VwGH vom 27.06.2006, 2005/05/0263
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. D in W, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Mag. Franz J. Teufl, Mag. Bernhard Wimmer und Dr. Sonja Schindlholzer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-AM-05-1003, betreffend Übertretung der Niederösterreichischen Bauordnung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als eines der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der D.-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft im Tatzeitraum vom bis ein Bauwerk, nämlich das Objekt 1 des Fachmarktzentrums in G., W.-Straße 44, Geschäftsteil der D.- GmbH mit der Bezeichnung "F.-Outlet", somit ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, welches ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei, durch das Offenhalten des Geschäftslokales und die Durchführung von Verkaufstätigkeiten benützt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 der NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Beschwerdeführer die Zahlung von EUR 250,-- auferlegt.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, gegen ihn seien wegen des gegenständlichen Objektes bereits mehrere Verwaltungsstrafverfahren anhängig gemacht worden. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom sei über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 4 BO eine Geldstrafe verhängt worden, wobei der Tatort sich auch auf das Objekt 1 bezogen habe. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten sei in diesem Strafverfahren davon ausgegangen, dass mit Ausnahme des Geschäftslokales J. die sonstigen Bauteile des Objektes 1 nicht durch eine Baubewilligung gedeckt seien und daher die Zurverfügungstellung dieser Teile an einen Dritten der Verwaltungsstrafnorm nach § 37 Abs. 1 Z 1 BO unterliege. Auf Grund seiner Berufung habe der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich mit Bescheid vom ausgesprochen, dass die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht gegeben sei. Er habe daher davon ausgehen können, dass keine Verwaltungsübertretung vorliege, wenn er die gegenständlichen Teile des Objektes 1 durch die D.-GmbH benützen lasse. Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten habe ihre in mehreren Verwaltungsstrafverfahren vertretene Rechtsmeinung geändert und sei nunmehr der Auffassung, dass überhaupt keine Baubewilligung vorliege. Sie sehe jetzt eine Verwaltungsübertretung nicht mehr nach § 14 Z 4 BO, sondern nach § 14 Z 1 BO als gegeben an. Selbst wenn diese Rechtsauffassung zutreffen sollte, könne dem Beschwerdeführer als Rechtsunterworfenem nicht zugemutet werden, dass er von sich aus die richtige Gesetzesauslegung kenne, obwohl die erstinstanzliche Strafbehörde jahrelang eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten habe. Es könne ihm keinesfalls vorgeworfen werden, fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt zu haben, sodass für eine Bestrafung die subjektive Tatseite fehle. Selbst wenn Strafbarkeit gegeben wäre, wäre die verhängte Geldstrafe von EUR 2.500,-- wesentlich überhöht. Ein äußerst geringes Verschulden des Beschwerdeführers könnte nur darin erblickt werden, dass er nicht von Vornherein die richtige Rechtslage erkannt habe. Eine Ermahnung bzw. die Verhängung einer bedingten Geldstrafe oder einer Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens sei ausreichend.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Berufung keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Beschwerdeführer die angelastete Tat als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der D. & Cie Handelsgesellschaft mbH zu verantworten habe. Der Beschwerdeführer wurde ferner zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von EUR 500,-- verpflichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Objekt 1 sei abweichend von der dafür erwirkten Baubewilligung errichtet worden. Die Abstände zum Geh- und Radweg und von der W.-Straße würden nur mehr 3,50 m bzw. 3,24 m anstatt der bewilligten Abstände von 8,40 m bzw. 8,11 m betragen. Das Objekt sei darüber hinaus mit einer Breite von 18 m anstatt der bewilligten 15 m hergestellt worden, wodurch sich eine Vergrößerung der insgesamt überbauten Fläche von 1.359,06 m2 auf 1.678,41 m2 ergebe. Das Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung für den Teil des Objektes 1, in dem sich das nunmehr von der D. & Cie Handelsgesellschaft mbH genutzte Geschäftslokal befinde, sei rechtskräftig abgewiesen worden. Die D. & Cie Handelsgesellschaft mbH habe das Objekt von der D.-GmbH aufgrund eines mündlichen Mietvertrages gemietet. Der Beschwerdeführer habe in der öffentlichen mündlichen Verhandlung außer Streit gestellt, dass das gegenständliche Objekt vom bewilligten Einreichplan abweiche. Die Abänderungen ergäben sich auch aus der glaubwürdigen Aussage des Zeugen W., der im Rahmen einer Überprüfungsverhandlung am die genannten Abweichungen festgestellt habe. Dass das Objekt nunmehr von der D. & Cie Handelsgesellschaft mbH und nicht mehr von der D.-GmbH genutzt werde, stütze sich auf die glaubwürdige Aussage des Beschwerdeführers, welcher in der Berufungsverhandlung eine Gewerbeanmeldung vom in Kopie, lautend auf die D. & Cie Handelsgesellschaft mbH, vorgelegt habe. Das Objekt 1 sei in einem Zug hergestellt und nicht nachträglich erst geändert worden. Es sei von einem rechtlichen "aliud" auszugehen, wenn ein Gebäude errichtet werde, das in seinen Ausmaßen und damit auch in seiner Situierung von der erteilten Baubewilligung abweiche. Die Baubewilligung werde nämlich für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass eine Abweichung hievon eine neuerliche Baubewilligung erfordere. Der Beschwerdeführer habe daher als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ den Tatbestand des § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 BO erfüllt. Der Beschwerdeführer sei nicht nur handelsrechtlicher Geschäftsführer der D. & Cie Handelsgesellschaft mbH, sondern auch der D.