VwGH vom 23.09.2010, 2010/06/0164

VwGH vom 23.09.2010, 2010/06/0164

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der E C in X, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom , Zl. BHFK-II-4151-2009/0008, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. Mag. Y S 2. Mag. B P, beide in X, beide vertreten durch Mag. Martin Künz, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5,

3. Gemeinde Q), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0103, zu entnehmen. Daraus ist festzuhalten: Mit der am eingebrachten Eingabe vom kamen die damaligen erst- bis viertmitbeteiligten Parteien (darunter die nunmehrigen erst- und zweitmitbeteiligten Parteien) um die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zur Errichtung eines Doppelwohnhauses auf einem annähernd rechteckigen Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde ein. Die Beschwerdeführerin erhob als Eigentümerin angrenzender Grundstücke Einwendungen gegen das Vorhaben. Mit dem eingangs genannten Erkenntnis vom wurde die im "ersten Rechtsgang" ergangene abweisliche Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben (es ging dabei um Aspekte der Standsicherheit im Sinne des § 4 Abs. 3 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) sowie um die Frage, welchen Grenzabstand nach oben offene "Lichthöfe" in der Art von großen Schächten einzuhalten hätten; diese Aspekte sind im nunmehrigen Beschwerdeverfahren nicht mehr relevant).

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides und der weiters vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem weiteren Sachverhalt aus:

In Umsetzung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom gab die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren der Vorstellung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom statt, hob den bekämpften Berufungsbescheid vom auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurück.

Im fortgesetzten Berufungsverfahren wurden überarbeitete Eingabepläne vorgelegt, worin unter anderem auf die im Norden und Westen der Wohngebäude geplant gewesenen Lichthöfe/Lichtschächte verzichtet wurde. Weiters erfolgte eine Ergänzung der biotechnischen Begutachtung.

Mit Bescheid der Berufungskommission vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin abermals keine Folge gegeben, Grundlage für die Berufungsentscheidung waren die zuletzt maßgeblichen Einreichunterlagen, auch wurde ergänzend eine weitere Auflage (Sicherungsmaßnahme bei den Aushubarbeiten) vorgeschrieben.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin abermals Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, im Beschwerdefall sei § 26 Abs. 1 BauG in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 anzuwenden; die mit dieser Novelle eingefügte Bestimmung des § 26 Abs. 1 lit. d BauG, die ein subjektives Nachbarrecht betreffend Bestimmungen des Bebauungsplanes einräume, sei daher unanwendbar. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur hier maßgeblichen Rechtslage festgestellt habe, komme dem Nachbarn im Hinblick auf die taxative Aufzählung der Nachbarrechte im Katalog des § 26 Abs. 1 BauG hinsichtlich der Nicht-Einhaltung der Bestimmungen des Bebauungsplanes kein Mitspracherecht zu (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0265). Ebensowenig bestehe ein Nachbarrecht zur Frage, ob eine Ausnahmebewilligung gemäß § 35 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes rechtens erteilt wurde (Hinweis auf das im vorangegangenen Beschwerdeverfahren ergangene hg. Erkenntnis vom und auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0005). Durch die behördlich erteilte Ausnahmegenehmigung vom Teilbebauungsplan könne die Beschwerdeführerin daher nicht in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten berührt sein. Über die behaupteten objektiven Widersprüche des Berufungsbescheides zum Teilbebauungsplan werde in einem eigenen Verfahren vor der belangten Behörde abgesprochen.

Eine Befangenheit des Bürgermeisters, des Vorsitzenden der Berufungskommission oder auch der weiteren Mitglieder der Berufungskommission sei zu verneinen (wurde näher ausgeführt).

Soweit die Beschwerdeführerin einen Verfahrensmangel darin zu erkennen glaube, dass es die Berufungskommission unterlassen habe, den angefochtenen erstinstanzlichen Baubescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Unterlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz zurückverweisen, sei diese Auffassung unzutreffend. Nach § 66 (Abs. 2) AVG sei eine Zurückverweisung nur dann erforderlich, wenn ein umfassendes neuerliches Ermittlungsverfahren - in der Regel eine neuerliche mündliche Verhandlung - unumgänglich sei. In Bezug auf die subjektiven Nachbarrechte (der Beschwerdeführerin) sei dieses Erfordernis im Beschwerdefall zweifelsfrei nicht gegeben.

