TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 04.03.2008, 2005/05/0316

VwGH vom 04.03.2008, 2005/05/0316

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der H in Wien, vertreten durch Gabler Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl-Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB- 170/04, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Parzelle 11a der Kleingartenanlage "Miss in Kögeln" in der KG Ober St. Veit. Nach dem mit dem Bewilligungsvermerk vom versehenen Bauplan ist ein Kleingartenhaus im Ausmaß von 35 m2 (7,00 m x 5,00 m) mit einer unterkellerten Terrasse im Ausmaß von 16,31 m2 (7,00 m x 2,33 m) konsentiert.

Anlässlich der am durchgeführten Augenscheinsverhandlung wurde festgestellt, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ein unterkellertes Kleingartenwohnhaus in Massivbauweise im Ausmaß von 41,86 m2 (7,68 m x 5,45 m) mit einem Anbau in Holzbauweise an der Nordseite des Gebäudes im Ausmaß von 10,87 m2 (5,72 m x 1,90 m) und einer Höhe von ca. 2,20 m errichtet wurde, wodurch das Gesamtausmaß der bebauten Fläche 52,73 m2 beträgt. An der Südseite des Gebäudes wurde eine unterkellerte Terrasse im Ausmaß von 28,42 m2 (7,68 m x 3,70 m) errichtet. Weiter wurde an der Südseite der Terrasse das bestehende Gelände bis zu einer Höhe von ca. 1,70 m abgegraben, sodass das Kellergeschoss über das anschließende Gelände ragt.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 10 BauO für Wien aufgetragen, dieses vorschriftswidrige Kleingartenwohnhaus binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Das gegenständliche Gebäude weiche in seiner Gesamtlänge, Gesamtbreite und bebauter Fläche vom bewilligten Bauplan derart ab, dass ein "aliud", somit ein anderes Gebäude als ursprünglich bewilligt, errichtet worden sei. Für den gegenständlichen Kleingarten sei nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan die Widmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" festgesetzt, weshalb die bebaute Fläche nicht mehr als 35 m2 betragen dürfe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Für das verfahrensgegenständliche Kleingartenwohnhaus liege eine rechtskräftige Baubewilligung vor, nach welcher das Gebäude auch errichtet worden sei. Sie bestritt die Überschreitung der Baufläche, weil eine zusätzliche Wärmedämmung angebracht worden sei und diese gemäß § 23 Abs. 5 Wiener Kleingartengesetz nicht in die Kubatur und die Fläche bei bestehenden Baulichkeiten einzurechnen sei. Unter Berücksichtigung dieser Wärmedämmung ergebe sich beim Haus keine Überschreitung der zulässigen Fläche. Der Anbau sei ein an einer Seite offenes Nebengebäude, dessen Fläche gemäß § 12 Abs. 4 Wiener Kleingartengesetz nicht mit einzuberechnen sei. Der Keller bleibe als unterirdischer Gebäudeteil gemäß § 80 Abs. 1 BauO für Wien unberücksichtigt. Auch ein nicht überdachter Kellerabgang sei gemäß § 12 Abs. 5 Wiener Kleingartengesetz nicht einzuberechnen. Es läge folglich kein "aliud" vor und der Abtragungsauftrag sei nicht gerechtfertigt. Ungerechtfertigt sei der Auftrag jedenfalls hinsichtlich des Gesamtgebäudes, soweit durch eine Veränderung eine Einhaltung der Baubestimmungen möglich wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach einem ergänzenden Ermittlungsverfahren unter Beiziehung der Beschwerdeführerin die Berufung als unbegründet ab. Sie verwies auf die festgestellten und durch Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom und bestätigten Abweichungen vom Konsens. Ergänzend wurde festgestellt, dass die Abgrabung an der Südseite in Höhe von 1,70 m bewirkte, dass der unter der Terrasse errichtete Keller an der gesamten Front im Ausmaß der angeführten Geländeabgrabung über das anschließende Gelände rage. An dieser Front seien, was sich auch aus den im Akt erliegenden Fotos ergebe, Fenster eingebaut worden.

Die Ausführung des Hauptgebäudes (Länge 5,45 m statt 5,00 m und Breite 7,68 m statt 7,00 m) sei eine Vorschriftswidrigkeit im Sinne des § 129 Abs. 10 BauO für Wien. Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Bestimmung des § 23 Abs. 5 Wiener Kleingartengesetz finde schon deshalb keine Anwendung, weil sich diese Übergangsbestimmung auf Gebäude beziehe, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am bereits bestanden hätten. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei das Haus aber entsprechend der im Jahr 2002 erwirkten Baubewilligung neu errichtet worden.

