VwGH 13.10.2010, 2010/06/0198
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Es ist nicht von Bedeutung, ob Unterschreitungen der Nachbarabstände dem Nachbarn bereits früher aufgefallen sind und wie der Nachbar darauf reagiert hat. In baurechtlicher Hinsicht kommt es auf der Grundlage des § 16 Abs. 6 Slbg BauPolG 1997 lediglich darauf an, welche Abstände rechtskräftig bewilligt sind und welche Abstände tatsächlich vorliegen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2006/06/0024 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der X Wohnbau Gesellschaft mbH in Salzburg, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 205-07/331/1- 2010, betreffend baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: FH, O), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid sowie aus dem hg. Vorerkenntnis vom , Zl. 2006/06/0024, ergibt sich Folgendes:
Der Mitbeteiligte ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1237 KG O. Mit Schreiben vom stellte er den Antrag auf Beseitigung von baulichen Anlagen auf dem Nachbargrundstück Nr. 101/2 KG O.
Der beschwerdeführenden Partei war mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde O vom die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohnanlage mit drei Objekten mit insgesamt 57 Wohneinheiten und einer Tiefgarage sowie 20 Kleingaragen auf dem genannten Grundstück Nr. 101/2 erteilt worden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde O vom war der beschwerdeführenden Partei darüber hinaus die baubehördliche Bewilligung zum Ausbau des Dachgeschoßes bei einem Objekt auf dieser Liegenschaft erteilt worden.
Hinsichtlich der weiteren Vorgeschichte wird auf das zitierte hg. Erkenntnis vom verwiesen. Daraus ist hervorzuheben, dass der Antrag des Mitbeteiligten vom mit Bescheid der im Devolutionsweg zuständig gewordenen Gemeindevertretung der Stadtgemeinde O vom als unzulässig zurück- bzw. abgewiesen wurde. Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde vom Mitbeteiligten beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Mit dem zitierten Erkenntnis vom hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 Salzburger Baupolizeigesetz für die Erteilung eines Auftrages gegeben seien, sei zunächst festzustellen, welche Abstände der Baulichkeit zu den Nachbargrenzen in der Natur vorlägen. In weiterer Folge sei festzustellen, welche Abstände nach der Baubewilligung rechtens seien. Im Übrigen sei es nicht von Bedeutung, ob Unterschreitungen der Nachbarabstände dem Nachbarn bereits früher aufgefallen seien und wie der Nachbar darauf reagiert habe. In baurechtlicher Hinsicht komme es auf der Grundlage des § 16 Abs. 6 Salzburger Baupolizeigesetz lediglich darauf an, welche Abstände rechtskräftig bewilligt seien und welche Abstände tatsächlich vorlägen.
Infolge dieses Erkenntnisses hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom den Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde O vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. In der Bescheidbegründung hat die belangte Behörde im Wesentlichen die genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe im Verwaltungsverfahren eine Vereinbarung vom vorgelegt, aus welcher eindeutig hervorgehe, dass der Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten hinsichtlich sämtlicher allfälliger Unterschreitungen von Nachbarabständen auf die Geltendmachung der Verletzung von daraus resultierenden subjektivöffentlichen Rechten verzichtet habe. Zum Zeitpunkt des Zustandekommens dieser Vereinbarung seien die gegenständlichen Bauten bereits errichtet gewesen. Die belangte Behörde habe sich mit der Frage der Gültigkeit und den Auswirkungen der zivilrechtlichen Vereinbarung vom nicht auseinandergesetzt. Die belangte Behörde habe lediglich das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom wiedergegeben. Mit dem Einwand, dass die zivilrechtliche Vereinbarung vom die Geltendmachung der Verletzung entsprechender subjektiv-öffentlicher Rechte ausschließe, habe sich der Verwaltungsgerichtshof nicht weiter auseinandergesetzt. Es wäre an der belangten Behörde gelegen gewesen, diesbezüglich eigene Überlegungen anzustellen. Die belangte Behörde habe darüber hinaus den angefochtenen Bescheid auch den Eigentümern der einzelnen Wohnungen zugestellt und diese somit dem Verfahren beigezogen, was sie aber weder im Spruch förmlich entschieden noch näher begründet habe.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden gemäß § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die belangte Behörde ist dieser Verpflichtung mit dem angefochtenen Bescheid nachgekommen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom ausgeführt hat, kommt es in baurechtlicher Hinsicht auf der Grundlage des § 16 Abs. 6 Salzburger Baupolizeigesetz lediglich darauf an, welche Abstände rechtskräftig bewilligt sind und welche Abstände tatsächlich vorliegen. Andere Umstände sind damit, wie der Verwaltungsgerichtshof schon durch das Wort "lediglich" zum Ausdruck gebracht hat, nicht relevant. Dies gilt auch für die von der Beschwerdeführerin zitierte zivilrechtliche Vereinbarung. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis ausgeführt, dass es im Übrigen nicht von Bedeutung sei, ob Unterschreitungen der Nachbarabstände dem Nachbarn bereits früher aufgefallen sind und wie der Nachbar darauf reagiert hat. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass der Nachbar nach Kenntnis der Unterschreitung der Nachbarabstände etwa eine zivilrechtliche Vereinbarung abgeschlossen hat, wie dies von der Beschwerdeführerin behauptet wird. Bemerkt wird, dass im Allgemeinen öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten nicht Gegenstand zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte sein können (vgl. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 394 f RZ 1153 f).
Inwieweit die Beschwerdeführerin dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch den Wohnungseigentümern zugestellt hat, in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein soll, ist nicht ersichtlich und wird von ihr auch nicht näher dargelegt.
Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Baurecht Nachbar Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2010060198.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAE-73455