VwGH vom 19.12.2012, 2012/12/0043
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Zens, die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der KB in S, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in 8020 Graz, Neubaugasse 24, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs. 26700/2011-2, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1959 geborene Beschwerdeführerin steht seit in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Vor ihrer Ruhestandsversetzung war sie im Amt für Jugend und Familie als Kindergartenpädagogin tätig.
Im Zuge des Ruhestandsversetzungsverfahrens vor der erstinstanzlichen Dienstbehörde erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K am ein Sachverständigengutachten, welches zu folgenden Diagnosen gelangte:
"1. diffuses Schmerzsyndrom der Wirbelsäule bei
degenerativen Wirbelsäulenveränderungen
2. Dysthymie mit Nervosität"
Sodann heißt es bezüglich des Leistungskalküls der
Beschwerdeführerin:
" Abschließend kann eingehend auf die gutachterliche Fragestellung folgendes festgestellt werden:
a) Zumutbarer Arbeitsumfang:
Die betroffene Partei kann noch sämtliche Tätigkeiten im Sitzen, Stehen und Gehen ausführen, wobei es keine Rolle spielt, ob dies im Freien oder in geschlossenen Räumen gemacht werden muss, soferne diese leicht bis mittelschwer sind, gleiches gilt auch für Hebe- und Tragearbeiten. Es spielt dabei keine Rolle, in welcher Reihenfolge bzw. in welchem zeitlichen Ablauf diese Tätigkeiten gemacht werden müssen.
Zusätzliche Pausen sind nicht erforderlich.
Auch feinmotorische Arbeiten sind zumutbar.
Im Hinblick auf funktionelle Einschränkungen der Wirbelsäulenbeweglichkeit wird auf das orthopädische Fachgutachten verwiesen, da kein definitiver neurologischer Ausfall besteht. Arbeiten unter Nutzung von Steighilfen und Haushaltsleitern sind möglich. Arbeiten in höhenexponierten Lagen sind jedoch aus Sicherheitsgründen auszuschließen.
Einem normalen Arbeitstempo ist die betroffene Partei ganztägig gewachsen, wobei davon auszugehen ist, dass im normalen Arbeitstempo an sich bereits 10% forciertes Arbeitstempo enthalten und zumutbar ist. Darüber hinaus ist ein forciertes Arbeitstempo nicht zumutbar.
Arbeiten, welche unter vermehrter zeitlicher und/oder psychischer Belastung zu erfolgen haben, wie dies bei Akkord- und Fließbandarbeiten der Fall ist, sind nicht zumutbar. Eine Nachtarbeit ist nicht zumutbar, wenn es sich um Wechselschichten handelt.
Kundenkontakt ist voll umfänglich zumutbar, wobei eine durchschnittliche Kontaktfähigkeit besteht.
Arbeiten mit Kindern in einer Gruppe ist bis zu einer Gruppengröße von 4 Kindern voll umfänglich möglich. Mit einer größeren Gruppe ist es lediglich möglich, dass die Betroffene für maximal 1/3 der Arbeitszeit arbeitet. Auszugehen ist dabei von einer Gruppenbesetzung mit Kindergärtnerin und Helferin. Alleine ist eine Kindergartengruppe nur gelegentlich zumutbar.
b) Verweisbarkeit:
Es besteht für die Beschwerdeführerin eine Unterweisbarkeit auf andere als bisher geleistete Tätigkeitsbereiche. Diesen Arbeitsanweisungen ist die betroffene Partei voll umfänglich gewachsen.
Sie ist außerdem in der Lage, sich neue Kenntnisse zu Anlernzwecken anzueignen, wobei beim Erlernen von zusätzlichen Fähigkeiten mit normalen Anpassungszeiten zu rechnen ist.
Es ist durchaus zumutbar, ein Verkehrsmittel zum Erreichen der Arbeitsstätte zu benützen, wobei auch ein Wochenpendeln möglich ist. Ein Ortswechsel ist zumutbar.
c) Krankenstandsprognose:
Unter Berücksichtigung der unter a) angeführten zumutbaren Belastung ist aufgrund der Erfahrungswerte im neurologischpsychiatrischen Fachgebiet mit vermehrten Krankenständen von 2 Wochen psychiatrischerseits zu rechnen."
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom wurde die Beschwerdeführerin amtswegig wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des in den Ruhestand versetzt (erster Spruchabsatz).
