VwGH vom 14.04.2011, 2008/04/0104
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2008/04/0106 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19 (IZD Tower), gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom , Zl. N/0048-BVA/13/2008-14, betreffend Nachprüfung einer Ausschreibung (mitbeteiligte Partei:
Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19; weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) hat einen Lieferauftrag zur Beschaffung eines Impfstoffes gegen Rotaviren im Wege eines offenen Verfahrens mit einem geschätzten Auftragswert von EUR 1,920.000,-- nach dem "Billigstbieterprinzip" ausgeschrieben.
Mit Nachprüfungsantrag vom begehrte die Beschwerdeführerin, soweit hier wesentlich, die Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlagen, in eventu die Nichtigerklärung des Punktes 1.22 der Ausschreibungsunterlagen sowie den Ersatz der für diesen Antrag entrichteten Pauschalgebühr durch die Auftraggeberin (soweit sich der Antrag auf die Erteilung einer einstweiligen Verfügung bezieht, wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/04/0065, verwiesen).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die genannten Anträge gemäß § 320 bzw. § 319 BVergG 2006 abgewiesen.
In der Begründung gab die belangte Behörde die angefochtenen
Ausschreibungsunterlagen wie folgt wieder:
"Punkt 1.22 der Ausschreibungsunterlagen lautet:
Es gibt das Billigstbieterprinzip. Begründung: Es werden nur Angebote von in Österreich zugelassenen Impfstoffen akzeptiert. Mit der Zulassung ist die Eignung des Impfstoffes nachgewiesen, daher sind qualitative Unterschiede für den Auftraggeber nicht von Relevanz.
Für den Preisvergleich wird folgender Preis herangezogen: Der Gesamtpreis laut Angebot auf dem Preisblatt (Impfstoff und allfälliger Preis für die Distribution zu den Abgabestellen) für die Immunisierung von 30.000 Kindern zuzüglich eines Betrages von 12,50 Euro, das entspricht den durchschnittlichen Administrationskosten pro Impfung (Arzthonoraren und Verteilung von den Abgabestellen zu den Ärzten), pro benötigter Teilimpfung laut Gebrauchsinformation."
In ihrem Nachprüfungsantrag habe die Beschwerdeführerin gegen die Wahl des "Billigstbieterprinzips" vorgebracht, dass § 80 Abs. 3 BVergG 2006 zwei mögliche Zuschlagssysteme vorsehe, die einander ausschlössen. Nach der Grundkonzeption des BVergG 2006 sei vorrangig das Zuschlagssystem des "technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes" (Bestbieterprinzip) zu wählen. Lediglich unter der Voraussetzung, dass der Qualitätsstandard der Leistung in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert sei, könne anstelle des Bestbieterprinzips das "Billigstbieterprinzip" gewählt werden. Die beiden Zuschlagssysteme stünden daher in einem Regel-Ausnahmeverhältnis. Das Billigstbieterprinzip komme nur in Betracht, wenn eine exakt definierte Qualität verlangt werde. Dies sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin gegenständlich nicht der Fall, weil die einzigen beiden am Markt befindlichen Impfstoffe gegen Rotaviren, darunter der Impfstoff der Beschwerdeführerin, ein unterschiedliches Qualitätsniveau aufwiesen. So habe das vorangegangene Vergabeverfahren der Auftraggeberin betreffend den in Rede stehenden Impfstoff, das nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben und entschieden worden sei, gezeigt, dass das Produkt der Beschwerdeführerin qualitativ besser sei (höhere Immunogenität und bessere Schutzrate). In der nunmehr bekämpften Ausschreibung, die das Billigstbieterprinzip vorgebe, werde der zu erreichende Qualitätsstandard jedoch lediglich mit der Zulassung des Impfstoffes in Österreich umschrieben, sodass nur das Erreichen eines Mindeststandards gewährleistet sei. Ein Mindeststandard sei aber nach Ansicht der Beschwerdeführerin von vornherein kein klarer und eindeutig definierter Qualitätsstandard, weil der Mindeststandard einen Spielraum bezüglich der Qualität offen lasse.
