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VwGH vom 23.11.2010, 2010/06/0201

VwGH vom 23.11.2010, 2010/06/0201

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der S K in W, vertreten durch Kaan Cronenberg Partner Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B- 12.10-B93/2010-8, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. O Z und 2. W Z, beide in W, 3. Gemeinde M), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte (in der Folge: Antragsgegner) sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Das Grundstück ist im geltenden Flächenwidmungsplan 4.0 (der vom Gemeinderat am beschlossen wurde) als reines Wohngebiet gewidmet. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines benachbarten Grundstückes.

Der nordwestliche Bereich des Untergeschosses dies Wohnhauses tritt (wegen einer Hanglage) oberirdisch zu Tage und ist dem Grundstück der Beschwerdeführerin zugewandt. Dort befindet sich ein Bastelraum mit einem Fenster. Die Baubewilligung für das Wohnhaus wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom erteilt, in den bewilligten Bauplänen ist dieser "Bastelraum" (mit dieser Bezeichnung) ausgewiesen. Damals gab es in der Gemeinde noch keinen Flächenwidmungsplan (der erste wurde 1984 erlassen). Mit Bescheid des Bürgermeisters vom wurde den Antragsgegnern die Baubewilligung für den Zubau einer Garage im südöstlichen Bereich des Erdgeschoßes des Wohnhauses erteilt. Das Garagentor ist vom Grundstück der Beschwerdeführerin abgewendet.

Mit der verfahrenseinleitenden Eingabe vom (bei der Gemeinde eingelangt am ) brachte die Beschwerdeführerin vor, bereits in den zurückliegenden Jahren sei durch das regelmäßige Arbeiten mit Maschinen im Kellergeschoß des Hauses durch den Erstmitbeteiligten insbesondere ein erheblicher Lärm verbunden, dies nicht nur an den Wochentagen und dabei nicht selten auch in den Mittagspausen, sondern auch häufig an Samstagen und vereinzelt auch an Sonntagen, zuletzt am Sonntag, dem . In der letzten Zeit sei sogar eine weitere Zunahme dieser äußerst störenden Lärmentwicklung zu registrieren. Sie gehe davon aus, dass für diese Werkstätte, welche im Hinblick auf die Ausstattung durchaus mit einer Tischlerei vergleichbar sei, keine behördliche Bewilligung vorliege, weil das Gebiet gemäß dem Flächenwidmungsplan als reines Wohngebiet und nicht als Mischgebiet ausgewiesen sei; die Werkstätte wäre auch nicht bewilligungsfähig. Die Beschwerdeführerin machte die Immissionen "infolge des regelmäßigen Werkstätten-Betriebes" geltend, nämlich einen erheblichen Lärm infolge der Nutzung der Hobelmaschine, von Schleif-, Schneid- und Bohrwerkzeugen sowie durch Hämmern, dann entsprechende Staubentwicklung durch regelmäßig "geöffnete Fenster und Tür". Beim zeitweisen Einsatz von Kunststoffen für Anstriche komme es auch zu einer entsprechenden Geruchsbelästigung. Weiters seien in den zurückliegenden Jahren auch Arbeiten an Autozubehörteilen (beispielsweise Karosserieteilen) durch Schleifen und Lackieren im Freien festgestellt worden, welche mit entsprechend störenden Auswirkungen auf das Grundstück der Beschwerdeführerin verbunden gewesen seien. Infolge der Lagerung von mehreren Altfahrzeugen in der Garage komme es im Rahmen von Wartungs- bzw. Erhaltungsarbeiten ebenso zu einer vereinzelten, erheblichen Lärmentwicklung (beispielsweise durch Schleifen, Bohren und dergleichen).