Zum Anbau an der Nordseite des Kleingartenwohnhauses führte die belangte Behörde aus, dass es sich um einen raumbildenden Zubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BauO für Wien handle, der auf Grund seiner Fläche von 10,87 m2 weder ein Nebengebäude im Sinne des § 2 Abs. 9 Wiener Kleingartengesetz noch ein Nebengebäude im Sinne des § 12 Abs. 4 Wiener Kleingartengesetz zur Unterbringung von Fahrrädern sei (dass der Anbau an einer Schmalseite offen ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom ; aus den vorliegenden Fotos ist auch zu entnehmen, dass er durch eine Zwischenwand unterteilt ist). Nach Auffassung der belangten Behörde sei der Anbau der höchstzulässig bebaubaren Fläche hinzuzurechnen, sodass sich insgesamt ein Flächenausmaß von 52,73 m2 ergebe, welches selbst bei der Widmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" nicht zulässig wäre.

Auch mit der Terrasse einschließlich des darunter befindlichen Kellers werde das bewilligte Ausmaß um ca. 12 m2 überschritten. Der Keller samt Terrasse widerspreche den Bestimmungen der §§ 15 Abs. 6 und 16 Abs. 2 Wiener Kleingartengesetz. Selbst ohne Berücksichtigung des Holzanbaues weiche das errichtete Kleingartenhaus samt dem hergestellten Keller von dem als bewilligt geltenden Einreichplan in der Länge und Breite sowie der bebauten Fläche derart wesentlich ab, dass es von dem als bewilligt geltenden Vorhaben nicht gedeckt sei und somit rechtlich ein "aliud" darstelle. Da von einer geringfügigen Überschreitung des bewilligten Vorhabens keine Rede sein könne, sei, zumal ein anderes Gebäude als ursprünglich bewilligt ausgeführt worden sei, die Abtragung des gesamten Gebäudes aufzutragen gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde gegen diesen Bescheid mit Beschluss vom , B 691/05-4, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, das Kleingartenhaus nicht entfernen zu müssen; sie begehrt die Aufhebung des bekämpften Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das der Beschwerdeführerin gehörende Grundstück, auf welchem das vom Bauauftrag erfasste Gebäude errichtet wurde, ist als "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" gewidmet. Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz (in der Fassung LGBl. Nr. 10/2003; WKlG) ist dieses Gesetz auf Gebiete mit der Flächenwidmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" und "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Fläche anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes gilt, soweit darin nicht anderes bestimmt ist, auch für Bauvorhaben, auf welche dieses Gesetz anzuwenden ist, die Bauordnung für Wien (BO). Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben; ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Das im Beschwerdefall anzuwendende WKlG ist eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 BO.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass das errichtete Fertigteilhaus sowohl dem Plan als auch der Errichtung nach den Vorgaben des WKlG voll entspreche, da es eine Grundfläche von 35 m2 aufweise. Es beziehe seine Energie aus Erdwärme und sei als "Niedrigenergiehaus" besonders umweltschonend mit einer den Anforderungen entsprechenden Außenisolierung ausgestattet, sodass sich die Gesamtfläche auf das festgestellte Ausmaß erhöhe. Gemäß § 23 Abs. 5 WKlG sei eine derartige Wärmedämmung nicht in die Kubatur und die Fläche der Baulichkeit einzurechnen.

§ 23 Abs. 5 WKlG lautet:

"(5) Wird zusätzlich an ein Gebäude, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits bestanden hat oder bewilligt war, eine Wärmedämmung angebracht, ist das hiefür erforderliche Ausmaß weder auf die bebaute Fläche noch auf die zusätzliche Kubatur anzurechnen."

Wie schon in der Berufung hat die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde angegeben, dass sie auf Grund der rechtskräftigen Baubewilligung aus dem Jahr 2002 das Fertigteil-Kleingartenhaus errichtet habe. Gemäß § 24 Abs. 1 WKlG ist dieses Gesetz am in Kraft getreten. Ein Fall der Übergangsbestimmungen, wie sie in § 23 dieses Gesetzes enthalten sind, liegt somit nicht vor.

Gemäß § 8 Abs. 1 WKlG ist für Neu-, Zu- und Umbauten von im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" liegenden Kleingartenhäusern eine Baubewilligung nach Maßgabe der entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlich. Die hier erfolgte Ausführung ist sowohl an der Längs- als auch an der Breitseite größer als das im Jahr 2002 bewilligte Vorhaben. Die von § 8 Abs. 1 WKlG geforderte Baubewilligung für diese Ausführung wurde nicht erteilt. Der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung bislang nicht erwirkt worden ist, ist daher gemäß § 129 Abs. 10 BO zu beseitigen.

Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, bei dem 10,87 m2 großen Holzanbau handle es sich um zwei ca. gleich große Teilbereiche, von denen der eine eine nach einer Seite hin offene Dachkonstruktion zum Unterstellen von Fahrrädern darstelle. Der andere sei eine ca. 5 m2 große strom- und heizungslose Holzhütte, die bloß vom Garten begehbar sei.

§ 2 Abs. 9 WKlG lautet:

"Nebengebäude sind Gebäude ohne Aufenthaltsräume von

höchstens 5 m2 bebauter Grundfläche und einer Gebäudehöhe von

höchstens 3 m."

§ 12 Abs. 3, 4 und 5 WKlG lautet:

"(3) Nebengebäude sind in die bebaute Fläche einzurechnen.

(4) Zur Unterbringung von Fahrrädern ist zusätzlich ein freistehendes, fensterloses, nicht unterkellertes Nebengebäude zulässig, dessen Bodenfläche 5 m2 und dessen oberster Abschluss 2,20 m nicht übersteigen darf; dieses Nebengebäude ist in die bebaute Fläche nicht einzurechnen.

(5) Vordächer und Dachvorsprünge bis zu einer Ausladung von höchstens 70 cm, Balkone bis zu einer Ausladung von höchstens 1,20 m und nicht überdachte Kellerabgänge werden der bebauten Fläche des Kleingartens nicht zugerechnet. Werden diese Maße überschritten, sind diese Bauteile im Ausmaß der Überschreitung der bebauten Fläche des Kleingartens zuzurechnen."

Das durchgeführte Verwaltungsverfahren bietet, auch unter Bedachtnahme auf die schriftlichen Äußerungen der Beschwerdeführerin, keinen Hinweis darauf, dass hier zwei selbstständige Nebengebäude vorliegen würden; ob das 10,87 m2 große Gebäude durch eine Zwischenwand getrennt ist, ist daher ohne Belang. Entscheidend ist allein, dass die 5 m2-Grenze jedenfalls überschritten wird, sodass, auch wenn Nebengebäude und Nebengebäude zur Unterbringung von Fahrrädern auf Grund Nichtaufzählung in § 8 WKlG nicht bewilligungspflichtig sind, eine Unzulässigkeit und damit eine Vorschriftswidrigkeit im Sinne des § 129 Abs. 10 BO gegeben ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0121).

Das Vorhandensein eines nicht überdachten Kellerabganges, welcher gemäß § 12 Abs. 5 WKlG nicht einrechenbar wäre, kann den vorliegenden Plänen und Fotos nicht entnommen werden. Die Beschwerdeführerin bringt zum Keller vor, die Abgrabungen der Südseite der unterkellerten Terrasse im Umfang von ca. 1,70 m seien auf Grund der Hangneigung des Geländes an der Liegenschaft erforderlich gewesen, wobei sich der Keller im Sinne des § 15 Abs. 6 WKlG vom Kleingartenhaus über die gesamte Terrasse erstrecke. Auch hierin liege kein Verstoß gegen die entsprechende Bestimmung.

Damit vermag die Beschwerdeführerin nicht zu widerlegen, dass die ausgeführte Terrasse das bewilligte Ausmaß um rund 12 m2 überschreitet.

§ 15 Abs. 6 WKlG lautet:

"(6) Keller von Kleingartenhäusern und Kleingartenwohnhäusern dürfen sich über das Kleingartenhaus und das Kleingartenwohnhaus hinaus auch unter die mit diesem verbundene Terrasse erstrecken."

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die mit dieser Bestimmung erlaubte Erstreckung eines Kellers unter die Terrasse selbstverständlich nur genehmigte Terrassen betrifft. Der genehmigte Einreichplan sah eine Unterkellerung nur bei der 16,31 m2 großen Terrasse vor. Auch insofern ist daher eine Vorschriftswidrigkeit im Sinne des § 129 Abs. 10 BO gegeben.

Die Beschwerde hält den in der Berufung erhobenen Einwand, es hätte allenfalls mit einem nur auf einen Teil bezüglichen Abbruchauftrag vorgegangen werden müssen, nicht mehr aufrecht. In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0307, gleichfalls ein Kleingartenhaus betreffend, hat der Verwaltungsgerichtshof auf seine Rechtsprechung verwiesen, wonach bei einem einheitlichen Bauwerk grundsätzlich der gesamte Bau Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages ist.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unberechtigt, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am