Diesem Vorbringen im Nachprüfungsantrag habe die Auftraggeberin im Wesentlichen entgegen gehalten, dass der Qualitätsstandard des Impfstoffes durch die verlangte Zulassung in Österreich klar festgelegt sei. Der verfahrensgegenständliche Impfstoff unterliege dem Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur und werde im Zuge eines zentralisierten Verfahrens überprüft. Im Falle eines zustimmenden Bescheides der Europäischen Kommission gelte dieser Impfstoff auch in Österreich als zugelassen. Eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur erfolge nur dann, wenn der Impfstoff wirksam sei und keine schweren Nebenwirkungen habe. Daher werde schon durch das genannte Zulassungssystem ein hoher Standardisierungsgrad erreicht. Für die Auftraggeberin sei es daher irrelevant, ob dieser Standard von einzelnen Bietern noch überschritten werde. Die verlangte Zulassung des Impfstoffes sei daher nicht nur ein ausreichender, sondern auch ein klarer und eindeutig definierter Qualitätsstandard im Sinne des § 80 Abs. 3 BVergG 2006.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin neuerlich darauf hingewiesen, dass die verlangte Zulassung lediglich eine notwendige Voraussetzung für das Inverkehrbringen des Impfstoffes sei, alleine die Tatsache der Zulassung stelle aber keine ausreichende Standardisierung dar, da die beiden am Markt befindlichen Impfstoffe sowohl hinsichtlich der Schutzdauer als auch hinsichtlich der Schutzraten erheblich voneinander abwichen. So entfalte der Impfstoff der Beschwerdeführerin bereits acht Wochen nach der Impfung seine Schutzwirkung, die Schutzdauer sei für drei Jahre nachgewiesen. An diese beiden Qualitätskriterien komme das Produkt des Mitbewerbers nicht heran.
Weiters habe die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vorgebracht, dass das gewählte Billigstbieterprinzip auch deshalb unzulässig sei, weil nach der Ausschreibung der Auftraggeberin sogenannte "Distributionskosten" berücksichtigt würden, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin Folgekosten darstellten (nach dem Verhandlungsprotokoll wurden damit die hinzuzurechnenden Kosten von EUR 12,50 pro Teilimpfung angesprochen). Nach den Erläuternden Bemerkungen zu § 80 Abs. 3 BVergG 2006 sei das Billigstbieterprinzip aber unzulässig, wenn bei der Zuschlagsentscheidung Folgekosten berücksichtigt würden.
Zum letztgenannten Argument habe die Auftraggeberin in der Verhandlung entgegnet, dass die in der Ausschreibung genannten EUR 12,50 pro Teilimpfung gemäß Gebrauchsanweisung dem Angebotspreis jedes Bieters in exakt gleicher Höhe zugerechnet würden, und zwar unabhängig von der jeweiligen Höhe des Angebotspreises und den tatsächlichen Distributionskosten. Es handle sich daher um einen fixen unabänderbaren Pauschalbetrag, der an der Vergleichbarkeit der Angebote nichts ändere.