Sowohl das überwiegende Betreiben der Werkstätte als auch vereinzelte Arbeiten an Autoteilen im Freien dienten ganz offensichtlich gar nicht mehr dem Eigenbedarf allein, sondern Dritten, so beispielsweise dem Sohn der Antragsgegner, welcher bekanntlich einen Autohandel mit eingebundener Reparaturwerkstätte im Ort X betreibe. Versuche, die Angelegenheit gütlich zu regeln, seien gescheitert.

Die Beschwerdeführerin beantrage, das Betreiben der Werkstätte sowie die weiter genannten vereinzelten Tätigkeiten behördlich zu untersagen. Für die Untersagung des Betreibens dieser Werkstätte dürfte ihrem Kenntnisstand nach bereits die Existenz einer solchen intakten bzw. jederzeit betriebsbereiten maschinellen Einrichtung ausreichen, von der man sich auch recht einfach überzeugen könne.

Der Bürgermeister erwiderte mit Erledigung vom , dass im Rahmen einer am durchgeführten Feuerbeschau die Liegenschaft der Antragsgegner auch hinsichtlich der vorgebrachten Beschwerden überprüft worden sei. Wie die Erhebungen ergeben hätten, würden Räume, insbesondere im Keller, durchaus als Werkstätte genützt bzw. seien entsprechend ausgestattet. Es habe sich jedoch eindeutig gezeigt, dass es sich bei dieser Nutzung augenscheinlich um eine reine Privatnutzung (hobbymäßige Holzbearbeitung) handle. Für eine gewerbliche Tätigkeit seien keinerlei Anhaltspunkte vorgelegen. Eine derartige Nutzung der Räumlichkeiten stehe durchaus im Einklang mit dem Baubewilligungsbescheid und auch der bestehenden Widmung und es bestehe seitens der Gemeinde als Baubehörde weder ein Anlass noch eine rechtliche Möglichkeit, diese Nutzungen zu untersagen. Selbiges gelte für die von der Beschwerdeführerin beanstandeten vereinzelten Arbeiten im Freien. Sollte von der Liegenschaft der Antragsgegner tatsächlich ungebührlicher Lärm ausgehen, wären allfällige Unterlassungsansprüche der Beschwerdeführerin ausschließlich auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen (Hinweis auf § 364 ABGB).

Die Beschwerdeführerin äußerte sich in einem Schreiben vom ablehnend und rügte die Verweigerung der Einsichtnahme in den zugrundeliegenden Bauakt betreffend das Gebäude der Antragsgegner. Bei einer Feuerbeschau könne naturgemäß die Lärmauswirkung durch die Geräte nicht beurteilt werden, es bedürfe einer Lärmmessung. Die Auffassung, es handle sich um eine reine Privatnutzung, eine hobbymäßige Holzbearbeitung, sei "uneingeschränkt falsch". Es sei die Pflicht des Bürgermeisters, einzuschreiten.

In einer weiteren Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den (ausdrücklichen) Antrag, gemäß § 41 Abs. 6 iVm § 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG, die Nutzung der Tischlerwerkstätte, die in den Bauakten angeblich als Bastelraum deklariert sei, zu untersagen, weil die daraus entstehenden Lärmbelästigungen die Nachbarrechte (Hinweis auf § 26 Abs. 1 iVm Abs. 3 Stmk. BauG) massiv verletzten. Mit diesem Antrag sei neuerlich die Forderung auf Einsichtnahme in die Bauakten verbunden. Über diesen Antrag sei bescheidmäßig abzusprechen.

Nun holte der Bürgermeister eine Äußerung der Antragsgegner zum Begehren der Beschwerdeführerin ein. Diese brachten in einem Schreiben vom vor, sie nützten ihr Haus ausschließlich privat. Da die Holzbe- und -verarbeitung ein reines Hobby des Erstmitbeteiligten sei, erfolge im Bastelraum im Keller ausschließlich eine derartige hobbymäßige Nutzung. Er sei überzeugt, dass sich die Lärmbelästigung im zumutbaren Maß halte.

