VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0196

VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Waldstätten, die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des XY in W, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/5/15, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom , Zl. 06/01 2009/1138, betreffend Berufsunfähigkeitsrente nach der Rechtsanwaltsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Rechtsanwaltskammer Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Verfahrensgegenständlich ist ein Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente.

Zur Vorgeschichte kann auf die in dieser Angelegenheit ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2002/06/0092, und vom , Zl. 2008/06/0190, verwiesen werden.

Daraus ist Folgendes hervorzuheben: Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung des bei ihm zunächst angefochtenen Bescheides mit Erkenntnis vom damit begründet, dass sich die belangte Behörde auf nähere Weise mit den Anforderungen an die Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes durch berufskundliche Feststellungen - allenfalls auf Grund eines entsprechenden Gutachtens - hätte befassen und, aufbauend auf die derart festgestellten näheren Anforderungen an die Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes, durch Einholung eines entsprechenden fachärztlichen Gutachtens feststellen müssen, ob angesichts seiner Erkrankung eine dauernde Berufsunfähigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich der Ausübung dieses Berufes tatsächlich vorgelegen sei.

Nach weiteren Verfahrensschritten (Vorlage eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Psychiatrie und Neurologie durch den Beschwerdeführer, Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens sowie eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Neurologie und Psychiatrie durch die Behörde hat der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien den Antrag des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen. Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom Folge und verwies die Rechtssache an die Behörde erster Instanz zurück. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, die im Verfahren erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten seien hinsichtlich der Frage widersprüchlich, ob das dem Antrag auf Berufsunfähigkeitspension zugrunde liegende Krankheitsbild zum Zeitpunkt des Eintritts des Beschwerdeführers ins Berufsleben schon bestanden habe. Im Sinne einer erschöpfenden Erörterung der Sach- und Rechtslage sei die Begutachtung durch einen zusätzlich zu beauftragenden Sachverständigen notwendig.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, im Gegensatz zur Rechtsauffassung der belangten Behörde könne die von ihr herangezogene Rechtsprechung zu § 255 Abs. 3 ASVG nicht auf den vorliegend zu beurteilenden Fall der Berufsunfähigkeitsrente eines Rechtsanwaltes im Fall der Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen übertragen werden. Das Versorgungsverhältnis der Rechtsanwälte werde durch den Rechtsakt der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte gemäß § 5 RAO (im Fall des Beschwerdeführers in der Fassung BGBl. Nr. 156/1959) begründet. Der Beschwerdeführer habe die Erfordernisse erfüllt und sei durch den Rechtsakt der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte in den Stand der Rechtsanwälte aufgenommen worden. Damit sei auf rechtliche Weise zum Ausdruck gebracht worden, dass er nicht nur die Befugnis, sondern auch die Eignung zur Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes besitze. Der Beschwerdeführer habe unbestritten auch über Jahrzehnte die Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt. Bei dieser Sachlage habe für die belangte Behörde kein ausreichender rechtlicher Grund dafür bestanden, es dürfe oder könne angenommen werden, der Beschwerdeführer hätte bereits bei Antritt seines Berufes als Rechtsanwalt die dafür erforderliche geistige Eignung nicht aufgewiesen. Der Beschwerdeführer habe unbestritten auch während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt Beiträge zur Versorgung der Rechtsanwälte geleistet.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde (soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung) der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom nicht Folge gegeben.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, die Grundlage für ihre Entscheidung bildeten das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , das Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. vom , die Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. P.B. vom , ferner die Sachverständigengutachten der Dr. B. vom , des Dr. P.B. vom , des Dr. S. vom , ein weiteres Gutachten des Dr. P.B. vom , des Dr. E. vom und des Dr. H. vom samt Ergänzung vom . Es komme im Beschwerdefall ausschließlich darauf an, ob im Zeitpunkt des Verzichtes des Beschwerdeführers auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft Berufsunfähigkeit vorgelegen sei, wobei ausgehend von diesem Zeitpunkt eine Zukunftsprognose anzustellen sei, ob im Zeitpunkt des Verzichtes eine dauerhafte krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit vorgelegen sei. Die Frage, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien für die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente erfülle, habe die belangte Behörde danach zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer "infolge körperlichen oder geistigen Gebrechens dauernd zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes unfähig war".

