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VwGH vom 26.05.2008, 2005/06/0024

VwGH vom 26.05.2008, 2005/06/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Adolf O (bzw. R) in I, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , Zl. Gem(PsT)-700665/2-2004- Gru/Ha, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Parteien:

1. Dr. SO, 2. DI AO, und 3. Dr. MO in I, die beiden ersten vertreten durch Dr. MO, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom gab die Bezirkshauptmannschaft Schärding dem Antrag des Beschwerdeführers auf Änderung seines Familiennamens von "R" in "O" statt. Der sich zu diesem Zeitpunkt in Haft befindende Beschwerdeführer hatte diesen Antrag damit begründet, dass ihm aus sozialen Gründen, verbunden mit wirtschaftlichen Überlegungen und für einen vorbehaltlosen Neubeginn im Beruf die Weiterführung seines bisherigen Namens nicht mehr zumutbar sei. Die Erstbehörde entschied im Sinne des Antrags und stützte sich dabei auf das Vorliegen eines sonstigen Grundes nach § 2 Abs. 1 Z. 11 des Namenrechtsänderungsgesetzes (NÄG). Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten - offensichtlich als übergangene Parteien des Verwaltungsverfahrens - mit Schriftsatz vom Berufung und brachten im Wesentlichen vor, ein "nachhaltigstes Interesse" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 3 NÄG daran zu haben, dass ihr Familienname nicht vom Beschwerdeführer geführt werde. Der Erstmitbeteiligte sei der Bruder der Mutter des Beschwerdeführers, die beiden weiteren Mitbeteiligten seine Söhne. Alle drei Mitbeteiligten hätten sich durch qualitativ hochwertige Arbeitsleistung, Korrektheit und Vertrauenswürdigkeit eine berufliche Basis für eine erfolgreiche Tätigkeit als Freiberufler in Innsbruck geschaffen. Ihr Name sei durch die jahrzehntelange Tätigkeit des Erstmitbeteiligten als Jurist und in sonstiger Funktion und Tätigkeit im öffentlichen Leben und durch die Tätigkeit der beiden anderen Mitbeteiligten entsprechend bekannt und sowohl mit Qualitäts- wie auch mit Vertrauenswürdigkeitsanspruch verbunden. Das Innsbrucker Telefonbuch weise die Eintragung von nur zwei weiteren Trägern desselben Familiennamens auf. Ein sehr geringer Teil der Innsbrucker Bevölkerung trage den gegenständlichen Namen und trete unter diesem auf. Sowohl positive wie auch negative Informationen und Assoziationen, die mit dem Namen verbunden seien, würden auf Grund der faktischen Namensexklusivität im öffentlichen Leben in Innsbruck praktisch regelmäßig den Mitbeteiligten zugeschrieben bzw. mit diesen in Verbindung gebracht, wobei zwar bekannt sei, dass diese zueinander im bezeichneten Verwandtschaftsverhältnis, nicht aber weithin bekannt sei, dass sie mit dem Beschwerdeführer im angeführten Verwandtschaftsverhältnis stünden. Dieser sei mehrfach wegen schwerster Vermögenskriminalität vorbestraft und habe dafür mehrere langjährige Haftstrafen zu verbüßen gehabt. Der Beschwerdeführer sei auf Grund seiner Straftaten eine in Tirol im höchsten Ausmaß negativ bekannte Persönlichkeit, was ja gerade der Grund dafür sei, dass er seinen Namen ändern wolle. Wenn auffällig werde, dass der Beschwerdeführer den Familiennamen der Mitbeteiligten trage, werde unverzüglich Rückschluss auf ein Naheverhältnis zwischen den Mitbeteiligten und dem Beschwerdeführer gezogen werden. Die Verwandtschaft sei wie erwähnt nicht allgemein bekannt, und es müsse leider betont werden, dass die Mitbeteiligten es nicht nur als höchst unzweckmäßig, sondern geradezu als existenzgefährdend betrachteten, würde über die Namensgleichheit ihr durch welche Distanzierung auch immer nie ablegbares Blutsband zum Beschwerdeführer allgemein nachvollziehbar.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom wurde der Berufung der Mitbeteiligten durch die belangte Behörde stattgegeben. Dabei wurde ausgeführt, dass die Änderung eines Familiennamens dann zu genehmigen sei, wenn kein Versagungsgrund im Sinne des § 3 NÄG vorliege. Die belangte Behörde sehe den Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z. 3 NÄG als gegeben an. Auf Grund der vorgebrachten Tatsachen sei die Behörde davon überzeugt, dass die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Herbeiführung der Namensgleichheit zwischen ihm und den Beschwerdeführern eine unerträgliche Situation in privater, beruflicher, wirtschaftlicher und auch existenzieller Hinsicht darstellen würde. Wie die Berufungswerber überaus deutlich glaubhaft gemacht hätten, wobei an diesem Vorbringen kein Zweifel bestünde, habe sich der Beschwerdeführer schwerster Vermögenskriminalität schuldig gemacht. Dieses Vorbringen sei durch Einholung eines Strafregisterauszugs eindeutig bestätigt worden. Die Behörde gehe auch insofern mit den Beschwerdeführern konform, dass es dem Beschwerdeführer zustehe, jeden anderen Familiennamen zu wählen. Die Wahl des Namens der Mitbeteiligten sei geradezu als Hohn gegenüber den bestens beleumundeten Mitbeteiligten anzusehen. Der Umstand, dass die mittlerweile verstorbene Mutter des Beschwerdeführers den Namen der Mitbeteiligten getragen habe, rechtfertigte angesichts der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten nicht die Genehmigung zur Führung des Namens der Mitbeteiligten, zumal dieser auch - wie durchaus glaubhaft dargetan - nicht einmal davor zurückgeschreckt sei, bereits zu einem Zeitpunkt, wo er nicht auf die Führung des Namens der Mitbeteiligten reflektiert habe, diesen Namen in schwerste Turbulenzen zu stürzen. Den Mitbeteiligten käme auf Grund des Vorbringens ein berechtigtes Interesse daran zu, dass der schwerst vorbestrafte Beschwerdeführer nicht ihren Namen führe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und, wie auch die Mitbeteiligten, eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. Nr. 195/1988 in der Fassung BGBl. Nr. 25/1995 lauten:

"Antrag auf Namensänderung

§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, ...

Voraussetzungen der Bewilligung

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt

vor, wenn

1. der bisherige Familienname lächerlich oder anstößig

wirkt;

2. der bisherige Familienname schwer auszusprechen

oder zu schreiben ist;

3. der Antragsteller ausländischer Herkunft ist und

einen Familiennamen erhalten will, der ihm die Einordnung im

Inland erleichtert und der Antrag innerhalb von zwei Jahren nach

dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt wird;

4. der Antragsteller den Familiennamen erhalten will,

den er bisher in gutem Glauben, dazu berechtigt zu sein, geführt hat;

5. der Antragsteller einen Familiennamen erhalten

will, den er früher zu Recht geführt hat;

6. die Vor- und Familiennamen sowie der Tag der Geburt

des Antragstellers mit den entsprechenden Daten einer anderen

Person derart übereinstimmen, dass es zu Verwechslungen der

Personen kommen kann;

7. der Antragsteller einen Familiennamen erhalten

will, den er durch eine befristete namensrechtliche Rechtshandlung erlangt hätte, jedoch die rechtzeitige Rechtshandlung ohne sein Verschulden oder bloß mit einem minderen Grad hievon unterlassen hat, oder der Antragsteller einen Doppelnamen nach § 93 Abs. 2 ABGB wünscht oder bereits zu führen hat und den gemeinsamen Familiennamen ohne Voran- oder Nachstellung seines früheren Familiennamens führen will;

8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;

9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen

der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in

deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur

für kurze Zeit beabsichtigt ist;

10. der Antragsteller glaubhaft macht, dass die

Änderung des Familiennamens notwendig ist, um unzumutbare

Nachteile in wirtschaftlicher Hinsicht oder in seinen sozialen

Beziehungen zu vermeiden und diese Nachteile auf andere Weise

nicht abgewendet werden können;

11. der Antragsteller aus sonstigen Gründen einen

anderen Familiennamen wünscht.

