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VwGH vom 28.04.2006, 2005/05/0354

VwGH vom 28.04.2006, 2005/05/0354

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Ing. B in W, vertreten durch Putz-Haas & Riehs-Hilbert Rechtsanwälte OEG in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 04/A/53/6033/2004/13, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom wurde dem Beschwerdeführer seitens des Magistrates der Stadt Wien vorgeworfen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Bauführers mit Sitz in 1190 Wien, G-Straße 18/2, bei der Durchführung von Bauarbeiten am Haus in Wien 19, E-Gasse 18, im Zuge eines Dachgeschossausbaues die Sicherheit und das Eigentum von in diesem Haus wohnenden Personen am insofern gefährdet zu haben, als die nach Entfernen der Dachkonstruktion vorliegende Abdeckung mit Kunststoffbahnen, die nicht verschweißt worden seien, rücksichtlich der fehlenden Sicherstellung des Ablaufes und des nicht ausreichenden Hochzuges an den Wandungen nicht ausreichend gewesen sei, um die Einhaltung von § 123 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) zu bewirken, da es im Fall von Niederschlägen zum Eindringen von Wasser in die oberste Geschossdecke über einer benützten Wohnung habe kommen müssen.

Laut Niederschrift des Magistrates der Stadt Wien vom rechtfertigte sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen dahingehend, dass der Liegenschaftseigentümer Ing. S. "unsere Firma" beauftragt habe, die Dachkonstruktion abzutragen und die entsprechenden Bauarbeiten durchzuführen. Ing. S. habe "uns" darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Abdichtung nach Auflage 7 des Bescheides vom anzufertigen wäre. Der Beschwerdeführer habe Ing. S. daraufhin mitgeteilt, dass nach Auftragserteilung die Abdichtung selbstverständlich durchgeführt würde. Eine solche Auftragserteilung habe jedoch erst stattgefunden, nachdem es tatsächlich zu einem Wassereintritt und einem Feuerwehreinsatz auf Grund desselben am gekommen sei. Obwohl noch kein Auftrag seitens des Eigentümers vorgelegen sei, sei von "meiner Firma" trotzdem eine provisorische Abdichtung hergestellt worden.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer das oben genannte Delikt, das er "als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Bauführers - mit Sitz in 1190 Wien, G-Straße 18/2 -" begangen habe, angelastet. Er habe dadurch § 123 Abs. 1 iVm § 135 Abs. 1 BO verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 840,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von EUR 84,-- verhängt. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, da bei der Rechtfertigung vom eingestandenermaßen "von der Firma" des Beschwerdeführers eine provisorische Abdichtung hergestellt worden sei, und zwar sogar ohne Auftrag des Eigentümers, sei auch aus der Tatsache, dass die B GesmbH mit Schreiben vom die Bauführung auf der genannten Liegenschaft zurückgelegt habe, kein Straf- oder Schuldausschließungsgrund abzuleiten.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Bei der mündlichen Berufungsverhandlung am gab der Beschwerdeführer u.a. zu Protokoll, dass die Bauführung bereits am zurückgelegt worden sei. Zur "Grundauftragserteilung" sei es sodann am gekommen. Die gegenständlichen Abdichtungen seien zwar in der Ausschreibung enthalten gewesen, jedoch später herausgenommen worden, wobei der Bauwerber gemeint habe, er werde diese selbst vornehmen. Am habe der Bauwerber die Auflage der Isolierungsarbeiten bereits aus dem Auftrag herausgenommen. Der Beschwerdeführer könne nicht sagen, ob zu diesem Zeitpunkt der Dachstuhl bereits abgebrochen gewesen sei oder nicht. Teile innerhalb der Dachkonstruktion seien jedenfalls schon abgebrochen gewesen. Der Abbruch sei von einer "Subfirma" durchgeführt worden, "M ARGE". Die Abdeckung laut einem im Akt befindlichen Foto (Blatt 5) sei von der M vorgenommen worden, jene auf dem Foto laut Blatt 18 des Aktes, d.h. nach Beanstandung durch die Baupolizei, sei "von unseren Arbeitern selbst vorgenommen" worden. Die "Subfirma M" unterliege einer Kontrolle durch "unser Unternehmen", wobei jeden Tag ein Mitarbeiter "unserer Firma" die Baustelle kontrolliert habe. Obwohl der Bauherr ursprünglich die Auflage der Abdichtung aus dem Auftrag herausgenommen habe, habe er "uns" dennoch nach dem Feuerwehreinsatz damit beauftragt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Dem Beschwerdeführer wurde ferner ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren in Höhe von EUR 168.- auferlegt. Begründend wurde u.a. ausgeführt, der Umstand einer allenfalls im Jahr 2002 erfolgten Zurücklegung der Bauführung durch "die Gesellschaft des Berufungswerbers" sei ohne Belang, da der Beschwerdeführer selbst eingeräumt habe, dass "sein Unternehmen" zur fraglichen Zeit von Ing. S. beauftragt gewesen sei und zur fraglichen Zeit Mitarbeiter eines von ihm beauftragten Subunternehmens vor Ort tätig gewesen seien. Das Verhalten bzw. die Unterlassungen der Mitarbeiter der "Subfirma" seien dem Beschwerdeführer zuzurechnen wie die Arbeiten durch Mitarbeiter der B GmbH, da der Beschwerdeführer die "seine Gesellschaft" als Bauführer treffende öffentlich-rechtliche Verpflichtung durch die privatrechtliche Beauftragung einer "Subfirma" nicht übertragen könne. Bedingter Vorsatz sei anzunehmen, denn der Beschwerdeführer habe geradezu damit rechnen müssen, dass die "Subfirma M" mangels Beauftragung der B GmbH mit den der Baubewilligung entsprechenden Isolierungsmaßnahmen und der daher diesbezüglich auch nicht erfolgten Beauftragung der "Subfirma" diese Maßnahmen auch nicht setzen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte Ersatz der Kosten des Vorlageaufwandes und nahm im Übrigen von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, ohne Vorliegen eines entsprechenden Tatbestandes nicht wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 123 iVm § 135 BO bestraft zu werden, als verletzt. Er legt insbesondere dar, dass dem Bauherrn ausdrücklich Abdichtungen angeboten worden seien, dieser sie jedoch mit dem Hinweis, er werde sie selbst vornehmen, aus dem Auftrag "wieder herausgenommen" habe. Es sei daher nicht im Bereich des Beschwerdeführers gelegen, dass der Bauherr offensichtlich tatsächlich die erforderlichen Abdichtungsarbeiten nicht anderweitig vergeben habe. Ein Verschulden des Beschwerdeführers liege daher nicht vor.