Weiters sprach die erstinstanzliche Behörde aus, eine Zurechnung von Jahren für den Ruhegenuss gemäß § 52 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 30/1957 (im Folgenden: DO Graz), erfolge nicht (zweiter Spruchabsatz).
Schließlich wurde der Ruhegenuss mit Wirksamkeit vom mit EUR 1.697,27 monatlich brutto festgesetzt (dritter Spruchabsatz).
Dabei ging die belangte Behörde von einer Ruhegenussbemessungsgrundlage in Höhe von 62 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage, das sei EUR 1.950,88, aus.
An für den Ruhegenuss anrechenbare Dienstzeiten gemäß § 16 DO Graz stellte die erstinstanzliche Behörde 28 Jahre und sechs Monate fest, woraus sie gemäß § 50 iVm § 146 Abs. 3 DO Graz ein Pensionsausmaß von 87 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage, somit von EUR 1.697,27, errechnete.
Die Nichtzurechnung von Jahren gemäß § 52 Abs. 3 DO Graz begründete die erstinstanzliche Behörde damit, dass die Beschwerdeführerin bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erwerbsunfähig sei. Tätigkeiten, die ihrem medizinischen Leistungskalkül entsprächen (z.B. Telefonistin, Bürohilfskraft), seien ihr durchaus zumutbar.
Gegen den zweiten und dritten Spruchabsatz des erstinstanzlichen Bescheides erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin machte sie insbesondere geltend, dass jene Tätigkeiten, auf welche sie die erstinstanzliche Behörde verweisen wolle (z.B. Telefonistin, Bürohilfskraft), unzumutbar seien, zumal sie seit als Kindergartenleiterin beschäftigt gewesen sei. Die erstinstanzliche Behörde habe es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Beschwerdeführerin eine Tätigkeit zumutbar sei, welche ihrer sozialen Geltung nach der dienstlichen Stellung und der Fortbildung der Beschwerdeführerin annähernd gleichkomme. Damit könne die Beschwerdeführerin nicht schlechthin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Auch beantragte sie die Einholung eines Gutachtens eines berufskundlichen Sachverständigen.
Darüber hinaus begehrte sie näher genannte Zeiten, während derer sie sich als Vertragsbedienstete in Karenzurlaub befunden habe (vom bis , vom bis , vom bis und vom bis ) als für den Ruhegenuss anrechenbare Dienstzeiten zu berücksichtigen. Auch als Beamtin habe sie sich vom bis zum auf Karenzurlaub nach dem Mutterschutzgesetz befunden.
Im Zuge des Berufungsverfahrens holte die belangte Behörde ein berufskundliches Gutachten der Sachverständigen T vom ein, welches sich mit dem Berufsbild der Kindergärtnerin in leitender Position, eines Mitarbeiters in einem Call-Center sowie eines Sachbearbeiters im öffentlichen Dienst der Verwendungsgruppe B befasste.
Dabei gelangte sie zum Ergebnis, dass die Tätigkeiten einer Telefonistin und einer Bürohilfskraft unabhängig vom medizinischen Leistungskalkül sozial nicht zumutbar seien, zumal die Beschwerdeführerin als Kindergärtnerin eine leitende Position inne gehabt habe.
Demgegenüber seien "höherwertige Tätigkeiten", welche in etwa der Tätigkeit einer Kindergartenpädagogin entsprächen, zumindest mit einem forcierten Arbeitstempo bis zu einem Drittel der täglichen Arbeitszeit verbunden und könnten somit nicht als zumutbar bezeichnet werden.
Daraufhin erteilte die belangte Behörde der Sachverständigen T den Auftrag, nach Rücksprache mit Dr. K neuerlich ein Gutachten zu erstellen, wobei zunächst das medizinische Restleistungskalkül hinsichtlich des Begriffes "forciertes Arbeitstempo" exakt zu definieren sei. Sodann sei umfassend auszuführen, inwieweit der Beschwerdeführerin die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin im öffentlichen Dienst noch zumutbar oder nicht zumutbar sei, wobei insbesondere darzutun wäre, weshalb eine Sachbearbeiterin der Verwendungsgruppe B im öffentlichen Dienst zu einem Drittel der täglichen Arbeitszeit einem forcierten Arbeitstempo ausgesetzt sei.