Die inhaltliche Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers mit Beschluss vom sei zu Recht erfolgt: Aus den angeführten Entscheidungsgrundlagen ergebe sich zusammengefasst, dass es dem Beschwerdeführer trotz bestehender Spielsucht (die anfangs noch schwach ausgeprägt gewesen sei und sich zunehmend verstärkt habe) gelungen sei, sich zu einem außerordentlich erfolgreichen Rechtsanwalt zu entwickeln. Er habe die Kanzlei, in der zum Zeitpunkt seines Einstiegs neben seinem Vater nur ein angestellter Jurist und eine Sekretärin beschäftigt gewesen seien, zu einer Kanzlei mit zunächst zehn Mitarbeitern ausgebaut. Trotz seiner bereits damals vorhandenen Spielsucht und intensiven Spekulationstätigkeit an den Börsen habe der Beschwerdeführer als hervorragender Anwalt gegolten und habe es über Jahrzehnte verstanden, seine Kanzleitätigkeit von seiner Spielleidenschaft streng zu trennen. Er sei in der Lage gewesen, seine Kanzlei über Jahrzehnte so zu organisieren, dass seine anwaltliche Tätigkeiten den Ansprüchen des Berufsbildes hätten gerecht werden können. Mit einer Ausnahme sei über seine rechtsanwaltliche Tätigkeit keine Beschwerde an die Rechtsanwaltskammer Wien gelangt. Seine finanzielle Gebarung auf diesem Gebiet sei ohne jegliche Kritik aus den Klientenkreisen geblieben. Aus der Zeit vor 1992 sei ein Schaden auch nicht zu vermerken. Anders habe es sich, wie dies aus dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ersichtlich sei, mit seiner Tätigkeit als Vermögensberater und Anleger verhalten, bei der er die zur Vermögensverwaltung übergebenen Gelder verspekuliert habe, indem er diese vereinbarungswidrig für Börsentermingeschäfte eingesetzt habe. In weiterer Folge habe er Kreditinstituten durch Vorspiegelung falscher Tatsachen, insbesondere durch Angabe falscher Kreditzwecke, in betrügerischer Weise Geld herausgelockt. Er habe seine eigenen Spekulationsinteressen mit jenen der ihm ihr Vertrauen schenkenden Anleger vermengt und beide unter Eingehen voller Risiken mit unterschiedlichen Erfolgen bis zum Jahre 1997/1998 verfolgt. In den Jahren 1992 bis 1998 habe er unter Aufbietung beträchtlicher krimineller Energie das ihm damals zur Verfügung stehende Treuhandgeld in der offenkundigen Absicht verwendet, seine Malversationen bei der Vermögensveranlagung für Dritte zu verschleiern, zur vorübergehenden Finanzierung und fälschlichen Schadensabdeckung.

Diesen - in Anbetracht der gesamten Berufslaufbahn relativ kurzen - Zeitraum vor dem Verzicht auf die Berufsausübung habe der Beschwerdeführer in verbrecherischer Weise ausgenützt, auf Treuhand- oder Klientengelder zurückzugreifen. Erst als auch diese Art der Finanzierung und Verschleierung des "finanziellen Desasters" nicht mehr ausgereicht habe und dem Beschwerdeführer die Ausweglosigkeit der Situation bewusst geworden sei, habe er sich im Jänner 1999 zum Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft entschlossen und sich gleichzeitig den Strafverfolgungsbehörden gestellt.

Der Beschwerdeführer habe seit 1972 in sehr riskanter Weise an der Börse spekuliert und im Laufe der Zeit sein gesamtes eigenes, beträchtliches Vermögen sowie "Unsummen" ihm anvertrauter Gelder verloren und einen Schaden von mehr als 193 Millionen Schilling verursacht. Als einzigen Ausweg, wieder zu dem verlorenen Geld zu kommen, habe er weiteres Spielen gesehen.

Dr. B. sei in ihrem Gutachten vom zum Ergebnis gelangt, dass beim Beschwerdeführer ein pathologisches Spielverhalten gegeben sei. Es lägen bei ihm alle zehn diagnostischen Kriterien für pathologisches Spielen nach dem "diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen DSM IV 312.31" vor.

