VwGH vom 27.05.2010, 2008/03/0017

VwGH vom 27.05.2010, 2008/03/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1. des R E in H, 2. des Dipl. Ing. F L, 3. der A L, 4. der F GmbH, 5. des J S, alle in A, alle Beschwerdeführer vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich-Gruber-Straße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl Agrar-442115/312-2007-I/Le/Scw, betreffend Eintragung eines Fischereirechts, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Eintragung des Koppelfischereirechts "F" in das Fischereibuch der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land betreffend sämtliche Gewässer innerhalb näher bestimmter Grenzen gemäß § 7 Abs 7 des Oberösterreichischen Fischereigesetzes, LGBl Nr 60/1983 (FG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die beschwerdeführenden Parteien hätten in ihrem Devolutionsantrag auf ihre verfahrenseinleitenden Anträge vom 3. April und verwiesen und vorgebracht, alle maßgeblichen für eine Sachentscheidung erforderlichen Unterlagen vorgelegt zu haben. Im Weiteren seien nur die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der beschwerdeführenden Parteien sowie der erstinstanzlichen Behörde (Eintragung eines Koppelfischereirechts oder bloß eines Miteigentumsrechts) referiert worden.

Die belangte Behörde stellte fest, dass das verfahrensgegenständliche Fischereirecht im Gutbestandsblatt A2 unter LNr 9a der Liegenschaft EZ 97, Grundbuch 45313 A, wie folgt ersichtlich gemacht sei:

"1202/1883 7366/1983 2003/1992 Recht des Fischens zu je einem Viertel mit EZ 57 58 95 gem Protokoll 1883-05-15 und Erklärung 1883-04-24 in der Traun, K und im Mbach Gst 3351 und der Bachparzelle Gst 2832/1 2832/2 von jenem Punkt angefangen, wo die verlängert gedachte Grenzlinie der Gst 1842/36 1847/4 die T, K und den Mbach durchschneidet, bis zu jenem Punkt, wo die K, T und der Mbach und die Gst 2832/1 2832/2 von der verlängert gedachten Grenzlinie zwischen der durch die T führenden Grenzlinie der Steuergemeinde A und W geschnitten werden."

Die Eintragungen in den Gutbestandsblättern der Liegenschaften EZ 57, 58, 95, 1165 und 1665, Grundbuch A, Bezirksgericht T, lauteten "dementsprechend".

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde - nach Ausführungen darüber, dass der Devolutionsantrag berechtigt gewesen sei, und einer Darlegung der Bestimmungen der §§ 5 Abs 1, 7 Abs. 1, 2 und 7 FG - Folgendes aus:

"Im Gegensatz zu Miteigentum an einem Fischereirecht, überlagern sich Koppelfischereirechte auf ein- und derselben Fischwasserstrecke.

Miteigentum ist nicht nach Befugnissen geteiltes, sondern die Sache und alle Befugnisse ungeteilt unfassendes und gemeinschaftlich zu gleichen Rechten (nämlich Bruchteilen, Quoten) ausgeübtes Eigentum. Die Größe des Bruchteils und damit des Einflusses auf die gemeinschaftlicher Benützung kann unterschiedlich sein (Spielbüchler in Rummel3, § 361 Rz 1). Ungeteilte Gemeinschaft im Eigentum führt zu Miteigentum; nicht die Sache, sondern das Recht ist geteilt, so dass jeder nur über sein Anteilsrecht (§ 829) und nur alle über das Ganze verfügen können (Gamerith in Rummel3, § 825 Rz 2).

Wie sich aus den sich ergänzenden Grundbucheintragungen zweifelsfrei ergibt, ist das beantragte Koppelfischereirecht 'F' im Grundbuch als vier Viertel-Miteigentumsrechte an einem Fischereirecht eingetragen.

Ein Koppelfischereirecht ist dagegen ein Recht, das sich als ein eigenständiges, ganzes Recht auf ein Fischwasser erstreckt und von anderen Koppelfischereirechten überlagert wird. Somit hat jeder Fischereiberechtigte das Recht am ganzen Koppelfischereirecht und nicht an einem ideellen Teil. Um ein Koppelfischereirecht bewirtschaften zu können, ist unter den betroffenen Fischereiberechtigen eine Aufteilung der Bewirtschaftungsrechte und -verpflichtungen vorzunehmen.