Hierauf wies der Bürgermeister mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ab. Zur Begründung heißt es nach Hinweis auf die Eingabe vom , im Rahmen der Feuerbeschau sei, insbesondere auch auf Grund der Eingabe der Beschwerdeführerin, bereits am eine baubehördliche Überprüfung erfolgt, bei der festgestellt worden sei, dass sich im nordwestlichen Raum des Kellers eine eingerichtete Werkstatt befinde. Unter anderem habe sich in diesem Raum auch eine Hobelmaschine befunden. Die Garage habe der Unterbringung "von Pkw" gedient. Der mit den Beschwerden konfrontierte Erstmitbeteiligte habe mitgeteilt, es sei sein Hobby, mit Holz zu arbeiten und aus Holz Produkte anzufertigen. Unter anderem habe er auch sämtliche Tischler- und Zimmerarbeiten für den am Haus befindlichen Holzbalkon selbst getätigt, weiters fertige er Holzspielzeuge an. Ein Verkauf der Bastelarbeiten erfolge nicht, sondern es handle sich bei diesen Holzarbeiten ausschließlich um eine schöne Beschäftigung bzw. Therapie in der Pension. Die Baubehörde habe im Rahmen der Beschau feststellen können, dass sich auf der Liegenschaft außer dem vorgenannten Kellerraum keine weitere Werkstätte befinde. Aus der Größe der Anlage und Ausstattung sowie den Angaben des Eigentümers habe sich zweifelsfrei ergeben, dass die Nutzung des Kellerraumes augenscheinlich eine reine Privatnutzung ("holzmäßige Holzbe- und - verarbeitung" - gemeint wohl: "hobbymäßige Holzbe- und - verarbeitung") darstelle. Die Baubehörde habe für eine gewerbliche Tätigkeit keinerlei Anhaltspunkte gefunden.

Nach Darstellung des weiteren Verfahrensganges ging die Behörde erster Instanz auf eine Stellungnahme der belangten Behörde (als Aufsichtsbehörde) vom 1. August ein, in der es als Zusammenfassung heißt, dass die offensichtlich bloß hobbymäßige Holzbe- und -verarbeitung im Bastelraum des Wohngebäudes nicht als vorschriftswidrige Nutzung dieses Raumes angesehen werden könne, weil diese Nutzung dem Grunde nach in diesem Raum zulässig sei. Diese Nutzung sei überdies im Zusammenhang mit der Wohnnutzung zu sehen: Wenn nun die Nutzung dieses Raumes derart extensiv erfolge, dass es zu Belästigungen der Nachbarschaft komme, so könne dagegen nur zivilrechtlich vorgegangen werden. Nur bei einer gewerblichen oder einer sonstigen nicht bloß privaten Nutzung (beispielsweise im Rahmen einer Vereinstätigkeit) würde eine vorschriftswidrige Nutzung vorliegen.