-GmbH, welche bis zum das gegenständliche Objekt genutzt habe. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der St.-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der Muttergesellschaft der S.-GmbH & Co KEG, welcher die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Objektes 1 erteilt worden sei, zu dem Zeitpunkt gewesen, als das verfahrensgegenständliche Objekt abweichend vom genehmigten Einreichplan errichtet worden sei. Obwohl dem Beschwerdeführer bereits mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom im Verfahren zur Zl. AMS2-S-04 6780 (Zl. Senat-AM-04-0212) als einem der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der D.-GmbH angelastet worden sei, dass diese Gesellschaft das verfahrensgegenständliche Objekt durch das Offenhalten eines Geschäftslokales und die Durchführung von Verkaufstätigkeiten benützt habe, und es dem Beschwerdeführer somit habe bewusst sein müssen, dass das Offenhalten eines Geschäftslokales im gegenständlichen Objekt eine Verwaltungsübertretung darstelle, habe ihn das nicht gehindert, das Geschäftslokal nunmehr durch die D. & Cie Handelsgesellschaft mbH nutzen zu lassen. Er habe daher zumindest grob fahrlässig gehandelt. Bei der Strafbemessung habe sich die erstinstanzliche Behörde zu allfälligen Erschwerungs- oder Milderungsgründen nicht geäußert. Im Verwaltungsstrafverfahren sei hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei, sodass ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugute komme. Als mildernd sei auch zu werten gewesen, dass der Beschwerdeführer an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt habe. In Anbetracht des vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens von EUR 40.000,-- bis EUR 50.000,-- netto jährlich und seines Vermögens, welches nach eigenen Angaben ein Einfamilienhaus, drei Baugründe sowie Anteile an verschiedenen Gesellschaften umfasse, und im Hinblich darauf, dass der Beschwerdeführer anstatt der von der erstinstanzlichen Behörde angenommenen fünf nur zwei Sorgepflichten habe, sei die verhängte Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe angemessen. Im Übrigen sei der vorgesehene Strafrahmen auch nur zu ca. einem Drittel ausgeschöpft worden. Die Voraussetzungen für eine Ermahnung seien nicht vorgelegen, da das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als gering habe angesehen werden können, weil er schon auf Grund des Verfahrens zur Zl. Senat-AM-04-0212 hätte wissen können, dass die Nutzung des Geschäftslokales gegen die BO verstoße.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, der Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig. Hätte die belangte Behörde sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, dass ein bereits gegen ihn geführtes Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom eingestellt worden sei, berücksichtigt, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass er nicht mit einer neuerlichen Bestrafung habe rechnen können, sodass ein entschuldbares Verhalten vorliege, und hätte die Strafe aufgehoben bzw. bedingt ausgesprochen oder niedriger angesetzt. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/06/0065, führt der Beschwerdeführer aus, dass ein Beschuldigter nur dann wegen desselben Sachverhaltes fortlaufend bestraft werden könne, wenn es eine Bestimmung wie § 23 Abs. 4 des Salzburger Baupolizeigesetzes (in der Folge: BauPolG) gebe. Der Beschwerdeführer beruft sich schließlich auf den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom , Zl. Senat-AM-04-0212, und führt dazu aus, dass er in diesem Strafverfahren bereits wegen desselben Sachverhaltes, allerdings für einen anderen Tatzeitraum, bestraft worden sei.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem denselben Beschwerdeführer betreffenden Fall, der mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/05/0262, entschieden worden ist, nur hinsichtlich des Tatzeitraumes. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses kann daher insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden.
Ergänzend ist auszuführen, dass aus dem dem genannten Beschwerdeverfahren, Zl. 2005/05/0262, zu Grunde liegenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom , Zl. Senat-AM-04-0212, - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - für ihn gerade nichts zu gewinnen ist. Vielmehr kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in diesem Zusammenhang zum Verschulden des Beschwerdeführers ausführte, dass ihm seit der Aufforderung zur Rechtfertigung in diesem Strafverfahren jedenfalls bekannt sein musste, dass die Benützung des bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtskräftige Baubewilligung der BO widerspricht. Von einem geringfügigen Verschulden kann daher nicht die Rede sein.
Wie schon im genannten Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/05/0262, ausgeführt wurde, kann nicht zweifelhaft sein, dass sich das Tatbild des hier gegenständlichen Tatbestandes nicht in der Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes erschöpft (arg.: "benützt oder benützen lässt"), sondern es sich um ein Dauerdelikt handelt. Die Verwaltungsübertretung des § 37 Abs. 1 Z 1 2. Halbsatz BO ist für verschiedene Zeiträume daher so lange strafbar, solange der inkriminierte Zustand andauert. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass er für die gegenständliche Übertretung für denselben Zeitraum bereits bestraft worden wäre, sondern führt dazu selbst aus, dass er mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom , Zl. Senat-AM-04-0212, für einen anderen als den hier gegenständlichen Tatzeitraum bestraft wurde.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am