Dr. H. sei in seinem Gutachten vom zum Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer kein organisches Psychosyndrom aufweise, intellektuell sehr begabt sei, bei ihm keine Hinweise auf ein manisch-depressives Krankheitsgeschehen oder eine Psychose vorlägen und er daher bezogen auf den Zeitpunkt (Verzichtsdatum) nicht dauernd berufsunfähig gewesen sei. Der Beschwerdeführer könne die meisten Agenden, die ein Rechtsanwalt zu erledigen habe, bewältigen, insbesondere dann, wenn eine begleitende Psychotherapie ihn dabei unterstütze. In seiner abschließenden Beurteilung habe Dr. H. ausgeführt, im Hinblick auf die Möglichkeit einer erhöhten Rückfallsgefahr bei Suchtkranken mute er dem Beschwerdeführer für die Zukunft jegliche unkontrollierte, größere finanzielle Transaktion nicht zu. Unter entsprechender Observanz sei er aber tatsächlich in der Lage, auch heute noch entsprechende juristische Tätigkeiten auszuführen. In seinem Ergänzungsgutachten habe Dr. H. seine Aussage dahingehend modifiziert, der Beschwerdeführer könne seiner beruflichen Tätigkeit mit der Einschränkung nachgehen, dass es ihm als Parteienberater und -vertreter nicht möglich sei, als Vermögensverwalter, Treuhänder und Zwangsverwalter zu fungieren oder sonst in finanziellen Angelegenheiten tätig zu werden. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass beim Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Verzichts eine pathologische Spielsucht vorgelegen und diese auch weiterhin latent gegeben sei, der Beschwerdeführer aber dennoch im Zeitpunkt des Verzichts nicht dauernd berufsunfähig gewesen sei. Auch wenn ein Krankheitsbild vorliege, sei dieses nicht unbesehen einem dauernden geistigen Gebrechen gleichzusetzen. Es sei zu prüfen, ob bei entsprechender Mitwirkungspflicht des Versicherten eine Wiederherstellung möglich sei. Bei einem krankheitsbedingten Leiden sei zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß ein Rückfall wahrscheinlich sei. Dies sei allein schon für die Abgrenzung zwischen Krankheit und dauernder Berufsunfähigkeit erforderlich.

Insbesondere habe die Sachverständige Dr. B. dem Beschwerdeführer Einsichtsfähigkeit bescheinigt und sei in ihrem Gutachten vom davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer sich einer Therapie unterziehe und deshalb nicht mehr Gefahr laufen werde, neuerlich ähnlich geartete strafbare Handlungen zu begehen. Tatsächlich habe sich der Antragsteller einer Therapie unterzogen und sei - während eines Zeitraumes von immerhin rund zehn Jahren - nicht mehr rückfällig geworden. Nach seiner eigenen Angabe habe der Beschwerdeführer seit Jänner 1999 nicht mehr an einem Glücksspiel teilgenommen.

