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VwGH vom 27.09.2005, 2005/06/0151

VwGH vom 27.09.2005, 2005/06/0151

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. des FK und 2. des FG, beide in A, beide vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 20/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , GZ. Ve1-8-1/197-4, betreffend Nichtzuerkennung der Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. WK in R, und 2. Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Erstmitbeteiligte hat bei der mitbeteiligten Gemeinde am um die Erteilung der Baubewilligung für den "Zubau am bestehenden Alpgebäude auf der W...alpe/..." auf dem angeführten Grundstück Nr. 525 in der KG G. angesucht. Der Erstmitbeteiligte beabsichtigt nach den eingereichten Plänen den bestehenden Almstall zu erweitern, um zusätzliche zwölf Viehstände zu errichten.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung am hat der Erstbeschwerdeführer, der als Obmann der Agrargemeinschaft W-Alpe geladen worden war, nach seinem eigenen Vorbringen für sich und für den Zweitbeschwerdeführer als Mitglieder der Agrargemeinschaft "Einwendungen" gegen das Bauvorhaben erhoben.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat mit Bescheid vom dem Erstmitbeteiligten die Baubewilligung für den beantragten Zubau unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer als Mitglieder der Agrargemeinschaft wurden, da sie privatrechtlicher Natur seien, auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen.

Die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Die dagegen erhobenen Vorstellungen u.a. der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, anlässlich der mündlichen Verhandlung am sei von den Beschwerdeführern vorgebracht worden, dass ein am Baugrundstück bestehendes "Weiderecht (Blumenbesuch)" durch die Bauführung geschmälert werde. Nach dem Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom stehe auf Grund näher angeführter Urkunden fest, dass auf den im Eigentum von Mitgliedern der Agrargemeinschaft stehenden Angerflächen, worunter auch das im Eigentum u.a. des Erstmitbeteiligten stehende Grundstück Nr. 525, KG G., falle, kein Weiderecht zu Gunsten der Agrargemeinschaft als solcher bestehe. Wenn man überhaupt aus den Urkunden den Bestand von Weiderechten auf den privaten Angerflächen ableiten könne, so handle es sich dabei nicht um gemeinschaftliche Rechte, sondern um individuelle Rechte der oder einzelner Mitglieder.

Unabhängig von der Frage, ob den Beschwerdeführern ein Weiderecht am vorliegenden Baugrundstück zustehe, sei jedenfalls festzuhalten, dass es sich bei den Beschwerdeführern um keine Parteien im Bauverfahren gemäß § 25 Abs. 1 Tir. Bauordnung 2001 handle. Ein allenfalls am Baugrundstück bestehendes Weiderecht begründe keine Parteistellung im Bauverfahren. Die Beschwerdeführer seien nicht Nachbarn im Sinne des § 25 Abs. 2 leg. cit. Ihre Berufung wäre daher mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen. Wenn der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung abgewiesen habe, seien die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Tir. Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94, sind Parteien im Bauverfahren der Bauwerber und die Nachbarn.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Nachbarn die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

Gemäß § 21 Abs. 2 lit. a TBO 2001 haben die dem Bauansuchen anzuschließenden Unterlagen jedenfalls zu enthalten:

"a) bei Neu- und Zubauten den Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes am Bauplatz oder, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten; für Neu- und Zubauten an Liegenschaften, an denen Wohnungseigentum besteht, bedarf es des Nachweises des Miteigentums an der Liegenschaft bzw. der Zustimmungserklärung des betreffenden Miteigentümers, nicht jedoch des Nachweises der Zustimmung der übrigen Miteigentümer".

