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VwGH vom 15.09.2009, 2005/06/0139

VwGH vom 15.09.2009, 2005/06/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X AG in Y, vertreten durch Rechtsanwälte Tramposch & Partner in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17A, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Rm-00048e/2004, betreffend Untersagung der Errichtung von Werbetafeln nach der Tiroler Bauordnung 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom wurde der beschwerdeführenden Partei die Ausführung der mit Eingabe vom angezeigten Errichtung von fünf Werbetafeln im Ausmaß von je 5,50 m Länge und 2,60 m Höhe (Bodenfreiheit von 1 m) in Innsbruck, Egger-Lienz-Straße/Beselepark, hinter der Grünanlage direkt am Zaun untersagt.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin blieb erfolglos. Der die Berufung abweisende Bescheid vom wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0212, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Auf das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Note vom eine Stellungnahme zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und eine Ergänzung des Ortsbildgutachtens durch den Amtssachverständigen (beide vom ) mit. Mit weiterem Schreiben vom übermittelte sie (frühere) Stellungnahmen des Amtssachverständigen vom und vom zur Gegenäußerung und schließlich übermittelte sie mit Schreiben vom ein weiteres Ortsbildgutachten des Amtssachverständigen vom .

Die beschwerdeführende Gesellschaft brachte im fortgesetzten Verwaltungsverfahren vor, dass das Ortsbildgutachten vom nicht konkret begründet sei und verwies in diesem Zusammenhang auf das von ihr bereits im ersten Rechtsgang vorgelegte Privatgutachten vom . Auch wandte sie sich gegen die Anwendung der stadtgestalterischen Richtlinie (Zielsetzungen des Stadtsenatsbeschlusses vom ) auf den gegenständlichen Sachverhalt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft neuerlich keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid "im Rahmen des Berufungsvorbringens".

Dabei führte sie aus, dass entsprechend der Kritik des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom im Rahmen des zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahrens ein ergänzendes Ortsbildgutachten vom eingeholt worden sei. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass das Teilortsbild aus intakten, sauber gehaltenen Oberflächen der Verkehrswege, den Verkehrsleiteinrichtungen, aus gepflegten öffentlichen Grünflächen im Straßenraum und aus gepflegten Vorgärten der angrenzenden Wohnbebauung des Sportplatzes bestehe. Die Hausfassaden und Einfriedungen seien in sehr gutem Zustand gehalten und wiesen keine baugestalterischen oder farblichen Besonderheiten auf. Insgesamt bestehe im Teilortsbild ein gestalterisch ruhig und ausgewogen wirkender öffentlicher Raum mit hoher Qualität seiner einzelnen Elemente. Dieser Teil könne auch durch die Fotos des von der Beschwerdeführerin beauftragten Gutachters bestätigt werden.

Der betrachtete Straßenraum enthalte bisher keine tafelförmigen Elemente in der beantragten Größe und Aufstellungsart. Weiters seien darin keine intensiv farbigen Flächen enthalten, wie sie die Werbtafeln der beantragten Größe und Aufstellungsart aufwiesen. Jede Werbeeinrichtung bewirke eine erhebliche Änderung des Teilortsbildes. Als ortsbildfremde Strukturen bewirkten die Tafelelemente abrupte Unterbrechungen speziell des mit Bäumen und Bodendeckern bepflanzten Grünstreifens zwischen Straße/Gehsteig und Sportplatz und beeinträchtigten mit ihrer Größe und Farbwirkung dieses Ortsbild erheblich. Dem Ortsbildgutachten seien zur Veranschaulichung Fotomontagen beigelegt. Anhand der Fotomontagen sei ersichtlich, dass die beantragten Werbeeinrichtungen zu einer erheblichen Änderung des Teilortsbildes führen würden, was nicht zuletzt wegen der Größe und Farbe der Werbeanlage letztlich eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes verwirkliche.