Die Gesamtschau aller eingeholten Gutachten ergebe, dass beim Beschwerdeführer, bedingt durch die bei ihm festgestellte Spielsucht, weder eine körperlich noch geistig bedingte Leistungsminderung vorgelegen sei. Zufolge der von Dr. B. zeitlich sehr nah zum maßgeblichen Zeitpunkt des Verzichtes auf die Ausübung des Berufes eines Rechtsanwaltes durchgeführten Untersuchung habe diese den Beschwerdeführer als situativ angepasst, bei klarem Bewusstsein und umfassend orientiert gesehen. Sie habe keinerlei Beeinträchtigung in den Gedächtnisleistungen sowie keinerlei Einschränkungen der kognitiven oder intellektuellen Leistungsfähigkeit festgestellt. Zusammengefasst ergebe sich aus sämtlichen vorliegenden Gutachten, dass keinerlei geistige oder körperliche, insbesondere keinerlei intellektuelle Einschränkungen beim Beschwerdeführer hätten festgestellt werden können und somit gemessen an den beruflichen Anforderungen keine krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit vorliege. Dass der Beschwerdeführer den Beruf des Rechtsanwaltes nicht mehr ausüben könne, sei allein auf den Verlust der Vertrauenswürdigkeit zurückzuführen, die er infolge der Verübung von schwerwiegenden, vorsätzlichen und laut Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Zustand der vollen Zurechnungsfähigkeit begangenen Vermögensdelikten und seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue und gewerbsmäßigem schweren Betruges zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe zu verantworten habe. Die Spielsucht sei vom Strafgericht nur als Strafmilderungsgrund, nicht jedoch als Schuldausschließungsgrund anerkannt worden. Wenn der Beschwerdeführer vermeine, mangels Vertrauenswürdigkeit sei er nicht mehr in der Lage, den Beruf des Rechtsanwaltes auszuüben, und es stehe ihm deshalb eine Berufsunfähigkeitsrente zu, übersehe er, dass der Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit auf die von ihm verübten Delikte zurückzuführen sei, er dadurch seine Vertrauenswürdigkeit verloren habe, aber keinesfalls auf Grund körperlicher oder geistiger Gebrechen berufsunfähig sei. Er sei trotz Spielsucht zu jeder Zeit voll einsichtsfähig gewesen und sich trotz des Vorliegens eines pathologischen Spielverhaltens der eingegangenen Risiken voll bewusst gewesen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer den Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit ernstlich für möglich gehalten, sich damit abgefunden und insofern den Verlust der Vertrauenswürdigkeit vorsätzlich herbeigeführt habe. Die gesetzliche Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit sei beim Beschwerdeführer auf Grund der dargestellten, vorsätzlich begangenen Straftaten im Zeitpunkt des Verzichtes nicht mehr gegeben gewesen.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer wegen der von ihm begangenen strafbaren Handlungen seine Vertrauenswürdigkeit verloren habe und daher den Beruf des Rechtsanwaltes nicht mehr ausüben könne, sei von den sich aus der Spielsucht ergebenden Einschränkungen zu trennen; nur diese auf Grund körperlich oder geistiger Gebrechen allenfalls bestehenden Einschränkungen seien für die Prüfung des geltend gemachten Anspruches auf Berufsunfähigkeitspension relevant. Andernfalls könnte ein Rechtsanwalt durch die Begehung von Handlungen oder Unterlassungen, die - wie insbesondere entsprechende Straftaten - zum Verlust der Vertrauenswürdigkeit und - sofern der Betroffene nicht wie der Beschwerdeführer einer solchen Entscheidung durch Verzicht zuvorkomme - zur Disziplinarstrafe der Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte führen müssten, quasi automatisch seine Berufsunfähigkeit herbeiführen und eine entsprechende Pension erlangen. Die Delikte der Untreue und des gewerbsmäßigen schweren Betruges seien vorsätzlich und subjektiv vorwerfbar verwirklicht worden. Beim Beschwerdeführer seien sowohl das Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit seiner Handlungen als auch die Einsicht, sich demgemäß zu verhalten, vorhanden gewesen. Er habe festgestelltermaßen den Beruf des Rechtsanwaltes - trotz pathologischen Spielverhaltens - jahrelang ohne Beanstandungen ausgeübt; erst während eines relativ kurzen Zeitraumes vor Zurücklegung seiner Befugnis habe er unter Aufbringung enormer krimineller Energie Handlungen gesetzt, die den Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit zur Folge gehabt hätten, weshalb er sich auch (um einer entsprechenden Reaktion der Standesbehörde vorzubeugen) gezwungen gesehen habe, seine Berufsberechtigung zurückzulegen.

Aus dem eingeholten Gutachten und insbesondere aus der Gegenüberstellung der beruflichen Anforderungen mit dem beim Beschwerdeführer attestierten Krankheitsbild ergebe sich zusammengefasst, dass der Beschwerdeführer die überwiegende Anzahl der einzelnen beruflichen Anforderungen erfülle. Die Rechtsprechung sehe in der Nichterfüllung von Teilerfordernissen in Bezug auf ein bestimmtes Berufsbild keine Berufsunfähigkeit. Der Beschwerdeführer genieße insofern Berufsschutz, als eine Berufsunfähigkeit vorliege, wenn er zur Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes auf Grund geistiger oder körperlicher Gebrechen nicht mehr in der Lage sei. Die geschilderten Einschränkungen resultierten einerseits nicht aus einem geistigen oder körperlichen Gebrechen und hinderten andererseits den Beschwerdeführer auch nicht, den Beruf des Rechtsanwaltes auszuüben. Das Berufsbild des Rechtsanwaltes habe sich zudem im Laufe der Jahre nicht unwesentlich verändert und sei in vielen Bereichen arbeitsteiliger geworden. Die Mehrheit der eingetragenen Rechtsanwälte übe ihren Beruf aus, ohne selbst als Vermögensverwalter, Treuhänder oder Zwangsverwalter tätig zu werden. Insbesondere erstere Tätigkeit sei heute zur ganz seltenen Ausnahme im Stande geworden, was dem Berufsbild entspreche. Im selbständigen Rechtsanwaltsberuf seien zahlreiche Einsatzmöglichkeiten gegeben. Auf Grund des beim Beschwerdeführer attestierten Krankheitsbildes wäre beispielsweise eine Tätigkeit als selbständiger oder angestellter Rechtsanwalt in einer größeren Rechtsanwaltskanzlei, ohne mit finanzieller Gebarung befasst zu sein, möglich. Dass eine derartige Beschäftigung des Beschwerdeführers mit hoher Wahrscheinlichkeit daran scheitern würde, dass einem möglichen Antrag auf Wiedereintragung mangels Erfüllung der gesetzlichen Eintragungsvoraussetzungen gemäß § 5 RAO wohl nicht stattgegeben würde, vermöge keine Berufsunfähigkeit zu begründen (wird weiter ausgeführt).