Daraufhin erstattete die Sachverständige T am eine neuerliche berufskundliche Stellungnahme, in welcher es wie folgt heißt:
" Nach telefonischer Rücksprache mit Herrn Dr. K ergeht folgende berufskundliche Stellungnahme:
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, bzw. war sie es auch, im maßgeblichen Beobachtungszeitraum, einen normalen Kundenkontakt wie beispielsweise bei einem Amtstag zu führen (z.B. Entgegennahme von Anträgen).
Sie ist auch in der Lage, sich mit etwaigen Beschwerden, welche möglicherweise vorgebracht werden, auseinanderzusetzen. Dies insbesondere auch deshalb, da bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit wiederkehrend ähnlich gelagerte Beschwerden vorgebracht werden. Eine normale Konfliktbewältigung ist möglich.
Die Beschwerdeführerin schaffte bzw. schafft es jedoch nicht, beispielsweise in der Jugendfürsorge oder in Bereichen der Asylwerbung tätig zu sein.
Bei der Beschäftigung mit Kindern sind eine dauernde Umstellfähigkeit und das sofortige Eingehen auf jedes einzelne Kind erforderlich. Dieser Belastung ist bzw. war die Beschwerdeführerin nicht gewachsen.
Es existieren zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst, wo zwar eine Konzentrationsfähigkeit und eine Konfliktbewältigungsfähigkeit gegeben sein müssen, jedoch kein forciertes Arbeitstempo zu erbringen erforderlich ist.
Die Beschwerdeführerin kann bzw. konnte somit noch einer sozial zumutbaren Beschäftigung mit angeführten Einschränkungen nachgehen. Diese sind u.a. im Bereich der Abfallwirtschaft, der Gewerbe- und Baubehörde, des Straßen- und Brückenbauamtes und des Bereiches für Gemeindeabgaben."
Nach Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu diesem Gutachten erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom , mit welchem sie in teilweiser Stattgebung der Berufung der Beschwerdeführerin deren Ruhegenuss mit Wirksamkeit vom in einer Höhe von monatlich EUR 1.762,23 festsetzte.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin im Amt für Jugend und Familie als Kindergartenpädagogin tätig gewesen sei. Als solche leite sie eine Kindergruppe eines Kindergartens oder einen Kindergarten und verfüge über eine berufsbildende höhere Schulausbildung, welche mit einer Matura abschließe. Diese Feststellung ergebe sich unter anderem aus den §§ 16 ff des Steiermärkischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/2000.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges, insbesondere der eingeholten Sachverständigengutachten sowie des § 52 Abs. 3 DO Graz führte die belangte Behörde tragend aus:
"Dabei ist im Sinne der zit. Entscheidungen die Frage der Erwerbsfähigkeit abstrakt zu beurteilen. Es ist daher nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten am Arbeitsmarkt verfügbar sind oder nicht; es muss sich nur um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist und dem medizin. Leistungskalkül entspricht.
Unter Berücksichtigung der Berufsausbildung, des beruflichen Werdeganges, der Verpflichtung zur Fortbildung, der dienstlichen Stellung, der sozialen Geltung und den intellektuellen Anforderungen kommt für die Berufungswerberin als Kindergartenpädagogin am allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen ihres aus den Feststellungen ersichtlichen medizinischen
Leistungskalküls noch die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin der Verwendungsgruppe B in den Bereichen Abfallwirtschaft, Bau- und Gewerbebehörde, Gemeindeabgaben, Straßen- und Brückenbauamt im öffentlichen Dienst in Betracht, - eine zumutbare Erwerbsfähigkeit gem. § 52 Abs. 3 DO ist damit für sie gegeben."
Der Berufung - so heißt es im angefochtenen Bescheid schließlich weiter - sei jedoch insoweit stattzugeben, als Mutterschaftszeiten vom bis , vom bis und auch die Mutterschaftskarenzzeiten während der Zeit des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin anzurechnen gewesen seien. Nicht anzurechnen seien jedoch jene Karenzzeiten, die nach der bei ihrer Inanspruchnahme geltenden Rechtslage nicht als Mutterschafts-Karenzzeiten gegolten hätten.
Solcherart errechneten sich für den Ruhegenuss anrechenbare Dienstzeiten gemäß § 16 DO Graz im Ausmaß von 30 Jahren und zwei Monaten, woraus sich gemäß § 50 iVm § 146 Abs. 3 DO Graz ein Pensionsausmaß von 90,33 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage von EUR 1.950,88, somit EUR 1.762,23 errechneten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 52 Abs. 3 DO Graz idF LGBl. Nr. 1/2003 lautet:
"(3) Ist der Beamte ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden und hat er die für den Anspruch auf Ruhegenuss im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderliche Gesamtdienstzeit nicht erreicht, so ist ihm aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Tages, zu dem der Beamte gemäß § 45 Abs. 1 frühestens seine Versetzung in den Ruhestand bewirken können hätte, höchstens jedoch zehn Jahre zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zuzurechnen."