Für die belangte Behörde stehe nach den nunmehr maßgeblichen Planunterlagen fest, dass die gesetzlich geforderten Abstandsflächen und Mindestabstände allseitig eingehalten würden. Auch der Nachbarschutz im Sinne des § 4 Abs. 3 BauG sei gewährleistet (wurde näher ausgeführt).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 707/10-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung dieses Beschlusses wird unter anderem (in Erwiderung eines Beschwerdevorbringens) darauf verwiesen, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Parteienrechten ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme, sodass gegen § 26 Abs. 1 BauG idF vor der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Weiters liege es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers, mittels Übergangsbestimmung die Anwendbarkeit einer neuen Regelung auf bereits anhängige Verfahren auszuschließen, sodass gegen § 56 Abs. 7 BauG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. § 26 leg. cit. idF der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 sei auf Grund dieser Übergangsbestimmung nicht präjudiziell.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten (verbesserten) Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), maßgeblich, das im Zuge des gemeindebehördlichen Verfahrens zuletzt mit der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 geändert wurde. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 56 Abs. 7 BauG ist aber § 26 Abs. 1 BauG (weiterhin) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 anzuwenden, weil das hier zu Grunde liegende Baubewilligungsverfahren vor dem Zeitpunkt des Inkraftretens dieser Novelle eingeleitet wurde. Die im Beschwerdefall relevante Rechtslage entspricht daher jener, die auch im vorangegangenen Beschwerdeverfahren maßgeblich war (siehe auch die Darstellung im Vorerkenntnis)

§ 26 Abs. 1 BauG lautet:

"§ 26

Nachbarrechte, Übereinkommen

(1) Der Nachbar hat im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung der folgenden Vorschriften geltend zu machen:

a) § 4 Abs. 3, soweit mit Auswirkungen auf sein Grundstück zu rechnen ist;


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b)
§§ 5 bis 7, soweit sie dem Schutz des Nachbarn dienen;
c)
§ 8, soweit mit Immissionen auf seinem Grundstück zu rechnen ist.

(2) Einwendungen des Nachbarn, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen.

(3) ..."

(Mit der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 wurde dem § 26 Abs. 1 folgende lit d angefügt: "die Festlegungen des Bebauungsplanes über die Baugrenze, die Baulinie und die Höhe des Bauwerks, soweit das Bauwerk nicht mehr als 20 Meter vom unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Nachbargrundstück entfernt ist." Diese lit. d ist aber, wie oben dargelegt, im Beschwerdefall nicht anwendbar.)

Die §§ 5 bis 7 BauG enthalten Abstandsvorschriften (zu Abstandsflächen und Mindestabständen); diese Normen sowie

§ 4 Abs. 3 BauG sind im Beschwerdefall nicht mehr relevant (weil eine Verletzung dieser Bestimmungen nicht mehr geltend gemacht wird).

§ 8 BauG lautet:

"§ 8

Immissionsschutz

Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen dürfen keinen Verwendungszweck haben, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung des Nachbarn erwarten lässt. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen."

§ 35 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996 (RPG), lautet (diese Bestimmung in der Fassung LGBl. Nr. 35/2008 - in Abs. 3 wurde das Wort "Baubewilligungen" durch "Bescheide" ersetzt; die §§ 28 sowie 31 - 34 betreffen die Bebauungspläne und darin enthaltene Festlegungen):

"§ 35

Wirkung, Ausnahmebewilligung

(1) Bescheide auf Grund des Baugesetzes dürfen Planungen gemäß den §§ 28 und 31 bis 34 nicht widersprechen.

(2) Der Gemeindevorstand kann auf Antrag des Grundeigentümers Ausnahmen von auf der Grundlage der §§ 28 und 31 bis 34 ergangenen Verordnungen bewilligen, wenn sie den Zielen der von den Ausnahmen betroffenen Verordnungen, den im § 2 genannten Raumplanungszielen, einem Landesraumplan und dem räumlichen Entwicklungskonzept nicht entgegenstehen. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen. Vor Erteilung der Bewilligung sind die Nachbarn (§ 2 Baugesetz) zu hören.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 erlassene Bescheide sind mit Nichtigkeit bedroht.

§ 66 Abs. 2 AVG lautet:

"(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen."