Voraussetzung nach den im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften der Satzung der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammer Wien für einen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension sei bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit (neben der Erfüllung der Wartezeit) die Eintragung des Rechtsanwaltes in die Liste der Rechtsanwaltskammer (§ 7 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A). Zwar komme es - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom ausgeführt habe - für einen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente nicht darauf an, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sei, sondern darauf, dass er "zur Zeit des Eintritts des Versorgungsfalls" in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sei. Fehle es nun "zur Zeit des Eintritts des Versorgungsfalles" an der gesetzlichen Voraussetzung für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft, der Vertrauenswürdigkeit, scheide ein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente von vornherein aus. Das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit als gesetzliche Voraussetzung für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes sei gleichsam Voraussetzung für den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente.

Dem Beschwerdeführer sei ein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente verwehrt, weil zum Zeitpunkt des behaupteten, in Wahrheit aber nicht vorliegenden Eintrittes des Versorgungsfalles die Vertrauenswürdigkeit und somit zumindest eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes nicht gegeben gewesen sei.

Aus den genannten Gründen komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer - unterstelle man das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung - trotz gegebener pathologischer Spielsucht geistig und körperlich den Beruf eines Rechtsanwaltes ausüben und insofern die im Rahmen des eingeholten berufskundlichen Sachverständigengutachtens aufgestellten Anforderungen erfüllen könnte. Eine Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes scheitere (nur) daran, dass der Beschwerdeführer mangels Vertrauenswürdigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes nicht erfülle und einem Antrag auf Wiedereintragung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht stattgegeben werden würde. Dieses allein rechtliche und ausschließlich auf ein vorsätzliches und strafgesetzwidriges Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführende Hindernis für die Berufsausübung vermöge nicht den Tatbestand der Berufsunfähigkeit des sonst körperlich und geistig zur Berufsausübung befähigten Beschwerdeführers zu begründen. Aus diesen Gründen sei die Abweisung des Antrages auf Berufsunfähigkeitsrente zu Recht erfolgt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer replizierte.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften wurden bereits im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0092, dargestellt.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zusammengefasst deshalb für rechtswidrig, weil er nach den eingeholten Gutachten krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei (und auch derzeit nicht sei), den Beruf des Rechtsanwaltes mit den festgestellten Anforderungen dieses Berufs auszuüben. Die belangte Behörde lege für die Voraussetzungen der Eignung für Rechtsanwälte äußerst strenge Maßstäbe an, beispielsweise sei auf die zahlreichen Entscheidungen zur Vertrauenswürdigkeit verwiesen. Wenn daher krankheitsbedingt eine dieser wesentlichen Voraussetzungen nicht gegeben sei, fehle es an der Eignung zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, obwohl die Ausübung anderer Berufe möglich sei. Die Berufsunfähigkeit als Rechtsanwalt sei daher anders als die Berufsunfähigkeit im Allgemeinen zu sehen. Die Feststellung der belangten Behörde, dass die Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes nur daran scheitere, dass der Beschwerdeführer nicht vertrauenswürdig sei, die Spielsucht daher keinen Grund für die Nichtausübung des Rechtsanwaltsberufes darstelle, verkenne nicht nur das Krankheitsbild der Spielsucht, sondern entferne sich vollkommen von der strengen Beurteilung der Kammer bei Prüfung der Voraussetzungen für die Vertrauenswürdigkeit. Wesentliche Grundlage der Vertrauenswürdigkeit sei die finanzielle Verlässlichkeit, was seitens der Rechtsanwaltskammer stets ausnahmslos vertreten werde. Gerade diese werde jedoch durch die pathologische Spielsucht im erheblichen Maß beeinträchtigt. Die Rechtsanwaltskammer würde mit Sicherheit einem Antragsteller die Eintragung verweigern, der angebe, an einer pathologischen Spielsucht zu leiden. Die Argumentation der belangten Behörde sei daher doppelzüngig und nicht nachvollziehbar.