Vor diesem Hintergrund verwies die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung zunächst auf § 80 Abs. 3 BVergG 2006, der dem Auftraggeber die Wahl lasse, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot (Bestbieterprinzip) oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip) erteilt werden solle. Das Billigstbieterprinzip könne vom Auftraggeber dann gewählt werden, wenn der Qualitätsstandard der Leistung in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert sei. Diese Regelung setze Art. 53 der Richtlinie 2004/18/EG um, sodass § 80 Abs. 3 BVergG 2006 richtlinienkonform auszulegen sei. Der Wortlaut des Art. 53 der genannten Richtlinie lasse dem Auftraggeber die uneingeschränkte Wahl zwischen dem Bestbieterprinzip und dem Billigstbieterprinzip. Nach dem Erwägungsgrund 46 der genannten Richtlinie sei jedoch darauf zu achten, dass die Zuschlagserteilung auf der Grundlage objektiver Kriterien erfolge, die die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten und sicherstellen sollen, dass die Angebote unter wirksamen Wettbewerbsbedingungen bewertet werden. Da somit das Unionsrecht die Zulässigkeit der Wahl des Billigstbieterprinzips bloß von der Einhaltung der genannten Grundsätze abhängig mache, sei auch nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften kein allzu strenger Maßstab an die Wahl des Billigstbieterprinzips anzulegen. Gegenständlich sei zwischen den Parteien des Vergabekontrollverfahrens unstrittig, dass der in Rede stehende Impfstoff von der Europäischen Arzneimittelagentur im Zuge eines zentralisierten Verfahrens überprüft und mit Bescheid der Europäischen Kommission genehmigt werden müsse, wobei der Impfstoff in diesem Fall auch in Österreich als zugelassen gelte. Es gebe daher keinen vernünftigen Grund zu zweifeln, dass die Zulassung dieses Impfstoffes auf hohem Niveau erfolge und dabei auch die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit des Arzneimittels angemessen bzw. ausreichend nachgewiesen werden müssten. Mit dem Erfordernis einer solchen Zulassung sei somit der Qualitätsstandard der Leistung klar, eindeutig, transparent und für alle Bieter in gleicher Weise geltend definiert. Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber meine, das Billigstbieterprinzip sei lediglich bei völlig identem Qualitätsstandard zulässig, so übersehe sie, dass es dem Auftraggeber grundsätzlich frei stehe, höhere oder geringere Qualität zu beschaffen. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn die Auftraggeberin mit der genannten Zulassung einen Mindeststandard festgelegt habe und eine Überschreitung dieses Qualitätsstandards für sie keine Rolle spiele. Vielmehr stehe es der Auftraggeberin gemäß § 80 Abs. 3 BVergG 2006 unter Berücksichtigung von Art. 53 der Richtlinie 2004/18/EG zu, nur einen Mindeststandard festzulegen und einen über den gewählten Qualitätsstandard hinausgehenden Vergleich des Qualitätsniveaus auszuklammern.
Gerade den letztgenannten Aspekt übersehe die Beschwerdeführerin auch, wenn sie meine, dass die Distributionskosten von EUR 12,50 pro Teilimpfung die Krankheitsfolgekosten auf Grund unterschiedlicher Schutzraten und nachgewiesener Schutzdauer nicht berücksichtigen würden. Die unterschiedliche Schutzrate und Schutzdauer der beiden Impfstoffe und damit das unterschiedliche Qualitätsniveau derselben sei nämlich nach dem Gesagten unerheblich. Im Übrigen, so die belangte Behörde abschließend, seien die Distributionskosten nicht vom Bieter zu tragen, sondern dienten lediglich dazu, die Gesamtkosten des Impfprogrammes vergleichbar zu machen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde den Verwaltungsakt vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Auftraggeberin, eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1) Zum Tatbestandsmerkmal "klar und eindeutig definierter Qualitätsstandard":
Die Beschwerdeführerin vertritt in der Beschwerde zusammengefasst die Rechtsansicht, dass die Auftraggeberin in der Ausschreibung zu Unrecht das Billigstbieterprinzip gewählt habe.
§ 80 Abs. 3 BVergG 2006 eröffne dem Auftraggeber keine freie Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Zuschlagsprinzips, sondern gehe vorrangig vom Bestbieterprinzip aus. Nur im Falle eines klaren und eindeutig definierten Qualitätsstandards könne der Auftraggeber das Billigstbieterprinzip wählen. Unzutreffend sei die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass bei richtlinienkonformer Auslegung des § 80 Abs. 3 BVergG 2006 kein strenger Maßstab an die in dieser Gesetzesbestimmung normierten Voraussetzungen zu stellen sei. Gerade weil die Vergaberichtlinie 2004/18/EG keine näheren Kriterien für die Wahl des Billigstbieterprinzips vorsehe, bleibe es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen, einen gegenüber der Vergaberichtlinie strengeren Maßstab für die Wahl des Billigstbieterprinzips zu normieren. Wenn daher § 80 Abs. 3 BVergG 2006 eine exakte Qualität für das Billigstbieterprinzip verlange, so bedeute dies, dass die Qualität in der Ausschreibung so vorgegeben sein müsse, dass für den Bieter nur hinsichtlich des Preises ein Spielraum bestehe. Dies sei, wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 80 BVergG 2006 ergebe, nur bei Waren bzw. Dienstleistungen mit hohem Standardisierungsgrad der Fall.