Da gemäß § 7 Abs. 7 Oö. Fischereigesetz Eintragungen im Fischereibuch nicht im Widerspruch mit dem Grundbuch stehen dürfen, kann die beantragte Eintragung in das Fischereibuch der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht durchgeführt werden.

Aus den genannten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Der Verwaltungsgerichtshof über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des Oberösterreichischen Fischereigesetzes, LGBl Nr 60/1983 idF LGBl Nr 61/2005 (FG), lauten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 1

Fischereirecht

(1) Das Fischereirecht ist die ausschließliche Berechtigung, in jenem Gewässer, auf das sich das Recht räumlich erstreckt, Wassertiere, das sind Fische, Krustentiere und Muscheln, zu hegen, zu fangen (Fischfang) und sich anzueignen.

...

(3) Das Fischereirecht ist ein dingliches, nicht notwendig mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verbundenes Recht. Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, unterliegen das Eigentum an einem Fischereirecht und dessen Übertragung den Vorschriften des Privatrechtes; im Streitfall hierüber ist das ordentliche Gericht zur Entscheidung berufen. Bei der Übertragung allfälliger Miteigentumsrechte ist § 5 Abs. 2 sinngemäß anzuwenden.

...

§ 2

Fischereiberechtigter; Bewirtschafter

Fischereiberechtigter im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigentümer eines Fischereirechtes. ...

§ 5

Koppelfischereirecht

(1) Koppelfischereirechte liegen vor, wenn an einem Fischwasser mehrere selbständige Fischereirechte bestehen.

...

§ 7

Fischereibuch

(1) Die Behörde hat für den Bereich des politischen Bezirkes das Fischereibuch zu führen.

(2) Im Fischereibuch sind die Fischwässer, die Fischereiberechtigten, die Pächter und die Verwalter einzutragen.

...

(7) Die nach den Bestimmungen des Gesetzes erfolgten Eintragungen im Fischereibuch gelten bis zum Beweis des Gegenteiles als richtig. Dies gilt nicht für Eintragungen, die mit dem Grundbuch im Widerspruch stehen.

...

(9) Jeder Eintragung im Fischereibuch und jeder Änderung, Berichtigung oder Löschung einer Eintragung muß ein darauf bezüglicher Bescheid der Behörde vorausgehen, der den Wortlaut der Eintragung festsetzt. Ist die Erlassung eines Bescheides, der die Eintragung des Fischereiberechtigten zum Inhalt hat, von der Klärung einer Vorfrage abhängig, über die das ordentliche Gericht zu entscheiden hat (§ 1 Abs. 3), so hat die Behörde die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung abzuwarten. "

2.1. Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, das in den Gutbestandsblättern der Liegenschaften EZ 57, 58, 95, 97, 1165 und 1665, jeweils Grundbuch A, Bezirksgericht T, ersichtlich gemachte Fischereirecht sei (nur) "als vier Viertel-Miteigentumsrechte an einem Fischereirecht" eingetragen, während es sich bei einem (von den beschwerdeführenden Parteien einzutragen beantragten) Koppelfischereirecht um ein eigenständiges, ganzes Recht an einem Fischwasser handle, das von anderen Koppelfischereirechten überlagert werde.

2.2.1. Demgegenüber stehen die beschwerdeführenden Parteien auf dem Standpunkt, dass sich aus den in Rede stehenden Grundbuchseintragungen kein bloßes Miteigentumsrecht, vielmehr ein Koppelfischereirecht ergebe. Zudem sei schon der Verwaltungsgerichtshof in Erkenntnissen vom , Zlen 2000/03/0110, und 2000/03/0388, 0389, 0390, davon ausgegangen, dass es sich beim gegenständlichen Fischereirecht um ein Koppelfischereirecht handle.

2.2.2. Nach Einleitung des Vorverfahrens über die Beschwerde legten die beschwerdeführenden Parteien ein Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom , 4 R 98/09y, vor. Mit diesem wurde über Klage (ua) der beschwerdeführenden Parteien festgestellt, dass ausschließlich den beschwerdeführenden und weiteren klagenden Parteien als Eigentümer näher bezeichneter Grundstücke gegenüber der Republik Österreich als beklagte Partei und Eigentümerin des dienenden öffentlichen Wassergutes die in einem Plan näher dargestellte Dienstbarkeit des alleinigen Fischereirechtes zukomme.

