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VwGH vom 30.04.2014, 2012/11/0147

VwGH vom 30.04.2014, 2012/11/0147

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des F S in W, vertreten durch Dr. Peter Bibiza, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 12/6, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK - 41550/1031-IV/9/2011, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalls - der Beschwerdeführer macht geltend, eine ihm am verabreichte "Polio-Salk-Impfung" habe näher beschriebene Krankheitszustände verursacht - wird auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/08/0219, und vom , Zl. 2005/11/0102, verwiesen.

Am stellte der Beschwerdeführer - unter Hinweis auf die Änderung der Rechtslage durch die Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 - neben einem Wiederaufnahmeantrag an die belangte Behörde einen neuerlichen Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung nach dem Impfschadengesetz. Es habe sich auch der Sachverhalt gegenüber den Vorentscheidungen insofern geändert, als sich herausgestellt habe, dass er an einer impfbedingten Konversionsneurose leide.

In der von der belangten Behörde eingeholten nervenfachärztlichen Stellungnahme Dris. Ma vom wird nach Hinweis auf frühere Gutachten - zusammengefasst - ausgeführt, es lägen keine den früheren Gutachten (wonach die Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers in keinem Kausalzusammenhang mit der Impfung stehe) widersprechenden Befundergebnisse vor. Die belangte Behörde wies daraufhin den Wiederaufnahmeantrag mit Bescheid vom ab.

Im Verfahren über den neuerlichen Antrag vom veranlasste die Erstbehörde, das Bundessozialamt (BSA), die Erstellung eines (neuerlichen) Sachverständigengutachtens durch Dr. Le (Allgemeine Medizin). In dessen auf Basis von Aktenstudium und einer Untersuchung des Beschwerdeführers vom erstellten Gutachten wird (zusammengefasst) Folgendes ausgeführt:

Beim Beschwerdeführer liege eine Konversionsneurose vor, die sich in zahlreichen psychischen Auffälligkeiten wie Angstzuständen, Verhaltensstörungen, Durchfallneigung sowie Elektro- und Chemikaliensensibilität zeige und deren Symptome weder als Impfreaktion noch als Impfkomplikation bekannt seien. Aus allgemeinmedizinischer Sicht gebe es keinen Befund, der für einen Zusammenhang zwischen der Gesundheitsschädigung und der Impfung spreche, vielmehr sprächen alle im Akt liegenden Befunde "100 %ig" gegen einen solchen Zusammenhang; es spreche "alles gegen einen ursächlichen Zusammenhang".

Zu den weiteren vom Beschwerdeführer geltend gemachten impfbedingten Gesundheitsschädigungen (Myocardschaden, Lähmung mit Parästhesien im Gesicht) nahm Dr. Le in seinem Ergänzungsgutachten vom (zusammengefasst) dahin Stellung, dass beim Beschwerdeführer aus allgemeinmedizinischer Sicht weder ein Myocardschaden noch Lähmungen bzw. Parästhesien vorlägen.

Der Beschwerdeführer machte dagegen unter Vorlage weiterer Befunde im Wesentlichen geltend, es sei erforderlich, einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet für Innere Medizin zu bestellen.

Das BSA veranlasste daraufhin die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet Innere Medizin durch Dr. Sc, der in seinem Gutachten vom auf Basis des Akteninhalts und einer Untersuchung des Beschwerdeführers (zusammengefasst) zum Ergebnis kam, aus der Anamnese, der klinischen Untersuchung und dem EKG-Befund lasse sich kein Hinweis auf einen Myocardschaden ableiten.

Der Beschwerdeführer machte dazu in seiner Stellungnahme vom (auf das Wesentliche zusammengefasst) Folgendes geltend:

Der nervenfachärztlichen Stellungnahme Dris. Ma (die Konversionsneurose sei nicht impfbedingt) sei keine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers zu Grunde gelegen. Aus früheren Untersuchungen ergäben sich Hinweise auf eine - impfbedingte - Sensibilitätsstörung im Gesicht. Weiter vorgelegte Unterlagen belegten nach Auffassung des Beschwerdeführers das Vorliegen eines Myocardschadens.

Mit Bescheid vom wies das BSA den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Entschädigung gemäß §§ 1b und 3 des Impfschadengesetzes ab.

Nach einer Darlegung der Rechtslage führte das BSA (zusammengefasst) Folgendes aus: Der Beschwerdeführer leide, wie sich aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. Le und der dazu von der leitenden Ärztin des BSA, Dr. Ar, abgegebenen Stellungnahme ergeben habe, an einer Konversionsneurose, die in keinem Kausalzusammenhang zur Impfung stehe.

Im Weiteren führte das BSA (näher begründet) aus, es lägen weder ein Myocardschaden noch Parästhesien vor.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er sich - im Wesentlichen unter Auseinandersetzung mit einzelnen EKG-Befunden - gegen die Feststellung wandte, es liege bei ihm kein Myocardschaden vor.