Die Beschwerdeführerin macht insbesondere geltend, der Baubewilligungsbescheid erster Instanz sei wegen den "massiven Verletzungen des Bebauungsplanes" (die überdies nicht alle von Ausnahmebewilligungen im Sinne des § 35 Abs. 2 RPG gedeckt seien) rechtswidrig; der Bürgermeister als Behörde erster Instanz sei deshalb (wegen dieser Vorgangsweise) als befangen anzusehen. Die Berufungsbehörde (Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde) wäre daher verpflichtet gewesen, den Bescheid erster Instanz aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Sie habe daher ihr Ermessen, ob sie den Bescheid erster Instanz aufhebe und die Sache der Behörde erster Instanz zurückverweise, oder selbst in der Sache entscheide, unrichtig ausgeübt. Alternativ hätte sie zwar wohl selbst entscheiden können. Wenn aber die Berufungsbehörde als zweite Instanz, "im Hinblick darauf, dass sie auch normalerweise die Tatsachenkompetenz der 1. Instanz ausüben darf" den (gemeint) Bescheid erster Instanz nicht aufhebe, sondern selbst die Kompetenzen der Behörde erster Instanz ausübe, dann müsse konsequenterweise in diesem speziellen Fall davon ausgegangen werden, dass die Berufungskommission sämtliche Befugnisse der 1. Instanz ausüben müsse und ausüben dürfe. In diesen Fällen dürfe die Einschränkung bei der Berufungsbefugnis des Nachbarn ausnahmsweise keine Rolle spielen. Dies bedeute also, dass die Berufungsbehörde unabhängig von der Berufungsbefugnis der Beschwerdeführerin auch alle Punkte, die die Baubehörde 1. Instanz "normalerweise von Amts wegen zu überprüfen" habe, wie die Einhaltung des Bebauungsplanes zu Gunsten des Nachbarn, ebenfalls zu prüfen und diese Aspekte wahrnehmen müsse. In dieser Konstellation hätte die Berufungsbehörde nicht auf Grund der eingeschränkten Berufungsbefugnis der Beschwerdeführerin die (von Amts wegen vorzunehmende) Prüfung der Einhaltung des Bebauungsplanes ablehnen dürfen. Sie hätte daher im zweiten Rechtsgang über die Verletzungen des Bebauungsplanes in der Sache selbst entscheiden müssen.

Diese Auffassung trifft nicht zu. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den bekämpften Bescheid (nur dann) beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidbar erscheint. Ist Letzteres nicht der Fall, wäre eine Aufhebung gemäß § 66 Abs. 2 AVG rechtswidrig (siehe beispielsweise für Viele die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, bei E 360 zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Dass diese wesentliche Voraussetzung - Unvermeidlichkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung - im Beschwerdefall gegeben wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Auf Grund des eingeschränkten Mitspracherechtes der Beschwerdeführerin als Nachbarin war die Berufungsbehörde auch nicht berechtigt, aus Anlass der Berufung von Amts wegen behauptete Mängel des erstinstanzlichen Bescheides zu einer Thematik aufzugreifen, zu welcher der Beschwerdeführerin kein Mitsprachrecht zukommt (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0070, wie auch Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, Seite 167f).

Der Beschwerdeführerin kommt nach der hier maßgeblichen Rechtslage kein Mitspracherecht zur Frage zu, ob eine Ausnahmebewilligung gemäß § 35 Abs. 2 RPG zu Unrecht erteilt wurde (dies wurde bereits im Vor-Erkenntnis vom dargelegt), auch nicht - über den Katalog der Nachbarrechte des § 26 Abs. 1 BauG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 32/2009 hinaus - zur Frage, ob Bestimmungen des Bebauungsplanes eingehalten wurden oder nicht (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0265). Vielmehr kommt es in der Sache selbst (nur) darauf an, ob die Beschwerdeführerin in einem der in § 26 Abs. 1 BauG (idF vor der genannten Novelle) taxativ aufgezählten Nachbarrechten verletzt wurde. Insofern macht sie nur eine Verletzung der Bestimmung des § 8 BauG geltend.

