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VwGH vom 21.03.2011, 2008/04/0083

VwGH vom 21.03.2011, 2008/04/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. der B Gesellschaft m.b.H. in X und 2. der A GmbH in Y (Deutschland), diese vertreten durch Dr. Johannes Hochleitner und Dr. Christian Ransmayr, Rechtsanwälte in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-AB-08-2010, betreffend Vergabenachprüfung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Z, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/1; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Dem vorliegenden Beschwerdefall liegt das Vergabeverfahren "Donau-Hochwasserschutz in der MG Z, Mobilschutz" der mitbeteiligten Partei als öffentliche Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) zu Grunde. Wann dieses Vergabeverfahren eingeleitet wurde, findet sich im angefochtenen Bescheid nicht.

Mit Schreiben vom wurde der Beschwerdeführerin bekannt gegeben, dass ihr Angebot ausgeschieden wurde. Diese Ausscheidensentscheidung wurde (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten) zum einen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin ein Aufklärungsersuchen der Auftraggeberin vom verspätet beantwortet habe. Zum anderen sei ein Subunternehmer (entgegen der Festlegungen in Punkt E.23 der Ausschreibungsunterlagen) nicht im Angebot genannt worden.

Weiters wurde der Beschwerdeführerin mit diesem Schreiben mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag einem anderen näher bezeichneten Unternehmen (im Folgenden: Zuschlagsempfängerin) zu erteilen (Zuschlagsentscheidung).

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Nachprüfung ein.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, die Ausscheidensentscheidung vom für nichtig zu erklären, abgewiesen; die weiteren Anträge der Beschwerdeführerin, die Zuschlagsentscheidung vom , die Festlegung der Auftraggeberin, das Angebot der Beschwerdeführerin nicht zu bewerten und nicht der Zuschlagsentscheidung zu Grunde zu legen, sowie die Festlegung der Auftraggeberin, das Angebot der Zuschlagsempfängerin nicht auszuscheiden, und letztlich die Festlegung der Auftraggeberin das Vergabeverfahren trotz Vorliegen von Ausscheidensgründen hinsichtlich aller Bieter nicht zu widerrufen für nichtig zu erklären, wurden zurückgewiesen. Diesen Ausspruch gründete die belangte Behörde auf § 67a Abs. 1 Z. 1 AVG, das NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz wird lediglich im Betreff des angefochtenen Bescheides genannt.

In der Sache beschäftigte sich die belangte Behörde zunächst mit der Ausscheidensentscheidung der Auftraggeberin vom als gesondert anfechtbare Entscheidung. In dieser Hinsicht ging die belangte Behörde lediglich auf den ersten von der Auftraggeberin (bzw. der vergebenden Stelle) herangezogenen Ausscheidensgrund, nämlich den Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 ein. Hiezu führte die belangte Behörde aus, mit dem als Aufklärungsersuchen zum Angebot der Beschwerdeführerin bezeichneten Schreiben sei diese ersucht worden, Aufklärungen zu bezeichneten Unklarheiten - insgesamt drei angeführte Punkte (welche Punkte dies waren, führt die belangte Behörde nicht aus) - bis längstens , 15.00 Uhr (Einlangen) an die vergebende Stelle zu richten. Unstrittig sei das diesbezügliche Schreiben der Beschwerdeführerin allerdings erst am an die vergebende Stelle "abgesandt" worden (nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens begründete die Auftraggeberin jedoch ihre Ausscheidungsentscheidung damit, dass das Aufklärungsschreiben der Bietergemeinschaft erst am bei der vergebenden Stelle "eingelangt" sei).

Sodann führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zur Rechtzeitigkeit vorgebracht, ihrem Mitarbeiter, Ing. L sei vor Ablauf der Frist durch die vergebende Stelle telefonisch eine Fristverlängerung bis zugesagt worden, wobei das diesbezügliche Aufklärungsersuchen auch mit gleichem Tag beantwortet worden sei. "Mangels Krankheit" habe der als Zeuge begehrte Ing. L durch die belangte Behörde nicht persönlich befragt werden können, jedoch ergebe sich aus der verlesenen "Gesamtakte", dass dieser das Auskunftsersuchen erst deshalb verspätet beantwortet habe, weil er sich vor Absendung der Unterlagen noch mit dem "deutschen Partner" habe besprechen bzw. mit diesem abstimmen habe wollen. Unstrittig ergebe sich aus der Aktenlage, dass es bezüglich der "Gewährung oder Nichtgewährung der Fristverlängerung" nur das bezeichnete Telefongespräch und ansonsten keinerlei schriftliche Korrespondenz gegeben habe. Auch sei der Aktenlage unstrittig zu entnehmen, dass das Antwortschreiben vom vom bezeichneten Mitarbeiter (gemeint offenbar Ing. L) der Beschwerdeführerin unterfertigt worden sei.

