VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0086

VwGH vom 22.02.2012, 2010/06/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des H B, 2. des R N und 3. der E W, alle in G, alle vertreten durch Dr. Hans Werner Schmidt, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Brockmanngasse 63, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 013596/2009/0012, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: M GmbH in G, vertreten durch Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schlögelgasse 1; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 (je zu gleichen Teilen) und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 (je zu gleichen Teilen) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom (eingelangt beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz am ) die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes mit zentralen Sondernutzungen:

Konzernzentrale der S. M. AG. Das Gebäude bestehe aus einem Sockelbau und einem Turmgebäude. Im Sockel im Erdgeschoß seien ein Kindergarten, eine Bank, ein Betriebsrestaurant mit Küche, ein Besprechungsraum und der Versorgungs- und Entsorgungsbereich des Gebäudes vorgesehen. Im ersten Untergeschoß würden eine Tiefgarage und Lager errichtet. Die Technikzentrale liege im ersten und zweiten Untergeschoß. Über dem Erdgeschoß befinde sich der teilweise zweigeschossige "Newsroom", ein Großraumbüro. Über dem Sockelbau seien der Turm mit 11 nahezu identen Bürogeschoßen und ein Dachgeschoß mit Skylobby bzw. Technikbereichen, darüber hinaus eine Tiefgarage für 204 Pkw und 32 Pkw-Abstellplätze im Freien geplant.

Die Baugrundstücke Nr. 930/1 und 930/3 (beide neu), KG J., sind im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 als Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet (ausgenommen Einkaufszentrum I) gewidmet. Nach der mit in Kraft getretenen 6. Änderung dieses Flächenwidmungsplanes gelten "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG 1974 i.d.F. LGBl. Nr. 97/2002 nunmehr als "Kerngebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG 1974 i. d.F. LGBl. Nr. 13/2005. Weiters gilt auf den Baugrundstücken der Bebauungsplan 06.11.0 "Conrad von Hötzendorf-Straße - Obere Bahnstraße" (beschlossen vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz am ).

Das Bürogebäude ist auf dem südlicher gelegenen Baugrundstück Nr. 930/1 geplant, wobei die Einfahrt zur Tiefgarage nordwestlich vorgesehen ist. Im Zusammenhang damit ist entlang der westlichen Grundgrenze dieses Baugrundstückes die Errichtung einer Erschließungsstraße vorgesehen, die bis zur westlich gelegenen Bahnstraße geführt und damit, wie die Beschwerdeführer meinen, geöffnet werden soll (in diesem Bereich liegen die als allgemeines Wohngebiet gewidmeten Grundstücke Nr. 924 und 927/2, die in der Beschwerde erwähnt werden). Auf dem nördlich gelegenen Baugrundstück Nr. 930/3 sieht das Bauvorhaben an der westlichen Grundgrenze entlang des an dieser Grundgrenze vorbeiführenden Weges vierzehn Parkplätze im Freien vor, ansonsten ist die Nutzung dieses Grundstückes als Garten bestimmt. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Grundstücken, die westlich des Baugrundstückes Nr. 930/3 gelegen sind. Die Grundstücke des Erstbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin liegen an dem angeführten Weg, den geplanten vierzehn Parkplätzen im Freien gegenüber. Das Grundstück des Zweitbeschwerdeführers liegt weiter westlich. Alle drei Grundstücke der Beschwerdeführer liegen zu dem Baugrundstück Nr. 930/3 im 30 m-Abstandsbereich (siehe im Folgenden § 22 Abs. 2 Z. 4 Stmk. BauG), während nur das Grundstück der Drittbeschwerdeführerin auch zu dem Baugrundstück Nr. 930/1 in einem solchen Abstand gelegen ist.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz bestellte mit Bescheid vom Ing. A. (zur Adresse: Dr. P. GmbH Ziviltechnikergesellschaft) gemäß § 52 Abs. 2 AVG zum nichtamtlichen Sachverständigen. Dieser Bescheid wurde der Mitbeteiligten und dem Sachverständigen zugestellt. Der Stadtsenat führte dazu aus, im gegenständlichen Verfahren sei die Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen von der Mitbeteiligten angeregt worden und es sei dadurch - da bei Beiziehung des Amtssachverständigen die Beweisaufnahme einige Wochen bis Monate dauern würde - eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten. Beweisthema sei, ob durch die Zu- und Abfahrten der Pkws zu den in der Tiefgarage geplanten Pkw-Stellplätzen und durch die Zu- und Abfahrten zu den Pkw-Stellplätzen im Freien sowie die Zu- und Abfahrten von Lkws und die Manipulationstätigkeiten im Anlieferungsbereich auf dem als "Kerngebiet" ausgewiesenen Bauplatz eine diesem Gebietscharakter (Widmungsmaß für Kerngebiet) widersprechende Belästigung durch Lärm, Abluft bzw. Feinstaub verursacht werde.

