VwGH vom 23.09.2010, 2010/06/0113

VwGH vom 23.09.2010, 2010/06/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des BM in S, vertreten durch Dr. Rudolf Schaller, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, Hauptplatz 9/2/13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 62-III/37882/09, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. BV in W, vertreten durch MV, ebendort), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der minderjährige, im Jahr 1998 geborene Mitbeteiligte ist das nichteheliche Kind der M.V. und des Beschwerdeführers. Der Mitbeteiligte führte ursprünglich den Familiennamen seiner Mutter, V., erhielt aber durch Namensänderung etwa vier Wochen nach seiner Geburt den Familiennamen des Vaters. Die Obsorge hinsichtlich des Mitbeteiligten kommt alleine der Mutter zu.

Mit dem Antrag vom beantragte der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, die Änderung seines Familiennamens in V. (Familiennamen der Mutter) mit der Begründung, dass der bislang geführte Familienname sehr schwer auszusprechen sei. Der am selben Tag vor der Behörde niederschriftlich vernommene Mitbeteiligte erklärte, dieser beabsichtigten Änderung zuzustimmen, er wolle so heißen wie seine Mutter.

Der im Ausland lebende Beschwerdeführer äußerte sich ablehnend. Das Kind, vertreten durch die Mutter, trat seiner ablehnenden Stellungnahme entgegen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom wurde antragsgemäß entschieden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und gesetzlicher Bestimmungen heißt es zur Begründung zusammengefasst, gemäß der Bestimmung des § 178 Abs. 1 ABGB wären die Äußerungen des Beschwerdeführers lediglich dann zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspreche. Gemäß der hier maßgeblichen Rechtslage genüge es, dass die Änderung des Namens dem Wohl des Kindes nicht abträglich sei. Mit Aussicht auf Erfolg könnten daher nur mehr solche Gründe gegen die beantragte Namensänderung vorgebracht werden, aus denen sich ergebe, dass die Führung des bisherigen Namens dem Wohl des Kindes besser entspreche und daher die Änderung des Namens dem Kindeswohl abträglich wäre.

In diesem Zusammenhang sei grundsätzlich zu bemerken, dass es in diesem Verfahren ausschließlich auf das Wohl des Kindes ankomme. Es sei rechtlich nicht von Bedeutung, dass das Kind seinen derzeitigen Familiennamen von jenem des Vaters ableite. Dass die beantragte Änderung des Familiennamens dem Wohl des minderjährigen Kindes, das mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt lebe, abträglich wäre, könne von der belangten Behörde nicht erkannt werden. Grundsätzlich entspreche die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der das Kind aufwachse, in höherem Maße dem Wohl des Kindes als die Beibehaltung des bisherigen Namens. Eine davon abweichende Betrachtungsweise könnte nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur in Ausnahmefällen geboten sein.

Der Beschwerdeführer habe keine Umstände aufzuzeigen vermocht, die im Beschwerdefall ausnahmsweise eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen könnten. So sei seinem Vorbringen auch entgegenzuhalten, dass durch die bloße Namensänderung das Verhältnis zwischen dem Kind und seinem Vater nicht berührt werden könne (wurde näher ausgeführt).

Die Führung eines Doppelnamens, wie vom Vater angestrebt (Familienname der Mutter - Familienname des Vaters), komme aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht (wurde näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Geltend gemacht wird, das Verfahren sei mangelhaft geblieben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 195/1988 in der hier geltenden Fassung gemäß BGBl. I Nr. 135/2010 (NÄG), lauten:

"Antrag auf Namensänderung

§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

...

(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.

Voraussetzungen der Bewilligung

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

...

8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;

9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

...

Versagung der Bewilligung

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn

...

6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;

...

Zustimmung und Anhörungen

§ 4. (1) ...

(2) Soweit tunlich hat die Behörde vor der Bewilligung Kinder zwischen dem vollendeten 10. und 14. Lebensjahr, für die ein Antrag auf Änderung ihres Familiennamens oder Vornamens eingebracht wurde, anzuhören.

(3) ..."

Der Gesetzgeber sieht es seit der Novelle des NÄG im Jahre 1995 in § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG ausdrücklich als einen Grund für eine Namensänderung vor, dass der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt. Auf genau diesen Umstand stützte sich der verfahrensgegenständliche Antrag des Mitbeteiligten. Das allfällige Motiv für den Antrag, die Zweckmäßigkeit des Zeitpunktes der Namensänderung und der Umstand, dass der zu ändernde Name des Kindes bereits ein durch die Behörde bewilligter Familienname ist, spielen dabei nach dieser Regelung keine Rolle. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, bringt der Umstand, dass der Gesetzgeber im Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben hat, zum Ausdruck, dass allenfalls mit einer solchen Namensänderung erwachsende psychische Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren seien, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0019, mit Hinweis auf die Vorjudikatur, auf welches Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz verwiesen wird).

Wenn der Beschwerdeführer den behaupteten wahren Wunsch des Mitbeteiligten nach Beibehaltung des Familiennamens, seine Beziehung zu ihm als Vater und die individuelle Beeinträchtigung der Identität des Mitbeteiligten durch die Namensänderung ins Treffen führt, was alles auf Grund eines Gutachtens hätte festgestellt werden können, tut er keine Ausnahmesituation dar, die eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen könnte oder die die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens durch einen Amtsachverständigen im Namensänderungsverfahrens geboten hätte erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0377; Slg. 15904/A). Der Sachverhalt im Beschwerdefall unterscheidet sich wesentlich von jenem, der dem vom Beschwerdeführer genannten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0019, zugrunde lag. Hier lebt der Vater im Ausland und ist beruflich - den Eingaben im Verwaltungsverfahren zufolge - grundsätzlich beruflich auf Hoher See (auf einem Schiff) tätig. Eine besonders enge, innige Beziehung der im Erkenntnis vom umschriebenen Art wurde im Verwaltungsverfahren weder behauptet noch ist sie hervorgekommen. Das vom Beschwerdeführer weiters bezogene hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/01/0432, erging zu einer früheren Rechtslage (vor dem Namensrechtsänderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 25), daraus ist daher für den Beschwerdefall nichts zu gewinnen. Vielmehr besteht im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt dafür, dass die Namensänderung dem Wohl des Kindes abträglich wäre (§ 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am