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VwGH vom 31.07.2006, 2005/05/0307

VwGH vom 31.07.2006, 2005/05/0307

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. des Mario Pinos und 2. der Edith Pinos, beide in Wien, vertreten durch Gabler Gibel & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 171/04, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstückes der Kleingartenanlage "Miss in Kögeln" in der KG Ober-Sankt-Veit. Für dieses Grundstück gilt zufolge des zur Zl. MA 37/13-Klg "Miss in Kögeln", P 11/2084/2002, eingereichten Bauplanes ein Kleingartenhaus im Ausmaß von 34,64 m2 (4,40 m x 7 m + 1,60 m x 2,40 m) gemäß § 71 Bauordnung für Wien (BO) als baubehördlich bewilligt.

Anlässlich einer am an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer ein Kleingartenwohnhaus in Massivbauweise im Ausmaß von ca. 41,35 m2 (6,40 m x 7,09 m - 1,65 m x 2,44 m) mit einem Anbau in Massivbauweise an der Südseite des Gebäudes im Ausmaß von ca. 5,44 m2 (ca. 3,40 m x 1,60 m) und einem Anbau in Holz-Glas-Konstruktion an der Westseite des Gebäudes im Ausmaß von ca. 11,63 m2 (ca. 4,08 m x 2,85 m) errichtet wurde. Das Gesamtausmaß der bebauten Fläche beträgt 58,41 m2.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) aufgetragen, das vorschriftswidrige Kleingartenwohnhaus auf ihrer Liegenschaft binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen. Begründend führte die belangte Behörde aus, entsprechend den vom beigezogenen bautechnischen Sachverständigen angefertigten zeichnerischen Darstellungen stehe zweifelsfrei fest, dass von den Beschwerdeführern anstelle des als bewilligt geltenden Kleingartenhauses im Ausmaß von 34,64 m2 ein Kleingartenwohnhaus in Massivbauweise im Ausmaß von 41,35 m2 samt einem Anbau in Massivbauweise an der Südseite des Gebäudes im Ausmaß von ca. 5,44 m2 und einem Anbau in Holz-Glas-Konstruktion an der Westseite des Gebäudes im Ausmaß von ca. 11,63 m2 errichtet worden sei. Die gesamte bebaute Fläche betrage ca. 58,41 m2. Selbst ohne Berücksichtigung der Anbauten in Massivbauweise und in Holz-Glas-Konstruktion entspräche somit das tatsächlich errichtete Gebäude nicht dem bewilligten Kleingartenhaus. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, es sei eine zusätzliche Wärmedämmung am Haus angebracht worden, die im Sinne des § 23 Abs. 5 Wiener Kleingartengesetz 1996 (in der Folge: WKlG 1996) in die bebaute Fläche nicht einzurechnen sei, ändere daran nichts. Gegenüber dem bewilligten Gebäude bestehe nämlich jedenfalls eine Vergrößerung des raumbildenden Gebäudes und der bebauten Fläche. Abgesehen davon, dass das tatsächlich errichtete Kleingartenwohnhaus gegenüber dem bewilligten Kleingartenhaus mit einem geänderten vergrößerten Grundriss hergestellt worden sei und dies nicht auf die Anbringung einer zusätzlichen Wärmedämmung zurückzuführen sei, übersehen die Beschwerdeführer, dass § 23 Abs. 5 WKlG 1996 im vorliegenden Fall keine Anwendung finde, weil sich diese Übergangsbestimmungen auf Gebäude beziehe, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WKlG 1996 am bereits bestanden hätten. Das vorliegende Kleingartenwohnhaus sei aber nach der im Jahre 2002 erwirkten Konsentierung neu errichtet worden. An dem tatsächlich errichteten Kleingartenwohnhaus seien zusätzlich noch Anbauten angebracht worden. Auch wenn der in Massivbauweise errichtete Anbau eine Höhe von weniger als 3 m aufweise und unterhalb der Fenster des ersten Stockwerkes ende, handle es sich bei diesem um kein Nebengebäude im Sinne des § 12 Abs. 4 WKlG 1996 zur Unterbringung von Fahrrädern, da dieser Anbau in Massivbauweise eine bebaute Fläche von 5,44 m2 aufweise und entsprechend den Ausführungen der Beschwerdeführer als Windfang fungiere. Auch die Herstellung des Anbaus in Holz-Glas-Konstruktion an der Gartenseite des errichteten Kleingartenwohnhauses sei in die bebaute Fläche mit einzuberechnen. Dieser Anbau sei von einer Holz-Glas-Konstruktion umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen. Auch wenn diese Holz-Glas-Konstruktion verschiebbare Glaselemente aufweise, handle es sich hierbei um einen raumbildenden Gebäudeteil, der im Sinne des § 80 Abs. 1 BO der bebauten Fläche hinzuzurechnen sei. Die im Sinne des § 80 BO ermittelte bebaute Fläche von insgesamt 58,41 m2 sei somit weder vom bewilligten Bauvorhaben gedeckt noch in der Widmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" gemäß § 12 Abs. 1 WKlG 1996 zulässig. Die Nutzung der Räumlichkeiten sei für die Ermittlung der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO nicht von Bedeutung. Das ausgeführte Kleingartenwohnhaus samt Anbauten stelle sich zum als bewilligt geltenden Bauvorhaben als "aliud" dar. Ein Abtragungsauftrag für Teile des Gebäudes käme nicht in Betracht.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 688/05-4, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, keinen Bauauftrag zu erhalten, verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie führen aus: Die größere Kubatur des Kleingartenhauses ergebe sich aus der von den Beschwerdeführern vorgenommenen "Rundum-Außenisolierung". Gemäß § 23 Abs. 5 WKlG 1996 sei eine derartige Wärmedämmung in die Kubatur bzw. Gesamtbaufläche nicht einzurechnen, sodass davon auszugehen sei, dass das bestehende Haus tatsächlich die widmungsrechtlich zulässige Größe aufweise. Unabhängig davon sei bei einer Gesamtfläche des Grundstückes von 330 m2 gemäß § 12 Abs. 1 WKlG 1996 die bebaute Fläche jedenfalls kleiner als 25 % der gesamten Kleingartenfläche. Bei der angebrachten Holz-Glas-Konstruktion handle es sich um eine Teilüberdachung der Terrasse, die vom Wohnraum durch eine witterungsfeste, versperrbare Glastüre sowie eine Außenjalousie abgetrennt sei und nicht durchgehende Glasflächen aufweise. Dieser Bereich sei für ein Bewohnen insbesondere im Winter nicht geeignet, da es sich um einen offenen Bereich im Freien mit einer Überdachung aus Holz und verschiebbaren Glaselementen handle. Es sei somit von einem vom Kleingartenhaus sowohl baulich als auch widmungsgemäß abgetrennten und eigenständigen Bestandteil auszugehen, der keine körperliche Einheit mit dem Kleingartenhaus darstelle. Der südseitige Anbau diene als "Windfang". Es handle sich hierbei um ein Nebengebäude im Sinne des § 12 Abs. 4 WKlG, welches nicht in die Gesamtbebauungsfläche einzurechnen sei. Im Beschwerdefall hätte kein Auftrag zum Abbruch des gesamten Gebäudes erlassen werden dürfen; im äußersten Fall wäre nur ein Rückbauauftrag hinsichtlich der baulichen Überschreitungen gerechtfertigt. Es wäre ausreichend, wenn die Holz-Glas-Konstruktion sowie der südseitige ca. 5 m2 große Anbau ("Windfang") beseitigt würden. Es verbliebe sodann eine ca. 41 m2 große Bebauungsfläche, die nach Abzug der Außenisolierung den zulässigen Rahmen gemäß WKlG 1996 (35 m2 Baufläche) einhalte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das den Beschwerdeführern gehörende Grundstück, auf welchem das vom Bauauftrag erfasste Gebäude errichtet wurde, ist als "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" gewidmet.

