VwGH vom 27.05.2010, 2008/03/0028

VwGH vom 27.05.2010, 2008/03/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des WH in M, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH in 2230 Gänserndorf, Dr. Wilhelm Exner Platz 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. LF1-J-139/051-2007, betreffend Ausstellung einer Jagdkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer NÖ Jagdkarte abgewiesen.

Begründend legte die belangte Behörde dar, dass der Beschwerdeführer am bei der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf die Ausstellung einer NÖ Jagdkarte beantragt habe. Er habe am die Jagdprüfung mit Erfolg abgelegt. Gleichzeitig habe er einen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom vorgelegt, mit dem seine Zivildienstpflicht festgestellt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf habe daraufhin den Antrag auf Ausstellung einer NÖ Jagdkarte abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Verweigerung der Ausstellung nach § 61 Abs 1 Z 2a NÖ Jagdgesetz 1974 vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Bescheid Berufung erhoben.

Die belangte Behörde führte aus, dass die Jagdkarte gemäß § 61 Abs 1 Z 2a NÖ Jagdgesetz 1974 in der Fassung LGBl 6500-21 Personen zu verweigern sei, denen nach § 5 Abs 5 des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl Nr 679/1986 in der Fassung BGBl I Nr 40/2006, der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen verboten worden sei, auf die Dauer des Verbotes. Die Verweigerung oder Entziehung der Jagdkarte habe gemäß § 61 Abs 2 NÖ Jagdgesetz 1974 mindestens auf ein Jahr zu erfolgen.

Mit Eintritt der Rechtskraft des Zivildienstbescheides des Beschwerdeführers habe dessen Zivildienstpflicht zu laufen begonnen. Entgegen seiner in der Berufung geäußerten Ansicht endete die Zivildienstpflicht nicht mit der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes. Die Zivildienstpflicht im Sinne des Zivildienstgesetzes 1986 sei als Ersatz der Wehrpflicht definiert und bestehe grundsätzlich bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres. Die Zivildienstpflicht erlösche mit der Vollendung des 50. Lebensjahres, mit dem Widerruf der Zivildiensterklärung (bis zum Ende der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes) oder mit der Entlassung aus der Zivildienstpflicht.

Der Beschwerdeführer habe eine Zivildiensterklärung abgegeben, einen diesbezüglichen Bescheid des Bundesministers für Inneres erhalten, seinen ordentlichen Zivildienst abgeleistet und seine Zivildiensterklärung nicht vor Ableistung des ordentlichen Zivildienstes widerrufen. Er sei daher weiterhin zivildienstpflichtig.

Entgegen der in der Berufung geäußerten Ansicht des Beschwerdeführers stelle sich im konkreten Fall auch kein Rückwirkungsproblem. Auf Grund der Übergangsbestimmung des § 76c Abs 23 ZDG sei geregelt, dass die Bestimmung des § 5 Abs 5 ZDG bzw die in Bescheiden verfügten Waffenverbote, die nach der Rechtslage vor der Novelle 2005 erlassen wurden, weiterhin gelten. Der Zivildienstbescheid des Beschwerdeführers sei im Jahr 2003, also nach der Rechtslage vor der Novelle 2005 erlassen worden. Daher seien die Bestimmungen des ZDG vor dieser Novelle bzw Festlegung in seinem Zivildienstbescheid anzuwenden, wonach dem Beschwerdeführer für die Dauer der Zivildienstpflicht, maximal für 15 Jahre nach Erlassung (Rechtskraft) des Zivildienstbescheides der Erwerb, Besitz bzw das Führen von Schusswaffen untersagt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 2273/07, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 61 Abs 1 Z 2a NÖ Jagdgesetz 1974 (NÖ JG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung LGBl 6500-21 ist die Ausstellung der Jagdkarte Personen zu verweigern, denen nach § 5 Abs 5 des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl Nr 679/1986 in der Fassung BGBl I Nr 40/2006, der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen verboten wurde, auf die Dauer des Verbotes.

2. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren einen ihm gegenüber erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom vorgelegt, mit dem gemäß § 5 Abs 4 des Zivildienstgesetzes 1986, "BGBl Nr 679/86 idgF" der Eintritt der Zivildienstpflicht mit festgestellt wurde. Mit diesem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs 5 des Zivildienstgesetzes 1986 für die Dauer seiner Zivildienstpflicht, höchstens jedoch für 15 Jahre, der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen untersagt.

