VwGH vom 25.03.2009, 2008/03/0008
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2008/03/0009
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden 1. des C M in H, D, vertreten durch Dr. Friedrich Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl UVS 30.2-129/2007-8 (protokolliert zur Zl 2008/03/0008), sowie 2. des D V in H, Deutschland, vertreten durch Dr. Friedrich Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl UVS 30.2-128/2007-8 (protokolliert zur Zl 2008/03/0009), jeweils betreffend eine Übertretung des Telekommunikationsgesetzes 2003 (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurden die Beschwerdeführer für schuldig erkannt, sie hätten jeweils als gemäß § 9 VStG zur Vertretung der Firma Parfümerie D GmbH in H, Deutschland, nach außen berufene Person zu verantworten, dass diese entgegen § 107 Abs 2 Z 1 Telekommunikationsgesetz 2003 in der Fassung BGBl I Nr 133/2005 eine elektronische Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zu Zwecken der Direktwerbung zugesendet hat, indem - ausgehend von der E-Mail-Adresse technik@d.de - an eine im angefochtenen Bescheid namentlich und mit E-Mail-Anschrift genannte Person in G am um 3 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit Werbung für Parfümerieprodukte zugesendet worden sei. Die Beschwerdeführer hätten dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 begangen und es wurde über sie jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage) verhängt.
Nach Darlegung des Verfahrensganges und des Berufungsvorbringens stellte die belangte Behörde in den im Wesentlichen gleich lautenden Bescheiden unter anderem fest, dass R E. am eine E-Mail-Nachricht ausgehend von der E-Mail-Adresse technik@d.de zugesandt erhalten habe. Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführer gemäß § 9 VStG zur Vertretung der Parfumerie D GmbH in H, Deutschland, nach außen berufen seien.
Am habe R E. an service@d.de eine "Nachfrage" gerichtet, wonach sie eine Bestellung näher genannter Waren aufgeben wolle. Hiebei habe sie keinerlei Zustimmung gegeben, ihr weiterhin per E-Mail Newsletters oder Werbemails zu senden. Aus dem Lieferschein der "Firma D" vom , gesendet per E-Mail von der E-Mail-Adresse service@d.de, gehe unter anderem hervor, dass Beanstandungen der bestellten Waren unter dieser E-Mail-Anschrift bzw einer angegebenen Postanschrift geltend gemacht werden könnten. Weiters seien Ausführungen hinsichtlich Rückgabe bzw Widerruf enthalten. R E. habe glaubwürdig angegeben, sie sei weiterhin mit Zusendungen per E-Mail "bombardiert" worden, was für sie äußerst ärgerlich gewesen sei, da sie jedenfalls keine Zustimmung zur Zusendung von Direktwerbung oder Newslettern erteilt habe. Aus der Aktenlage werde weiters festgestellt, dass eine Mail von "D" am an R E. gesandt worden sei, worin für Geschenke zum Nikolaustag geworben worden sei. Auf Grund dieser neuerlichen Werbung habe R E. noch am selben Tag um 17.02 Uhr mittels E-Mail, gerichtet an die im erhaltenen E-Mail genannte E-Mail-Anschrift mitgeteilt, dass sie keinerlei Beziehungen zu D mehr habe und Anzeige erstatten werde, sollte sie nochmals E-Mail-Nachrichten erhalten.
Zum Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer, die E-Mail vom sei "bei der deutschen Firma D GmbH" nicht eingegangen und zu dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben des T Z. (in dem mitgeteilt wurde, dass zwei Damen zweimal die Mails aus der Zeit um den durchgesehen hätten, ohne die vorgelegte Mail gefunden zu haben) führte die belangte Behörde aus, dass der "Anzeigenlegerin auch bei Zutreffen dieser Behauptungen ein Verschulden nicht vorgeworfen werden kann". Sie habe davon ausgehen können, dass sie auf Grund des E-Mails vom klar und deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie keinerlei Zusendung der "Firma D" wünsche. Es sei als erwiesen anzusehen, dass seitens der Anzeigenlegerin (R E.) eine vorherige Einwilligung im Sinne des § 107 Abs 2 Z 1 TKG nicht erfolgt sei. Daraus folge auch, dass die Kriterien im Sinne des § 107 Abs 3 TKG auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien. Die Anzeigenlegerin habe von ihrer Möglichkeit, die Zusendung von Werbemails abzulehnen, durch das E-Mail vom 26. (gemeint wohl: 28.) November 2006 Gebrauch gemacht, aus dessen Wortlaut klar und unmissverständlich hervorgehe, dass zukünftige Zusendungen derartiger Werbemails unerwünscht seien. Dass die verfahrensgegenständliche E-Mail-Nachricht am übermittelt worden sei, sei den Beschwerdeführern als gemäß § 9 VStG Verantwortlichen als Verschulden im Sinne des § 5 VStG anzulasten.