§ 68 Abs. 5 und 6 DO Graz in der Fassung dieser Absätze nach dem Landesgesetz LGBl. Nr. 37/1989 lautet (auszugsweise):
"(5) Die Beamtengruppen des Schemas II sind nach folgenden Richtlinien den Verwendungsgruppen zuzuweisen:
...
der Verwendungsgruppe B:
für den gehobenen Fachdienst,
...
der Verwendungsgruppe K:
für den Kindergarten- und Hortdienst,
...
(6) Die Beamtengruppen und ihre Zuweisung zu den Verwendungsgruppen, die Voraussetzungen für die Erlangung von Dienstposten der einzelnen Beamtengruppen, vor allem die erforderliche Vorbildung und Ausbildung und Ausbildung und die Vorschriften über die Fachprüfungen werden durch Verordnung des Gemeinderates bestimmt. ..."
Das II. Hauptstück "Schema II." der Grazer Dienstzweigeverordnung, Gemeinderatsbeschluss vom in der Fassung der wiedergegebenen Teile nach dem Gemeinderatsbeschluss vom (im Folgenden: DZV) lautet (auszugsweise):
"Abschnitt II
Gemeinsame Bestimmungen über die besonderen
Anstellungserfordernisse für die der Verwendungsgruppe B zugewiesenen
Beamtengruppen
(1) Erfordernis für die Anstellung ist die erfolgreiche Ablegung der Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung an einer höheren Schule.
(2) Als Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung an einer
höheren Schule gilt auch
a) eine vom zuständigen Bundesministerium
gleichgehaltene Prüfung, wenn die Gleichhaltung (Gleichstellung)
auf dem betreffenden Zeugnis amtlich vermerkt ist,
b) entfällt
Tabelle in neuem Fenster öffnen
c) | die Berufsreifeprüfung gem. BGBl. I Nr. 68/1997 idF BGBl I Nr 91/2005. |
(3) Die erfolgreiche Ablegung der Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung wird ersetzt durch
a) die Erfüllung des Anstellungserfordernisses für die
Verwendungsgruppe A,
b) den Erwerb eines Bachelorgrades gemäß § 87 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl I Nr 120/2002 idF BGBl I Nr 24/2007,
c) ein abgeschlossenes Universitätsstudium gem. § 11a Universitäts-Studiengesetz (UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997 idF BGBl I Nr 121/2002, oder
d) den Erwerb eines akademischen Grades gemäß § 5 Abs 2 des Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993 idF BGBl I Nr 43/2006, aufgrund des Abschlusses eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges.
(4) Das Erfordernis für die Anstellung wird auch durch die gemeinsame Erfüllung aller folgenden Voraussetzungen ersetzt:
a) Lehrabschluss nach dem Berufsausbildungsgesetz,
BGBl. Nr. 142/1969 idF BGBl I Nr 5/2006,
b) erfolgreicher Abschluss einer mindestens
zweijährigen Ausbildung an einer Fachakademie nach § 18 Abs. 1 Z. 6 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194 idF BGBl I Nr 60/2007, die bei einer Einrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt wird und
c) erfolgreiche Ablegung der
Studienberechtigungsprüfung nach dem Studienberechtigungsgesetz, BGBl. Nr. 292/1985 idF BGBl I Nr 136/2001.
