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VwGH vom 19.08.2015, 2012/11/0232

VwGH vom 19.08.2015, 2012/11/0232

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Schick sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der Dr. A B in M (K), vertreten durch die Freimüller Obereder Pilz Rechtsanwältinnen GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom , Zl. B 17/2012- 20/121022, Arzt Nr. 89915, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin anlässlich ihres Wechsels von der Ärztekammer für Oberösterreich zur Ärztekammer für Wien die Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien. Sie stützte den Antrag auf ihre bereits bestehende Befreiung von der Beitragspflicht durch die Oberösterreichische Ärztekammer aufgrund erstmaliger Kammermitgliedschaft nach Vollendung des 45. Lebensjahres und wies darauf hin, dass sie bereits 55 Jahre alt sei und sich aufgrund ihrer lediglich 20 Stunden umfassenden Beschäftigung die Beiträge nicht leisten könne.

Die mit "Bescheid" betitelte und an die Beschwerdeführerin adressierte Erledigung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom lautete wie folgt:

"Der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien hat in seiner Sitzung vom beschlossen:

Das Ansuchen vom um Befreiung von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für die Zeit ab wird abgewiesen."

In der folgenden Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die gesetzliche Befreiungsmöglichkeit aufgrund der erstmaligen Kammermitgliedschaft nach Vollendung des 45. Lebensjahres durch die 6. Ärztegesetznovelle, BGBl. I Nr. 179/2004, mit beseitigt worden sei.

Im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung heißt es (in gedruckter Schrift):

"Mit kollegialer Hochachtung

Univ.Prof. Dr. G e.h.

Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds"

Einen weiteren gleichlautenden Antrag der Beschwerdeführerin vom wies der Verwaltungsausschuss mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache zurück.

Den letztgenannten Bescheid hob der Beschwerdeausschuss mit Bescheid vom mit der Begründung auf, es liege keine entschiedene Sache vor, da die Erledigung vom mangels Genehmigung keine Bescheidqualität aufweise. Die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines Bescheides an den Verwaltungsausschuss zurückverwiesen.

Der Verwaltungsausschuss verfasste daraufhin eine mit datierte Erledigung mit exakt demselben Inhalt, wie sie die Erledigung vom aufgewiesen hatte.

Auf der im Verwaltungsakt liegenden Kopie der an die Beschwerdeführerin gerichteten Erledigung findet sich jedoch in der Fertigungsklausel zwischen den Zeilen "Mit kollegialer Hochachtung" und "Univ.Prof. Dr. G e.h." die Unterschrift des Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses Dr. G.

Dagegen erhob die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Beschwerde an die belangte Behörde. Begründend führte sie aus, es liege wiederum kein Bescheid vor, weil - entgegen dem Bescheid der belangten Behörde vom , in dem dem Verwaltungsausschuss die neuerliche Verhandlung und Erlassung eines Bescheides aufgetragen worden war - lediglich eine neue Datierung der Erledigung vom erfolgt sei. Dies ergebe sich schon aus der neuerlichen Bezugnahme auf die Sitzung vom . Überdies sei die Erledigung nicht unterschrieben, sondern weise lediglich eine Paraphe auf. Es liege ein Nichtbescheid vor, da "offensichtlich neuerlich keine gültige 'interne Erledigung' gegeben ist bzw. nicht die zuständige Behörde entschieden hat". Gegen den Inhalt der Erledigung brachte die Beschwerdeführerin vor, es hätte trotz der Änderung des Ärztegesetzes 1998 eine "Kontinuität der Befreiung" von der Beitragspflicht angenommen oder, falls eine derartige Annahme nicht möglich sei, der Antrag angesichts des geringen Einkommens der Beschwerdeführerin in einen solchen auf Ermäßigung oder gänzliche Befreiung umgedeutet werden müssen.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom wurde die Beschwerde abgewiesen.

Dazu führte die belangte Behörde begründend zunächst aus, dass die Erledigung vom von Univ.Prof. Dr. G, welcher sowohl am , dem Datum der erwähnten Sitzung, als auch zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Vorsitzender des Verwaltungsausschusses gewesen sei, eigenhändig unterschrieben (und nicht nur paraphiert) sei. Zusätzlich sei die interne Erledigung vom dazu berechtigten Mag. P eigenhändig unterfertigt. Der behördliche Wille, den Antrag der Beschwerdeführerin vom abzuweisen, sei durch Beschluss des Kollegialorgans Verwaltungsausschuss am rechtswirksam gefasst worden. Die damals fehlende rechtswirksame Beurkundung des Beschlusses sei nun durch die Genehmigung der Erledigung mit der Unterschrift des Vorsitzenden und des dazu ermächtigten Mag. P erfolgt. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den aufhebenden und zurückverweisenden Bescheid des Beschwerdeausschusses vom beziehe und daraus ableite, es hätte ein neuer Beschluss des Verwaltungsausschusses über den Antrag der Beschwerdeführerin vom gefasst werden müssen, übersehe sie, dass sich der Bescheid vom auf die Erledigung des Verwaltungsausschusses vom bezogen habe, mit der der Antrag der Beschwerdeführerin vom wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei.

