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VwGH 03.10.2013, 2010/06/0197

VwGH 03.10.2013, 2010/06/0197

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
BauRallg;
RS 1
Die Baubehörde ist verpflichtet, den Bauwerber auf den Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen und ihm nahe zu legen, das Ansuchen entsprechend zu ändern (Hinweis E vom , 2006/05/0283). Nur wenn sich der Bauwerber weigert, eine entsprechende Änderung seines Projektes vorzunehmen, muss das Bauvorhaben als Ganzes abgelehnt werden. Selbst die Berufungsbehörde ist verpflichtet, dem Bauwerber diese Möglichkeit einzuräumen. Die Möglichkeit der Änderung von Bauvorhaben im Berufungsverfahren ist nur insoweit durch § 66 Abs. 4 AVG beschränkt, als es sich noch um dieselbe Sache handeln muss. Eine solche Verpflichtung zur Aufforderung der Änderung des Bauvorhabens muss in gleicher Weise angenommen werden, wenn das eingereichte Bauvorhaben mit einem Bebauungsplan im Widerspruch steht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/06/0007 E RS 1 (hier: ohne den zweiten Satz)
Normen
AVG §8;
BauO Tir 2001 §20;
BauO Tir 2001 §23;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauRallg;
RS 2
Der Nachbar kann Mängel in den Planunterlagen grundsätzlich nur dann als Verletzung von Nachbarrechten geltend machen, wenn er sich infolge dieser Mängel nicht ausreichend über Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf seine Rechte informieren konnte. Es besteht unter diesen Voraussetzungen auch kein Anspruch des Nachbarn auf Vollständigkeit der Planunterlagen, sodass geringfügige Mängel in den Bauplänen keine Beeinträchtigung des Nachbarn bedeuten.
Normen
AVG §52;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lita;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §38;
RS 3
Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, müssen von den Nachbarn hingenommen werden. Insbesondere wurde dies auch hinsichtlich von für Wohnhausanlagen üblichen Lärmimmissionen ausgesprochen. Es besteht in einem solchen Fall auch kein Erfordernis, ein Sachverständigengutachten zu solchen Immissionen einzuholen, sofern nicht eine besondere (= über das Übliche hinausgehende) Lärmbelästigung behauptet wird und derartiges durch die Projektunterlagen auch nicht indiziert ist. Auch die sonst mit dem Wohnen üblicherweise verbundenen Immissionen sind von den Nachbarn hinzunehmen. Allein mit dem Vorbringen, es handle sich um ein außergewöhnlich massives Bauvorhaben, wird aber noch nicht aufgezeigt, dass Immissionen vorlägen, die sich nicht im Rahmen des in einer Wohnhausanlage üblichen Ausmaßes hielten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der C P in I, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. I-Präs- 00186e/2009), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: T GmbH in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0362, zu verweisen.

Daraus ist Folgendes hervorzuheben: Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom wurde der mitbeteiligten Partei (im Folgenden: Bauwerberin) die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage auf einem näher genannten Grundstück unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Beschwerdeführerin, die Miteigentümerin eines am nördlichen Ende des zu bebauenden Grundstückes im Westen unmittelbar angrenzenden Grundstückes ist und in ihren umfangreichen Einwendungen in der Bauverhandlung vom (u.a.) auch geltend gemacht hatte, dass die Abstandsvorschriften nicht eingehalten würden, erhob Berufung, die die belangte Behörde mit Bescheid vom (soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung) als unbegründet abwies. Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid mit dem genannten Erkenntnis vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf und begründete dies damit, dass nach den maßgeblichen Plänen die "Terrassen" im zweiten Obergeschoß samt der darüber liegenden, auskragenden Geschoßdecke eine Einheit darstellten. Dieses 67 m lange, oben durch die auskragende Geschoßdecke abgedeckte, somit loggienartige "Terrassenband" im zweiten Obergeschoß sei aufgrund seiner Dimension (auch angesichts des optischen Zusammenhanges mit den darunter liegenden Terrassenbändern) nicht mehr als "untergeordneter Bauteil" zu qualifizieren; das gelte für das loggienartige "Terrassenband" samt Überdeckung, wie auch, für sich allein gesehen, für die über die gesamte Länge des Gebäudes oberhalb dieser Terrasse vorkragende Decke des zweiten Obergeschoßes; dieser Bauteil könne auch für sich allein gesehen aufgrund seiner Dimension nicht mehr als untergeordneter Bauteil (Vordach als untergeordneter Bauteil) im Sinne des § 2 Abs. 16 TBO 2001 qualifiziert werden. Diese Bauteile hätten daher die erforderlichen Mindestabstände einzuhalten, was nach den Bauplänen jedenfalls bei der vorkragenden Geschoßdecke nicht der Fall sei. Da die belangte Behörde dies verkannt habe, sei der Bescheid schon aus diesem Grund, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, aufzuheben gewesen.

2. Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 13 Abs. 8 AVG als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom  mit der Maßgabe bestätigt, dass

"aufgrund der von Arch. DI S erstellten Planunterlagen 'Tekturplan des Balkongeländers im 2. OG sowie des Vordaches der Wohnanlage S-Straße 47, A-6020 Innsbruck auf Gp. 1955/11, KG H' vom , bei der Behörde eingelangt am ,

-

die Planunterlagen 'Einreichplan einer Wohnanlage auf der Gp. 1955/2 u. 1955/11, KG H, A-6020 Innsbruck, S-Straße/U-Straße - Dachgeschoss' vom nunmehr ungültig sind und sohin ersetzt werden durch die Planunterlagen 'Tekturplan des Balkongeländers im 2. OG sowie des Vordaches der Wohnanlage S-Straße 47, A-6020 Innsbruck auf Gp. 1955/11, KG H - Dachgeschoss' vom , bei der Behörde eingelangt am ,

-

die Planunterlagen 'Einreichplan einer Wohnanlage auf der Gp. 1955/2 u. 1955/11, KG H, A-6020 Innsbruck, S-Straße/U-Straße - 2. Obergeschoss' vom nunmehr ungültig sind und sohin ersetzt werden durch die Planunterlagen 'Tekturplan des Balkongeländers im 2. OG sowie des Vordaches der Wohnanlage S-Straße 47, A 6020 Innsbruck auf Gp. 1955/11 KG H -

2. Obergeschoss' vom , bei der Behörde eingelangt am ,

- die Planunterlagen 'Einreichplan einer Wohnanlage auf der Gp. 1955/2 u. 1955/11, KG H, A-6020 Innsbruck, S-Straße/U-Straße - Schnitt A1-A1, Westansicht, Nordansicht' vom nunmehr ungültig sind und sohin ersetzt werden durch die Planunterlagen 'Tekturplan des Balkongeländers im 2. OG sowie des Vordaches der Wohnanlage S-Straße 47, A-6020 Innsbruck auf Gp. 1955/11, KG H - Schnitt A1-A1, Westansicht, Nordansicht' vom , bei der Behörde eingelangt am ." (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof)

In der anschließenden Baubeschreibung heißt es (auszugsweise, soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung), das Gebäude bestehe aus einem Kellergeschoß, einem Erdgeschoß, zwei Obergeschoßen sowie einem Dachausstieg und Terrassen. Der langgestreckte oberirdische Baukörper habe eine Länge von 57,52 m und eine maximale Breite von 8,70 m bzw. 7,20 m und es seien darin 16 Wohnungen untergebracht. Das Gebäude liege im Norden hinter der rechtskräftigen Straßenfluchtlinie. Entsprechend dem vorliegenden Geometerplan betrügen die wesentlichen Mindestgrenzabstände auf der Ostseite 4,29 m bzw. für den rückspringenden Bauteil 5,80 m und die wesentlichen maximalen Wandhöhen auf der Ostseite - jeweils bezogen auf das bestehende Gelände - 9,23 m (Grenzabstand: 5,80 m) bzw. für den rückspringenden Bauteil 11,73 m (Grenzabstand: 7,22 m). Entsprechend der Tektur vom würden der Balkon und das Flugdach an der Westseite zum Grundstück der Beschwerdeführerin hin zurückversetzt. Ausgangshöhe sei nach den Angaben im Vermessungsplan die Höhe vor der Bauführung mit 576,10 m absolute Höhe. Folgende Höhen und Angaben seien gegeben: Oberkante Balkongeländer: 7,15 m; dies erfordere einen Grenzabstand von 5,43 m. Durch das "Zurückschneiden" betrügen die Abstände zum Grundstück der Beschwerdeführerin zwischen 5,47 m bzw. 5,44 m.