Die Behörde erster Instanz komme zum Ergebnis, dass, wie die Erhebungen durch Überprüfung der Baupolizei zweifelsfrei ergeben hätten und wie dies auch vom Erstmitbeteiligten glaubhaft und überzeugend dargelegt worden sei, der gegenständliche Hobbyraum keineswegs in einem "gewerblichen Ausmaß" genutzt werde, sondern ausschließlich im Rahmen einer hobbymäßigen Beschäftigung. Dies stehe im Einklang mit der Bau- und der Benützungsbewilligung. Aus baubehördlicher Sicht seien die davon ausgehenden Immissionen von den Nachbarn zu tolerieren.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, die Behörde erster Instanz stelle auf Grund der Feuerbeschau lediglich fest, dass sich im nordwestlichen Raum des Kellers eine eingerichtete Werkstatt befinde, in der auch eine Hobelmaschine untergebracht sei. Dies sei zur Entscheidung über ihren Antrag unzureichend. Es fehle insbesondere die Feststellung, welche Maschinen und Geräte sich tatsächlich in der Werkstatt befänden, wobei die Lärmintensität aus dem Betrieb der einzelnen Maschinen und Geräte anzugeben wäre. Bei der Frage der Zulässigkeit eines Werkstättenbetriebes könne es nicht darauf ankommen, ob er im Rahmen eines Gewerbes - gegen Entgelt bzw. auf Ertrag gerichtet - erfolge oder ob er nur zum eigenen Vergnügen ausgeübt werde. In baurechtlicher Hinsicht komme es vielmehr ausschließlich auf die mit einem Werkstättenbetrieb verbundenen Emissionen und die Auswirkungen dieser Emissionen auf die Nachbarschaft an. Aus der Art und insbesondere der Lärmintensität der verwendeten Maschinen und Geräte könne auch darauf geschlossen werden, ob die Einrichtung einer solchen Werkstatt als solche noch als Hobbyraum qualifiziert und diese in einem Wohngebiet zulässig sei. Die Behörde habe die Behauptung des Erstmitbeteiligten, dass er den Hobbyraum keineswegs in einem gewerblichen Ausmaß nütze, für wahr gehalten. Dies sei eine Schutzbehauptung und schon dadurch zu widerlegen, dass die Einrichtung der Werkstatt in etwa die gleiche sei, die auch bei einem kleineren Gewerbebetrieb bestehe. Jedenfalls sei der gemäß § 43 Abs. 2 Z 5 Stmk. BauG maßgebliche Schallschutz nicht gewahrt.

In einer Anlage zur Berufung legte die Beschwerdeführerin eine "Dokumentation über die Werkstättentätigkeiten" des Erstmitbeteiligten vor, mit kursorischen Angaben für den Zeitraum 2004 bis 2006, und sodann mit detaillierten Angaben für den Zeitraum ab dem (einschließlich von Wahrnehmungen über den Antransport von Holz und den Abtransport von Holzprodukten, aber auch betreffend angenomme Arbeiten an Autoteilen).

Die Berufungsbehörde brachte die Berufung samt der Dokumentation den Antragsgegnern zur Kenntnis. Eine Äußerung ist zwar nicht aktenkundig, im Berufungsbescheid heißt es allerdings, sie hätten in einem Schreiben vom ausgeführt, dass die Räumlichkeiten nach wie vor privat genutzt würden und auch die Holzbearbeitung im Bastelraum des Kellers ausschließlich in hobbymäßiger und privater Nutzung (des Raumes) erfolge.

Der Gemeinderat wies mit Bescheid vom die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung heißt es zusammengefasst, bei der Ausübung eines Hobbys stehe es (ebenso natürlich auch wie bei der Ausübung eines gewerblichen Betriebes) völlig im Belieben des Nutzers, welche Geräte er sich anschaffe. Aus baubehördlicher Sicht sei vor allem relevant, dass, wie im erstinstanzlichen Bescheid auch ausführlich dargelegt worden sei, beim Gebäude der Antragsgegner eine aufrechte Bau- und Benützungsbewilligung gegeben sei und darin insbesondere auch der von der Beschwerdeführerin als Werkstättenbetrieb bezeichnete Raum sogar ausdrücklich als Bastelraum deklariert und bewilligt worden sei. Damit stehe es dem Konsensinhaber natürlich auch frei, diesen im Rahmen seines Hobbys (Holzbearbeitungen und sonstige Heimwerkertätigkeiten) zu nutzen. Für eine gewerbliche Nutzung des Raumes durch den Erstmitbeteiligten bestünden, wie die Überprüfung durch die Baubehörde ergeben habe, keine Anzeichen. Ein Gewerbebetrieb liege offenkundig nicht vor. Auch die Vorlage der von der Beschwerdeführerin angelegten Dokumentation sei nicht geeignet, Zweifel daran zu erwecken, dass die darin aufgelisteten Tätigkeiten des Erstmitbeteiligten unter dem Begriff "Privat" zu verstehen seien. Der Erstmitbeteiligte räume auch selbst ein, dass Holzbearbeitungen und Heimwerken sein Hobby darstellten. Der Beschwerdeführerin sei durchaus zuzugestehen, dass diese Tätigkeiten, bei der Annahme, dass die vorgelegte Dokumentation annähernd korrekt sei, vom Erstmitbeteiligten eher sehr intensiv betrieben würden. Da allerdings von einer gewerblichen Betriebsausübung offenkundig nicht ausgegangen werden könne und private Hobbytätigkeiten/Bastelarbeiten und dergleichen in der gegebenen Baubewilligung Deckung fänden, bestehe seitens der Baubehörde weder eine Möglichkeit noch ein Anlass zur Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages, insbesondere weil (wie sich aus den bisherigen Feststellungen im Verfahren eindeutig ergebe) eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne des § 19 Z 2 Stmk. BauG nicht gegeben sei. Die Beschwerdeführerin habe aber die Möglichkeit, den Zivilrechtsweg zu beschreiten.

