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VwGH vom 10.12.2009, 2008/04/0140

VwGH vom 10.12.2009, 2008/04/0140

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der U AG in N, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zlen. UVS 443.7-4/2008-10, UVS 453.7-3/2008-10, UVS 403.7-1/2008- 5, betreffend Zurückweisung von Nachprüfungsanträgen und Abweisung der Wiedereinsetzung (mitbeteiligte Partei:

Abfallwirtschaftsverband Graz-Umgebung in Graz, vertreten durch Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wastiangasse 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark die Anträge der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Mitbeteiligten als Auftraggeberin, für die Vergabe des Auftrages "Behandlung (Verwertung und Beseitigung) von Siedlungsabfällen" ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu wählen, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Frist zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages abgewiesen.

Zur Begründung des Spruchpunktes I. führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass die Frist zur Abgabe von Teilnahmeanträgen - nach einer Verlängerung - mit festgelegt worden sei und mehr als 15 Tage betragen habe. Gemäß § 5 Abs. 3 Z. 2 des Steiermärkischen Vergaberechtsschutzgesetzes - StVergG, LGBl. Nr. 154/2006, habe der Nachprüfungsantrag spätestens sieben Tage vor Ablauf der Frist für die Abgabe der Teilnahmeanträge eingebracht werden müssen. Innerhalb dieser siebentägigen Frist sei eine Antragseinbringung nicht mehr zulässig. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2006/04/0112, sei bei der Berechnung dieser siebentägigen Frist der (Abgabetermin für die Teilnahmeanträge) nicht mitzuzählen gewesen. Die sieben davor liegenden Tage umfassten die Zeitspanne vom 28. Juli bis 3. August. Der Nachprüfungsantrag hätte davor, also spätestens am eingebracht werden müssen.

Bei diesem Tag handle es sich um einen Sonntag. Da in einem Fall wie dem vorliegenden, der Fristenlauf "sozusagen 'umgekehrt' zu rechnen ist", sei der nach der Regel des § 33 Abs. 2 AVG maßgebliche "nächste" Werktag nicht Montag der , sondern Freitag der gewesen.

Der erst am eingebrachte Nachprüfungsantrag sei daher verspätet.

Ihrem gesamten Inhalt nach nur gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid zu beheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei wurde der von der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verhandlungsverfahren abgegebene Teilnahmeantrag mittlerweile rechtswirksam ausgeschieden. Dies hat die Beschwerdeführerin in der dazu abgegebenen Stellungnahme nicht bestritten.

Die Ausscheidung des Teilnahmeantrages der Beschwerdeführerin führt vorliegend nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses. Nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist das gegenständliche Nachprüfungsverfahren fortzusetzen, falls der Zuschlag bereits erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden sein sollte, gemäß § 17 Abs. 4 StVergG als Feststellungsverfahren. In diesem Verfahren wäre der gegen die Ausschreibung (und die damit erfolgte Wahl des Vergabeverfahrens) gerichtete Nachprüfungsantrag nicht schon deshalb unzulässig, weil der Teilnahmeantrag (unter Zugrundelegung der Ausschreibung) ausgeschieden worden ist, geht es doch in diesem Verfahren gerade darum, ob die Ausschreibung vergaberechtskonform erfolgt ist.

Die - auf Grundlage des festgestellten Sachverhaltes unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass sich unter Zugrundelegung der im angefochtenen Bescheid zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als letzter Tag für die Einbringung des Nachprüfungsantrages rechnerisch Sonntag der ergibt, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Es kann dahin stehen, ob die genannte, zu § 321 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 86/2007 ergangene Judikatur zur Fristberechnung auf das StVergG - und auf § 321 BVergG in der geltenden Fassung (die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der genannten Novelle, 127 BlgNR XXIII. GP, 17, gehen von einer Fristberechnung aus, die einen Tag mehr Zeit für die Antragseinbringung einräumt) - übertragbar ist, weil die Beschwerdeführerin schon mit ihrem gegen die Auslegung von § 33 Abs. 2 AVG durch die belangte Behörde gerichteten Vorbringen im Recht ist:

Der gemäß § 56 Abs. 1 BVergG für die Einbringung von Nachprüfungsanträgen maßgebliche (vgl. das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0112) § 33 Abs. 2 AVG hat folgenden Wortlaut:

"Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist der nächste Werktag letzter Tag der Frist."

Der Auslegung durch die belangte Behörde, wonach in einem Fall wie dem vorliegenden der letzte Tag für die Einbringung des Nachprüfungsantrages, der auf einen in dieser Norm genannten Tag fallen würde, gemäß § 33 Abs. 2 AVG bereits auf den vorhergehenden Werktag fällt, ist schon mit dem klaren Wortlaut ("der nächste Werktag") nicht in Einklang zu bringen. Überdies ergibt sich aus dem Zweck dieser Regelung, dass damit eine Partei, die für die Vornahme einer Prozesshandlung eine bestimmte Frist zur Verfügung hat, bei errechnetem Fristende an einem der genannten - arbeitsfreien - Tage nicht dazu gezwungen sein soll, die Prozesshandlung bereits am letzten Arbeitstag davor zu setzen, sondern ihr dafür ein weiterer Arbeitstag zur Verfügung stehen soll.

Die Einbringung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages an dem dem errechneten Fristende folgenden Werktag war daher rechtzeitig.

Da die belangte Behörde diese Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am