Der nichtamtliche Sachverständige Ing. A. erstattete in der Folge das immissionstechnische Gutachten vom über die im Nachbarschaftsbereich durch den Betrieb des Bauvorhabens entstehende Lärm- und Luftschadstoffbelastung. Er kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass auf Grund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse für Schallimmissionen (Tabelle 1 bis 4) die derzeitigen Verhältnisse (Istmaße) am Immissionspunkt (IP) 1-A (an der Grundgrenze des Grundstückes der Drittbeschwerdeführerin) geringfügig um 1 dB erhöht und an den anderen Immissionspunkten künftig nicht verändert würden. Die Widmungsmaße für allgemeines Wohngebiet (55 dB/45 dB bei Tag/Nacht) und für Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet (KG) mit 60 dB/50 dB bei Tag/Nacht würden in Summe an den Immissionsorten IP 1 bis IP 6 eingehalten. Die zulässigen Schallpegelspitzen u.a. im Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet würden nicht überschritten.

Auch die Untersuchungsergebnisse für Luftschadstoffe (Tabellen 5 bis 8) würden zeigen, dass die Grenzwerte für die Schadstoffe Kohlenstoffmonoxyd (CO), Stickstoffdioxid (NO2), Benzol und PM 10 gemäß dem ImmissionsschutzG-Luft eingehalten würden. Durch die Pkw-Fahrbewegungen in der Tiefgarage samt Rampenbereich, auf dem Pkw-Freiparkplatz sowie bezüglich der Lkw-Anlieferungen sei keine relevante Erhöhung der Immissionskonzentration ("Irrelevanzkriterium-ERFÜLLT") im maßgebenden Nachbarschaftsbereich zu erwarten.

Durch die Zu- und Abfahrten der Pkws zu den in der Tiefgarage geplanten Pkw-Stellplätzen und durch die Zu- und Abfahrten zu den Pkw-Stellplätzen im Freien sowie die Zu- und Abfahrten von Lkws und die Manipulationstätigkeiten im Anlieferungsbereich auf dem im 3.0 Flächenwidmungsplan 2003 der Landeshauptstadt Graz als "Kerngebiet" ausgewiesenen Bauplatz werde keine dem Gebietscharakter (Widmungsmaß für Kerngebiet) widersprechende Belästigung durch Lärm, Abluft bzw. Feinstaub hervorgerufen. Es bestünden daher aus schalltechnischer und luftschadstofftechnischer Sicht keine Bedenken gegen die Errichtung und den Betrieb des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens.

Die Beschwerdeführer erhoben in der mündlichen Verhandlung am Einwendungen (festgehalten in der Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers vom , der sich die beiden anderen Beschwerdeführer anschlossen: insbesondere dahingehend, dass für sie auf Grund des Bauvorhabens mit vermehrten Abgas-, Lärm- und Staubbelastungen zu rechnen sei, besonders durch die Lage der Parkplätze im Freien, die geplante Durchfahrtsstraße, die Abluftöffnungen der Tiefgarage und die Öffnung der Bahnstraße; für die erforderlichen Lärm- und Abgasmessungen wäre ein gerichtlich beeideter Sachverständiger beizuziehen). Das immissionstechnische Gutachten vom wurde in der Verhandlung dem Erstbeschwerdeführer zur Stellungnahme übergeben. Die Beschwerdeführer nahmen dazu mit Schreiben vom Stellung.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte dem angeführten verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben mit Bescheid vom die baurechtliche Bewilligung unter Auflagen.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe ab, dass die Auflage 48 (betreffend zusätzliche barrierefreie Pkw-Stellplätze) zu entfallen habe (Spruchpunkt I.).