Gemäß § 1 WKlG 1996 ist dieses Gesetz auf Gebiete mit der Flächenwidmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" und "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Flächen anzuwenden.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt dann, wenn dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Bauordnung für Wien. Insbesondere findet auch die Bestimmung über die Behandlung vorschriftswidriger Bauten (§ 129 Abs. 10 BO) für die gegenständliche Fläche Anwendung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0168).

Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben und ist ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Anzeige nicht erwirkt worden ist, zu beseitigen.

Gemäß § 8 Abs. 1 WKlG 1996 ist für Neu-, Zu- und Umbauten von auf entsprechend gewidmeten Grundstücken errichteten Kleingartenhäusern eine Baubewilligung erforderlich.

Gemäß § 12 Abs. 1 WKlG 1996 darf das Ausmaß der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" nicht mehr als 35 m2 betragen. Die bebaute Fläche darf 25 v.H. der Fläche des Kleingartens nicht überschreiten.

Unstrittig steht fest, dass die bebaute Fläche des errichteten Kleingartenwohnhauses 35 m2 überschreitet. Für die Zulässigkeit der bebauten Fläche des Kleingartenwohnhauses im Beschwerdefall berufen sich die Beschwerdeführer auf die Übergangsbestimmung des § 23 Abs. 5 WKlG 1996.

§ 23 Abs. 5 leg. cit. hat folgenden Wortlaut:

"(5) Wird zusätzlich an ein Gebäude, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits bestanden hat oder bewilligt war, eine Wärmedämmung angebracht, ist das hiefür erforderliche Ausmaß weder auf die bebaute Fläche noch auf die zusätzliche Kubatur anzurechnen."

Gemäß § 24 Abs. 1 WKlG 1996 ist dieses Gesetz mit in Kraft getreten.

Als bebaute Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO gilt die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumerzeugenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumerzeugend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.

Da im Beschwerdefall zweifelsfrei fest steht, dass das von den Beschwerdeführern errichtete Kleingartenwohnhaus nach Inkrafttreten des Wiener Kleingartengesetzes 1996 errichtet wurde, ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die zitierte Übergangsbestimmung des § 23 Abs. 5 WKlG im Beschwerdefall nicht angewendet werden kann. Der umbaute Raum des von den Beschwerdeführern errichteten Kleingartenhauses widerspricht dem Konsens aus dem Jahre 2002. Für den von den Beschwerdeführern errichteten vorschriftswidrigen Bau war daher von der Baubehörde ein Beseitigungsauftrag im Sinne des § 129 Abs. 10 BO zu erteilen.

Bei einem einheitlichen Bauwerk ist grundsätzlich der gesamte Bau Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages; der Beseitigungsauftrag kann in einem solchen Fall daher nicht nur Teile der baulichen Anlage betreffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0130). Im Beschwerdefall ist, da das gesamte Kleingartenhaus vorschriftswidrig errichtet wurde, daher davon auszugehen, dass sich der Beseitigungsauftrag auf den gesamten Bau zu beziehen hat.

Hinzuweisen ist darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0118, bezüglich einer überdachten und mit einer Holz-Glas-Konstruktion umschlossenen Terrasse bereits festgehalten hat, dass es sich hierbei um einen Zubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO handelt.

Ein Zubau ist gemäß § 60 Abs. 1 lit. a sechster Satz BO eine Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben.

Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde daher auch den "Windfang" in rechtlich einwandfreier Weise als Zubau beurteilt und als raumbildende Maßnahme in die verbaute Fläche gemäß § 80 Abs. 1 BO eingerechnet.

Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am