3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe den vorgelegten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom unrichtig dahingehend interpretiert, dass unter der darin genannten Zivildienstpflicht "nicht nur die ordentliche Zivildienstpflicht sondern auch die außerordentliche Zivildienstpflicht" zu verstehen sei. Dem im § 5 ZDG 1986 in der Fassung BGBl I Nr 193/2000 festgelegten Waffenverbot sei ebenso wie dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom nicht zu entnehmen, ob das Verbot für den Zeitraum "der ordentlichen Zivildienstpflicht oder auch der außerordentlichen Zivildienstpflicht" verhängt worden sei. Dem Gebot einer gesetzeskonformen Interpretation entsprechend könne das Verbot nur dahin verstanden werden, dass es während der "ordentlichen Zivildienstpflicht" verhängt worden sei. Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Wehrdienstpflichtige, die sich für die Ableistung des Zivildienstes entschieden haben, durch ein 15- jähriges Waffenverbot sanktionieren wolle.

Der Beschwerdeführer verkennt mit seinem Vorbringen, dass zwischen der Zivildienstpflicht und der Ableistung des ordentlichen oder gegebenenfalls auch des außerordentlichen Zivildienstes zu unterscheiden ist. Gemäß § 1 Abs 4 des Zivildienstgesetzes (ZDG) wird mit Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig. Die Zivildienstpflicht tritt damit an die Stelle der Wehrpflicht, welche gemäß § 10 Abs 1 Wehrgesetz - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - mit Vollendung des 50. Lebensjahres endet. Dass die Zivildienstpflicht auch nach Ableistung des ordentlichen Zivildienstes fortbesteht, zeigt auch § 21 Abs 1 ZDG, wonach die Zivildienstserviceagentur Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten hat.

Dass die Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers - etwa durch Einbringung einer Widerrufserklärung oder durch Aufhebung gemäß § 6 Abs 3 ZDG - erloschen sei, hat der Beschwerdeführer weder geltend gemacht, noch finden sich in den Verwaltungsakten Anhaltspunkte dafür. Soweit das Beschwerdevorbringen daher davon ausgeht, dass das mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom ausgesprochene Waffenverbot bloß für die Dauer der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes - vom Beschwerdeführer unzutreffend als "ordentliche Zivildienstpflicht" bezeichnet - verhängt worden sei, geht die Beschwerde schon aus diesem Grund ins Leere.

4. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass gemäß § 61 Abs 1 Z 2a NÖ JG die Ausstellung der Jagdkarte Personen zu verweigern ist, denen nach § 5 Abs 5 ZDG in der Fassung BGBl I Nr 40/2006 der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen verboten wurde, auf die Dauer des Verbotes. Auf den Beschwerdeführer sei jedoch § 5 Abs 5 ZDG in der Fassung BGBl I Nr 133/2000 anzuwenden. Das NÖ JG enthalte daher keinen auf den Beschwerdeführer anwendbaren Verweigerungsgrund.

Bei der vom Beschwerdeführer damit angesprochenen Verweisung in § 61 Abs 1 Z 2a NÖ JG handelt es sich um eine statische Verweisung auf die bundesgesetzliche Rechtslage nach dem Zivildienstgesetz in einer bestimmten - durch BGBl I Nr 40/2006 geschaffenen - Fassung. Wie die belangte Behörde jedoch zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus den Übergangsbestimmungen in § 76c Abs 23 ZDG in der - durch das NÖ JG verwiesenen - Fassung BGBl I Nr 40/2006, dass die §§ 5 Abs 5 und 75b in der Fassung vor BGBl I Nr 106/2005 - und damit in jener Fassung, auf Grund der der Bescheid des Bundesministers für Inneres gegenüber dem Beschwerdeführer vom erlassen wurde - für vor dem mit Bescheid erlassene Waffenverbote weiter gelten.

Damit gilt im Hinblick auf den Beschwerdeführer auch nach der im NÖ JG ausdrücklich verwiesenen Fassung des ZDG, die ihm durch BGBl I Nr 40/2006 gegeben wurde, dass dem Beschwerdeführer der Erwerb und der Besitz von genehmigungspflichtigen Waffen sowie das Führen von Schusswaffen auf die Dauer seiner Zivildienstpflicht, höchstens jedoch für 15 Jahre, verboten wurde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde sohin die Verweigerung der Ausstellung der Jagdkarte zutreffend auf § 61 Abs 1 Z 2a NÖ JG gestützt.

5. Soweit der Beschwerdeführer schließlich als Verfahrensmangel rügt, dass die belangte Behörde "das Ende der ordentlichen Zivildienstpflicht" des Beschwerdeführers nicht festgestellt habe und weiters dazu ausführt, dass der Beschwerdeführer den ordentlichen Zivildienst bis zum vollständig abgeleistet habe, ist neuerlich darauf hinzuweisen, dass die Zivildienstpflicht nicht mit der Ableistung des (ordentlichen) Zivildienstes endet. Für die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage ist es daher nicht von Bedeutung, ob und wann der Beschwerdeführer den ordentlichen Zivildienst geleistet hat, da es ausschließlich auf das Bestehen der Zivildienstpflicht - bzw auf den Ablauf des Zeitraums von 15 Jahren - ankommt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am