In Spruchpunkt II. wurde der Berufung der Mitbeteiligten insoweit Folge gegeben, als die Auflagen 21, 48 und 51 zu entfallen hätten und die Auflagen 18., 20., 37 und 52 neu formuliert wurden.

Sie führte im Wesentlichen aus, dass im 06.11.0 Bebauungsplan "Conrad von Hötzendorf-Straße - Obere Bahnstraße" im südwestlichen Bereich eine mit "G" bezeichnete Gemeindestraße mit einer Fahrbahnbreite von 6,0 m, nach Südwesten verlaufend bis zu 4,0 m, ausgewiesen sei, deren Verlauf im westlichen Bereich mit dem im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 festgelegten Verlauf übereinstimme. Die im Außenanlagenplan dargestellten Straßenführungen stimmten mit den im 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 und im Bebauungsplan festgelegten Verlauf der Verkehrsflächen überein.

Das Grundstück Nr. 927/2 - dieses Grundstück stelle öffentliches Gut der Stadt Graz dar - sei im genannten Flächenwidmungsplan als "Allgemeines Wohngebiet" ausgewiesen und im angeführten Bebauungsplan als Verkehrsfläche festgelegt.

Die von der Berufungsbehörde zu beurteilende Frage sei, ob durch die Fahrbewegungen auf dem im Kerngebiet liegenden Bauplatz dem Gebietscharakter widersprechende Belästigungen verursacht würden. Fahrbewegungen auf in Raumordnungsplänen als Verkehrsflächen ausgewiesenen Straßen unterlägen dieser Prüfung nicht.

Nachbarn besäßen keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf Verkehrsflächen nicht änderten. Nachbarn müssten hinnehmen, dass durch ein Bauwerk ein entsprechender Verkehr ausgelöst werde, nicht aber müssten sie hinnehmen, dass Belästigungen vom Verkehr auf dem Bauplatz ausgingen.

Es verbleibe somit die Frage zu beurteilen, ob durch die Fahrbewegungen von Pkws in und aus der Tiefgarage und zu den im Freien gelegenen Pkw-Abstellplätzen sowie durch die Zufahrt zu den Manipulationsflächen und die Manipulationstätigkeit eine dem Gebietscharakter des Kerngebietes widersprechende Belästigung durch Lärm oder Luft verursacht werde.

Diesbezüglich liege ein immissionstechnisches Gutachten vor, in welchem seitens des nichtamtlichen Sachverständigen ausgeführt werde, dass durch die Zu- und Abfahrten der Pkws zu den in der Tiefgarage geplanten Stellplätzen sowie zu den Pkw-Stellplätzen im Freien als auch durch die Zu- und Abfahrten von Lkws und die Manipulationstätigkeiten im Anlieferungsbereich auf dem als "Kerngebiet" ausgewiesenen Bauplatz keine dem Gebietscharakter widersprechende Belästigung durch Lärm erfolge. So sei ersichtlich, dass die derzeitigen Verhältnisse (Istmaß) am Immissionspunkt 1-A - das sei das Grundstück Nr. 923 (Grundstück der Drittbeschwerdeführerin) - um 1 dB erhöht und an den anderen Immissionspunkten nicht verändert würden.

Tabelle 1 zeige, dass das Istmaß am Grundstück der Drittbeschwerdeführerin 49 dB (LA, eq - energieäquivalenter Dauerschallpegel) betrage und das Summenmaß, das sei die Erhöhung des Istmaßes durch das Prognosemaß, 50 dB (LA, eq) betrage, das sei eine Erhöhung von 0,5 %, was wiederum im Bereich der Messungenauigkeit liege.

Bezüglich der Luftschadstoffe werde festgestellt, dass die Grenzwerte für die Schadstoffe Kohlenstoffmonoxyd (CO), Stickstoffdioxyd (NO2), Benzol und PM 10 gemäß dem ImmissionsschutzG-Luft eingehalten würden, d.h., dass durch die Fahrbewegungen der Pkw in der Tiefgarage samt Rampenbereich, den Pkw-Abstellplätzen im Freien sowie den Lkw-Anlieferungsbereich keine relevante Erhöhung der Immissionen betreffend die genannten Schadstoffe unter Berücksichtigung des Irrelevanzkriteriums erfolge. Aus Tabelle 5 sei ersichtlich, dass am Grundstück der Drittbeschwerdeführerin, das dem Bauplatz am nächsten gelegen sei, eine Immissionskonzentration insgesamt an PM 10 von 0,000037 mg/m3 stehe, was deutlich unter dem Grenzwert des ImmissionsschutzG-Luft von 0,050000 mg/m3 liege. Eine Verletzung der Beschwerdeführer in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten auf Einhaltung des Gebietscharakters des Kerngebiets liege somit nicht vor.