Im vorliegenden Fall sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin mit dem in der Ausschreibung vorgegebenen Kriterium der "Zulassung" ein solch klarer und eindeutiger Qualitätsstandard nicht vorgegeben. Die Zulassung eines Impfstoffes bedeute nur, dass dieser in Verkehr gebracht werden dürfe. Durch die Zulassung sei aber noch keine Aussage über die Sicherheit und über die Höhe der Qualität des Impfstoffes getroffen. Daher hätte sich die belangte Behörde nach Ansicht der Beschwerdeführerin mit den Qualitätsunterschieden der beiden am Markt befindlichen Impfstoffe gegen Rotaviren auseinander setzen müssen. Dabei hätte sich ergeben, dass der Impfstoff der Beschwerdeführerin unter verschiedenen Gesichtspunkten (Schutzdauer, raschere Wirksamkeit des Impfstoffes) eine höhere Qualität aufweise als der Impfstoff des Mitbewerbers. Schon auf Grund dieses unterschiedlichen Qualitätsniveaus hätte in der Ausschreibung nicht das Billigstbieterprinzip festgelegt werden dürfen.
§ 80 BVergG 2006 in der hier maßgebenden Stammfassung BGBl. I
Nr. 17 lautet auszugsweise:
"Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
§ 80. …
(3) In der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen ist anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder - sofern der Qualitätsstandard der Leistung in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert ist - dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Diese Angabe kann auch im Wege der Festlegung einer Marge, deren größte Bandbreite angemessen sein muss, erfolgen. Ist die Festlegung der Zuschlagskriterien im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung aus nachvollziehbaren Gründen nach Ansicht des Auftraggebers nicht möglich, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. Sofern in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen keine Festlegung betreffend das Zuschlagsprinzip erfolgt, ist der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen."
Art. 53 der Richtlinie 2004/18/EG lautet:
"Zuschlagskriterien
(1) Der öffentliche Auftraggeber wendet unbeschadet der für die Vergütung von bestimmten Dienstleistungen geltenden einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bei der Erteilung des Zuschlags folgende Kriterien an:
a) entweder - wenn der Zuschlag auf das aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt - verschiedene mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien, z.B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- oder Ausführungsfrist
b) oder ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises.
(2) Unbeschadet des Unterabsatzes 3 gibt der öffentliche Auftraggeber im Fall von Absatz 1 Buchstabe a in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen oder - beim wettbewerblichen Dialog - in der Beschreibung an, wie er die einzelnen Kriterien gewichtet, um das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln. Diese Gewichtung kann mittels einer Marge angegeben werden, deren größte Bandbreite angemessen sein muss. Kann nach Ansicht des öffentlichen Auftraggebers die Gewichtung aus nachvollziehbaren Gründen nicht angegeben werden, so gibt der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen oder - beim wettbewerblichen Dialog - in der Beschreibung die Kriterien in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung an."
Aus Art. 53 Abs. 1 der zitierten Richtlinie ist ersichtlich, dass das Unionsrecht die prinzipielle Wahlmöglichkeit zwischen dem Bestbieterprinzip und dem Billigstbieterprinzip vorsieht. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im Urteil vom , Rs C-247/02, Sintesi SpA, zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung (Art. 30 der Richtlinie 93/37/EWG) ausgesprochen, dass diese einer nationalen Regelung entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggebern für die Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen im Anschluss an ein offenes oder nicht offenes Ausschreibungsverfahren abstrakt und allgemein vorschreibt, nur das Kriterium des niedrigsten Preises anzuwenden (Rn 42). Dies hat der EuGH damit begründet, dass in einem solchen Fall den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit genommen werde, die Art und die Besonderheiten derartiger Aufträge im Einzelnen zu berücksichtigen, indem sie für jeden von ihnen das Kriterium wählen, das am besten geeignet ist, den freien Wettbewerb zu sichern und so die Auswahl des besten Angebots zu gewährleisten (Rn 40). Der EuGH hatte aber keine Bedenken gegen eine nationale Vorschrift, die die Wahlfreiheit der öffentlichen Auftraggeber hinsichtlich der Zuschlagskriterien beschränkt, sofern die Auftraggeber dadurch nicht gehindert werden, verschiedene Angebote zu vergleichen und nach einem vorher festgelegten objektiven Kriterium das beste Angebot auszuwählen (Rn 39).