(5) Das Erfordernis für die Anstellung wird ferner durch die erfolgreiche Ablegung der Beamten-Aufstiegsprüfung ersetzt, wenn der Beamte außerdem nach der Vollendung des 18. Lebensjahres acht Jahre im Dienst einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt hat. Im Rahmen der Beamten-Aufstiegsprüfung ist der Nachweis folgender Kenntnisse zu erbringen:
1. Pflichtfächer (im vollen Umfang des Lehrplanes
eines naturwissenschaftlichen Realgymnasiums):
a) Deutsch
b) Geschichte und Sozialkunde
c) Geografie und Wirtschaftskunde
2. Nach Wahl des Kandidaten zwei der folgenden Fächer
im Umfang des Lehrplanes eines naturwissenschaftlichen
Realgymnasiums bis zur 6. Klasse einschließlich, davon jedenfalls
eines der in lit. a bis c angeführten Fächer:
a) Fremdsprache
b) eine weitere Fremdsprache
c) Mathematik
d) Physik
e) Chemie
f) Naturgeschichte
Die geforderten Kenntnisse sind durch staatsgültige Zeugnisse auf Grund schulrechtlicher Vorschriften nachzuweisen. Wenn diese Zeugnisse auf Grund von Externistenprüfungen erworben werden, sind sie nur dann für die Beamten-Aufstiegsprüfung anzuerkennen, wenn in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprache (weitere Fremdsprache) eine schriftliche und eine mündliche Prüfung abgelegt wurde."
In Ansehung der Beamten der Verwendungsgruppe K trifft die DZV die Anordnung, wonach hinsichtlich der fachlichen Anstellungserfordernisse für diese Verwendungsgruppe die Bestimmungen des Landesgesetzes LGBl. Nr. 6/1997 idF LGBl. Nr. 67/2003 gelten.
§ 2 und § 3 des Gesetzes über die fachlichen Anstellungserfordernisse für KindergärtnerInnen und ErzieherInnen an Horten und Schülerheimen, LGBl. Nr. 6/1997 idF LGBl. Nr. 67/2003 lauteten (auszugsweise):
"§ 2
Unbeschadet von Staatsverträgen im Rahmen der europäischen
Integration ist fachliches Anstellungserfordernis:
1. für KindergärtnerInnen:
die erfolgreiche Ablegung der Befähigungsprüfung für KindergärtnerInnen bzw. für Kindergärten, der Reife- und Befähigungsprüfung für Kindergärten, der Reife- und Diplomprüfung an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik oder der Diplomprüfung an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik - Kolleg für Kindergartenpädagogik;
...
§ 3
Für LeiterInnen von Kinderkrippen, Kindergärten, Horten, Kinderhäusern, Heilpädagogischen Kindergärten, Heilpädagogischen Horten und Schülerheimen gilt eine mindestens zweijährige Verwendung im einschlägigen Fachdienst als zusätzliches Anstellungserfordernis. ..."
Gemäß § 16 Abs. 1 des Steiermärkischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/2000 idF LGBl. Nr. 69/2007, besteht das Personal in den Kinderbetreuungseinrichtungen aus pädagogischem Fachpersonal, das sind (Sonder )Kindergartenpädagoginnen/(Sonder )Kindergartenpädagogen und (Sonder )Erzieherinnen/(Sonder )Erzieher an Horten, pädagogischem Hilfspersonal und Grobreinigungs- und Hauspersonal ohne Ausbildung.
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass nach der Systematik der DO Graz grundsätzlich alle für die Bemessung des Ruhegenusses relevanten Umstände in einem Verfahren zu klären sind. Dazu zählt auch die Frage der Zurechnung von Jahren nach § 52 Abs. 3 DO Graz (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/12/0296).
Für die Frage der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ruhegenussbemessung ist daher - wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zutreffend erkannten - die Frage bedeutsam, ob eine Zurechnung gemäß § 52 Abs. 3 DO Graz zu erfolgen hat, zumal auch die belangte Behörde einen Ruhegenuss festgesetzt hat, welcher die Ruhegenussbemessungsgrundlage nicht erreichte.
Sie ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin ausschließlich deshalb zu einem zumutbaren Erwerb fähig sei, weil sie eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin der Verwendungsgruppe B in den Bereichen Abfallwirtschaft, Bau- und Gewerbebehörde, Gemeindeabgaben, Straßen- und Brückenbauamt im öffentlichen Dienst (offenbar der Landeshauptstadt Graz) ausüben könne.
Dabei ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erstmals und ohne diesen Umstand der Beschwerdeführerin vorgehalten zu haben von der Sachverhaltsannahme ausgegangen, dass Kindergartenpädagoginnen wie die Beschwerdeführerin "über eine berufsbildende höhere Schulausbildung, die mit einer Matura abschließt" verfügten. Anders als die belangte Behörde behauptet erschließt sich dieser Umstand keinesfalls aus §§ 16 ff des Steiermärkischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes, LGBl. Nr. 22/2000.