Die Beschwerdeführerin sei Nachbarin iSd § 25 Abs. 3 TBO 2001, somit könne sie nur jene subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte geltend machen, die in den lit. a bis e dieser Bestimmung erschöpfend aufgezählt seien.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG könne der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung dürfe die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Auch im Berufungsverfahren sei eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig. Allerdings ziehe § 66 Abs. 4 AVG solchen Projektmodifikationen engere Grenzen als § 13 Abs. 8 leg. cit. Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde sei nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt. Ob bei dem der Berufungsbehörde vorgelegten Projekt noch von derselben "Sache" iSd § 66 Abs. 4 gesprochen werden könne, sei eine Rechtsfrage, die aufgrund eines Vergleiches der jeweiligen Vorhaben zu beurteilen sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/06/0253). Zwar sei die Verkleinerung einer Anlage zulässig, Ausweitungen eines Projektes - von geringfügigen abgesehen - seien im Berufungsverfahren allerdings nicht zulässig.

Gegenständlich ergebe ein Vergleich der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Pläne mit den nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten, dass der Balkon und das Vordach an der Westseite zum Grundstück der Beschwerdeführerin hin zurückversetzt würden. Die Antragsänderung bewirke daher jedenfalls eine Verkleinerung des Bauansuchens und sei daher auch im Berufungsverfahren zulässig.

Nicht alle in Bebauungsplänen getroffenen Festlegungen gewährten dem Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte, vielmehr könnten nur die in § 25 Abs. 2 lit. c TBO 2001 ausdrücklich aufgezählten Festlegungen der Baufluchtlinie, der Baugrenzlinie, der Bauweise und der Bauhöhe zum Gegenstand nachbarlicher Einwendungen gemacht werden. Die Geltendmachung der Nichteinhaltung der Baumassendichte und der Bebauungsdichte sei dem Nachbarn in der TBO 2001 nicht eingeräumt.

Das gegenständliche Bauansuchen entspreche den Festlegungen des allgemeinen Bebauungsplanes HA-B7 sowie des ergänzenden Bebauungsplanes HA-B7/1, beide am in Kraft getreten, hinsichtlich der Einhaltung der Straßenfluchtlinie, der Baufluchtlinie, der offenen Bauweise, der Höchstzahl der oberirdischen Geschoße, der Bauhöhe sowie der maximalen Bauplatzgröße.

Die diesbezüglichen gutachterlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen der Stadtplanung DI S vom und vom stellten ein unteilbares Ganzes dar. Daraus ergebe sich nachvollziehbar, dass das Bauvorhaben in Bezug auf alle Festlegungen des allgemeinen Bebauungsplanes HA-B7 sowie des ergänzenden Bebauungsplanes HA-B7/1 hin überprüft worden sei.

Die vorliegenden Planänderungen sollten sicherstellen, dass nunmehr die gemäß § 6 Abs. 1 lit. b TBO 2001 zwingend erforderlichen Grenzabstände gegenüber der Beschwerdeführerin jedenfalls eingehalten würden. Die Bauwerberin habe bei der Neubemessung der vom Verwaltungsgerichtshof beanstandeten Bauteile die 5 m-Regel des § 25 Abs. 3 TBO 2001 analog angewendet. § 25 Abs. 3 TBO 2001 bestimme, dass Nachbarn, deren Grundstücke nicht unmittelbar an den Bauplatz angrenzten, deren Grenzen allerdings zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze lägen, dieselben Parteirechte eingeräumt seien wie den unmittelbar angrenzenden Nachbarn.

