VwGH vom 03.05.2012, 2010/06/0156
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Senatspräsidentin Dr. Berngger sowie den Hofrat Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des P M in S, vertreten durch Dr. Christof Herzog, Rechtsanwalt in 9560 Feldkirchen, 10. Oktober-Straße 12, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 7-B-BRM- 1201/3/2010, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. M H in S, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8/1;
2. Gemeinde S in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Der Erstmitbeteiligte suchte mit Eingabe vom bei der mitbeteiligten Gemeinde (dort eingelangt am ) um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaues zum bestehenden Hotel und für die Errichtung einer Solaranlage auf dem Grundstück Nr. 397/2, KG S., an. Anlässlich der am durchgeführten mündlichen Bauverhandlung erhob der Beschwerdeführer Einwendungen. Insbesondere machte er geltend, die Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom betreffend den Teilbebauungsplan "XY" wäre rechtswidrig, da es für das gesamte Gemeindegebiet einen Textlichen Bebauungsplan gäbe. Es sei für das Bauvorhaben in einer kleineren Variante bereits ein Bescheid ergangen. Die Geschoßflächenzahl (GFZ) sei auf dem Baugrundstück bereits derzeit überschritten. Sie würde 0,71 betragen und somit über der im textlichen Bebauungsplan der mitbeteiligten Gemeinde festgelegten GFZ von 0,6 liegen. Es müsste auch von Amts wegen eine Überprüfung der Bruttogeschoßflächenzahl erfolgen.
Der hochbautechnische Amtssachverständige Dipl.-HTL-Ing. H. Q. stellte u.a. fest, dass die bauliche Ausnutzung nach der eingereichten Beschreibung 0,74 betrage, damit werde die im Teilbebauungsplan "XY" in § 3 mit 0,8 festgesetzte GFZ eingehalten.
Die Bürgermeisterin der mitbeteiligten Gemeinde erteilte dem angeführten Bauvorhaben mit Bescheid vom auf dem angeführten Baugrundstück nach Maßgabe der Ausführungspläne und der Baubeschreibung vom die Baubewilligung. Sie führte zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die zulässige bauliche Ausnutzung des Baugrundstückes aus, dass der geltende Teilbebauungsplan "XY" für das Baugrundstück eine GFZ von 0,8 zulasse. Diese werde durch das Bauvorhaben nicht überschritten.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom als unbegründet ab.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte - soweit es beschwerderelevant ist - aus, dass im vorliegenden Baubewilligungsverfahren der Teilbebauungsplan "XY" vom zur Anwendung komme. Verwaltungsbehörden hätten geltende Gesetze und Verordnungen anzuwenden. Weiters könne ein Bauwerber für ein Grundstück für verschiedene Projekte Baubewilligungen erwerben.
Bezüglich des geltend gemachten Rechtes auf Einhaltung der Geschoßflächenzahl, das nach Ansicht des Beschwerdeführers verletzt werde, sei im Rahmen des Vorstellungsverfahrens nochmals eine gutachterliche Überprüfung der Bruttogeschoßfläche bzw. der GFZ vorgenommen worden. Vorauszuschicken sei, dass für die Berechnung der Bruttogeschoßfläche der vorhandene Baubestand und das projektierte Vorhaben heranzuziehen seien. Unter "vorhandenem Baubestand" verstehe der Verwaltungsgerichtshof die zulässigerweise errichteten baulichen Anlagen. Somit sei von jenem Bestand auszugehen, der entweder behördlich bewilligt worden sei, oder dessen rechtmäßiger Bestand nach § 54 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) vermutet werde. Gemäß § 23 Abs. 3 lit. c K-BO 1996 sei dem Nachbarn ausdrücklich ein Recht auf Einhaltung von Bestimmungen des Bebauungsplanes über die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes eingeräumt. Nach § 3 des angeführten Teilbebauungsplanes sei die GFZ mit 0,8 festgelegt. Der Amtssachverständige habe in seinem bautechnischen Gutachten vom schlüssig und nachvollziehbar eine GFZ von 0,783 ermittelt. Die maximal zulässige GFZ von 0,8 werde daher eingehalten, sodass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung der GFZ nicht verletzt worden sei.
Ergänzend werde angemerkt, es sei auf Grund dessen, dass in den genehmigten Bestandsplänen der Geländeverlauf der Anschüttung im nördlichen Bereich des "Hotels 2" nicht vollkommen nachvollziehbar dargestellt werde, das gesamte erste Obergeschoß in die Berechnung der Bruttogeschoßfläche miteinbezogen worden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall kommt die Kärntner Bauordnung 1996 - K-BO 1996, LGBl. Nr. 62, in der Fassung LGBl. Nr. 16/2009 zur Anwendung.
Gemäß § 23 Abs. 2 lit. a) K-BO 1996 sind Anrainer die Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke.
Gemäß § 23 Abs. 3 lit. c) K-BO 1996 kommt dem Anrainer u. a. Nachbarrecht in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes zu. Der Beschwerdeführer hat rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen über die zulässige Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes geltend gemacht.
Der Beschwerdeführer ist mit seinen nördlich und östlich an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücken Anrainer im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. a) K-BO 1996.