Dass der Beschwerdeführer nach Ansicht der belangten Behörde den Rechtsanwaltsberuf in einem eingeschränkten Ausmaß, ohne Berührung mit finanziellen Tätigkeiten oder als Angestellter ausüben könne, widerspreche der Gesetzeslage, und es sei darüber hinaus nahezu denkunmöglich, den Beruf des Rechtsanwaltes auszuüben, ohne mit der Abwicklung finanzieller Belange zu tun zu haben. Eine Eintragung als Rechtsanwalt mit entsprechenden Auflagen sei gesetzlich gar nicht möglich.

Mit ihren Ausführungen, der Beschwerdeführer habe seine Vertrauenswürdigkeit verloren und könne daher den Beruf des Rechtsanwaltes nicht mehr ausüben, und es sei dieser Umstand von den sich aus der Spielsucht ergebenden Einschränkungen zu trennen, verkenne die belangte Behörde das Gesamtbild der Spielsucht; hier werde ein krankheitsbedingter Zusammenhang künstlich auseinandergerissen, weil eben der durch die fortgeschrittene Spielsucht bedingte Hang zu illegalen Handlungen automatisch zum Wegfall der Vertrauenswürdigkeit führe. Die belangte Behörde nehme das Ergebnis der Sachverständigengutachten nicht zur Kenntnis, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zurücklegung des Berufes als Rechtsanwalt alle zehn Kriterien des pathologischen Spielens nach DSM-IV erfüllt habe, wozu auch das Abgleiten in illegale (strafbare) Handlungen gehöre. Selbst Jahre danach werde dem Beschwerdeführer von Seiten der Sachverständigen (Dr. P.B. und Dr. H) noch nicht der Umgang mit finanziellen Angelegenheiten zugetraut. Es stehe somit fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Rücklegung des Rechtsanwaltsberufs und der Antragstellung auf Invaliditätsrente krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, den Beruf als Rechtsanwalt auszuüben und dies auch heute noch nicht sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Die im Beschwerdefall maßgebliche Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführer infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen dauernd zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes unfähig war, hat die belangte Behörde - wie dargelegt - auf Grund der vorliegenden Sachverständigengutachten und des Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Wien beurteilt und ist zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer trotz gegebener pathologischer Spielsucht geistig und körperlich in der Lage gewesen sei, den Beruf des Rechtsanwaltes auszuüben.