Gegen diese Bescheide richten sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden mit dem Antrag, sie kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. § 107 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) BGBl I Nr 70/2003 in der hier maßgebenden Fassung BGBl I Nr 133/2005 lautet:
"Unerbetene Nachrichten
§ 107. (1) Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien -
zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.
(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder | |||||||||
2. | an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist. |
(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn
1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und
2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und
3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und
4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.
(4) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 133/2005)
(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.
(6) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Absatz 1, 2 oder 5 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem die unerbetene Nachricht den Anschluss des Teilnehmers erreicht."
Gemäß § 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 37 000 zu bestrafen, wer entgegen § 107 Abs 2 oder 5 leg cit elektronische Post zusendet.
2. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass gemäß § 107 Abs 3 TKG 2003 die vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post nicht notwendig sei, wenn die in dieser Bestimmung angegebenen Voraussetzungen vorlägen. Die Beschwerdeführerin habe die Zusendung nicht abgelehnt, sodass die Parfümerie D GmbH entsprechend der klaren österreichischen gesetzlichen Regelung berechtigt gewesen sei, ihr Werbemitteilungen zukommen zu lassen. "Rechtlich problematisch" sei bereits die Frage, ob eine von R E. angebahnte Kundeneigenschaft überhaupt zurückgenommen werden könne. Im konkreten Fall habe R E. die elektronische Postadresse im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware direkt an eine E-Mail-Adresse der Parfümerie D GmbH übermittelt. Die Adresse stamme daher von der Kundin selbst und es sei auch der zeitliche und sachliche Zusammenhang mit dem Verkauf der Ware gegeben.
Auch der Spruch der angefochtenen Bescheide sei verfehlt, soweit darin ausgesprochen werde, dass die Beschwerdeführer eine elektronische Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zu Zwecken der Direktwerbung zugesandt hätten. Die vorherige Zustimmung sei nicht notwendig, wenn die unter § 107 Abs 3 Z 1 bis 4 TKG 2003 genannten Ausnahmetatbestände kumulativ vorlägen. Warum die genannten Ausnahmebestimmungen nicht Platz greifen sollten und die Zusendung des Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung nicht statthaft sein solle, lasse "die Behörde erster Instanz" unbegründet. Hinsichtlich der Kundeneigenschaft komme es auf den Zeitpunkt des erstmaligen Vertragsabschlusses an. Das Gesetz selbst sehe "keine Kündigung/Zurücklegung/ Aberkennung/Nichtigerklärung der Kundeneigenschaft" vor. Insbesondere sei nach dem klaren Gesetzestext des § 107 TKG 2003 nicht strafbar, wenn einem "allenfalls ehemaligen Kunden" eine Werbung zukomme.
3. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass im vorliegenden Fall unstrittig eine Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung durch die Gesellschaft, deren zur Vertretung nach außen berufene Personen die Beschwerdeführer sind, erfolgte. Eine derartige Zusendung einer elektronischen Post ist gemäß § 107 Abs 2 TKG 2003 ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, es sei denn, es lägen die im § 107 Abs 3 TKG 2003 genannten Voraussetzungen kumulativ (vgl Singer in Stratil (Hrsg) TKG, Anmerkung 8 zu § 107) vor, wofür die Beschwerdeführer behauptungs- und beweispflichtig sind.
