowie die dazugehörigen Lärmschutzanlagen;

§ 19

Baubewilligungspflichtige Vorhaben Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus

den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt:


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1.
4.
Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils ab einer Höhe von mehr als 1,5 m;
….
§ 20
Anzeigepflichtige Vorhaben
Anzeigepflichtig sind folgende Vorhaben, soweit sich aus § 21
nichts anderes ergibt:
1.
….
3.
Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von
a)
….
c)
Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils bis zu einer Höhe von 1,5 m;
d)
….
§ 21
Baubewilligungsfreie Vorhaben

(1) Zu den bewilligungsfreien Vorhaben gehört die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
….
2.
kleineren baulichen Anlagen, wie insbesondere
a)
k)
Stützmauern bis zu einer Höhe von 50 cm über dem angrenzenden natürlichen Gelände;
§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn


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1.
bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2.
anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3.
baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(2) …

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

(4) …"

Die Beschwerdeführerin wiederholt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Berufungsvorbringen, dass nämlich der Beseitigungsauftrag jedenfalls nicht hinsichtlich des Betonsockels hätte erlassen werden dürfen. Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht vorbringt, der Sockel sei im straßenrechtlichen Verfahren mitbehandelt worden und somit als "dazugehörige" Anlage gemäß § 3 Z 1 Stmk. BauG vom Anwendungsbereich desselben ausgenommen (vgl. Hauer/Trippl , Steiermärkisches Baurecht4, Seite 69, Anmerkung 6 zu § 3). Solches ist auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Dass dem Sockel zusätzlich auch eine Stützfunktion für die Straße zukommt, ändert - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - grundsätzlich nichts daran, dass er dennoch dem Regime des Stmk. BauG unterliegen kann.

Während des Verwaltungsverfahrens wurden die Feststellungen der Behörde erster Instanz, wonach der Sockel "ca. 0,5 m bis 0,6 m" hoch sei, nicht beanstandet. Vielmehr ging die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung selbst von einem "ca. 0,5 m bis 0,6 m hohen Betonsockel" aus. Auch in der Beschwerde wird nicht dezidiert behauptet, der Betonsockel sei weniger als 0,5 m hoch und daher bewilligungsfrei im Sinn des § 21 Abs. 1 Z 2 lit. k Stmk. BauG. In der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde vom bringt die Beschwerdeführerin jedoch vor, "(g)gst. ist (zumindest primär) nicht die Frage, ob ein Betonsockel deswegen nicht der Stmk.BauO unterfällt, weil er (auch) Teil einer Straße ist, sondern weil seine Höhe 50 cm nicht überschreitet , was jedenfalls im Zweifel zu (Gunsten der Beschwerdeführerin) anzunehmen wäre." Selbst wenn der Sockel/die Stützmauer höher als 0,5 m wäre, wäre sie nur anzeigepflichtig.

Dazu ist anzumerken, dass auch damit den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die vorliegende Stützmauer anzeigepflichtig nach § 20 Z. 3 lit. c Stmk BauG sei, nicht konkret entgegengetreten wird. Dies ist auch nicht zu beanstanden. Darüber hinaus unterliegt die mehrmalige Behauptung, die belangte Behörde sei möglicherweise sachverhaltswidrig von einem Sockel ausgegangen, der mehr als 0,5 m hoch sei, dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Die belangte Behörde durfte somit davon ausgehen, dass schon der Sockel nicht rechtskonform errichtet wurde, im vorliegenden Fall also nicht bewilligungsfrei war. Daher kann dahingestellt bleiben, ob Zaun und Sockel voneinander trennbar sind und sich der Beseitigungsauftrag - nach Ansicht der Beschwerdeführerin - nur auf den Zaun hätte beziehen dürfen. Für die Position der Beschwerdeführerin wäre mit dem Argument der Trennbarkeit nämlich nur dann etwas zu gewinnen, wenn der Sockel rechtskonform errichtet worden, im vorliegenden Fall also bewilligungsfrei wäre. Da davon jedoch nicht auszugehen war, erließ die belangte Behörde den gegenständlichen Beseitigungsauftrag zu Recht für die gesamte bauliche Anlage, nämlich den Zaun und den Sockel.

Zutreffend hat die belangte Behörde den Auftrag zur Beseitigung von konsenslosen und konsenswidrigen Baulichkeiten der Eigentümerin der Baulichkeit erteilt, unabhängig davon, wer die Herstellung vorgenommen hat (vgl. dazu Hauer/Trippl , aaO, Seite 437, Anmerkung 40 zu § 41). Dass die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin der Anlage sei, wurde während des Verwaltungsverfahrens - und im Übrigen auch in der Beschwerde - nicht vorgebracht.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am