Im diesbezüglichen Aufklärungsersuchen sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das Risiko des rechtzeitigen Einganges der geforderten Aufklärung seitens der Beschwerdeführerin zu tragen sei, weshalb die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, telefonisch um eine etwaige Fristverlängerung zu ersuchen bzw. nur darauf hinzuweisen, dass das Aufklärungsersuchen schriftlich erst am beantwortet werde, als solche zu sehen sei, deren Folgen tatsächlich nur die Beschwerdeführerin zu tragen habe.

Sodann führt die belangte Behörde Näheres zum Vorbringen der Beschwerdeführerin aus, die Auftraggeberin sei im Verfahren nicht berechtigt, durch unberechtigte Anfragen und die Setzung extrem kurzer Fristen eine künstliche Stress- bzw. Drucksituation beim Bieter zu erzeugen.

Unzweifelhaft könne jedenfalls gemäß § 129 Abs. 2 BVergG 2006 der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen hätten, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren gegebene Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehre. Zwar stelle die nicht fristgemäße Beantwortung nach dieser Bestimmung nicht sofort einen zwingenden Ausscheidensgrund dar, jedoch müsse es selbst im Rahmen des bestehenden gebundenen Ermessens einem öffentlichen Auftraggeber in einem durchzuführenden Vergabeverfahren möglich sein, soweit dadurch nicht der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter verletzt werde, ein gelegtes Angebot auszuscheiden, wenn eben die verlangte Aufklärung nicht fristgerecht erfolge.

Ausgehend von der Rechtmäßigkeit des Ausscheidens des Angebotes der Beschwerdeführerin, fehle es dieser an der Legitimation zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung, weshalb die diesbezüglichen Anträge zurückzuweisen waren.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde in der im Wesentlichen vorgebracht wird, Sinn und Zweck des § 129 Abs. 2 BVergG 2006 sei es, einem Auftraggeber gerade die Möglichkeit zu geben, einem wirtschaftlich besonders interessanten Angebot trotz Nichterteilung der Auskunft den Zuschlag zu erteilen. Vorliegend hätte die Auftraggeberin den Beschaffungsvorgang rechtmäßig bei zumindest gleicher Qualität und einer Kostenersparnis von etwa EUR 600.000,00 abschließen können. Im Rahmen der Ermessensübung nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 seien nämlich auch die in der NÖ Gemeindeordnung (§§ 38, 68 und 89) enthaltenen Gebote der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten. § 129 Abs. 2 BVergG 2006 sei daher dahin zu verstehen, dass der Auftraggeber ein darunter fallendes Angebot jedenfalls zu prüfen und im Falle der Zuschlagsfähigkeit seinem Zuschlag zu Grunde zu legen habe. Lediglich für den Fall, dass das Angebot nach erfolgter Prüfung nicht für den Zuschlag in Frage komme, sei dieses Angebot auszuscheiden. Jede andere Betrachtungsweise würde einem willkürlichen Verhalten Tür und Tor öffnen, wovor gerade das BVergG 2006 schützen solle.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, die Auftraggeberin sei auf Grund der nicht fristgemäßen Beantwortung des Aufklärungsersuchens jedenfalls berechtigt gewesen, das von der Beschwerdeführerin gelegte Angebot auszuscheiden.