Die nun anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin erhob Vorstellung, in der sie ihren bisherigen Standpunkt wiederholte und ausführte, die mit der Berufung vorgelegte Dokumentation widerlege die Behauptung des Erstmitbeteiligten, wonach die Werkstätte lediglich im Rahmen einer Freizeitbeschäftigung betrieben würde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung heißt es zusammengefasst nach Darstellung des Verfahrensganges und gesetzlicher Bestimmungen, die Baubewilligung für das Haus der Antragsgegner sei mit Bescheid vom erteilt worden. Aus dem dieser Bewilligung zugrundeliegenden Einreichplan ergebe sich, dass im südwestlichen Bereich des Kellers (der in diesem Bereich zur Gänze über dem anschließenden Gelände liege) ein Bastelraum mit einer Nutzfläche von 23,27 m2 ausgewiesen sei. Es stelle sich nunmehr die Frage, ob die extensive Nutzung dieses Bastelraumes für Tischlereiarbeiten als bewilligungskonform zu werten sei bzw. ob in diesem Zusammenhang "ein baupolizeilicher Handlungsbedarf" bestehe.

In diesem Zusammenhang sei zunächst zu klären, ob tatsächlich eine Nutzungsänderung im Sinne des § 19 Z 2 Stmk. BauG vorliege. Dazu sei zu prüfen, ob die Nutzung "für - offensichtlich nicht gewerbliche - Holz- bzw. Tischlereiarbeiten im Privatbereich" eine Nutzung darstelle, die der Baubewilligung entspreche oder ob dies als Nutzungsänderung einzustufen ist. Dies sei zu verneinen, auch wenn diese Nutzung, wie offensichtlich im Beschwerdefall, "sehr extensiv" erfolge. Solche Tätigkeiten, die zwar in bestimmten Fällen zu Immissionen führen könnten, jedoch grundsätzlich in einem hiefür bewilligten Raum erfolgten, könnten baurechtlich nicht geahndet werden. Im Falle einer Lärmbeeinträchtigung bleibe daher nur die Möglichkeit, zivilrechtlich dagen vorzugehen. Nur bei einer gewerblichen oder einer sonstigen nicht bloß privaten Nutzung (beispielsweise im Rahmen einer Vereinstätigkeit) würde eine vorschriftswidrige Nutzung vorliegen.

Zum weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens bzw. des mangelnden Parteiengehörs genüge es darauf hinzuweisen, dass die Berufungsbehörde anhand objektiver Umstände die Angelegenheit geprüft habe und sich auch aus der von der Vorstellungswerberin vorgelegten Dokumentation hinsichtlich der Arbeiten des Erstmitbeteiligten eine durchaus bewilligungskonforme, wenn auch allenfalls exzessive Nutzung ergebe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 88/2008 anzuwenden.

