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VwGH vom 22.05.2012, 2008/04/0032

VwGH vom 22.05.2012, 2008/04/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der BIEGE/ARGE

1. X GmbH in Y und 2. W in Z, vertreten durch Dr. Kathrin Hornbanger, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Dr. Karl-Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates Wien vom , Zl. VKS - 8615/07, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien, Magistratsabteilung 54, in 1030 Wien, Am Modenapark 1-2; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) schrieb im Rahmen eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich die Vergabe des Dienstleistungsauftrages zur Durchführung der Reinigungsarbeiten und winterlichen Betreuung am A-Markt in Wien nach dem Billigstbieterprinzip aus. Der Leistungsumfang gliederte sich in fünf Leistungsgruppen (Gruppe 1: Ausmaß und Art der Reinigungsarbeiten, Gruppe 2: wöchentliche Reinigungsarbeiten, Gruppe 3: monatliche Reinigungsarbeiten, Gruppe 4: jährliche Reinigungsarbeiten, Gruppe 5: winterliche Betreuung und Reinigung der restlichen Flächen außerhalb des Gebäudes), wobei Teilangebote und Alternativangebote unzulässig waren.

Die Beschwerdeführerin ist eine aus zwei Mitgliedern bestehende Bietergemeinschaft (das zweite Mitglied der Bietergemeinschaft ist gleichzeitig Geschäftsführer des ersten Mitgliedes dieser Bietergemeinschaft), die sich am Vergabeverfahren durch Legung eines Angebotes beteiligt hat. Dieses Angebot wurde mit Schreiben der Auftraggeberin vom "gemäß § 129 Abs. 1 Z. 1 u. 2 iVm § 68 Abs. 1 Z. 3, 5, 6 u. 7 BVergG 2006" ausgeschieden. Zur Begründung verwies die Auftraggeberin auf die fehlende maschinelle Ausstattung und darauf, dass sich die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Partner der Bietergemeinschaft mangels vorgelegter Nachweise nicht prüfen habe lassen (darüber hinaus wurde auch die Befugnis und die Zuverlässigkeit des zweiten Mitgliedes der Bietergemeinschaft verneint).

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und einer allenfalls ergangenen Zuschlagsentscheidung, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und den Ersatz der für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühren.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidungsentscheidung ab, hob die am erlassene einstweilige Verfügung auf und sprach aus, dass die Beschwerdeführerin die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe.

Begründend gab die belangte Behörde das Verfahrensgeschehen wieder und stellte, soweit hier rechtlich von Bedeutung ist, unter anderem fest, dass Gegenstand des vorliegenden Vergabeverfahrens ausschließlich Reinigungsarbeiten betreffend sowohl das Innere des Marktgebäudes als auch Flächen außerhalb desselben seien. Mit Schreiben vom habe die Auftraggeberin zu einem persönlichen Aufklärungsgespräch eingeladen und in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass bei diesem Gespräch näher genannte Unterlagen unbedingt vorzulegen seien, darunter eine "Auflistung der Geräte (siehe Ausschreibungsunterlagen Seite 2 Pkt. 8)". In dem (aktenkundig von der Beschwerdeführerin und ihrer Rechtsvertreterin unterzeichneten) "Aktenvermerk zum Aufklärungsgespräch" vom sei unter anderem festgehalten worden, dass die verlangte Geräteliste nicht vorgelegt worden sei.

In der rechtlichen Begründung setzte sich die belangte Behörde zunächst mit den in der Ausscheidensentscheidung angeführten Fragen der Befugnis und der Zuverlässigkeit auseinander und führte sodann aus, die Beschwerdeführerin habe es im Zuge der Angebotsprüfung trotz Aufforderung unterlassen, nicht nur die verlangten Bilanzen und Jahresabschlüsse bzw. den ausreichenden Nachweis einer bestehenden Haftpflichtversicherung, sondern auch die Geräteauflistung, die bereits in den Ausschreibungsunterlagen gefordert gewesen sei, vorzulegen. Es sei daher unbedenklich, wenn die Ausscheidung des Angebotes der Beschwerdeführerin auch mit der mangelnden finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 129 Abs. 2 BVergG 2006 begründet worden sei. Daher seien der Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin und ihr Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren abzuweisen und die erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur anzuwendenden Rechtslage ist im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides am vorweg festzuhalten, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der hier verfahrensgegenständlichen Ausscheidungsentscheidung vom die im letztgenannten Zeitpunkt geltenden Bestimmungen des BVergG 2006, somit in der Fassung vor der (mit in Kraft getretenen) Novelle BGBl. I Nr. 86/2007, anzuwenden hatte.