5. Die Auftraggeberin erstattete als mitbeteiligte Partei ebenso eine Gegenschrift, in der sie im Wesentlichen ausführte, § 129 Abs. 2 BVergG 2006 sehe einen Ermessensspielraum, der vom Auftraggeber - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - ausgenutzt hätte werden können, nicht vor. Vielmehr habe das Angebot der Beschwerdeführerin ausgeschieden werden müssen. Doch selbst wenn man von einem gebundenen Ermessen ausginge, könne dieser Bestimmung nicht der Inhalt zugemessen werden, dass vor Ausscheiden nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 das betroffene Angebot jedenfalls im Hinblick auf eine allfällige Zuschlagserteilung zu prüfen sei, weil bei dieser Auslegung der Regelung ein überflüssiger Inhalt unterstellt werde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides und der maßgeblichen Rechtslage:

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist nicht - wie von § 60 AVG gefordert - klar und übersichtlich in die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (festgestellter Sachverhalt), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (Beweiswürdigung) sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage (rechtliche Beurteilung) gegliedert. Dies erschwert eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtsrichtigkeit schon deshalb, da in der Begründung einerseits beweiswürdigende Erwägungen mit einzelnen Sachverhaltselementen vermengt werden (vgl. in dieser Hinsicht zu unzureichenden Sachverhaltsfeststellungen einer Vergabekontrollbehörde auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0077).

Insbesondere hat die belangte Behörde nicht festgestellt, wann das vorliegende Vergabeverfahren eingeleitet wurde, was aber gemäß § 345 Abs. 2 (im Hinblick auf die Stammfassung) und § 345 Abs. 13 Z. 1 (im Hinblick auf die Novelle BGBl. I Nr. 86/2007) BVergG 2006 wesentlich für die für das Vergabeverfahren geltende Rechtslage ist. Eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides wird dem Verwaltungsgerichtshof auch dadurch erschwert, dass im Spruch als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides lediglich "§ 67a Abs. 1 Z. 1 AVG" angeführt wird und die angewendeten Bestimmungen des BVergG 2006 in der Begründung ohne Fassung wiedergegeben werden. Nur aus der Aktenlage ist erkennbar, dass das vorliegende Vergabeverfahren vor dem eingeleitet worden ist und somit die Stammfassung des BVergG 2006 maßgeblich ist (vgl. die Niederschrift der Schlichtungsverhandlung vom ).

Die im Beschwerdefall somit relevanten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 in der (wie oben dargelegt maßgeblichen) Stammfassung BGBl. I Nr. 17 (im Folgenden: BVergG 2006) lauten:

" Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 19. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

Ausschlussgründe

§ 68. (1) Der Auftraggeber hat - unbeschadet der Abs. 2 und

3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren

auszuschließen, wenn

7. sie sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Befugnis, die berufliche Zuverlässigkeit, die technische Leistungsfähigkeit sowie die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht oder diese Auskünfte nicht erteilt haben.

Vorgehen bei Mangelhaftigkeit der Angebote

§ 126. (1) Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot, einschließlich etwaiger Varianten-, Alternativ- oder Abänderungsangebote, oder über die geplante Art der Durchführung, oder werden Mängel festgestellt, so ist, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche schriftliche Aufklärung zu verlangen. Die vom Bieter erteilten schriftlichen Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Sofern der geschätzte Auftragswert 120 000 Euro nicht erreicht, kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

(2) Die durch die erteilten Aufklärungen allenfalls veranlasste weitere Vorgangsweise darf die Grundsätze der §§ 19 Abs. 1, 101 Abs. 4, 104 Abs. 2 und 127 nicht verletzen.

Aufklärungsgespräche und Erörterungen

§ 127. (1) Während eines offenen oder eines nicht offenen Verfahrens sind nur Aufklärungsgespräche zum Einholen von Auskünften über die finanzielle und wirtschaftliche oder die technische Leistungsfähigkeit sowie Auskünfte, die zur Prüfung der Preisangemessenheit, der Erfüllung der Mindestanforderungen und der Gleichwertigkeit von Alternativ- oder Abänderungsangeboten erforderlich sind, zulässig.

(2) Bei Alternativ- und Abänderungsangeboten sind Erörterungen, die unumgängliche technische Änderungen geringen Umfanges und daraus sich ergebende geringfügige Änderungen der Preise betreffen, unter Wahrung der Grundsätze des § 19 Abs. 1 zulässig.

Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 20 Abs. 5 oder gemäß § 68 Abs. 1 auszuschließen sind;

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt.

