VwGH vom 15.12.2011, 2008/03/0013

VwGH vom 15.12.2011, 2008/03/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der P GmbH in M, Deutschland, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Höhnegasse 6, gegen den Bescheid der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamtes vom , Zl Bm 2/2007-1, betreffend Verweigerung der Schutzgewährung für eine Wortbildmarke, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Inhaberin der internationalen Wortbildmarke Nr 785916 (BIO BIO BIOPRODUKTE FÜR ALLE), welche für folgende Waren bzw Dienstleistungen registriert ist:


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"03
Bleaching preparations and other substances for laundry use; cleaning, polishing, grease removing and abrasive preparations; soaps; perfumery, essential oils, cosmetics, hair lotions; dentifrices.
05
Pharmaceutical and veterinary products; hygienic products for medicine; dietetic substances for medical use, food for babies; plasters, materials for dressings; material for stopping teeth and dental wax; disinfectants; products for destroying vermin; fungicides, herbicides.
29
Meat, fish, poultry and game; meat extracts; preserved, dried and cooked fruit and vegetables; jellies, jams, compotes; eggs, milk and dairy products; edible oils and fats.
30
Coffee, tea, cocoa, sugar, rice, tapioca, sago, artificial coffee; flours and cereal preparations, bread, pastry and confectionery, edible ice; honey, treacle; yeast, baking powder; salt, mustard; vinegar, sauces (condiments); spices; refreshing ice.
31
Agricultural, horticultural and forestry products and grains (included in this class); live animals; fresh fruits and vegetables; natural seeds, plants and flowers; animal feed; malt.
32
Beers; mineral and aerated waters and other non-alcoholic drinks; fruit beverages and fruit juices; syrups and other preparations for making beverages.
33
Alcoholic beverages (except beer)."

Auf Grund des Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Zulassung der angemeldeten internationalen Marke zum Schutz in Österreich stellte die Rechtsabteilung des österreichischen Patentamts mit Beschluss vom gemäß § 20 Abs 3 MaSchG fest, dass das angemeldete Zeichen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MaSchG registriert werden könne. Begründend verwies die Erstbehörde auf ihre bisherigen Schreiben vom , und , wonach - zusammengefasst - dem Zeichen keine Unterscheidungskraft im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MaSchG zukomme, es eine werbemäßige Anpreisung darstelle und die Grafik unzureichend sei. Die beteiligten Verkehrskreise würden in der Verwendung des Begriffs "BIO" nur einen Hinweis auf die Qualität der Waren erkennen; der Wortkombination "BIO BIO", die mit der Verdoppelung des Begriffes BIO lediglich dessen Aussagegehalt hervorhebe und betone, wohne bloß eine abstrakte Werbeaussage über die jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen inne, sodass sie von den maßgebenden Verkehrskreisen wegen ihres eigentlichen Aussagegehalts in erster Linie als Werbeslogan, nicht aber als Marke im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises wahrgenommen würden. Gemeinsam mit dem Hinweis "BIO PRODUKTE FÜR ALLE", der lediglich den Aussagegehalt vermittle, die derart bezeichneten Bioprodukte seien für die breite Masse der Konsumenten (für alle) geeignet, etwa durch konsumentenfreundliche Preisgestaltung, biete die Wortfolge insgesamt nur eine werbemäßige Anpreisung der so bezeichneten Waren. Die graphische Ausgestaltung des gegenständlichen Zeichens überschreite nicht den werbemäßig üblichen Rahmen und könne nicht als phantasiehaft angesehen werden. Auch die Verwendung von heller Schrift auf grünem Grund in zwei Schriftgrößen bilde keine Grundlage für die Annahme eines charakteristischen bildlichen Bestandteils. Vielmehr symbolisiere die Verwendung der Farbe Grün gleichsam die Natürlichkeit von Waren.