Die Beschwerdeführer bringen in ihren Beschwerden wie auch bereits im Verwaltungsverfahren jedoch lediglich vor, dass die Empfängerin der verfahrensgegenständlichen E-Mail-Werbung ihre Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren selbst bekannt gegeben und deren Nutzung auch nicht abgelehnt habe und dass sie auch nicht in der in § 7 Abs 2 E-Commerce-Gesetz genannten Liste eingetragen sei. Weder im Verwaltungsverfahren noch in den Beschwerden haben die Beschwerdeführer dargelegt, dass die Empfängerin der verfahrensgegenständlichen E-Mail bereits bei der Erhebung ihrer Kontaktinformation klar und deutlich die Möglichkeit erhalten habe, die Nutzung dieser Kontaktinformation für die Zusendung elektronischer Post kostenfrei und problemlos abzulehnen.
Nach der Bestimmung des § 107 Abs 3 Z 3 TKG 2003 reicht es nämlich nicht aus, wie die Beschwerdeführer offenbar meinen, dass lediglich in den jeweiligen Werbezusendungen die Möglichkeit zur Abbestellung weiterer Zusendungen vorgesehen ist, sondern es ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut die Ablehnung der Nutzung der elektronischen Kontaktinformation schon "bei deren Erhebung" zu ermöglichen (vgl dazu auch Erwägungsgrund 41 zur Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation 2002/58/EG, deren Art 13 Abs 2 durch § 107 Abs 3 TKG 2003 umgesetzt wird: "
Bei der Erlangung der Kontaktinformationen sollte der Kunde über deren weitere Nutzung zum Zweck der Direktwerbung klar und eindeutig unterrichtet werden und die Möglichkeit erhalten, diese Verwendung abzulehnen.").
4. Im Beschwerdefall steht - von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten - fest, dass die Empfängerin der verfahrensgegenständlichen Werbe-E-Mail keine Zustimmung zu dieser Zusendung erteilt hat, insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit ihrer Bestellung vom . Es wäre daher an den Beschwerdeführern gelegen, sofern sie sich wie im vorliegenden Fall darauf berufen, dass eine Zustimmung im Sinne des § 107 Abs 3 TKG 2003 nicht erforderlich gewesen wäre, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 107 Abs 3 TKG 2003 darzulegen. Da die Beschwerdeführer nicht einmal behauptet haben, dass die Empfängerin der verfahrensgegenständlichen Zusendung bei der Erhebung der Kontaktinformationen klar und deutlich über die Möglichkeit informiert worden wäre, die Nutzung dieser Kontaktinformationen für die Zusendung von E-Mails abzulehnen, kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen der Verwaltungsübertretung der Zusendung einer elektronischen Post ohne vorherige Einwilligung gemäß § 107 Abs 2 TKG 2003 angenommen hat.
5. Die Beschwerdeführer rügen weiters, dass der von ihnen beantragte Entlastungszeuge T Z., Angestellter der D Holding AG, nicht gehört worden sei, obgleich dieser zum Beweis dafür geführt worden sei, "dass auch intensive Nachforschungen am nach wie vor aufrechten Computerprogramm durchgeführt wurden und der Eingang des verfahrensgegenständlichen E-Mails nicht gefunden werden konnte." Dieser Beweisantrag sei dahin gegangen, dass das E-Mail vom die "Parfümerie D" nicht erreicht habe.
Dieses Beschwerdevorbringen vermag keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen. Da die belangte Behörde festgestellt hat, dass R E. als Empfängerin der verfahrensgegenständlichen E-Mail-Werbung vom keine Zustimmung gegenüber der von den Beschwerdeführern vertretenen Gesellschaft zur Zusendung von Direktwerbung per elektronischer Post erteilt hat und das Vorliegen aller für die Zulässigkeit der Zusendung ohne Zustimmung gemäß § 107 Abs 3 TKG 2003 notwendigen Voraussetzungen nicht behauptet wurde, vermöchte auch der Nachweis, dass mit E-Mail-Nachricht vom Zusendungen ausdrücklich abgelehnt wurden, an der Rechtswidrigkeit der Zusendung nichts zu ändern. Einwendungen im Hinblick auf die Strafbemessung wurden in der Beschwerde nicht erhoben.
6. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am