In diesem Zusammenhang erstattet die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof folgendes Vorbringen:
Erfordernis für die Erlangung eines Dienstpostens der Verwendungsgruppe B sei die Reifeprüfung einer höheren Schule. Zum Zeitpunkt ihrer Ausbildung zur Kindergartenpädagogin habe es die Bildungseinrichtung "Bundes-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen" mit dem Abschluss einer Befähigungsprüfung (pädagogische Fächer) gegeben. Die nichtpädagogischen Unterrichtsfächer hätten dem Lehrplan (der Stundenzahl) einer Hauptschule entsprochen. Allein die Erfordernisse für die Verwendungsgruppe C (Verwaltungsfachdienst) würden die Absolvierung einer dreijährigen Handelsschule oder zumindest eine Verwendung im Kanzleidienst verlangen. Die Beschwerdeführerin verfüge über wenig bürokaufmännische und verwaltungstechnische Erfahrung. Auch habe die belangte Behörde es unterlassen, zu überprüfen, ob die Beschwerdeführerin über eine Dienstprüfung für die Verwendungsgruppe B (so genannte "Beamtenmatura") bzw. über entsprechende Ausbildung für den gehobenen (rechtskundigen) Verwaltungsdienst verfüge.
Schon mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen relevanten Verfahrensmangel auf:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/12/0106, zur Zumutbarkeit von Beschäftigungen im Verständnis des § 52 Abs. 3 DO Graz Folgendes ausgeführt:
"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Tätigkeiten, die der Beamte vom medizinischen Standpunkt noch auszuüben vermag, dann zumutbar, wenn sie ihrer sozialen Geltung nach der früheren Beschäftigung, der dienstlichen Stellung und der Fortbildung des Beamten annähernd gleichkommen und wenn die Aufnahme der Tätigkeit vom Beamten auch nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen billigerweise erwartet werden kann. Kann eine Tätigkeit, bezogen auf die frühere Beschäftigung des Beamten sowie seine dienstliche Stellung und Fortbildung, nicht von vornherein als sozial unangemessen bezeichnet werden, so liegt es an diesem, konkrete Einwendungen zu erheben, aus denen sich allenfalls zeigt, dass ihm die Aufnahme der genannten Tätigkeit auch nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen nicht zumutbar ist (Hinweis E vom , Zl. 89/12/0103, sowie vom , Zl. 94/12/0190, betreffend den Begriff der Zumutbarkeit iSd § 9 Abs. 1 PG 1965 jeweils mwN)."
Nun mag es durchaus zutreffen, dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführten, der Verwendungsgruppe B zuzurechnenden Tätigkeiten im Rahmen des öffentlichen Dienstes der Landeshauptstadt Graz der Beschwerdeführerin von ihrer sozialen Stellung her zumutbar wären.
Träfe es zu, dass die Beschwerdeführerin - wie im angefochtenen Bescheid offenbar angenommen - über eine Reifeprüfung an einer höheren Schule im Verständnis der Anstellungserfordernisse der DZV für die der Verwendungsgruppe B zugewiesenen Beamtengruppen verfügt, wäre auch (theoretisch) eine Ernennung der Beschwerdeführerin in diese Verwendungsgruppe zulässig, weshalb die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Arbeitsplätze als "zumutbarer Erwerb" in Betracht kämen.
Wäre demgegenüber das (infolge Unterbleibens eines gemäß § 1 Abs. 1 DVG iVm § 45 Abs. 3 AVG gebotenen Vorhaltes der von der belangten Behörde angenommenen Vorbildung) nicht dem Neuerungsverbot unterliegende Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof zutreffend, wonach ihre Vorbildung lediglich den Abschluss einer Befähigungsprüfung an der Bundes-Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen umfasst habe, so wäre es - jedenfalls ohne nähere Erörterung - nicht erkennbar, weshalb sie damit die Anstellungserfordernisse für die der Verwendungsgruppe B zugewiesenen Beamtengruppen nach der DZV überhaupt erfüllt hätte. Wären aber für die Erlangung eines sozial gleichwertigen Arbeitsplatzes als Beamtin der Verwendungsgruppe B umfangreiche und länger dauernde Zusatzausbildungen erforderlich, könnten derartige Arbeitsplätze nicht als billigerweise zumutbarer Erwerb, zu dem die Beschwerdeführerin bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/12/0302) fähig war, angesehen werden.
Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid schon in Ansehung der Feststellungen zur Vorbildung der Beschwerdeführerin als mit einem relevanten Verfahrensmangel behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Bei diesem Ergebnis brauchte auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen werden.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-73584