In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen Folgendes vor: Da die Frage nach der Eintragungsfähigkeit eines Zeichens ausgehend von dessen Gesamtheit zu beantworten sei, müsse als entscheidend berücksichtigt werden, dass es sich beim gegenständlichen Zeichen um eine eigentümliche Kombination mehrerer Bestandteile handle, die - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - einen Hinweis auf ein Unternehmen darstellten und dieses von anderen Unternehmenshinweisen abgrenzen könnten. Mit Blick auf die Entscheidung des EuGH in der Sache "biomild" sei davon auszugehen, dass eine Marke, die aus mehreren beschreibenden Bestandteilen bestehe, selbst beschreibenden Charakter habe, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe der Bestandteile bestehe. Hauptbestandteil der gegenständlichen Marke sei nicht einfach der Begriff "BIO", sondern das Wort "BIO BIO", womit der Begriff BIO verdoppelt werde und ein neuer, unüblicher Ausdruck entstehe. Dieses neue Wort - BIO BIO - sei am Markt gänzlich ungebräuchlich und stelle eine phantasievolle Neuschöpfung dar. Hinzu trete, dass die gegenständliche Marke als Wortbildmarke neben dem Bestandteil "BIO BIO" noch weitere Komponenten enthalte, die in ihrem Zusammenwirken erst recht zur Unterscheidungskraft beitrügen.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerde abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

In der Begründung dieses Bescheides wurde - nach einer Darstellung des Verfahrensgangs - im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Das in Rede stehende Zeichen biete für den Verkehr zunächst einen blickfangartigen Hinweis, dass die so bezeichneten Waren biologisch seien. "BIO" habe sich gerade im Bereich der allgemeinen Verkehrskreise zu einem bekannten Qualitätsmerkmal für viele Produkte entwickelt; diesem Begriff würde große Bedeutung beigemessen; für die allgemeinen Verkehrskreise bedeute er einen Hinweis auf biologischer Basis hergestellt, biologisch abbaubar, naturverträglich, die Haut schonend, etc. Bei den mit dem zu beurteilenden Zeichen zu kennzeichnenden Waren stelle ihre Beschaffenheit als Bioprodukt eine wesentliche, für die Kaufentscheidung bedeutsame Eigenschaft dar. Zu prüfen sei, ob dem Zeichen insgesamt eine Bedeutung zukomme, die über die Ankündigung der Waren als biologisch hinausgehe. Dazu sei das Zeichen in seiner Gesamtheit in die Beurteilung einzubeziehen und es dürfe keine zergliedernde Betrachtung erfolgen. Das Zeichen selbst bestehe aus einem grünen Rechteck, in dem sich die Worte "BIO BIO - BIOPRODUKTE FÜR ALLE" in weißer Schrift befänden. Die in größeren Buchstaben geschriebene Kombination "BIO BIO" stelle eine Art Überschrift oder Blickfang dar. Zur graphischen Ausgestaltung sei ferner zu bemerken, dass jeweils der Buchstabe "B" der Wortkombination "BIO BIO" größer geschrieben sei als die übrigen Buchstaben. Insgesamt könne aber dem Zeichen kein über die einzelnen Bestandteile hinausgehender Sinngehalt entnommen werden. Durch das Nebeneinanderreihen der Worte BIO zu BIO BIO entstehe weder ein neuer Sinngehalt, noch könne das Zeichen einen über das bloße Zusammenfügen hinausgehenden Eindruck entwickeln. Die Wortkombination führe über die Bedeutung "BIO" nicht hinaus. Wohl träfe es zu, dass bereits eine geringe Unterscheidungskraft ausreiche, die Registrierbarkeit zu begründen. Doch gehe die graphische Ausgestaltung über die in der Werbung übliche Grafik nicht hinaus. Einen für den Kaufentschluss maßgeblichen Hinweis (hier im Wort BIO) in größeren Buchstaben darzustellen, sei in der Werbung üblich und begründe keine markenrechtliche Unterscheidungskraft. Die Farbe Grün als Farbe der Natur weise auf die Natürlichkeit der Waren hin. Aus dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Zulassung des Zeichens als Marke in anderen Ländern könne nicht ohne Weiteres auf die Zulässigkeit der Registrierung in Österreich geschlossen werden: Für die Entscheidung, ob ein Zeichen schutzfähig sei, komme es in erster Linie darauf an, wie die beteiligten Verkehrskreise dieses Zeichen auffassten. Es müsse demnach auf Grund unterschiedlicher Auffassungen in den Verkehrskreisen nicht unbedingt dem Harmonisierungsgedanken oder dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, wenn ein und dasselbe Zeichen für ein und dieselben Waren und Dienstleistungen in einem Land als schutzfähig erachtet würden, in einem anderen hingegen der Schutz versagt werde. Im Übrigen könne eine allenfalls rechtswidrig erfolgte Eintragung eines Zeichens nicht Grundlage für die - ebenfalls rechtswidrige - Eintragung eines weiteren Zeichens sein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:

1.1. Gemäß § 1 Markenschutzgesetz 1970 idF BGBl I Nr 111/1999 (MaSchG) können Marken alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insb Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MaSchG sind Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Registrierung ausgeschlossen.

Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MaSchG sind von der Registrierung auch Zeichen ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.

Gemäß § 4 Abs 2 MaSchG wird die Registrierung jedoch (ua) in den Fällen des § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MaSchG zugelassen, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben hat.

Gemäß § 20 Abs 3 MaSchG ist bei Bedenken gegen die Zulässigkeit der Registrierung (ua) gemäß § 4 Abs 1 Z 3 oder 4 MaSchG auf Antrag des Anmelders vor der Abweisung mit Beschluss festzustellen, dass das angemeldete Zeichen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MaSchG registrierbar ist; ein solcher Beschluss kann mit Beschwerde (§ 36 MaSchG) angefochten werden.

1.2. Art 3 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (MarkenRL), lautet (auszugsweise):

"Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung:

...


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b)
Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,
c)
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,
..."
Art 7 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 40/94 des Rates vom über die Gemeinschaftsmarke (GMV) lautet (auszugsweise):
"Von der Eintragung ausgeschlossen sind
...
b)
Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,
c)
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,
...".
2.
Die Eintragungshindernisse gemäß § 4 Abs 1 Z 3 bzw Z 4 MaSchG stimmen mit jenen des Art 3 Abs 1 lit b bzw c der MarkenRL und des Art 7 Abs 1 lit b bzw c der GMV überein. Daher ist die Rechtsprechung des EuGH zur MarkenRL und zur GMV von Bedeutung und kann im Rahmen einer gemeinschaftsrechtskonformen Interpretation zur Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des MaSchG herangezogen werden kann (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 2008/03/0082, und vom , Zl 2005/04/0022, jeweils mwN).
3.
Die belangte Behörde ist - wie schon die Erstbehörde - davon ausgegangen, dass das Eintragungshindernis nach § 4 Abs 1 Z 3 MaSchG vorliege. Dem in Rede stehenden Zeichen fehle die Unterscheidungskraft, weil ihm nach dem Verständnis der beteiligten allgemeinen Verkehrskreise (also der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Warenklassen 3, 5, 29, 30, 31, 32 und 33) auch in seiner Gesamtheit kein über den Bedeutungsinhalt "BIO" hinausreichender Sinngehalt zukomme. Daran ändere weder die Verdoppelung (BIO BIO) noch die Hinzufügung der Wortfolge "Bioprodukte für alle" in Verbindung mit der grafischen Gestaltung Entscheidendes.
4.
Die Beschwerde hält dem - unter Hinweis auf die C-383/99P (BABY-DRY), und vom , Rs C-363/99 (Postkantoor) und Rs C-265/00 (BIOMILD) - die Auffassung entgegen, bei der Bezeichnung "BIO BIO - BIOPRODUKTE FÜR ALLE" handle es sich um eine poetisch formulierte Anspielung, die in dieser Form ungewöhnlich, ja eigentümlich, sei und verschiedenste Interpretationen (etwa doppelt biologisch oder besonders biologisch) zulasse. Nicht unmittelbar eine Ware beschreibende Zeichen, die nur mittelbar auf deren Bestimmung anspielten, könnten aber eintragungsfähig sein. Insbesondere seien Wörter bzw Wortkombinationen, die eine gedankliche Schlussfolgerung verlangten oder lediglich im übertragenen Sinn auf die Ware hinwiesen, als Warenzeichen sehr geeignet.
5.
Diese Ausführungen sind nicht zielführend.

