TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 13.10.2010, 2010/06/0165

VwGH vom 13.10.2010, 2010/06/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Walstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde 1. des WM und 2. der MM, beide in L, beide vertreten durch Dr. Alexander Matt, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 22, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom , Zl. BHBR-I- 3300.00-2008/0009, betreffend Zurückweisung der Berufung im Anzeigeverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. EE, 2. WE, beide in X, 3. Marktgemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gab mit Bescheid vom die von dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten angezeigte Baumaßnahme, nämlich die Errichtung eines Holzlagerschuppens (die überbaute Fläche des Schuppens betrage 24,6 m2, die Vorkante der Dachrinne des Gebäudes sei von der Nachbargrenze 2 m entfernt), auf dem näher angeführten Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde unter Auflagen zur Ausführung frei (sogenannter Freigabebescheid).

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen mit Schreiben vom "Einspruch".

Die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde wies den als Berufung qualifizierten "Einspruch" der Beschwerdeführer mit Bescheid vom als unzulässig zurück, da die Beschwerdeführer im Anzeigeverfahren keine Parteistellung hätten.

Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass im § 26 Abs. 1 Vbg. BauG eine taxative Aufzählung jener Vorschriften erfolge, durch die im Bewilligungsverfahren subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn begründet werden könnten. Daraus folge, dass Nachbarn lediglich im Verfahren zur Entscheidung über einen Bauantrag Parteistellung und Mitspracherechte zukämen. Sie hätten jedoch keinen Anspruch auf Einleitung eines Bewilligungs- oder Anzeigeverfahrens und keinen Anspruch darauf, dass in einem Feststellungsbescheid die Frage der Bewilligungs- oder Anzeigepflicht eines bestimmten Bauvorhabens geklärt werde (Hinweis auf den Motivenbericht zum Vbg. BauG, Blg. 45/2001 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vbg. Landtages). Dementsprechend sähen die Regelungen des 4. Unterabschnittes des Vbg. BauG zum Anzeigeverfahren (§§ 32 bis 34) keine Bestimmungen über Nachbarrechte vor. Die Entscheidung, ob ein angezeigtes Bauvorhaben bewilligungspflichtig sei oder mit schriftlichem Bescheid freigegeben werden könne, obliege daher gemäß § 33 Vbg. BauG ausschließlich der Baubehörde. Es erübrige sich daher, auf das weitere Vorstellungsvorbringen einzugehen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen zunächst bei ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 2067/08-9, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verfassungsgerichtshof führte zu den vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend die Einschränkung der Parteistellung im Anzeigeverfahren Folgendes aus:

"Angesichts der beachtlichen rechtlichen Unterschiede zu den den Erkenntnissen zur GewO 1994 aF (VfSlg. 16.103/2001) und zum Sbg. BauPolG 1997 aF (VfSlg. 16.982/2003 und 16.983/2003) zu Grunde liegenden Konstellationen hegt der Verfassungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss der Parteistellung von Nachbarn im Anzeigeverfahren über Bauvorhaben gemäß § 19 lit. a Vbg. BauG."

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, dass ihnen nach Ansicht der belangten Behörde im Anzeigeverfahren im Hinblick auf die Frage, ob ein Bauvorhaben im Anzeigeverfahren zu erledigen oder bewilligungspflichtig sei, keine Parteistellung zukomme. Die angewendeten Bestimmungen seien verfassungswidrig dahingehend interpretiert und angewendet worden, dass ihnen die Parteistellung auch zu der Frage versagt worden sei, ob das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben im Anzeigeverfahren oder im Bewilligungsverfahren zu behandeln sei. Sie erachteten sich daher auch im Recht verletzt, dass das verfahrensgegenständliche Vorhaben im Baubewilligungsverfahren erledigt werde. Weiters hätten sie ein Recht darauf, dass das Bauansuchen des Erst- und der Zweitmitbeteiligten als unzulässig zurück- bzw. in das Baubewilligungsverfahren verwiesen werde sowie dort als nicht genehmigungsfähig abgewiesen werde, vor allem wegen Nichteinhaltung der Mindestabstände.

Nach Ansicht der Beschwerdeführer seien die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht gegeben, weil die Maximalhöhe eines "kleinen Gebäudes" im Sinne des § 19 lit. a Vbg. BauG von 3,5 m vom Naturgelände zu messen sei, nicht von einem projektierten Gelände, das der Bauwerber zunächst durch Aufschüttung erheblich erhöht habe. Die Behörde hätte daher die Erledigung im Anzeigeverfahren ablehnen und den Bauwerbern die Einbringung eines Antrages auf Baubewilligung auftragen müssen.

Im vorliegenden Verwaltungsverfahren kam das Vbg. Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008 zur Anwendung.

§ 18 BauG zählt die bewilligungspflichtigen Bauvorhaben, § 19 die anzeigepflichtigen Bauvorhaben auf.

Gemäß § 19 lit. a BauG ist die Errichtung oder wesentliche Änderung von Nebengebäuden zu Wohngebäuden, wenn das Nebengebäude eine überbaute Fläche von höchstens 25 m2 und eine Höhe von höchsten 3,5 m über dem Gelände hat und in einer Baufläche liegt, anzeigepflichtig.

Gemäß § 24 Abs. 1 BauG ist die Erteilung der Baubewilligung bei der Behörde schriftlich zu beantragen. Die Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung legen Näheres für diesen Bauantrag fest.

Gemäß § 26 Abs. 1 BauG hat der Nachbar im Verfahren über den Bauantrag im bestimmten Ausmaß das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung bestimmter Vorschriften geltend zu machen.

Die §§ 32 bis 34 BauG treffen nähere Regelungen für das Bauanzeigeverfahren. Die Eingabe für das Anzeigeverfahren wird gemäß § 32 BauG als Bauanzeige bezeichnet. Eine Regelung über allfällige Parteienrechte von Nachbarn enthalten diese Bestimmungen nicht.

Aus dieser Rechtslage hat die belangte Behörde zutreffend abgeleitet, dass den Beschwerdeführern als Nachbarn im vorliegenden Bauanzeigeverfahren gemäß dem Vbg. BauG keine Parteistellung zukommt, auch nicht zu der Frage, ob das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben zu Recht einem Anzeigeverfahren unterzogen wurde. Auch aus dem angeführten Motivenbericht des Landesgesetzgebers (vgl. S. 20, S. 78 zu § 26 und S. 85 zu § 32) ergibt sich, dass dem Nachbarn im Anzeigeverfahren nach dem Willen des Gesetzgebers keine Parteistellung zukommen sollte.

Der Verfassungsgerichtshof hat in dem angeführten Ablehnungsbeschluss auch zum Ausdruck gebracht, dass er angesichts der beachtlichen rechtlichen Unterschiede zu den seinen näher angeführten Erkenntnissen zu Grunde liegenden Konstellationen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss der Parteistellung von Nachbarn im Anzeigeverfahren über Bauvorhaben gemäß § 19 lit. a BauG - wie im vorliegenden Fall - habe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-73359