Vor diesem Hintergrund ist § 80 Abs. 3 BVergG 2006 unbedenklich, weil diese Bestimmung einerseits nicht abstrakt und allgemein ein Zuschlagsprinzip für bestimmte Arten von Vergabeverfahren vorschreibt und andererseits dem Auftraggeber grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen dem Billigstbieter- und dem Bestbieterprinzip belässt, wobei das Billigstbieterprinzip lediglich an die gesetzliche Voraussetzung geknüpft wird, dass der Qualitätsstandard der Leistung in der Ausschreibung klar und eindeutig definiert ist.
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Auftraggeberin in der Ausschreibung als Qualitätserfordernis des Impfstoffes dessen Zulassung in Österreich verlangt. Gemäß § 7 Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 153/2005, dürfen Arzneispezialitäten im Inland erst abgegeben oder für die Abgabe im Inland bereitgehalten werden, wenn sie vom Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen zugelassen sind, es sei denn, es handelt sich (Z. 1) um zugelassene Arzneispezialitäten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004. Daher ersetzt die Zulassung nach der genannten Verordnung die nationale Zulassung der Arzneispezialität. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der gegenständliche Impfstoff einer Zulassung im Sinne der letztgenannten Verordnung unterliegt. Da ein Impfstoff, was die behördliche Zulassung betrifft, nur entweder zugelassen oder nicht zugelassen sein kann, hat die Auftraggeberin einen eindeutigen und klar definierten Qualitätsstandard vorgegeben, wenn sie in der Ausschreibung auf das Vorliegen der Zulassung abgestellt hat.
Davon zu unterscheiden ist die in der Beschwerde angesprochene Frage, ob es für Impfstoffe höhere Qualitätsstandards gibt, als in der Ausschreibung mit dem Kriterium der Zulassung verlangt wird. Mit dem Beschwerdevorbringen, die (bloße) Zulassung des Impfstoffes sei noch kein ausreichendes Qualitätskriterium, sodass in der Ausschreibung auf weitere Qualitätsmerkmale wie die rasche Wirksamkeit des Impfstoffes und dessen Schutzdauer hätte abgestellt werden müssen, wendet sich die Beschwerde aber nicht gegen die hier maßgebende Klarheit und Eindeutigkeit des gewählten Qualitätsstandards, sondern zielt darauf ab, dass die erteilte Zulassung noch keine - hinreichende - Qualität gewährleiste.
Damit übersieht die Beschwerdeführerin, dass es grundsätzlich Sache des Auftraggebers ist, die Höhe der von ihm verlangten Qualität zu fordern. So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0232, mwN), dass es Sache des Auftraggebers ist, welche Leistung er verlangt, soweit er dabei das Gebot der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung beachtet.
Auch in den Erläuterungen (BlgNR 1171 GP XXII, 68) zu § 80 BVergG 2006 wird ausgeführt, dass der im Falle des Billigstbieterprinzips klar und eindeutig festzulegende Qualitätsstandard ein Mindeststandard ist, dessen Überschreitung seitens des Unternehmers möglich und zulässig ist.