5.1. Ausgehend von der umfassenden Definition des Begriffs der Marke in § 1 MaSchG ist für den Schutz eines Zeichens als Marke entscheidend, ob das betreffende Zeichen geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise maßgeblich, die sich aus dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern der betreffenden, in den jeweiligen Warenklassen genannten, Produkte zusammensetzen.

Nach der ständigen - auf die Rechtsprechung des EuGH bezugnehmenden - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist beim Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidbarkeit von Zeichen darauf abzustellen, dass die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl dazu das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0020, mwN).

Eine Marke ist nur dann unterscheidungskräftig, wenn sie unmittelbar als Zeichen für die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann. Unterscheidungskraft bedeutet also, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Unter das Eintragungshindernis nach Art 7 Abs 1 lit c der GMV fallen solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können (vgl zum Ganzen jüngst etwa den C-546/10P, Wilfer/HABM, mwN).

5.2. Die beschwerdeführende Partei stellt nicht in Abrede, dass der Bezeichnung BIO als Angabe, die zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen kann, für die die Eintragung beantragt wird, keine Unterscheidungskraft zukommt, also das in Rede stehende Eintragungshindernis vorliegt.

Im Beschwerdefall ist daher lediglich zu klären, ob die Verdoppelung der Angabe BIO durch das Wortpaar BIO BIO in Verbindung mit der weiteren Angabe BIOPRODUKTE FÜR ALLE und den graphischen Gestaltungselementen (weiße Schrift auf grünem Grund) einen Umstand darstellt, der - im Gesamtzusammenhang - von den maßgebenden beteiligten Verkehrskreisen als Beschreibung der betrieblichen Herkunft wahrgenommen wird.

5.3. Im Urteil vom , Rs C-383/99P (BABY-DRY), hat der EUGH zur Kennzeichnungskraft und Eintragungsfähigkeit der Wortverbindung "Baby-dry" als Gemeinschaftsmarke für Wegwerfwindeln u.a. Folgendes ausgeführt:

"39 Unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 fallen damit nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Eine Marke, die dieser Definition entsprechende Zeichen oder Angaben enthält, kann außerdem nur dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht noch weitere Zeichen oder Angaben enthält und wenn ferner die in ihr enthaltenen ausschließlich beschreibenden Zeichen oder Angaben nicht in einer Weise wiedergegeben oder angeordnet sind, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art und Weise, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Merkmale zu bezeichnen, unterscheidet.

40 Soweit, wie im vorliegenden Fall, aus Wörtern bestehende Marken in Frage stehen, muss ein etwaiger beschreibender Charakter nicht nur gesondert für jedes Wort, sondern auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt werden. Jede erkennbare Abweichung in der Formulierung einer angemeldeten Wortverbindung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verbraucherkreise für die Bezeichnung der Ware oder der Dienstleistung oder ihrer wesentlichen Merkmale verwendet wird, ist geeignet, einer Wortverbindung die für ihre Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen.

41 Dabei findet gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 Absatz 1 dieses Artikels auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegen. Nach dieser Bestimmung, die in Randnummer 24 des angefochtenen Urteils zu Recht herangezogen wird, scheidet die Eintragung einer Wortverbindung als Gemeinschaftsmarke bereits dann aus, wenn sie nur in einer der innerhalb der Gemeinschaft im Verkehr verwendeten Sprachen ausschließlich beschreibend ist.