Wahl des Angebotes für den Zuschlag

§ 130. (1) Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, ist der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.

(2) Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten."

2. Zu § 129 Abs. 2 BVergG 2006:

2.1. Wie dargestellt, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid alleine mit dem Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 beschäftigt und dabei die Auffassung vertreten, es müsse selbst im Rahmen des gebundenen Ermessens einem öffentlichen Auftraggeber möglich sein, soweit dadurch nicht der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter verletzt werde, ein gelegtes Angebot auszuscheiden, wenn die verlangte Aufklärung nicht fristgerecht erfolge.

2.2. Gemäß § 129 Abs. 2 BVergG 2006 kann der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt.

2.3. Nach den Materialien zu dieser Bestimmung stellt dies bloß eine Möglichkeit zum Ausscheiden dar, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, Angebote weiterhin zu prüfen, obwohl der Bieter (aus welchen Gründen immer) Aufklärungen unterlassen oder nicht nachvollziehbar begründet hat (vgl. RV 1171 BlgNR XXII. GP).

Dem Auftraggeber wird damit vom Gesetz ein Beurteilungsspielraum im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ("Ermessen") eingeräumt, ob er Angebote von Bietern ausscheidet, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt (vgl. Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel , Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009), Rz. 148 zu § 129, und Heid/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht3 (2010), 564, Rz. 1438).

Zu beachten ist jedoch (worauf die Materialien ausdrücklich hinweisen), dass § 68 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 eine lex specialis zu § 129 Abs. 2 BVergG 2006 enthält. Die Nichterteilung von Auskünften betreffend die Befugnis, die berufliche Zuverlässigkeit, die technische Leistungsfähigkeit sowie die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stellt demnach einen Ausschlussgrund dar. Angebote von Bietern, die gemäß § 68 Abs. 1 BVergG 2006 auszuschließen sind, sind zwingend nach § 129 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2006 auszuscheiden. Ein Beurteilungsspielraum ("Ermessen") besteht daher in diesem Fall nicht.

2.4. Dieser dem öffentlichen Auftraggeber nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung eingeräumte Beurteilungsspielraum ("Ermessen") wird - wie schon der in § 126 Abs. 2 und § 127 Abs. 2 BVergG 2006 normierte Verweis auf § 19 Abs. 1 BVergG 2006 zeigt - durch die Grundsätze des Vergabeverfahrens (§ 19 Abs. 1 BVergG 2006), insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter begrenzt (vgl. Heid/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht3 (2010), 564, Rz. 1438, und Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel , Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009), Rz. 148 zu § 129; vgl. zu einer ähnlichen Konstellation aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0232, mwN, wonach es grundsätzlich Sache des öffentlichen Auftraggebers ist, die Mindestanforderungen der Leistung, die er beschaffen will, festzulegen, dieser Spielraum jedoch durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter begrenzt ist). Dieser Grundsatz ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Unionsrecht (vgl. zum unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aus jüngerer Zeit etwa das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom in der Rechtssache C-423/07, Kommission/Spanien, Randnr. 65; vgl. zu diesem Grundsatz im Zusammenhang mit der Aufklärung von mehrdeutigen Angeboten das Urteil des Gerichts (EuG) vom in der Rechtssache T 195/98, Antwerpse Bouwwerken NV gegen Europäische Kommission, Randnr. 56 und 79, wonach es gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstieße, der Kommission als öffentlicher Auftraggeber im Falle von mehrdeutigen Angeboten ein ungebundenes Ermessen zuzuerkennen, und alle Bieter bei der Aufforderung zur Klarstellung von Angeboten gleichbehandelt werden müssen).

In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass der Auftraggeber von diesem Ausscheidenstatbestand nur Gebrauch machen darf, wenn er dies bereits entsprechend in der Ausschreibung festgelegt hat ( Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel , Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar2 (2009), Rz. 150 zu § 129). Eine solche Einschränkung ist dem Wortlaut dieser Bestimmung (und auch den obzitierten Materialien) jedoch nicht zu entnehmen. Der Auftraggeber kann aber durchaus eine solche Festlegung in der Ausschreibung treffen, um im Sinne der Gleichbehandlung der Bieter frühzeitig klarzustellen, wie er den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum handhaben wird (vgl. auch Heid/Preslmayr , Handbuch Vergaberecht3 (2010), 564, Rz. 1439).