§ 41 leg. cit. lautet:

"§ 41

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn


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1.
bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2.
anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3.
baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(2) Werden unzulässige Bauarbeiten trotz verfügter Baueinstellung fortgesetzt, kann die Baubehörde die Baustelle versiegeln oder absperren und die auf der Baustelle vorhandenen Baustoffe, Bauteile, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

(4) Die Behörde hat die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen derselben ohne Bewilligung vorgenommen wurde; Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.

(5) Berufungen gegen Bescheide nach Abs. 1 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."

Gemäß § 19 Z. 2 Stmk. BauG sind, soweit im Beschwerdefall erheblich, bewilligungspflichtig:

"2. Nutzungsänderungen, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Hygiene, die Sicherheit von baulichen Anlagen oder deren Teilen von Einfluss sein können oder die Nachbarrechte berühren oder wenn Bestimmungen des jeweils geltenden Raumordnungsgesetzes, des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes oder der Bebauungsrichtlinien berührt werden können;"

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6)."
Gemäß §
43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein, dass der von den Benützern oder von den Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
§
23 Abs. 5 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 lautet auszugsweise (die wiedergegebenen Bestimmungen idF LGBl. Nr. 39/1986):

(5) Im Bauland sind entsprechend den örtlichen Erfordernissen Baugebiete festzulegen. Als Baugebiete kommen hiebei in Betracht:

a) reine Wohngebiete, das sind Flächen, die ausschließlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Nutzungen, die zur Deckung der täglichen Bedürfnisse der Bewohner des Gebietes dienen (Kindergärten, Schulen, Kirchen u. dgl.) oder die dem Gebietscharakter nicht widersprechen, zulässig sind;

b) allgemeine Wohngebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gärtnereien, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen), errichtet werden können;

c) Kerngebiete, ..."

§ 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194 (diese Bestimmung in der Stammfassung) lautet auszugsweise:

"(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten."

Die Beschwerdeführerin vertritt, wie schon im Verwaltungsverfahren, die Auffassung, im Beschwerdefall sei eine im Sinne des § 19 Z 2 Stmk. BauG bewilligungspflichtige Nutzungsänderung vorgenommen worden. Auch ohne Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit ergebe sich dies aus der Ausstattung des Bastelraumes. Die Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, gemäß der Baubewilligung dürften in diesem Bastelraum sämtliche Bastelaktivitäten ohne Einschränkung erfolgen, treffe nicht zu. Der Baubewilligungsbescheid stamme vom "18. September" 1975 (richtig: ). Es sei daher zu prüfen, was zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bewilligungsbescheides unter dem Begriff "Bastelraum" verstanden worden sei. Nur jene Tätigkeiten, die damals üblicherweise in einem "Bastelraum" durchgeführt worden seien, könnten auch von diesem Bescheid gedeckt sein. Faktum sei nämlich, dass die maschinelle Ausstattung der Werkstätte, die mit einer kleineren, gewerblich betriebenen Tischlerei vergleichbar sei, in einem Wohngebiet ohne entsprechende Lärmschutzmaßnahmen in der Werkstätte bzw. am Gebäude heute so nicht genehmigungsfähig wäre. Der Betrieb einer Hobelmaschine (mit integrierter Kreissäge), von Schleifgeräten, einer Bandsäge, Bohrmaschine u.a. ohne jegliche Schutzeinrichtung in der Werkstätte bzw. am Gebäude sei im reinen Wohngebiet gemäß § 23 Abs. 5 lit. a ROG nicht genehmigungsfähig. Tätigkeiten, die geeignet seien, Nachbarn in ihrer Lebensführung zu beeinträchtigen, stellten eine unzulässige Nutzungsänderung im reinen Wohngebiet dar. Aber auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Bewilligungsbescheides wäre der "Bastelraum", so wie er sich heute darstelle, aus Gründen möglichen Lärmes und möglicher Immissionen ohne zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen nicht genehmigungsfähig gewesen.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Zu prüfen ist, ob die geltend gemachte Nutzung der Liegenschaft der Antragsgegner als bewilligungspflichtige Nutzungsänderung anzusehen ist.