Zum inhaltlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin führte die belangte Behörde (unter Hinweis auf hg. Judikatur) aus, dass ein Befreiungsbescheid aufgrund erstmaliger Kammerzugehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres mit dem Ausscheiden des Kammermitgliedes (hier: aus der Ärztekammer für Oberösterreich) gegenstandslos werde. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag an die Ärztekammer für Wien habe die Rechtslage eine Befreiung aufgrund erstmaliger Kammerzugehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres nicht mehr zugelassen. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf ihre geringen Einnahmen berufe, sei sie darauf hinzuweisen, dass die Höhe der Fondsbeiträge ohnehin an das tatsächliche Einkommen gekoppelt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Da die vorliegende Beschwerde mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG, BGBl. I Nr. 122/2013, darauf die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Bescheidqualität einer Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zuletzt in den Erkenntnissen vom , Zl. 2012/11/0082, und vom , Zlen. 2012/11/0211, 0238, umfassend auseinander gesetzt. Auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse - und insbesondere auf die dort dargestellte, in den wesentlichen Punkten auch für den vorliegenden Fall maßgebende Rechtslage - wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Nach den Ausführungen im verwiesenen Erkenntnis Zl. 2012/11/0082 kam der dort zugrunde gelegenen Erledigung des Verwaltungsausschusses deshalb keine Bescheidqualität zu, weil diese Erledigung nicht in ihrer Gesamtheit (Spruch und wesentliche Begründung) von der Beschlussfassung (Willensbildung) des nach den Rechtsvorschriften für die Bescheiderlassung zuständigen Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien umfasst war und diese Willensbildung rechtens auch nicht auf dritte Personen übertragen werden konnte.

In dem dem verwiesenen Erkenntnis Zlen. 2012/11/0211, 0238 zugrunde liegenden Fall kam trotz ordnungsgemäßer Willensbildung des Verwaltungsausschusses kein Bescheid zustande, da die Erledigung entgegen § 44 Abs. 2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien nicht vom Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, sondern vom zwar dazu ermächtigten, jedoch - wie im zitierten Erkenntnis aufgezeigt - unzuständigen Mag. P unterfertigt war.

2.1. Beide Mängel der Bescheidqualität liegen im Beschwerdefall nicht vor.

2.1.1. Einerseits umfasste nach dem von der belangten Behörde vorgelegten Sitzungsprotokoll (samt Beilagen) vom die damalige - im Bescheid des Verwaltungsausschusses vom erwähnte - Willensbildung des Verwaltungsausschusses nicht bloß den Spruch der ausgefertigten Erledigung (Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom ), sondern auch die wesentliche Begründung dieser Entscheidung (Änderung der Rechtslage, Hinweis auf hg. Judikatur).

2.1.2. Andererseits ist aber auch die Genehmigung der Erledigung im Ergebnis rechtmäßig erfolgt:

Zwar findet sich im Verwaltungsakt ein Exemplar der Erledigung vom , welches den Stempel "Mag. P genehmigt" und eine Paraphe aufweist. Dieses Schriftstück hat jedoch, wie sich aus dem verwiesenen Erkenntnis Zlen. 2012/11/0211, 0238 ergibt, keine rechtswirksame Bedeutung und es ist, wie aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid hervorgeht, der Beschwerdeführerin auch nicht zugegangen. Hingegen liegt im Verwaltungsakt außerdem eine Kopie der an die Beschwerdeführerin gerichteten Erledigung auf, welche, wie eingangs beschrieben, von Univ.Prof. Dr. G, dem Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, offenbar eigenhändig unterfertigt ist. Entgegen dem Beschwerdevorbringen handelt es sich bei dem Schriftzug der Unterfertigung nicht um eine unleserliche Paraphe, sondern um eine Unterschrift, die eindeutig den Namen "G" erkennen lässt.

Aus dem (ebenfalls) vorgelegten Sitzungsprotokoll vom samt Tagesordnung geht hervor, dass die Erledigung vom in der Sitzung vom neu beschlossen und genehmigt wurde, weil die ursprüngliche Erledigung mangels Unterfertigung keine Bescheidqualität aufgewiesen hatte. Anders als die Beschwerdeführerin meint, wurde somit die aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsausschusses vom gefasste schriftliche Erledigung am vom zuständigen (vgl. § 44 Abs. 2 der Satzung) Genehmigungsberechtigten iSd § 18 Abs. 3 AVG - dem Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, Univ.Prof. Dr. G - mit seiner Unterschrift genehmigt (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis Zlen. 2012/11/0211, 0238).