Daher hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, dass in der gegenständlichen Ausschreibung durch die verlangte behördliche Zulassung der zu liefernden Ware ein klarer und eindeutig definierter Qualitätsstandard im Sinne des § 80 Abs. 3 BVergG 2006 festgelegt wurde. Dennoch ist der angefochtene Bescheid aus folgendem Grund rechtswidrig:
2) Zur Einbeziehung der sog. Distributions- bzw. Administrationskosten :
Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, das Billigstbieterprinzip sei im vorliegenden Fall auch deshalb unzulässig, weil nach den zitierten Bestimmungen der Ausschreibung auch die Höhe der sogenannten Distributionskosten (nach der Ausschreibung: Administrationskosten) für den niedrigsten Preis und damit für die Zuschlagsentscheidung herangezogen werden soll. Diese Distributionskosten würden dem anzubietenden Preis hinzugerechnet und seien abhängig von der Anzahl der Teilimpfungen laut Gebrauchsinformation. Die Anzahl der benötigten Teilimpfungen sei bei den beiden am Markt befindlichen Impfstoffen jedoch unterschiedlich: So sei beim Impfstoff der Beschwerdeführerin die Verabreichung von drei Dosen notwendig, beim Impfstoff der Mitbewerberin hingegen bloß zwei Dosen erforderlich. Damit liege das Zuschlagskriterium nicht allein im angebotenen Preis, vielmehr würden durch die Distributionskosten auch Folgekosten in die Bewertung der Angebote einfließen, was nach den Materialien zum BVergG 2006 unzulässig sei.
Richtig ist, dass sich der Gesamtpreis nach der wiedergegebenen Ausschreibungsbestimmung Punkt 1.22 einerseits aus dem Preis für die Immunisierung von 30.000 Kindern und andererseits aus einem Betrag, der sich nach der Anzahl der benötigten Teilimpfungen laut Gebrauchsinformation bestimmt (konkret EUR 12,50 multipliziert mit der Anzahl der benötigten Teilimpfungen), ergibt.
Die belangte Behörde hat dazu lediglich ausgeführt, dass die Distributionskosten nicht vom Bieter zu tragen seien, sondern lediglich dazu dienten, die Gesamtkosten des Impfprogrammes vergleichbar zu machen.
Damit übersieht die belangte Behörde, dass durch die Einbeziehung der genannten Distributionskosten in den Gesamtpreis ein Faktor Bedeutung erlangt, der die erforderliche Anzahl an Teilimpfungen widerspiegelt. Mit den Distributionskosten wird daher im vorliegenden Fall ein Qualitätskriterium - nämlich die für die Herstellung des Impfschutzes erforderliche Anzahl an Teilimpfungen - in die Zuschlagskriterien einbezogen. Daran ändert nichts, dass dieses Qualitätskriterium nach der Ausschreibung in Form von Kosten (konkret durch Folgekosten für die Verabreichung der jeweiligen (Teil )Impfungen durch den Arzt samt Zulieferung des Impfstoffes zum Arzt) zum Ausdruck gebracht werden soll.
Dem in der Ausschreibung genannten Billigstbieterprinzip steht daher im vorliegenden Fall entgegen, dass die Zuschlagsentscheidung in Wahrheit nicht ausschließlich nach dem niedrigsten Preis erfolgen soll, sondern auch durch ein Qualitätsmerkmal des zu liefernden Impfstoffes bestimmt wird.
Außerdem werden durch dieses Qualitätsmerkmal Folgekosten in die Zuschlagskriterien einbezogen, deren Berücksichtigung im Rahmen des Billigstbieterprinzips - bei diesem ist ausschließlich auf den niedrigsten Preis abzustellen - keinen Platz findet (vgl. auch dazu die bereits erwähnten Erläuterungen zu § 80 BVergG 2006, nach denen das Billigstbieterprinzip, bei dem "allein der Preis relevant ist", nicht zulässig ist, wenn Folgekosten, wie Betriebs- und Erhaltungskosten sowie kostenmäßige Auswirkungen auf andere, in inhaltlichem Zusammenhang stehende Leistungen, ein Zuschlagskriterium darstellen sollen).
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage unrichtig beurteilt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Dem Erfordernis einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ist von der belangten Behörde - einem Tribunal iSd Art. 6 EMRK - entsprochen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am