Der Beschwerdeführer macht auch in der Beschwerde geltend, dass nach dem Textlichen Bebauungsplan der mitbeteiligten Gemeinde vom eine GFZ von 0,6 für das Baugrundstück festgelegt worden sei. Die Baubehörde habe kurz nach Einlangen des angeführten Bauansuchens des Erstmitbeteiligten vom mit Verordnung vom den angeführten "Teilbebauungsplan XY" erlassen, nach welchem u.a. für das Baugrundstück die GFZ mit 0,8 festgelegt worden sei. Er habe dazu im Verfahren vorgebracht, dass die zuletzt genannte Verordnung rechtswidrig ergangen sei und daher bei der Beurteilung des Bauansuchens von der GFZ von 0,6 auszugehen sei. Der Bebauungsplan aus dem Jahre 1996 sei nie aufgehoben worden, für den angeführten Teilbebauungsplan fehle daher die Grundlage.
Dazu ist auszuführen, dass der Gemeinderat gemäß § 24 Abs. 1 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz - K-GplG 1995, LGBl. Nr. 23, in der Stammfassung für die als Bauland gewidmeten Flächen mit Verordnung Bebauungspläne zu erlassen hat. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist für das gesamte als Bauland gewidmete Gemeindegebiet ein textlicher Bebauungsplan zu erlassen, in dem jedenfalls die Bebauungsbedingungen nach § 25 Abs. 1 K-GplG 1995 festzulegen sind. Gemäß § 24 Abs. 3 K-GplG kann für einzelne Grundflächen oder für zusammenhängende Teile des Baulandes ein Teilbebauungsplan erlassen werden, wenn das zur Sicherstellung einer geordneten Bebauung erforderlich ist. Im Teilbebauungsplan dürfen neben den Bebauungsbestimmungen nach § 25 Abs. 1 auch jene nach § 25 Abs. 2 K-GplG 1995 festgelegt werden; diese Festlegungen dürfen nach Abs. 3 dieser Bestimmung vom textlichen Bebauungsplan abweichen.
Aus diesen Bestimmungen des K-GplG 1995 ergibt sich, dass neben dem für ein Gemeindegebiet erlassenen textlichen Bebauungsplan u.a. für einzelne Grundflächen ein Teilbebauungsplan, wie es im vorliegenden Fall u.a. für das Baugrundstück erfolgt ist, erlassen werden kann. Dieser Teilbebauungsplan ist - wie dies in der Einleitung dieser Verordnung angeführt wird - eine Ergänzung des für das Gemeindegebiet erlassenen textlichen Bebauungsplanes. Alle Regelungen des textlichen Bebauungsplanes, die durch den Bebauungsplan nicht geändert werden, bleiben - wie dies in der Einleitung der Verordnung festgehalten wird - vollinhaltlich aufrecht. Nach dem angeführten Teilbebauungsplan ist für das verfahrensgegenständliche Baugrundstück gemäß § 3 dieser Verordnung die bauliche Ausnutzung des Grundstückes mit maximal 0,8 festgelegt. Diese GFZ hält das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben im Zusammenhalt mit dem rechtmäßigen Baubestand auf dem Baugrundstück ein. Dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Die belangte Behörde hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Hinblick auf den bei der Ermittlung der GFZ zu berücksichtigenden Baubestand auf dem Baugrundstück auf den rechtmäßigen Baubestand in dem Sinne ankommt, dass für diesen eine Baubewilligung vorliegt bzw. ein rechtmäßiger Bestand nach § 54 K-BO 1996 zu vermuten ist. Auf davon abweichende tatsächliche Gegebenheiten des Baubestandes, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, ist bei der Ermittlung der baulichen Ausnutzung eines Baugrundstückes keine Rücksicht zu nehmen.
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, der nach der Bauansuchensverordnung gebotene Nachweis der Wasserversorgung sei nicht erbracht worden. Gemäß § 7 Abs. 2 lit. h der Bauansuchensverordnung sei mit dem Ansuchen eine Darstellung der Anlagen für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung zu erbringen. Dies sei nicht erfolgt. Es sei nicht ausreichend, wenn im Ansuchen vermerkt werde, dass die Wasserversorgung privat erfolge. Die Wasserleitung zu dem Bauvorhaben führe weiters über ihm gehörige Grundstücke und habe er sich gegen eine Erweiterung der Dienstbarkeit ausgesprochen.
Dazu genügt es einerseits festzustellen, dass dem Nachbarn gemäß § 23 Abs. 3 K-BO 1996 betreffend die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben kein Nachbarrecht zukommt (vgl. dazu die in Hauer/Pallitsch , Kärntner Baurecht4, S 268, in E. 125 ff angeführte hg. Judikatur). Andererseits handelt es sich bei dem Argument, dass die Wasserleitung für das Bauvorhaben über sein Grundstück führe und er einer Erweiterung der Dienstbarkeit nicht zustimme, um eine privat-rechtliche Einwendung, für die die ordentlichen Gerichte zuständig sind.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, da sie nicht rechtsanwaltschaftlich vertreten war (siehe § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG).
Wien, am