Die Bauwerberin habe von der Balkonplatte und dem Vordach mehr entfernt, als nach den Bestimmungen der TBO 2001 erforderlich gewesen wäre. Gemäß § 6 Abs. 2 lit. a iVm § 2 Abs. 16 TBO 2001 hätten bestimmte Bauteile bei der Berechnung der Mindestabstände außer Betracht zu bleiben. Dazu zählten u.a. auch offene Balkone und Vordächer. Der Verwaltungsgerichtshof habe im eingangs angeführten Erkenntnis dargelegt, dass das loggienartige Terrassenband sowie das Vordach aufgrund ihrer Dimensionierung nicht als untergeordnete Bauteile zu qualifizieren seien und daher die Mindestabstände einzuhalten hätten. Diese Bauteile seien nunmehr soweit reduziert worden, dass die Mindestabstände zum Grundstück der Beschwerdeführerin jedenfalls eingehalten seien, weshalb sich auch der zweite Prüfungsschritt erübrige, ob es sich bei diesem Balkon bzw. Vordach um einen untergeordneten Bauteil handle. Da der Schutz der Nachbarin auf Abstandsvorschriften beschränkt sei, die ihr gegenüber gälten, sei es der Beschwerdeführerin verwehrt, die Verletzung der Rechte anderer geltend zu machen (zahlreiche Hinweise auf hg. Judikatur).

Dass ein Gebäudeteil nicht als untergeordneter Bauteil iSd § 2 Abs. 16 TBO 2001 zu betrachten sei, bewirke für sich keine Verletzung von Nachbarrechten. Diese erfolge erst, wenn solche Bauteile - unzulässigerweise - in die Abstandsflächen hineinragten. Die Reduktion der beanstandeten Bauteile führe daher nicht dazu, dass diese Bauteile nunmehr als "untergeordnet" anzusehen wären, vielmehr werde dadurch sichergestellt, dass die Grenzabstände zur Beschwerdeführerin eingehalten würden.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Bauwerberin hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist von folgender maßgeblicher Rechtslage auszugehen:

§ 25 TBO 2001 idF LGBl. Nr. 40/2009 lautet (auszugsweise):

"Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.

(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

b)

der Bestimmungen über den Brandschutz;

c)

der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

d)

der Abstandsbestimmungen des § 6;

e)

im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001.

(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

…"

4.2. Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, aus der Stellungnahme der Magistratsabteilung III, Planung, Baurecht und technische Infrastruktur, Verwaltung, Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration vom ergebe sich, dass im vorliegenden Fall de facto eine Neueinreichung vorliege. Es handle sich um Pläne des Architekten DI S, die offenbar als "Neueinreichung" unter dem Registerdatum überreicht worden seien. Eine "Neueinreichung" könne keineswegs Gegenstand eines Berufungsverfahrens sein. Es liege keine "Modifikation" vor, sondern eine gänzliche Änderung des Antragsgegenstandes im Hinblick auf die Nachbarrechte der Beschwerdeführerin. Auf Basis neuer Plansätze könne ein Berufungsverfahren nicht entschieden werden, sondern es sei ein (neuer) verfahrenseinleitender Antrag notwendig. Ein verfahrenseinleitender/verfahrensergänzender/verfahrensändernder Antrag, der nach den baurechtlichen Bestimmungen überhaupt erforderlich wäre, den ursprünglichen Antragsgegenstand zu ändern, liege nicht vor.