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass ihnen im vorliegenden Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zukomme. Sie seien an dem Baugrundstück weideberechtigt. Weiderechte seien nach dem rechtskräftigen Erkenntnis des Landesagrarsenates vom als Nutzungsrechte im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetzes zu beurteilen. Die Beschwerdeführer würden durch die geplanten baulichen Maßnahmen der erstmitbeteiligten Partei in der Ausübung ihrer Nutzungsrechte massiv gestört. Nach Auffassung der Beschwerdeführer ergebe sich "durch die Loslösung von der starren, im Ergebnis einseitigen und damit im Regelfall wenig aussagekräftigen Wortinterpretation aus der ausdrücklichen Anführung des Bauberechtigten im § 25 Abs. 2 TBO 2001, dass nach der Absicht des Landesgesetzgebers neben den Grundstückseigentümern als umfassend Herrschaftsberechtigten auch den durch grundbücherliche Sicherstellung beschränkt dinglich Berechtigten die Eigenschaft als Partei im Sinne des § 8 AVG zukommt". Die gegenteilige Rechtsansicht führe dazu, dass den Nutzungsberechtigten zwar eine durch bücherliche Einverleibung auch für Dritte leicht erkennbare Rechtsstellung eingeräumt werde, die diese jedoch letztendlich im Falle einer Verletzung oder sogar gänzlichen Vereitelung nicht ausreichend verteidigen könnten. Es widerspreche dem Grundsatz eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK), dass die Beschwerdeführer als dinglich Berechtigte am Baugrundstück selbst keine Parteistellung im Bauverfahren hätten, der Bauberechtigte als ebenfalls dinglich Berechtigter am angrenzenden Grundstück schon.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Aus § 25 Abs. 2 TBO 2001 kann für die Beschwerdeführer schon deshalb nichts abgeleitet werden, weil sich diese Bestimmung nur auf Eigentümer bzw. Bauberechtigte in bestimmter Weise benachbarter Grundstücke bezieht. Für den Eigentümer und den Bauberechtigten des Baugrundstückes sieht § 21 Abs. 2 TBO 2001 für den Fall, dass der Bauwerber nicht der Eigentümer oder der Bauberechtigte des Baugrundstückes ist, vor, dass eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten im Bauverfahren dem Bauansuchen anzuschließen ist. Daraus ergibt sich in diesen Fällen für den Grundeigentümer bzw. Bauberechtigten am Baugrundstück ein Zustimmungsrecht im Bauverfahren. In Bezug auf alle anderen baurechtlichen Bewilligungstatbestände ist in der TBO 2001 kein solches Zustimmungsrecht des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten in dem Fall, dass der Bauwerber weder Grundeigentümer noch Bauberechtigter am Baugrundstück ist, vorgesehen. Wenn der Gesetzgeber die privatrechtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück nicht berücksichtigt, stößt dies - wie dies der Verfassungsgerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht hat (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 3509/96, VfSlg. Nr. 14.783) - auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0262). Der Verfassungsgerichtshof betonte in diesem Zusammenhang, dass normativer Gehalt einer Baubewilligung nur der Ausspruch ist, dass dem zur Baubewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht (im Hinblick auf die Regelungen des Raumordnungsrechtes und des Baurechtes) fußendes Hindernis entgegensteht. Die Baubewilligung sagt nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht etwa mit Mitteln des Privatrechtes verhindert werden kann. Sie ist daher an sich nicht geeignet, in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers einzugreifen. Dies muss in gleicher Weise für sonstige dinglich Berechtigungen am Baugrundstück gelten.

Wenn der Landesgesetzgeber in § 21 Abs. 2 lit. a TBO 2001 neben dem Grundeigentümer auch den Bauberechtigten berücksichtigt, andere dinglich Berechtigte am Baugrundstück aber nicht, dann hat dies seine sachliche Rechtfertigung in dem Umstand, dass mit der Bestellung eines Baurechtes der Grundeigentümer alle seine Befugnisse, die ihm nach der Bauordnung zustehen, auf den Inhaber des Baurechtes gemäß dem Baurechtsgesetz (RGBl. Nr. 86/1912) überträgt. Im Hinblick auf seine baurechtlich gesehen dem Grundeigentümer ähnliche Stellung ist gleichheitsrechtlich die Gleichbehandlung von Grundeigentümer und Bauberechtigten des Baugrundstückes geboten (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 3847). Andere dinglich Berechtigte am Baugrundstück haben aus baurechtlicher Sicht keine derartige dem Grundeigentümer ähnliche Stellung. Ihre Nichtberücksichtigung ist daher weder gleichheitsrechtlich noch im Licht des Grundsatzes eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 EMRK bedenklich.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am