Diese Verletzung erblickt sie darin, dass gemäß § 8 BauG durch Bauführungen ortsunübliche Beeinträchtigungen der Nachbarn zu unterlassen seien. Entgegen den Festlegungen im Bebauungsplan sei nicht ein Gebäude, sondern deren drei bewilligt worden (auch nicht zwei, wie die Gemeindebehörden meinten, weil das eine Bauwerk richtigerweise als zwei Gebäude zu qualifizieren sei), auch sei die im Bebauungsplan vorgesehene schwerpunktmäßige Lage des Gebäudes (der Gebäude) dahin verändert worden, dass ein geringerer Abstand zum Nachbargrundstück als im Bebauungsplan vorgesehen eingehalten werde. Unter diesen Voraussetzungen erhöhten sich "automatisch die Immissionen durch Lärm" beim Nachbargrundstück der Beschwerdeführerin, sie würden dadurch höher, als bei Einhaltung des Bebauungsplanes.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend: § 8 BauG stellt nicht schlechthin darauf ab, dass durch Bauführungen ortsunübliche Beeinträchtigungen der Nachbarn zu unterlassen seien, vielmehr stellt die Bestimmung auf den Verwendungszweck ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass § 8 BauG keinen allgemeinen Immissionsschutz enthält. Es handelt sich vielmehr um eine Ausnahmeregelung für Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen mit einem aus dem Ortsüblichen herausfallenden Verwendungszweck. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist nach dieser Bestimmung unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen (siehe dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/06/0152, vom , Zl. 2009/06/0117, vom , Zl. 2009/06/0174, vom , Zl. 2007/06/0287, und andere mehr). Im Beschwerdefall sollen Wohnhäuser errichtet werden (das Baugrundstück ist als Bauland-Wohngebiet gewidmet). Dabei handelt es sich um keinen Verwendungszweck, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt. Der Umstand, dass nun in Abweichung von Bestimmungen des Bebauungsplanes eine Bebauung in der Weise bewilligt wurde, dass in den Gebäuden mehr Personen wohnen könnten, führt nicht dazu, dass diese Wohnhäuser einen besonderen Verwendungszweck im Sinne des § 8 BauG hätten (in einem Wohngebiet sind Wohnbauten zulässig und es kommt diesbezüglich auf die Zahl der Bewohner nicht an; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0307, zu einer ähnlichen Problematik nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995).

Die Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin als Nachbarin reichen nur so weit, als ihr subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt sind (siehe dazu beispielsweise aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0015, mwN). Eine Verletzung von geltend gemachten Nachbarrechten ist, wie dargelegt, zu verneinen. Weiters ist zu bemerken, dass der Vorsitzende der Berufungskommission oder auch die Mitglieder der Berufungskommission insgesamt nicht deshalb als befangen anzusehen sind, weil die Berufungskommission weder die Entscheidung der Behörde erster Instanz aufgehoben und die Angelegenheit an diese zurückverwiesen, noch in der Sache selbst ohne Beschränkung auf das Mitsprachrecht der Beschwerdeführerin als Nachbarin entschieden hätte; diese Vorgangsweise war vielmehr rechtmäßig. Eine allfällige Befangenheit des Bürgermeisters als Behörde erster Instanz wäre durch eine unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos (siehe die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, bei E 41 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Beschwerdeführerin regt an, § 35 RPG (gemeint wohl: § 35 Abs. 2 RPG) mangels ausreichender Determinierung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Zwar habe die Vorarlberger Landesregierung in einem früheren verfassungsgerichtlichen Verfahren (genannt wird das Verfahren B 1115/04) dahingehend argumentiert, dass die Bestimmung ausreichend determiniert sei. Wenn aber, wie im Beschwerdefall, zugelassen werde, dass derart massive Abweichungen vom Bebauungsplan möglich seien, ergebe sich daraus, dass die Verwaltungspraxis eine ganz andere sei.

Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführerin als Nachbarin kein Mitspracherecht zu Ausnahmebewilligungen gemäß § 35 Abs. 2 RPG zukommt (wie ebenfalls bereits dargelegt wurde), und auch allfällige Vollzugsdefizite eine Norm nicht verfassungswidrig machen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher schon deshalb nicht zur angeregten Anfechtung veranlasst. Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Nichtigerklärung im Sinne des § 35 Abs. 3 RPG gegeben sind, ist in diesem Beschwerdeverfahren nicht zu erörtern (weil eine Nichtigerklärung nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist).

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am