Angesichts der rechtlichen Irrelevanz des von Mag. P paraphierten Schriftstückes ist davon auszugehen, dass die Erledigung einstufig (anstatt in Form von Urschrift und Ausfertigungen) mit der Genehmigung des Vorsitzenden erzeugt und der Beschwerdeführerin zugestellt wurde. Diese Vorgangsweise, lediglich eine Erledigung zu erzeugen, die allen gesetzlichen Anforderungen genügt und der Partei zugestellt wird, während bloß die Durchschrift im Akt verbleibt, begegnet keinen Bedenken (vgl. dazu die bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 18 Rz 7 und 12, zitierte hg. Judikatur).

Dass diese Erledigung erst zweieinhalb Jahre nach der Beschlussfassung erfolgte, ändert vorliegend nichts an ihrer Bescheidqualität.

2.2. Die Beschwerdeführerin bezieht sich auf den aufhebenden und zurückverweisenden Bescheid des Beschwerdeausschusses vom und leitet daraus ab, der Verwaltungsausschusses hätte über ihren Antrag vom neuerlich beschließen müssen, anstatt lediglich den Beschluss vom neu auszufertigen. Dabei übersieht sie jedoch, dass mit dem Bescheid vom nicht die Erledigung des Verwaltungsausschusses vom aufgehoben wurde, sondern jene vom , mit der der (zweite) Antrag der Beschwerdeführerin vom wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden war.

3. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides brachte die Beschwerdeführerin vor, es hätte trotz der Änderung des Ärztegesetzes 1998 eine "Kontinuität der Befreiung" von der Beitragspflicht angenommen oder, falls eine derartige Annahme nicht möglich sei, angesichts des geringen Einkommens der Beschwerdeführerin und ihrer gesundheitlichen und psychischen Belastung eine Ermäßigung oder gänzliche Befreiung von den Fondsbeiträgen gemäß § 111 Ärztegesetz 1998 iVm § 10 Abs. 3 der Satzung erfolgen müssen.

3.1. Zur Unmöglichkeit einer "Kontinuität der Befreiung" aufgrund erstmaliger Kammerzugehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres beim Ausscheiden aus einer Ärztekammer (hier: Oberösterreich) und Eintritt in eine andere (hier: Wien) nach Inkrafttreten der 6. Ärztegesetznovelle, BGBl. I Nr. 179/2004, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/11/0037, mwN, verwiesen. Die belangte Behörde ging somit zu Recht davon aus, dass vorliegend eine Befreiung aufgrund erstmaliger Kammerzugehörigkeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres nicht mehr zulässig war.

3.2. Gemäß § 109 Abs. 2 ÄrzteG 1998 ist bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Art der Berufsausübung der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen, wobei die Höhe der Beiträge betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden kann.

Gemäß § 111 ÄrzteG 1998 kann die Satzung bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände auf Antrag des Kammerangehörigen nach Billigkeit eine Ermäßigung oder in Härtefällen den Nachlass der Wohlfahrtsfondsbeiträge vorsehen.

Gemäß § 10 Abs. 3 der Satzung kann der Verwaltungsausschuss "bei Vorliegen sonstiger berücksichtigungswürdiger Umstände über Antrag des Fondsmitgliedes den Fondsbeitrag ermäßigen oder zur Gänze erlassen".

Vorliegend hatte die Beschwerdeführerin am keinen Antrag gemäß § 111 ÄrzteG 1998 iVm § 10 Abs. 3 der Satzung gestellt, sondern sich lediglich auf ihre Befreiung von der Beitragspflicht durch die Oberösterreichische Ärztekammer aufgrund erstmaliger Kammermitgliedschaft nach Vollendung des 45. Lebensjahres berufen.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie leide "an erheblichen gesundheitlichen und psychischen Problemen", die eine Befreiung iSd § 10 Abs. 3 der Satzung rechtfertigen würden, handelt es sich dabei um ein nicht näher spezifiziertes und als Neuerung unbeachtliches Vorbringen.

Der belangten Behörde kann daher (anders als etwa in den den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2005/11/0147, und vom , Zl. 2005/11/0149, zugrunde liegenden Fällen) nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Zusammenhang mit dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre geringen Einnahmen darauf hinwies, dass die Höhe der Fondsbeiträge ohnehin an das tatsächliche Einkommen gekoppelt sei (§ 109 Abs. 2 Ärztegesetz 1998).

4. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-73429