Sollte die in Frage stehende Tätigkeit als "betriebliche Tätigkeit" zu qualifizieren sein, gilt folgendes: Die Nutzung der Liegenschaft der Antragsgegner zu betrieblichen Zwecken wäre jedenfalls eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung, wobei überdies, wie sich aus einem Vergleich zwischen den Bestimmungen des § 23 Abs. 5 lit. b ROG ergibt, "Betriebe" im reinen Wohngebiet an sich nicht zulässig sind, es sei denn, es handelte sich um eine Nutzung, die dem Gebietscharakter nicht widerspricht (um eine Nutzung, die zur Deckung der täglichen Bedürfnisse der Bewohner des Gebietes diente, geht es hier jedenfalls nicht).

Die belangte Behörde ist mit den Gemeindebehörden davon ausgegangen, dass "offensichtlich" keine gewerbliche Nutzung erfolge. Von einer solchen Offensichtlichkeit kann beim gegebenen Verfahrensstand nicht die Rede sein. Die Frage, ob hier eine "betriebliche Tätigkeit" entfaltet wird (ob ein "Betrieb" im Sinne des § 23 Abs. 5 lit. b ROG oder eine betriebliche Nutzung, die dem Gebietscharakter nicht widerspricht, im Sinne der lit. a leg. cit. gegeben ist), ist im Beschwerdefall in sinngemäßer Anwendung der Kriterien des § 1 Abs. 2 bis 4 GewO 1994 zu beurteilen; irrelevant ist hingegen, ob eine Gewerbeberechtigung vorliegt oder nicht. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, dass der Erstmitbeteiligte Tätigkeiten für Dritte entfalte (im Interesse Dritter arbeite), geht in diese Richtung ( § 1 GewO 1994), blieb aber ungeprüft. Es wäre daher, insbesondere ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren, zu klären gewesen, ob die Tätigkeiten, um die es geht, "gewerbsmäßig" im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1994 ausgeübt werden.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens reichen nicht aus, um die Frage, ob die Liegenschaft der Antragsgegner betrieblich im zuvor umschriebenen Sinn genutzt wird oder nicht, abschließend beurteilen zu können.

Handelte es sich nicht um eine "betriebliche Tätigkeit" im zuvor umschriebenen Sinn, ist die Frage, ob die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten und die daraus resultierende, hier geltende gemachte Immissionsbelastung für die Nachbarschaft als bewilligungspflichtige Nutzungsänderung anzusehen ist, ausgehend von der im Jahr 1975 erteilten Baubewilligung zu beurteilen.

Infofern ist insbesondere § 24 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (kurz: BO), von Bedeutung; diese Bestimmung lautete (Stammfassung):

"Wenn in einem Bau oder Teilen desselben nach der Art der Verwendung mit einer besonderen Schallentwicklung zu rechnen ist, die in der Nachbarschaft oder in anderen Teilen des Baues eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung mit sich bringt, ist der Schallschutz des Baues, in dem die Schallentwicklung entsteht, verhältnismäßig zu erhöhen".

Welche Lärmimmissionen aus dem Gebäude der Antragsgegner auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin einwirken dürfen, bestimmt sich demnach ausgehend von dem gemäß der Baubewilligung vorgesehenen Schallschutz des Gebäudes der Antragsgegner nach den Kriterien des § 24 Abs. 3 BO. Das ist zu beurteilen; ergibt sich, dass die in Frage stehende Nutzung aufgrund ihrer Schallimmissionen von der erteilten Baubewilligung nicht gedeckt ist, liegt eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung vor. Das blieb aber ungeprüft.

Da die belangte Behörde diese Verfahrensmängel auf Gemeindeebene nicht erkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am