Diese Bestimmungen lauten auszugsweise:

"§ 68. (1) Der Auftraggeber hat - unbeschadet der Abs. 2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

7. sie sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Befugnis, die berufliche Zuverlässigkeit, die technische Leistungsfähigkeit sowie die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in erheblichem Maße falscher Erklärungen schuldig gemacht oder diese Auskünfte nicht erteilt haben.

§ 75. …

(7) Als Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit können bei Dienstleistungsaufträgen verlangt werden:

7. eine Erklärung, aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Geräte und welche technische Ausrüstung der Unternehmer für die Ausführung des Auftrages verfügen wird;

§ 80. ...

(2) In die Ausschreibungsunterlagen sind die als erforderlich erachteten oder die auf Aufforderung durch den Auftraggeber nachzureichenden Nachweise gemäß den §§ 71, 72, 74 und 75 aufzunehmen, soweit sie nicht bereits in der Bekanntmachung angeführt waren.

§ 127. (1) Während eines offenen oder eines nicht offenen Verfahrens sind nur Aufklärungsgespräche zum Einholen von Auskünften über die finanzielle und wirtschaftliche oder die technische Leistungsfähigkeit sowie Auskünfte, die zur Prüfung der Preisangemessenheit, der Erfüllung der Mindestanforderungen und der Gleichwertigkeit von Alternativ- oder Abänderungsangeboten erforderlich sind, zulässig.

Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 20 Abs. 5 oder gemäß § 68 Abs. 1 auszuschließen sind;

2. Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;

7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt.

…"

Unstrittig und mit der Aktenlage übereinstimmend ist im vorliegenden Beschwerdefall die Feststellung, dass nach der (bestandfesten) Ausschreibung dem Angebot eine "Auflistung der Geräte/Maschinen, die bei diesem Auftrag eingesetzt werden", anzuschließen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin bestreitet in ihrer Beschwerde auch nicht, dass ihrem Angebot eine solche Geräte- und Maschinenauflistung nicht angeschlossen war, dass sie aufgefordert wurde, eine solche beim Aufklärungsgespräch vom vorzulegen, und dies unterlassen hat. Gegenteiliges ergibt sich nämlich auch nicht aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde vom , auf das die Beschwerde ganz allgemein hinweist.

Die gegenständliche Ausscheidungsentscheidung vom wurde von der Auftraggeberin aber nicht mit der Ausschreibungswidrigkeit des Angebotes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 begründet. Auch die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nicht auf diesen Ausscheidungsgrund gestützt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0012 mwN).

Die Auftraggeberin hat die Ausscheidensentscheidung u.a. mit dem Vorliegen des Ausschlussgrundes des § 68 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 (der u.a. bei Nichterteilung einer Auskunft betreffend die Leistungsfähigkeit erfüllt ist) begründet und die Ausscheidung daher (auch) auf § 129 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2006 gestützt. Auch die belangte Behörde geht erkennbar, obwohl sie § 68 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 nicht ausdrücklich nennt, vom Vorliegen dieses Ausschlussgrundes aus, wenn sie (auf S. 26 des angefochtenen Bescheides) ausführt, die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, trotz Aufforderung die verlangten Auskünfte, so auch die in der Ausschreibung verlangte Geräteauflistung, vorzulegen.

Dass das Angebot der Beschwerdeführerin vor diesem Hintergrund gemäß § 129 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2006 (und nicht, wie letztlich im angefochtenen Bescheid angenommen, gemäß § 129 Abs. 2 BVergG 2006; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/04/0083) auszuscheiden war, bewirkt keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin, weil nach dem letztzitierten Erkenntnis die Ausscheidung bei Nichterteilung von Auskünften betreffend die technische Leistungsfähigkeit gemäß § 129 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2006 zwingend ist, sodass im gegenständlichen Fall der in § 129 Abs. 2 BVergG 2006 vorgesehene Beurteilungsspielraum ("Ermessen") der Auftraggeberin von vornherein nicht gegeben war.

Die Beschwerde war daher, ohne dass es einer Auseinandersetzung mit den weiteren im angefochtenen Bescheid erörterten Ausscheidungsgründen bedarf, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am