Gemäß § 135 Abs. 1 BO sind Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis EUR 21.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

§ 123 Abs. 1 BO lautet:

"§ 123. (1) Bei Bauarbeiten muß jede Gefährdung und jede unnötige Belästigung durch Lärm, üblen Geruch und Staubentwicklung vermieden werden. Nötigenfalls sind Schutzdächer, Schutzmatten, Bauplanken, Abdeckungen oder Abschrankungen, Großbehälter für den Bauschutt (Container) u.ä. vorzusehen. Während der Dunkelheit sind Gefahrenstellen zu beleuchten."

§ 124 BO lautet auszugsweise:

"§ 124. (1) Der Bauwerber hat sich zur Ausführung aller nach § 60 bewilligungspflichtigen und nach § 62 anzeigepflichtigen Bauarbeiten eines Bauführers zu bedienen, der nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften zur erwerbsmäßigen Vornahme dieser Tätigkeit berechtigt ist.

...

(3) Legt ein Bauführer die Bauführung zurück, hat er dies der Behörde unverzüglich anzuzeigen. Der Bauwerber ist verpflichtet, binnen zwei Wochen einen neuen Bauführer zu bestellen und der Behörde namhaft zu machen, und hat dafür Sorge zu tragen, daß der neue Bauführer sämtliche vom Bauführer zu unterfertigenden, bei der Behörde aufliegenden Unterlagen unterfertigt. Bis zur Bestellung eines neuen Bauführers hat der bisherige Bauführer alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen vorzukehren. Wenn der bisherige Bauführer die Sicherungsmaßnahmen nicht treffen kann, ist der Bauwerber verpflichtet, bis zur Bestellung eines neuen Bauführers für die Vornahme der notwendigen Sicherungsmaßnahmen einstweilige Vorsorge zu treffen.

..."

§ 125 Abs. 1 BO hat folgenden Wortlaut:

"§ 125. (1) Bei der Bauausführung sind verantwortlich:

a) für die Einhaltung der Baupläne, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen, sowie aller Auflagen der Baubewilligung, für die werksgerechte Bauausführung, für die Tauglichkeit der verwendeten Baustoffe und Konstruktionen sowie überhaupt für die Einhaltung aller auf die Bauführung Bezug habenden Vorschriften dieses Gesetzes, seiner Nebengesetze und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen der Bauführer;

b) falls die Bauführung mehreren, unter der Leitung des Bauführers selbständig tätigen Bauausführenden obliegt, neben dem Bauführer für die Verwendung der den Plänen und den Berechnungen zugrunde gelegten Baustoffe sowie für die bewilligungs- und bauordnungsgemäße Ausführung auch der jeweilige Bauausführende."

Der angefochtene Bescheid erweist sich bereits aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2 VStG) bestellt sind, strafrechtliche verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die belangte Behörde hat der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Damit hat sie den Spruch dieses Straferkenntnisses auch zum Inhalt des hier in Beschwerde gezogenen Bescheides gemacht.

§ 44a Z 1 VStG erfordert u.a., dass im Spruch des Bescheides gegebenenfalls auch die im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG maßgebliche juristische Person, die Personengesellschaft des Handelsrechts oder die eingetragene Erwerbsgesellschaft, zu deren Vertretung nach außen der Beschuldigte berufen ist, genannt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/18/0440, und vom , Zl. 2004/02/0368).

Dem Spruch ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer die Tat in seiner Eigenschaft als "handelsrechtlicher Geschäftsführer des Bauführers" angelastet wurde. Zwar findet sich im Spruch auch eine Angabe des Sitzes des Bauführers, es ist aber aus dem Spruch nicht ersichtlich, welcher Rechtsträger Bauführer gewesen ist. Abgesehen davon, dass eine Bezeichnung dieses Rechtsträgers im Spruch unbedingt erforderlich gewesen wäre, zeigt der vorliegenden Fall auch deutlich, dass einer solchen Bezeichnung eine besondere Bedeutung zukommt. In Rede stehen nach den Verwaltungsakten nämlich neben einer Tätigkeit bzw. Untätigkeit der "B GmbH" auch eine solche der "M" bzw. eine solche des Bauherrn.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am