42 Um zu beurteilen, ob eine Wortverbindung wie Baby-dry Unterscheidungskraft haben kann, ist demgemäß vom Verständnis eines englischsprachigen Verbrauchers auszugehen. Nach diesem Verständnis hängt die Beurteilung in Bezug auf Windeln für Babies und Kleinkinder davon ab, ob die fragliche Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch diese Ware zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben.

43 Obgleich die fragliche Wortverbindung unstreitig auf die Funktion hinweist, die diese Ware erfuellen soll, genügt sie nicht den oben in den Randnummern 39 bis 42 dargelegten Voraussetzungen. Auch wenn nämlich jedes der beiden Wörter, aus denen das Gesamtzeichen besteht, Teil im üblichen Sprachgebrauch verwendeter Ausdrücke zur Bezeichnung der Funktion von Babywindeln sein kann, ist ihre der Struktur nach ungewöhnliche Verbindung kein bekannter Ausdruck der englischen Sprache, um diese Waren zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben.

44 Wortbildungen wie Baby-dry können folglich nicht als in ihrer Gesamtheit beschreibend angesehen werden; sie sind vielmehr Ergebnis einer lexikalischen Erfindung, die der so gebildeten Marke die Erfuellung einer Unterscheidungsfunktion ermöglicht, und können nicht gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 von der Eintragung ausgeschlossen werden."

In dem über ein Vorabentscheidungsersuchen ergangenem Urteil des EUGH vom , Rs C-363/99 (Postkantoor), wiederum heißt es in diesem Zusammenhang:

"5.

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne der genannten Bestimmung hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht, oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so dass es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist. Im letztgenannten Fall ist noch zu prüfen, ob das Wort, das eine eigene Bedeutung erlangt hat, nicht selbst beschreibend im Sinne der genannten Bestimmung ist."

Ähnlich im Urteil vom , Rs C-265/00 (BIOMILD):

"Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne der genannten Bestimmung hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht; dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht."

5.4. Die belangte Behörde ist der vor dem dargestellten Hintergrund gebotenen Vorgangsweise (keine zergliedernde Betrachtung, sondern Beurteilung des zu prüfenden Zeichens in seiner Gesamtheit) gefolgt. Die beschwerdeführende Partei hat nicht dargetan, dass das im Beschwerdefall in Rede stehende zusammengesetzte Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen sei und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Lichte der Beschwerdeausführungen auch nicht zu erkennen, dass die Beurteilung der belangten Behörde (iW: kein neuer Sinngehalt durch die Verdoppelung von BIO, vielmehr bloße Verstärkung der werblichen Aussage; die beteiligten Verkehrskreisen würden - ohne weitere gedankliche Schlussfolgerung - die Bezeichnung als Hinweis auf die Beschaffenheit der Waren (Bioprodukt) verstehen; angesichts der nur schwach ausgeprägten Gestaltung der grafischen Elemente könnten auch diese der Wortbildmarke Kennzeichnungskraft nicht verschaffen) unzutreffend sei. Eine "der Struktur nach ungewöhnliche Verbindung" (wie bei BABY-DRY) von Wörtern, welche die Erfüllung einer Unterscheidungsfunktion ermöglichte, kann im fraglichen Zeichen nicht erblickt werden.

5.5. Soweit die beschwerdeführende Partei schließlich darauf verweist, dass die angemeldete Marke in anderen Staaten eingetragen worden sei und die Eintragung einer identischen Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat der EU einen von der Behörde zu berücksichtigenden Umstand darstelle, ist sie auf das schon genannte hg Erkenntnis Zl 2008/03/0082 zu verweisen. Danach kann dies von der Behörde berücksichtigt werden, für die Entscheidung, die Anmeldung einer bestimmten Marke zuzulassen oder zurückzuweisen, aber nicht allein maßgebend sein.

5.6. Der belangten Behörde kann daher im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangte, es liege das Eintragungshindernis nach § 4 Abs 1 Z 3 MaSchG vor.

6. Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Eine Kostenentscheidung hatte mangels Antrages der obsiegenden belangten Behörde zu entfallen.

Wien, am