Darüber hinaus (wenn sich also der Auftraggeber nicht bereits durch die Ausschreibung festgelegt hat) wird sein Beurteilungsspielraum nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 im Einzelfall - wie oben angeführt - durch die Grundsätze des Vergabeverfahrens (§ 19 Abs. 1 BVergG 2006) begrenzt.

Dabei ist auch die Zielsetzung dieser Bestimmung, nämlich im Wege der Aufklärung von Unklarheiten ein bewertungsfähiges Angebot zu erhalten, zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass der Auftraggeber alle Angebote nach dieser Bestimmung auszuscheiden haben wird, die ohne erteilte Aufklärung einer weiteren Prüfung nicht zugänglich sind. Wird die verlangte Aufklärung nachträglich erteilt und das Angebot damit noch vor einer Ausscheidensentscheidung des Auftraggebers einer Bewertung zugänglich, so wird eine weitere Berücksichtigung des Angebotes nur dann in Betracht kommen, wenn dadurch die Grenzen der oben angeführten Grundsätze des Vergabeverfahrens nicht überschritten werden.

Die Auffassung der belangten Behörde, die Fristversäumung alleine berechtige den Auftraggeber zum Ausscheiden des Angebotes nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006, besteht nicht zu Recht. Die Fristversäumung kann nämlich für sich genommen niemals alleiniges Kriterium für ein Ausscheiden eines Angebotes nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 sein, ist diese doch bereits Tatbestandsmerkmal für die Anwendung dieser Bestimmung. Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob der Auftraggeber das Angebot ausscheiden kann, nach dieser Bestimmung erst dann, wenn es ein Bieter unterlassen hat, innerhalb der ihm gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder dessen Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt.

3. Die belangte Behörde hat es auf Grund dieser unzutreffenden Auffassung, alleine die Fristversäumung erlaube bereits das Ausscheiden nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006, unterlassen, im angefochtenen Bescheid konkrete Feststellungen zu treffen, ob die Auftraggeberin im Beschwerdefall bei ihrer Ausscheidensentscheidung die durch die Grundsätze des Vergabeverfahrens, insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, vorgegebenen Grenzen verletzt hat.

Sie hat es aber auch unterlassen festzustellen, welche Unklarheiten überhaupt durch die von der Auftraggeberin im Beschwerdefall verlangten Aufklärungen beseitigt hätten werden sollen.

Solche Feststellungen wären aber zunächst - wie oben ausgeführt - im Hinblick auf den Tatbestand des § 68 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 erforderlich gewesen, wäre in diesem Fall doch bereits aus diesem Grund das Angebot der Beschwerdeführerin zwingend auszuscheiden gewesen. Andernfalls wären nach dem Obgesagten weitere Feststellungen im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des Auftraggebers nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 erforderlich gewesen, lässt sich doch nur anhand solcher Feststellungen, insbesondere der Gründe, welche die Auftraggeberin im Beschwerdefall bewogen hatten, das Angebot auszuscheiden, beurteilen, ob die Auftraggeberin ihren Beurteilungsspielraum nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 in den Grenzen der Grundsätze des Vergabeverfahrens ausgeübt hat.

Anzumerken ist, dass solche Feststellungen auch deshalb erforderlich sind, um den angefochtenen Bescheid tragen zu können, weil sich die belangte Behörde mit dem von der Auftraggeberin (bzw. der vergebenden Stelle) herangezogenen zweiten Ausscheidensgrund nicht beschäftigt hat (aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Nachprüfungsverfahrens vor der belangten Behörde - die Akten des Vergabeverfahrens der Auftraggeberin wurden nicht vorgelegt - ergibt sich nämlich, dass die Auftraggeberin die angefochtene Ausscheidensentscheidung vom neben der nicht fristgerechten Aufklärung nach § 129 Abs. 2 BVergG 2006 ("Zum ersten") auch auf die fehlende namentliche Benennung eines Subunternehmers im Angebot der Beschwerdeführerin als zwingenden Ausscheidensgrund nach den Festlegungen der Ausschreibung ("Zum zweiten") gestützt hat).

4. Da sich der angefochtene Bescheid somit als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am