...

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf

nicht bewilligt werden, wenn

1. die Änderung des Familiennamens die Umgehung von

Rechtsvorschriften ermöglichen würde;

2. der beantragte Familienname lächerlich, anstößig

oder für die Kennzeichnung von Personen im Inland nicht

gebräuchlich ist;

3. der beantragte Familienname von einer anderen

Person rechtmäßig geführt wird, der ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Antragstellers von der Führung des gleichen Familiennamens zukommt; dies gilt nicht in den Fällen des § 2 Abs. 1 Z 5 und 7 bis 9;

...

Parteien

§ 8. (1) Die Stellung einer Partei kommt in einem Verfahren auf Änderung des Familiennamens oder Vornamens jedenfalls zu


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1.
dem Antragsteller;
2.
der Person, die im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 3 in ihren berechtigten Interessen berührt ist.

(2) Lassen sich Parteien nach Abs. 1 Z 2 nicht nach § 5 ermitteln, ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und im Sinn des § 41 AVG bekannt zu machen."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er seine persönlichen Dokumente - im Vertrauen auf die Rechtskraft der Namensänderung - bereits auf seinen neuen Familiennamen habe umschreiben lassen. Die Anerkennung der Parteistellung der Mitbeteiligten verstoße gegen den Rechtsschutzgedanken. Es sei dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit eingeräumt worden, zur Berufung der in ihren rechtlichen Interessen angeblich berührten Mitbeteiligten Stellung zu nehmen, er sei daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt.

Dadurch, dass die belangte Behörde die Mitbeteiligten als Partei des Verfahrens behandelt hat, wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt. Nach dem Vorbringen der Mitbeteiligten war zu bejahen, dass sie in berechtigten Interessen gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. "berührt" waren. Ausgehend von der Parteistellung der Mitbeteiligten ging die belangte Behörde daher weiters zutreffend davon aus, dass das Berufungsrecht unmittelbar aus der Parteistellung fließt und die Berufung einer Partei gegen einen ihr zwar nicht zugestellten, jedoch seinem Inhalt nach zur Kenntnis gelangten und durch Zustellung an eine andere Partei erlassenen Bescheid als zulässig anzusehen war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 86/07/0061, vom , Zl. 2001/03/0048, und vom , Zl. 2005/07/0123, m.w.N.). Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde daher - zumal das Gesetz auch keine absolute Frist für die Berufung einer übergangenen Partei vorsieht - meritorisch über die Berufung der Mitbeteiligten entscheiden.

Die belangte Behörde hat jedoch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, indem sie ihrer Entscheidung ausschließlich die Ausführungen der Mitbeteiligten zu Grunde legte, ohne dem Beschwerdeführer irgend eine Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Das Recht einer Partei, im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Sinne der §§ 37 ff AVG gehört zu werden, stellt aber einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar.

Dieses Recht auf Parteiengehör erstreckt sich nicht bloß auf das im § 45 Abs. 3 AVG ausdrücklich geregelte Recht der Parteien, dass ihnen Gelegenheit geboten werde, von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert einzelner Beweismittel zu äußern; es steht den Parteien vielmehr frei - und hiezu muss ihnen ausdrücklich Gelegenheit geboten werden - im Ermittlungsverfahren auch ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, also insbesondere auch eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auf die Lösung des Rechtsfalles abzugeben. Einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde dürfen nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu Grunde gelegt werden, zu denen die Partei des Verwaltungsverfahrens auch Stellung nehmen konnte. Die Gelegenheit zur Stellungnahme erfordert die Gestaltung des Vorganges in einer Weise, die der Partei jeweils nicht nur seine Bedeutung zum Bewusstsein bringt, sondern ihr auch die Möglichkeit der Überlegung und entsprechenden Formulierung ihrer Stellungnahme in ausreichender Frist bietet (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/20/0304, und vom , Zl. 2000/07/0003, VwSlg. 15.701/A, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Indem die belangte Behörde dies unterließ, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am