Zu dem Vorbringen, dass die Lage und Ausblasrichtung der Entlüfungsanlagen und Kühltürme nicht bekannt bzw. nicht nachvollziehbar seien, sei festzustellen, dass in den Planunterlagen die Lage der Abluftanlagen eingetragen sei und die Abluft über Dach entsorgt werde, was dem Stand der Technik entspreche. Das immissionstechnische Gutachten vom berücksichtige sämtliche im Gebäude geplanten Entlüftungsanlagen mit dem Ergebnis, dass dem Gebietscharakter des Kerngebietes widersprechende Belästigungen weder durch Lärm noch durch Abluft verursacht würden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), idF LGBl. Nr. 88/2008 zur Anwendung.

§ 4 Z. 41 Stmk. BauG definiert den Begriff des Nachbarn wie folgt:

"41. Nachbar: Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren, oder dass von seiner genehmigten gewerblichen oder landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage Einwirkungen auf den Bauplatz ausgehen können".

Gemäß § 19 Z 1 Stmk. BauG sind "Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen sowie umfassende Sanierungen" bewilligungspflichtig, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt (hier nicht der Fall).

Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öfffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über:

"1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

Gemäß § 22 Abs. 2 Z. 4 Stmk. BauG ist dem Ansuchen ein Verzeichnis der Grundstücke anzuschließen, die bis zu 30 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, jeweils mit Namen und Anschriften der Eigentümer dieser Grundstücke.

Gemäß § 25 Abs. 1 hat die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Als bekannte Beteiligte gelten insbesondere

"5. die Nachbarn, die der Behörde durch das auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfte Verzeichnis nach § 22 Abs. 1 Z. 4 bekannt geworden sind".

Die Beschwerdeführer haben als Nachbarn im Sinne des § 4 Z. 41 Stmk. BauG gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG insofern rechtzeitig Einwendungen erhoben, als sie sich gegen das immissionstechnische Gutachten und damit gegen die Feststellung gewendet haben, dass das Bauvorhaben in Bezug auf Schall- und Abluftimmissionen den Gebietscharakter des Kerngebietes nicht einhält. Die Beschwerdeführer machen in der Beschwerde ausschließlich geltend, dass sie in ihrem Recht gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG auf Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei, verletzt seien. § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG räumt nicht zu jeder Bestimmung eines Flächenwidmungsplanes, Bebauungsplanes oder Bebauungsrichtlinien ein Nachbarrecht ein, sondern nur zu Bestimmungen, mit denen ein Immissionschutz (der Nachbarn) verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0110).

Nach der eingangs angeführten sechsten Änderung des im vorliegenden Fall anzuwendenden 3.0 Flächenwidmungsplanes 2002 im Jahr 2006 gelten "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG 1974 idF LGBl. Nr. 97/2002 nunmehr als "Kerngebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG 1974 idF LGBl. Nr. 13/2005. Die maßgebliche Änderung der Widmungsregelung für Kerngebiet erfolgte mit der Stmk. ROG-Novelle LGBl. Nr. 20/2003.

§ 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG in dieser Fassung lautet:

"c) Kerngebiete sind Flächen mit einer im Vergleich zu anderen Baugebieten höheren Nutzungsvielfalt und Bebauungsdichte in entsprechender Verkehrslage, die vornehmlich für