Es sei richtig, dass die Berufungsbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVG durchaus berechtigt sei, in einem Fall wie dem hier gegenständlichen den Sachverhalt "nach allen Richtungen hin" zu prüfen und entsprechend der Sache nach zu entscheiden. Im Spruch des vorliegenden Bescheides, der sich auf § 13 Abs. 8 AVG stütze, habe die belangte Behörde eine "Konkretisierung" eines möglicherweise fehlenden Parteiantrages vorgenommen, weil die belangte Behörde die Ungültigkeit von Einreichplänen für die gesamte Wohnanlage und den Ersatz von Planunterlagen verfügt habe, Planunterlagen "werte" und "in eine Reihe setze" und zugleich die Baubeschreibung von sich aus vornehme. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, ein mixtum compositum von Plänen/Plansätzen "in eine logische Abfolge" zu bringen und auf solche Weise autoritativ einen entsprechenden "Antragsgegenstand" festzulegen.

Es liege eine Verletzung des § 63 VwGG vor. Überdies sei zu überprüfen, ob das gegenständliche Bauvorhaben dem Bebauungsplan entspreche. Die von der Bauwerberin vorgenommene "Modifikation" nehme bloß einen geringfügigen Eingriff vor; der der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Bestand werde nicht hergestellt; auch die Bestimmungen des geltenden Bebauungsplanes würden nicht verwirklicht.

Die Beschwerdeführerin habe im fortgesetzten Verfahren darauf hingewiesen, dass gutachterliche Stellungnahmen erforderlich seien, ob das gegenständliche Bauvorhaben den OIB-Richtlinien entspreche, die gemäß § 18 TBO 2001 für verbindlich erklärt worden seien. Nach Art. II Abs. 2 der 4. Bauordnungsnovelle LGBl. 40/2009 genüge es zwar, dass Bauvorhaben, über die das Bewilligungsverfahren am anhängig gewesen sei, den seinerzeitigen technischen Bauvorschriften entsprächen, diese gesetzliche Bestimmung komme hier aber nicht zum Tragen, weil eine "Neueinreichung" vorliege.

Die vorliegenden Planunterlagen seien unvollständig und, insoweit sie sich nicht an tragenden Festlegungen des Bebauungsplanes orientierten, auch unrichtig.

Die Behörde habe es trotz entsprechender Einwendungen unterlassen, die in § 38 TROG 2006 angeordnete Immissionsprüfung bei der gegebenen Flächenwidmung durchzuführen.

4.3. Zunächst ist festzuhalten, dass die Baubehörde verpflichtet ist, den Bauwerber auf den Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen und ihm nahezulegen, das Ansuchen entsprechend zu ändern. Selbst die Berufungsbehörde ist verpflichtet, dem Bauwerber diese Möglichkeit einzuräumen. Die Möglichkeit der Änderung von Bauvorhaben im Berufungsverfahren ist nur insoweit durch § 66 Abs. 4 AVG beschränkt, als es sich noch um dieselbe Sache handeln muss. Eine solche Verpflichtung zur Aufforderung der Änderung des Bauvorhabens muss in gleicher Weise angenommen werden, wenn das eingereichte Bauvorhaben mit einem Bebauungsplan im Widerspruch steht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0007).

Die Argumentation der Beschwerdeführerin ist widersprüchlich, vermeint sie doch einerseits in der Vorlage der geänderten Pläne eine "Neueinreichung" zu erblicken, andererseits erachtet sie die vorgenommene Modifikation als bloß geringfügigen Eingriff, der nicht geeignet sei, der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom Rechnung zu tragen.

Die belangte Behörde ist nach Gegenüberstellung der ursprünglichen mit dem im Berufungsverfahren vorgelegten Plänen zu der vom Verwaltungsgerichtshof nicht als unzutreffend zu erkennenden Ansicht gelangt, es liege eine zulässige Antragsänderung dar. Daran vermögen weder die Verwendung des Begriffes "Neueinreichung" durch den Amtssachverständigen der Magistratsabteilung III, Stadtplanung, in seiner gutachterlichen Stellungnahme noch Formulierungen im Spruch des angefochtenen

Bescheides, wonach "Planunterlagen ... nunmehr ungültig sind und

... ersetzt werden ...", etwas zu ändern. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf das unter mehreren Gesichtspunkten (etwa Überprüfung in brandschutztechnischer Hinsicht, Einholung weiterer Gutachten) eine unzulässige "Neueinreichung" des Vorhabens thematisierende Beschwerdevorbringen.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde habe im Spruch des angefochtenen Bescheides von sich aus eine "Konkretisierung" eines möglicherweise fehlenden Parteiantrages vorgenommen, ist ihr zu entgegnen, dass mit der gewählten Textierung nur hinreichend deutlich klargestellt wurde, welche Pläne nunmehr maßgeblich sind.