Die belangte Behörde bestellte daraufhin einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet Innere Medizin (Dr. Re). Im Gutachten dieses Sachverständigen vom (vgl. AS 392/107 bis AS 392/120) wird - zusammengefasst - ausgeführt, eine Herzerkrankung bzw. -schädigung sei nicht objektivierbar, es liege kein Leidenszustand aus dem internistischkardiologischen Bereich vor; der Sachverständige führte - mit näherer Begründung - aus, die Einwände des Beschwerdeführers und die von ihm vorgelegten Unterlagen änderten nichts an dieser Beurteilung.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Die belangte Behörde gab den wesentlichen Inhalt des von ihr eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. Re wieder und legte dar, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme dazu - unter Wiedervorlage von im Verfahren bereits vorgelegten Unterlagen - geltend gemacht habe, das Gutachten sei mangelhaft und die EKGs seien fehlinterpretiert worden. Zudem habe der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Auszugs einer Studie betreffend den "Vergleich des Gesundheitszustandes der Bevölkerung und von Ungeimpften" erstmals das Leiden COPD (als weiteres internes Leiden) als durch die angeschuldigte Impfung verursacht vorgebracht.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde die maßgebende Rechtslage dar und führte aus, das von ihr eingeholte Gutachten Dris. Re sei schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Der Sachverständige habe darin begründet, warum weder einer Herzerkrankung noch eine Herzschädigung objektivierbar sei. Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Symptome seien auf eine neurotische Verhaltensstörung zurückzuführen. Keines der Krankheitsbilder entspreche dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen das Gutachten (im Wesentlichen eine Wiederholung des Berufungsvorbringens ohne Vorlage neuer medizinischer Beweismittel) hätten dieses nicht entkräften können. Es komme aber auch der vorgelegten Tabelle betreffend "Vergleich des Gesundheitszustands der Bevölkerung und von Ungeimpften" keine Relevanz zu, weil kein Bezug zur angeschuldigten Impfung hergestellt werde und als Vergleichsgrundlage die gesamte generell geimpfte Bevölkerung herangezogen werde. Diesem Artikel sei die ablehnende Haltung des Autors gegenüber Impfungen zu entnehmen; Anhaltspunkte für die im Beschwerdefall vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung fänden sich darin nicht.

Da der notwendige Grad an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen den bestehenden bzw. behaupteten Gesundheitsschädigungen und der angeschuldigten Impfung nicht objektivierbar sei, liege kein Impfschaden vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage und der Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung in einem Verfahren auf Zuerkennung einer Impfschadenentschädigung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2013/11/0081 und 2011/11/0180, und vom , Zl. 2011/11/0114, verwiesen.

Daraus ist hervorzuheben, dass nach der - auch im Beschwerdefall anzuwendenden - Rechtslage nach der Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz schon im Fall der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht, weshalb zu überprüfen ist, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.

2. Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass die belangte Behörde die derart gebotenen Vorgaben nicht eingehalten hätte.

2.1. Die belangte Behörde hat - wie dargelegt - ihrer Entscheidung die Feststellung zu Grunde gelegt, der Beschwerdeführer leide an einer nicht impfbedingten Konversionsneurose; die weiteren von ihm geltend gemachten Gesundheitsschädigungen lägen nicht vor.

Soweit die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts pauschal und ohne nähere Darlegung davon ausgeht, es lägen beim Beschwerdeführer doch durch die Impfung verursachte Gesundheitsschädigungen vor (insbesondere eine Herzerkrankung), entfernt sie sich von den getroffenen Feststellungen und ist deshalb nicht zielführend.

2.2. Gleiches gilt für das Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerdevorbringen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann einen Verfahrensmangel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit c VwGG nur aufgreifen, wenn von der beschwerdeführenden Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof konkret dessen Relevanz dargetan wird. Die Beweiswürdigung ist nach ständiger Rechtsprechung ein Denkprozess, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um dessen Schlüssigkeit bzw. darum handelt, ob die Beweisergebnisse, die dabei gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/03/0054, mwN).

Das Beschwerdevorbringen legt weder einen relevanten Verfahrensmangel noch eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung dar.

Welche vom Beschwerdeführer geschilderten "zahlreichen anderen Beschwerden" (als die im Verwaltungsverfahren erörterten) denn vorlägen und warum sie von der in Rede stehenden Impfung verursacht worden seien, wird von der Beschwerde ebenso wenig konkretisiert wie die Relevanz des behaupteten Umstands, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Laborbefunde "in jede erdenkliche relevante Richtung hin befunden zu lassen".

Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, welche anderen ihrer Auffassung nach "gleichwertigen Beweisergebnisse" die belangte Behörde, die sich auf die eingeholten Sachverständigengutachten - denen der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist - gestützt hat, zu würdigen unterlassen habe.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-73307