VwGH vom 10.04.2012, 2010/06/0097
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des H N in K, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2009/K3/1770-2, betreffend eine Übertretung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/06/0050 und 0142, zu entnehmen. Daraus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L (kurz: BH) vom unter anderem für schuldig erkannt wurde, während der Wintersaison 2005/2006, jedenfalls aber am , einen Wohnsitz, nämlich die im ersten Obergeschoss eines näher bezeichneten Gebäudes gelegene Privatwohnung als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlassen zu haben, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinn des § 12 Abs. 2 1. Satz TROG 2006, eine Baubewilligung im Sinne des § 12 Abs. 4 1. Satz TROG 2006 oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des § 12 Abs. 5
1. Satz TROG 2006 vorliege, indem er in zumindest fünf Zimmern und einem Esszimmer 27 Gäste für die Dauer einer Woche beherbergt habe. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe verhängt. Nach den Ermittlungsergebnissen handelte es sich beim Objekt um eine direkt an der Schipiste gelegene Hütte, wobei in der Wohnung auch maximal 36 Personen schlafen könnten, was auf Grund eines sogenannten "Hochlagers" möglich sei. Mit Bescheid der belangten Behörde vom (in der Fassung des Abänderungsbescheides vom ) wurde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Übertretung des TROG 2006 nur insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe herabgesetzt wurde. Mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde in der Fassung des Abänderungsbescheides als unbegründet abgewiesen.
Das dem nunmehrigen Beschwerdeverfahren zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren wurde durch ein Schreiben der Gemeinde S. (in der sich das fragliche Objekt befindet) vom an die BH eingeleitet, mit welchen Ablichtungen von insgesamt 11 Meldezetteln vorgelegt wurden. Auf diesen Meldezetteln scheint jeweils namentlich eine Person mit Vor- und Familiennamen sowie Geburtsdatum und Anschrift auf, vermerkt ist der Tag der Ankunft und der Tag der voraussichtlichen Abreise sowie der tatsächlichen Abreise. Weiters gibt es eine Rubrik "Bei Reisegruppen", in der die Gesamtanzahl der Reiseteilnehmer einschließlich des Reiseleiters einzutragen ist, gegebenenfalls weitere Daten (Aufgliederung nach Herkunftsland). Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, ist auf einem dieser Meldezettel "R.S." mit Geburtsdatum und Anschrift, in der Rubrik "Bei Reisegruppen" im Feld für die Gesamtanzahl der Reiseteilnehmer die Zahl 18 eingetragen (weiters gibt es Eintragungen hinsichtlich des Herkunftslandes). Der Ankunftstag ist mit , der Tag der voraussichtlichen Abreise mit angegeben, der Tag der tatsächlichen Abreise ist nicht eingetragen. Auf einem weiteren Meldezettel scheint ebenfalls "R.S." mit dem gleichen Geburtsdatum und der gleichen Anschrift auf, in der Rubrik hinsichtlich der Reisegruppen ist als Anzahl der Reiseteilnehmer 14 ausgefüllt, es gibt auch Eintragungen hinsichtlich der Herkunftsländer (und zwar andere als beim zuvor genannten Meldezettel). Als Ankunftstag ist der , als voraussichtlicher Abreisetag der angegeben, als tatsächlicher Abreisetag ebenfalls der . Die in diesen 11 Meldezetteln eingetragenen Aufenthaltszeiten umfassen den Zeitraum vom bis .
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der BH vom wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe während der Wintersaison 2008/2009, jedenfalls aber im Zeitraum vom bis , einen Wohnsitz, nämlich die im 1. Obergeschoss des näher bezeichneten Gebäudes gelegene Privatwohnung, als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlassen, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 12 Abs. 2
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1. | Satz TROG 2006, eine Baubewilligung im Sinne des § 12 Abs. 4 |
1. | Satz TROG 2006 oder eine Ausnahmebewilligung im Sinn des § 12 Abs. 5 1. Satz TROG 2006 vorliege, indem er in dieser Privatwohnung 11 nachstehend angeführte Gäste im bezeichneten Ausmaß beherbergt habe (es folgt eine Auflistung der in den Meldezetteln genannten Personen, darunter R. S. vom bis und R. S. vom bis ). Der Beschwerdeführer habe dadurch § 12 Abs. 10 iVm Abs. 8 TROG 2006 übertreten und es werde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.600,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche verhängt. Weiters wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. |
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sein Objekt widmungsgemäß verwendet, allenfalls liege ein Erholungsheim vor. Die Verwendung sei rechtmäßig.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf EUR 2.600,-
- und der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren dementsprechend herabgesetzt wurden.
Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das zwischenzeitig ergangene, eingangs genannte hg. Erkenntnis vom und erachtete die Verwendung der Wohnung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers als rechtswidrig.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die auch im Beschwerdefall maßgebliche Rechtslage ist dem mehrfach bezogenen hg. Erkenntnis vom zu entnehmen. Relevant ist insbesondere § 12 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006, LGBl. Nr. 27 (Wiederverlautbarung - TROG 2006), der auszugsweise lautet:
"§ 12
Beschränkungen für Freizeitwohnsitze
(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:
a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen
sowie Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen Einrichtungen,
Betrieben oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten
werden;
b) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt
höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen);
entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitze, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat;
Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen;
c) Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen.
Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.
(2) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden, die in der Zeit vom bis einschließlich nach den jeweils in Geltung gestandenen raumordnungsrechtlichen Vorschriften als Freizeitwohnsitze angemeldet worden sind und für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz nach diesen Vorschriften vorliegt. Darüber hinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze durch Vorhaben im Sinn des Abs. 4 erster Satz im Wohngebiet und in Mischgebieten geschaffen werden, wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hierbei ist für das betreffende Grundstück die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.
...
(4) Die Baubewilligung für Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, sowie für Zubauten und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen werden sollen, darf unbeschadet der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück eine Festlegung nach Abs. 2 zweiter und dritter Satz vorliegt und die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf diesem Grundstück nicht überschritten wird. Maßgebend ist die Anzahl der Freizeitwohnsitze auf Grund des Verzeichnisses der Freizeitwohnsitze nach § 13 Abs. 1.
(5) Weiters dürfen Wohnsitze auf Grund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder auf Grund einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach früheren raumordnungsrechtlichen Vorschriften als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:
a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn
die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 lit. a des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient,
b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden
Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm auf Grund geänderter Lebensumstände, insbesondere auf Grund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat.
...
(8) Wer einen Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt, ohne dass eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinn des Abs. 2 erster Satz, eine Baubewilligung im Sinn des Abs. 4 erster Satz oder eine Ausnahmebewilligung im Sinn des Abs. 5 erster Satz vorliegt, begeht eine Verwaltungsübertretung. Dies gilt nicht, wenn der betreffende Wohnsitz am nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitz verwendet worden ist oder wenn sich der Verwendungszweck des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt, sofern dieser entsprechend dem Abs. 2 erster Satz als Freizeitwohnsitz angemeldet worden ist und das Verfahren darüber noch nicht abgeschlossen ist.
(9) Eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer
a) einen Wohnsitz, dessen Eigenschaft als
Freizeitwohnsitz auf Grund des § 15 Abs. 1 lit. a und 2 erloschen ist oder auf Grund des § 15 Abs. 1 lit. b und 3 als erloschen festgestellt worden ist, weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt oder
b) einen Freizeitwohnsitz, für den eine
Ausnahmebewilligung im Sinn des Abs. 5 erster Satz vorliegt, anderen als den im Abs. 6 genannten Personen oder Personen entgeltlich zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überlässt.
(10) Verwaltungsübertretungen nach den Abs. 8 und 9 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 36.300,- Euro zu bestrafen."
Auf Grund der Ergebnisse des vorangegangenen Strafverfahrens (Wohnung mit 36 Betten) konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass es in dieser Wohnung mehr als die in § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 genannten 12 Betten gab, zumal der Beschwerdeführer keinerlei Änderungen behauptet hatte (in seinen Rechtfertigungen ging es vielmehr nur um die Zulässigkeit der Vermietung an sich) und sich auch sonst keine Hinweise darauf ergeben hatten (vgl. auch die in den Meldezetteln angegebene Anzahl an Teilnehmern der Reisegruppen).
Richtig ist, dass "R.S." zweimal genannt wird, wobei auch auf Grund des identen Geburtsdatums und der identen Anschrift anzunehmen ist, dass es sich um ein- und dieselbe Person handelt. Das ist aber darauf zurückzuführen, dass nach der Struktur dieser Meldezettel bei Reisegruppen nur eine Person namentlich eingetragen wird. Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich bei "R.S." um ein- und dieselbe Person handelt (diese Frage wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nie thematisiert), liegt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor. Es handelt sich nämlich nicht um eine Häufung von (11) Verwaltungsübertretungen (darunter zwei betreffend "R.S."), die dem Beschwerdeführer ausgelastet wurde, sondern vielmehr um eine einzige Verwaltungsübertretung. Strafbar ist hier nämlich nach § 12 Abs. 10 iVm Abs. 8 TROG 2006 die rechtswidrige Verwendung/Überlassung dieser Räumlichkeiten als Freizeitwohnsitz. Das gesetzliche Tatbild umfasst nicht, dass in Fällen wie dem nun gegenständlichen die Personen namentlich genannt werden, welche die Räumlichkeiten benützt haben (denen die Räumlichkeiten überlassen wurden). Es handelt sich daher dabei um kein Tatbestandsmerkmal der Strafnorm. Ein solcher, an sich überflüssiger Spruchbestandteil konnte den Beschwerdeführer daher in keinen Rechten verletzen (vgl. dazu beispielsweise Hauer/Leukauf , Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm. 2 zu § 44a VStG mwN) und auch keine Doppelbestrafung bewirken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-73206