Zur behaupteten Verletzung des § 63 VwGG gibt die Beschwerdeführerin zwar zutreffend die die Aufhebung tragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis vom , Zl. 2005/06/0362, wieder, lässt aber konkrete Darlegungen, inwieweit der nunmehr angefochtene Bescheid der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht genüge vermissen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass den tragenden Aufhebungsgründen durch die Antragsänderung entsprochen wurde. Dass durch die nunmehrige Situierung der "Terrassen" ihre Nachbarrechte in Bezug auf die Abstandsvorschriften verletzt würden, behauptet die Beschwerdeführerin auch gar nicht.

Auch mit dem allgemeinen Hinweis, es sei zu überprüfen, ob das gegenständliche Bauvorhaben dem Bebauungsplan entspreche, zeigt die Beschwerdeführerin nicht konkret auf, worin eine Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten begründet sei, und es erscheint eine solche auch nicht ersichtlich.

Zur Rüge der Unvollständigkeit bzw. Mangelhaftigkeit der Planunterlagen ist auszuführen, dass der Nachbar Mängel in den Planunterlagen grundsätzlich nur dann als Verletzung von Nachbarrechten geltend machen kann, wenn er sich infolge dieser Mängel nicht ausreichend über Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf seine Rechte informieren konnte. Es besteht unter diesen Voraussetzungen auch kein Anspruch des Nachbarn auf Vollständigkeit der Planunterlagen, sodass geringfügige Mängel in den Bauplänen keine Beeinträchtigung des Nachbarn bedeuten (vgl. hiezu Schwaighofer, Tiroler Baurecht, Praxiskommentar, Rn 10 zu § 25 TBO 2001 und die dort zitierte hg. Judikatur). Dass sich die Beschwerdeführerin nicht ausreichend über Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf ihre Rechte informieren konnte, lässt die Beschwerde nicht erkennen.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die vom Gesetz in § 38 TROG 2006 angeordnete Immissionsprüfung bei der gegebenen Flächenwidmung durchzuführen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden müssen. Insbesondere wurde dies auch hinsichtlich von für Wohnhausanlagen üblichen Lärmimmissionen ausgesprochen. Es besteht in einem solchen Fall auch kein Erfordernis, ein Sachverständigengutachten zu solchen Immissionen einzuholen, sofern nicht eine besondere (= über das Übliche hinausgehende) Lärmbelästigung behauptet wird und derartiges durch die Projektsunterlagen auch nicht indiziert ist. Auch die sonst mit dem Wohnen üblicherweise verbundenen Immissionen sind von den Nachbarn hinzunehmen (vgl. hiezu Schwaighofer, aaO, Rn 29 zu § 25 TBO 2001 und die dort zitierte hg. Judikatur). Allein mit dem Vorbringen, es handle sich um ein außergewöhnlich massives Bauvorhaben, wird aber noch nicht aufgezeigt, dass Immissionen vorlägen, die sich nicht im Rahmen des in einer Wohnhausanlage üblichen Ausmaßes hielten.

5. Die Beschwerde erweist sich daher als nicht begründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das den pauschalierten Betrag übersteigende Mehrbegehren war abzuweisen. Wien, am

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Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs8;
AVG §52;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §20;
BauO Tir 2001 §23;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §38;
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3
Sachverständiger Entfall der Beiziehung
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache
Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren
Baubewilligung BauRallg6
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht
Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2
Baurecht Nachbar
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Baupläne BauRallg5/1/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2010060197.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAE-73449