Der Beschwerdeführer vermeint nun, dass diese Rechtsansicht der belangten Behörde mit den eingeholten Gutachten nicht in Einklang zu bringen sei. Diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt: Die Sachverständige Dr. B., die ihre Untersuchungen am 10., 19. sowie am und daher zeitlich nah zum maßgeblichen Zeitpunkt des Verzichtes und zu einem Zeitpunkt durchführte, wo sich die Krankheit des Beschwerdeführers am Höhepunkt befand und besonders stark ausgeprägt war, stellte beim Beschwerdeführer das Vorliegen aller zehn diagnostischen Kriterien für pathologisches Spielen fest. Ungeachtet dessen sei sich der Beschwerdeführer, so die Sachverständige in ihrem Gutachten, zu jeder Zeit seiner eingegangenen Risiken bewusst gewesen. Kraft seiner hohen intellektuellen Begabung müsse auch davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die Tatsache des Vorliegens eines pathologischen Verhaltens bewusst gewesen sei und er Hilfe in Anspruch hätte nehmen können in der Weise, dass er sich z.B. einem Psychotherapeuten anvertraut hätte. Der Beschwerdeführer sei zu jedem Zeitpunkt in der Lage gewesen, das Unrecht seines Handelns einzusehen, und auch grundsätzlich in der Lage, nach dieser Einsicht zu handeln. Zu der (vom Strafgericht aufgetragenen) Gefährlichkeitsprognose führte die Sachverständige aus, es sei davon auszugehen, der Beschwerdeführer werde sich auf Grund seiner Einsichtsfähigkeit in die Zusammenhänge seines entwickelten pathologischen Spielverhaltens einer psychotherapeutischen Behandlung unterziehen und nicht mehr Gefahr laufen, neuerlich ähnlich geartete strafbare Handlungen zu setzen. Dieses Gutachten der Sachverständigen Dr. B. bildete auch die Grundlage für die Beurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in Bezug auf die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers. Das Landesgericht für Strafsachen Wien bejahte das Vorliegen der Zurechnungsfähigkeit im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer insbesondere beim "Griff auf fremdes Vermögen" ganz bewusst diese Entscheidung getroffen hätte und es ihm auch möglich gewesen wäre, sich anders zu verhalten. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Landesgericht für Strafsachen aus, dass dem Beschwerdeführer zu jeder Zeit seine Treuhandverpflichtungen bewusst gewesen seien. In der irrigen Vorstellung, er könne mit Hilfe der Treuhandgelder sein wirtschaftliches Desaster abwenden, habe er sich - im Wissen um seinen Befugnismissbrauch - entschlossen, die ihm zur Verwaltung und sicheren Veranlagung übergebenen Treuhandgelder für seine Spekulationsgeschäfte zu verwenden, wobei er bezüglich des Vermögensnachteils zumindest - dies auch im Hinblick auf seine bisher erlittenen Verluste - mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Die Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit auf Grund der pathologischen Spielsucht wurde in weiterer Folge vom Strafgericht auch als mildernd bei der Strafbemessung gewertet.

Wenn die Beschwerde dagegen vorbringt, die Spielsucht bewirke, dass der Erkrankte seine Handlungen suchtbedingt und nicht rational setze, so kann diese allgemeine Aussage jedenfalls nach dem Vorgesagten nicht auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragen werden. Auch der Sachverständige Dr. H., dem bei seiner Untersuchung des Beschwerdeführers am das Gutachten Dris. B. und das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Verfügung standen, kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer zu jedem Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, das Unrecht seines Handelns einzusehen, und er auch grundsätzlich in der Lage gewesen wäre, nach dieser Einsicht zu handeln. Aus der Stellungnahme Dris. P.B. vom , der über Auftrag des Beschwerdeführers eine Stellungnahme zum Gutachten der Dr. B. erstattete, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht zu gewinnen, weil sich Dr. P.B. darin allgemein mit dem Hilfesuchverhalten bei pathologischem Spielverhalten auseinandersetzte. Auch Dr. S. kommt in seinem vertrauensärztlichen Gutachten vom zu keinen anderen gutachtlichen Schlussfolgerungen als Dr. B.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht den Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit infolge seiner strafrechtlichen Verurteilung, schreibt jedoch diesen Vertrauensverlust ausschließlich seiner Spielsucht zu und vertritt die Ansicht, auf Grund dieses spielsuchtbedingten Verlustes seiner Vertrauenswürdigkeit berufsunfähig zu sein. Die belangte Behörde vertritt dazu im angefochtenen Bescheid die Auffassung, die Vertrauenswürdigkeit sei eine rechtliche Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte: Ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente könne nicht darauf gestützt werden, dass ein Antragsteller infolge der Begehung von Straftaten seinen Beruf wegen eines durch die Straftaten bedingten Verlustes der Vertrauenswürdigkeit nicht mehr ausüben könne.

Auch diese Ansicht ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, weil der Verlust der Vertrauenswürdigkeit ausschließlich auf das vorsätzliche - wie bereits dargestellt, hatte der Beschwerdeführer nach dem Gutachten Dris. B. beim "Griff auf fremdes 'Vermögen" ganz bewusst diese Entscheidung getroffen - und strafgesetzwidrige Verhalten des Beschwerdeführers zurückzuführen ist und somit weder auf einen Berufsunfähigkeit begründenden Umstand zurückgeht noch auf Berufsunfähigkeit des ansonsten körperlich und geistig zur Berufsausübung befähigten Beschwerdeführers schließen lässt.

Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am