Die beschwerdeführenden Parteien hatten in diesem Verfahren vorgebracht, dass ausschließlich ihnen als Eigentümer der herrschenden Liegenschaften das planlich dargestellte Fischereirecht zu je einem Viertel zukomme, das sich auf einen bestimmten Abschnitt der T und zwei links der T gelegene Gewässer sowie rechts der T fließende Gewässer beziehe. Demgegenüber hatte die beklagte Partei die Abweisung der Klage beantragt, weil die räumliche Ausdehnung des Fischereirechtes unklar sei und zudem feststehe, dass den beschwerdeführenden Parteien kein Fischereirecht im W Mbach und im Kgscheid zustehe.

In weiterer Folge legten die beschwerdeführenden Parteien den Beschluss des Obersten Gerichtshof vom , 1 Ob 175/09f, vor, mit dem die außerordentliche Revision gegen das genannte Urteil des Oberlandesgerichtes Linz zurückgewiesen wurde.

Der Oberste Gerichtshof ging in dieser Entscheidung davon aus, dass die klagenden Parteien (darunter die nun beschwerdeführenden Parteien) Eigentümer von insgesamt vier Liegenschaften seien, mit denen jedenfalls noch im Jahr 1850 Fischereirechte, ein sogenanntes Koppelfischereirecht, verbunden gewesen seien, die sich auch auf die von den Nebenintervenienten beanspruchten Bereiche erstreckt hätten. Ein Rechtsvorgänger der Nebenintervenienten habe im Jahr 1902 das reklamierte Fischereirecht gekauft, wobei ein ausreichender Erwerbstitel aber nicht nachgewiesen habe werden können. Eine allfällige Ersitzung der strittigen Fischereirechte durch Rechtsvorgänger der Nebenintervenienten habe, was näher dargelegt wurde, nicht stattfinden können.

3. Voraussetzung für die von den beschwerdeführenden Parteien beantragte Erlassung eines Bescheides über die Eintragung ihres Fischereirechtes im Fischereibuch ist gemäß § 1 Abs 3 in Verbindung mit § 7 Abs 9 FG die Klärung der Frage, wer Eigentümer des Fischereirechtes und damit Fischereiberechtigter ist (vgl das Erkenntnis vom , Zlen 2002/03/0154, 0155).

Eine wesentliche Dimension des Eigentums an einem Fischereirecht ist nicht nur seine räumliche Ausdehnung, sondern auch die Beurteilung, ob Alleineigentum, schlichtes Miteigentum oder ein Koppelfischereirecht im Sinne des § 5 Abs 1 FG vorliegt. Ist diese Beurteilung strittig, liegt ein Streitfall im Sinne des § 1 Abs 3 FG vor, wobei die Verwaltungsbehörde von der Vorfragenbeurteilung auch dann ausgeschlossen ist, wenn noch kein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anhängig ist (vgl das hg Erkenntnis vom , Zlen 2000/03/0388, 0389, 0390).

Die belangte Behörde hat die beschwerdegegenständliche grundbücherliche Eintragung des Fischereirechts dahin beurteilt, es liege schlichtes Miteigentum, nicht aber ein Koppelfischereirecht im Sinne des § 5 Abs 1 FG vor. Sie hat damit eine Beurteilung der zivilrechtlichen Wirkungen der in Rede stehenden Grundbuchseintragung vorgenommen, woran sie aber wegen § 7 Abs 9 und § 1 Abs 3 FG, wonach die Verwaltungsbehörde von der Beurteilung zivilrechtlicher Vorfragen ausgeschlossen ist, gehindert ist.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien kann aber auch nicht gesagt werden, dass über die streitgegenständliche Frage bereits bindend von den Zivilgerichten entschieden worden sei: Abgesehen davon, dass auf Grund der Aktenlage nicht beurteilt werden kann, ob das zur Eintragung beantragte Fischereirecht räumlich mit dem im genannten Zivilverfahren beurteilten übereinstimmt, ist klarzustellen, dass im Spruch des von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Urteils des Oberlandesgerichtes Linz vom eine Beurteilung des Fischereirechts der beschwerdeführenden Parteien als Koppelfischereirecht im Sinne des § 5 Abs 1 FG nicht vorgenommen wurde; eine bindende Entscheidung der strittigen Vorfrage ist damit noch nicht vorgenommen worden.

4. Die belangte Behörde hat daher den Antrag der beschwerdeführenden Parteien zu Unrecht abgewiesen; vor dem dargestellten Hintergrund wäre vielmehr eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg geboten gewesen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl Nr 455.

Wien, am