Der Beschwerdeführerin sei es im Rahmen des Parteiengehörs, insbesondere auch durch das vorgelegte Privatgutachten vom nicht gelungen, dieses ergänzend eingeholte Ortsbildgutachten des Amtssachverständigen zu entkräften. Aus dem gerügten Umstand, dass die "Stadtgestalterischen Richtlinien", auf die sich das Ortsbildgutachten vom zusätzlich stütze, vom Stadtsenat erst am beschlossen worden seien, sei für die beschwerdeführende Gesellschaft nichts zu gewinnen. Diese "Stadtgestalterichen Richtlinien" stellten nämlich kein Abgehen von der bisherigen Vorgangsweise der Stadt dar, sondern seien lediglich eine Zusammenfassung der bisherigen Genehmigungspraxis der Stadt für großflächige Werbeeinrichtungen.

Zusammenfassend leide der bekämpfte Bescheid weder an Mängeln des Verfahrens, die seine Rechtswidrigkeit begründen würden, noch an inhaltlichen Rechtswidrigkeiten, sodass auch in Beachtung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom der Berufung ein Erfolg zu versagen und der bekämpfte Bescheid spruchgemäß zu bestätigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde, in der die beschwerdeführende Gesellschaft die Aufhebung des bekämpften Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft meint, die belangte Behörde hätte die Errichtung der Werbeeinrichtungen nicht untersagen dürfen, weil die Voraussetzungen für die Untersagung einer Bewilligung nach § 45 Abs. 3 TBO 2001 nicht vorlägen. Es bestehe keine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes durch diese Werbeeinrichtungen. Die belangte Behörde habe zur Begründung der Untersagung der Aufstellung der Werbetafeln die gutachterliche Stellungnahme völlig kritiklos übernommen. Diese sei jedoch falsch. Eine genaue und detaillierte Überprüfung des gegenständlichen Projektes sei dabei nicht vorgenommen worden, sondern die Ablehnung lediglich auf das bestehende Werbetafelkonzept gestützt worden. Der Amtssachverständige hätte sich im vorliegenden Fall jedoch mit der Vereinbarkeit der angezeigten Werbetafel mit dem bestehenden Werbetafelkonzept auseinander setzen müssen und allenfalls das Werbetafelkonzept geringfügig modifizieren müssen.

§ 45 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 94/2001 (Wiederverlautbarung, in der Folge: TBO 2001), lautet auszugsweise:

"Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren

(1) Die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften ist der Behörde schriftlich anzuzeigen, sofern hiefür nicht eine Bewilligung nach § 14 Abs. 1 lit. e des Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetzes 2003 erforderlich ist. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung und eine planliche Darstellung der betreffenden Werbeeinrichtung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. § 22 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.

(2) …

(3) Die Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer anzeigepflichtigen Werbeeinrichtung ist unzulässig, wenn durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung das Orts- oder Straßenbild erheblich beeinträchtigt würde.

(4) Die Behörde hat die angezeigte Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Vorhaben nach Abs. 3 unzulässig ist, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Sind zur Wahrung der nach Abs. 3 geschützten Interessen Auflagen, Bedingungen oder eine Befristung notwendig, so hat die Behörde innerhalb derselben Frist die Zustimmung zur Ausführung des angezeigten Vorhabens mit schriftlichem Bescheid mit entsprechenden Auflagen, unter entsprechenden Bedingungen oder befristet zu erteilen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein Bescheid nach dem zweiten oder dritten Satz nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.

…"

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Frage, ob dem Vorhaben der Errichtung eines Werbeträgers Interessen des Ortsbildschutzes entgegenstehen, im Verwaltungsverfahren durch ein in Befund und Gutachten gegliedertes Sachverständigengutachten zu klären ist, welches die Einflüsse des Vorhabens auf das Ortsbild darlegt und die getroffene Schlussfolgerung ausreichend begründet. Dabei muss der Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten. Die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Ortsbildes und Landschaftsbildes müssen durch das Gutachten erkennbar sein. Aufgabe der entscheidenden Behörde ist es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/06/0022, mwN).