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-
Bauten und Anlagen für Erziehungs-, Bildungs- und sonstige kulturelle und soziale Zwecke,
-
Gebäude für Handels- und Dienstleistungseinrichtungen,
-
Hotels, Gast- und Vergnügungsstätten,
-
Verwaltungs- und Bürogebäude
u. dgl. bestimmt sind, wobei auch Wohngebäude und Garagen sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Kerngebietes entsprechend einordnen lassen und keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen, errichtet werden können".
Soweit in dieser Widmungsregelung auf diesem Gebietscharakter widersprechende Belästigungen abgestellt wird, enthält sie einen Immissionsschutz. Dieser Immissionsschutz bezieht sich allein auf die in dieser Regelung zuletzt genannten Betriebe, die sich der Eigenart des Kerngebietes entsprechend einordnen lassen. Insoweit besteht ein Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Widmung gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG (vgl. das angeführte hg. Erkenntnis vom ).
Für alle anderen Einrichtungen und Betriebe, die in dieser Bestimmung davor ausdrücklich als zulässig angeführt sind, also insbesondere Bürogebäude, ist im Rahmen dieser Widmungsregelung kein solcher Immissionsschutz für die Nachbarn vorgesehen. Sie sind auf Flächen mit der Widmung Kerngebiet widmungsrechtlich ohne Einschränkung zulässig. In Bezug auf diese Einrichtungen und Betriebe kommt dem Nachbarn kein Nachbarrecht auf Einhaltung der Widmung gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG zu. Die im Projekt vorgesehenen Einrichtungen und Betriebe (Kindergarten, Bankfiliale, Büros, Großraumbüro, Betriebsrestaurant samt den im Zusammenhang damit stehenden Abstellplätzen im Freien und der Tiefgarage) fallen unter die in § 23 Abs. 5 lit. c Stmk. ROG i. d.F. LGBl. Nr. 20/2003 ausdrücklich genannten Einrichtungen und Betriebe. Den Beschwerdeführern steht im vorliegenden Fall daher ein Recht auf Einhaltung der Widmung gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG, deren Verletzung sie ausschließlich in der Beschwerde geltend machen, nicht zu. Schon im Hinblick darauf erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Da Verfahrensrechte immer nur soweit berührt sein können, als materielle Rechte des Beschwerdeführers betroffen sind, war auf die geltend gemachten Verfahrensverletzungen nicht weiter einzugehen.
Sofern die Beschwerdeführer geltend machen, dass die im Bebauungsplan um das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben vorgesehene Gemeindestraße nicht dem Flächenwidmungsplan 2002 und auch nicht dem 6.11.0 Bebauungsplan entspricht, steht dem Nachbarn in dieser Hinsicht gemäß dem wiedergegebenen § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG kein Nachbarrecht zu. § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk.BauG bezieht sich auf die Übereinstimmung des Bauvorhabens u.a. mit dem Flächenwidmungsplan und dem Bebauugsplan. Eine in diesen Planungsinstrumenten entlang des Baugrundstückes vorgesehene Gemeindestraße betrifft nicht das Bauvorhaben. Sie steht als Erschließungsstraße für das Bauvorhaben in einem Zusammenhang mit diesem. Darauf kommt es bei dem Nachbarrecht gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG aber nicht an. Der Nachbar besitzt auch, wie dies die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen auf Grund eines Bauvorhabens nicht ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0221). Die Nachbarn müssen vielmehr hinnehmen, dass durch ein Bauwerk ein entsprechender Verkehr auf solchen Verkehrsflächen ausgelöst wird.
Weiters ist festzustellen, dass sich aus der Festlegung eines Luft- und Lärmsanierungsgebietes in Graz gemäß den §§ 11 und 13 des 3.0 Flächenwidmungsplanes 2.0 (§ 13 betrifft im Übrigen Wohngebiete entlang stark emittierender Verkehrsbänder, im vorliegenden Fall geht es aber um Grundstücke mit der Widmung "Kerngebiet") und auch aus der stadtklimatologischen Regelung in Punkt 4.2 des Erläuterungsberichtes zum 06.11.0 Bebauungsplanes (wonach die Hauptachse von Hochhäusern in die Hauptwindrichtung auszurichten ist) kein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG ergibt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0214). Es handelt sich dabei nicht um Regelungen des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes, mit denen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG ein Immissionsschutz für die Nachbarn verbunden ist.
Wenn die Beschwerdeführer auch geltend machen, es hätten zu dem von der Mitbeteiligten angegebenen Nichtbetrieb der Tiefgarage in der Nacht von 24.00 h bis 6.00 h, zur Nichtnutzung der Parkplätze im Freien durch Besucher der nahegelegenen Stadthalle und zur angenommenen zeitlichen Beschränkung der Anlieferungen durch Lkws von 6.00 h bis 19.00 h entsprechende Auflagen erteilt werden müssen, kommt ihnen als Nachbarn auch diesbezüglich kein Mitspracherecht zu.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am