Das im fortgesetzten Verfahren erstellte Gutachten des Amtssachverständigen vom geht von einem intakt und gepflegt gehaltenen Teilortsbild aus, das keine baugestalterischen oder farblichen Besonderheiten aufweise. Insgesamt bestehe hier ein gestalterisch ruhig und ausgewogen wirkender öffentlicher Raum mit hoher Qualität seiner Einzelelemente. Es seien keine tafelförmigen Elemente in der beantragten Größe und Aufstellungsart sowie keine intensivfarbigen Flächen, wie sie die geplanten Werbeeinrichtungen aufweisen würden, vorhanden. Diese würden eine erhebliche Änderung des Teilortsbildes mit seinen zurückhaltend in Erscheinung tretenden Gestaltungsqualitäten bewirken und durch die Tafelelemente abrupte Unterbrechungen speziell des mit Bäumen und Bodendeckern bepflanzten Grünstreifens zwischen Straße/Gehsteig und Sportplatz das Ortsbild erheblich beeinträchtigen.

Die Gutachten des herangezogenen Amtssachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie geben ausreichend Aufschluss über das Ortsbild im in Betracht kommenden Ortsteil und bieten eine fundierte Basis für die Entscheidung der belangten Behörde. Auch hinsichtlich der Vollständigkeit hat die beschwerdeführende Gesellschaft keine Mängel aufgezeigt. Sie ist der auf ein nicht unschlüssiges, fall- und ortsbezogenes Gutachten des Amtssachverständigen gegründeten Auffassung der belangten Behörde, dass die projektierte Werbeanlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes bedeutet, vielmehr nicht überzeugend entgegen getreten.

Der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde auch Parteiengehör zu den ihr im ersten Rechtsgang vorenthaltenen Entscheidungsgrundlagen sowie zu dem im fortgesetzten Verfahren erstellten Gutachten des Amtssachverständigen vom eingeräumt. Sie hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten vom auf das von ihr schon im ersten Rechtsgang vorgelegte Gutachten vom hingewiesen und hervorgehoben, dass die Bebauung im gegenständlichen Teilortsbildbereich stark uneinheitlich sei, die geplante Konstruktion eine ästhetisch ansprechende Lösung darstelle und die Sichtbarkeit der Werbeeinrichtung von den Wohnblöcken nicht oder nur im geringen Maß gegeben sei, was Einfluss auf die Bestimmung des Grades an Schutzwürdigkeit habe.

Mit diesem auf das bereits im ersten Rechtsgang vorgelegten Gutachten des Privatsachverständigen gestützten Vorbringen ist der beschwerdeführenden Gesellschaft jedoch nicht überzeugend gelungen, das Gutachten des Amtssachverständigen vom zu entkräften, in dem sich - untermauert durch eine Darstellung durch Fotomontagen - eine anschauliche und schlüssige Darstellung der erheblich störenden Wirkung der geplanten fünf Werbetafeln auf das gegenständliche Orts- und Straßenbild befindet. Dem tut es keinen Abbruch, dass das gegenständliche Stadtgebiet unbestritten in seiner ästhetischen Qualität nicht als hochrangig eingestuft wurde. Der Tatbestand der erheblichen Störung des Ortsbildes im Sinne des § 45 Abs. 3 TBO 2001 kann auch in Gebieten wie dem gegenständlichen, dessen Schutzwürdigkeit nicht mit überzeugenden Argumenten verneint worden ist, erfüllt sein. Wenn die Beschwerdeführerin meint, die von ihr geplante Konstruktion stelle eine "ästhetisch ansprechende Lösung" dar, so ist ihr zu entgegnen, dass die projektierten Werbetafeln nicht auf die "Lösung" einer stadt- oder landschaftsplanerischen Problemstellung abzielen. Letztlich wurde auch nicht die Schlussfolgerung des Amtssachverständigen sowie diesem folgend der belangten Behörde entkräftet, dass dadurch neue und erheblich störende Elemente in das Ortsbild eingeführt werden. Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie nunmehr der Anzeige der projektierten Werbetafeln ihre Zustimmung versagte.

Es ist daher nicht zu erkennen, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden wäre, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-73583