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VwGH vom 26.06.2012, 2012/11/0025

VwGH vom 26.06.2012, 2012/11/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse in Graz, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Dr. Gerald Mader und Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Wastiangasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA8A-87Wi1/2007-18, betreffend krankenanstaltenrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: D GmbH in G, vertreten durch Kodolitsch-Nopp-Kodolitsch Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1/II/1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der Mitbeteiligten (neben einer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen Bewilligung für eine Standortverlegung) gemäß §§ 3 und 6 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes (KALG) die Bewilligung für eine Änderung des Leistungsangebots durch Erweiterung auf 40 Behandlungsplätze.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Mit Antrag vom habe die Mitbeteiligte (Dialysezentrum X …) um die Bewilligung für die Standortverlegung innerhalb von Graz (von S-Straße 6 nach W Straße 20) sowie um die krankenanstaltenrechtliche Bewilligung einer Aufstockung um 25 auf 40 Behandlungsplätze angesucht.

Für die bestehende Krankenanstalt sei mit Bescheid vom die Errichtungsbewilligung erteilt worden, für die Erweiterung des Leistungsbereichs auf Durchführung von therapeutischen Plasmapheresen mit Bescheid vom .

Für die Standortverlegung sei, weil innerhalb derselben Standortgemeinde gelegen, keine neuerliche Bedarfsprüfung erforderlich; für die Erweiterung sei eine Bedarfsprüfung durchgeführt worden.

Dazu habe sich die Steiermärkische Krankenanstalten GmbH (KAGes) mit Schreiben vom dahin geäußert, dass sie grundsätzlich gegen die Leistungserweiterung keine Einwendung erhebe. Für den Raum Süd sei im Rahmen des gemeinsamen Projekts der KAGes und der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse "Nierenersatztherapie-Dialyseversorgung Steiermark" ein Mehrbedarf von 21 Plätzen bis zum Jahr 2010 errechnet worden, der in erster Linie durch Aufstockung von vorhandenen Dialysekapazitäten gedeckt werden solle. Gerade für den Raum Süd sei jedoch seitens des Projektteams empfohlen worden, weitere Abstimmungsgespräche durchzuführen. Die Pensionsversicherungsanstalt und die Ärztekammer Steiermark hätten mitgeteilt, keinen Einwand gegen das Vorhaben zu haben.

Im Gutachten des Landessanitätsrats vom sei Folgendes ausgeführt worden:

"Derzeit werden im Zentrum auf 15 bewilligten Behandlungsplätzen in einem 24-Schichtbetrieb pro Woche 120 chronische Hämodialysepatienten versorgt.

Es wird daher um eine Erweiterung auf 40 Behandlungsplätze im neuen Dialysezentrum X zur Umsetzung moderner Strukturqualitätskriterien angesucht. Mit der Verlegung und Leistungserweiterung von 15 auf 40 Behandlungsplätze soll ein 15- Schichtbetrieb pro Woche garantiert werden, weiters patientenfreundliche Behandlungszeiten sowie eine ausreichende Kapazität für Notfälle geschaffen werden, weiters bringt dies eine Optimierung von Gemeinschaftstransporten von Dialysepatienten mit sich.

Dem Antrag liegt ein Konzept 'Optimierung der Nierenersatztherapie in der Steiermark' bei, dass von einer Arbeitsgruppe auf Initiative der Steiermärkischen Krankenanstalten-GmbH und der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse geschaffen wurde und diesbezüglich Empfehlungen zur Dialyseversorgung in der Steiermark enthält. Weiters eine Richtlinie des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen über den 'Standard für die Nierenersatztherapie in Österreich'. Die genannten Richtlinien enthalten neben der angestrebten Verbesserung der Qualitätskriterien auch eine entsprechende Begründung des Bedarfs für die Region Süd der Steiermark.

Die Patientenversorgung muss derzeit aufgrund der eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten zum Teil in späten Nachtschichten und unter unökonomischen Bedingungen erfolgen. Die Erhöhung der Zahl der Behandlungsplätze bei gleichzeitiger Reduktion der Behandlungsschichten bringt also eine wesentliche Erhöhung der Qualität der Patientenversorgung sowie personalfreundlichere Dienstzeiten mit sich. Weiters werden die Strukturauflagen des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen und der genannten Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Dialysestation in der Steiermark vom Antragsteller umgesetzt.

Es wird daher das Ansuchen sowohl hinsichtlich der Standortverlegung als auch der Leistungserweiterung um 25 Behandlungsplätze positiv erledigt."

Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom das Vorhaben der geplanten Leistungserweiterung abgelehnt und dies folgendermaßen begründet: Derzeit werde das im Antrag angeführte Leistungsangebot in der Steiermark durch vier private Vertragspartner und fünf spitalsgebundene Einrichtungen erbracht. In der Versorgungsregion Süd, zu der auch der Standort Graz zähle, würden Dialysebehandlungen neben der Beschwerdeführerin von den Instituten Dr. G in Graz und Dr. W in Feldbach sowie vom Universitätsklinikum und dem Krankenhaus der Z angeboten. Insgesamt stünden in den genannten Einrichtungen 97 Plätze zur Verfügung. Die zukünftige Dialyseversorgung in der Steiermark sowie die Kostentragung zwischen Sozialversicherung und Krankenanstalten solle im Rahmen eines Reformpool-Projektes der Gesundheitsplattform diskutiert werden und dabei der Versuch unternommen werden, notwendige zusätzliche Dialyseplätze nach regionalen Gesichtspunkten aufzuteilen.

Dazu habe die Mitbeteiligte Stellung genommen und Folgendes ausgeführt: Derzeit würden auf 15 krankenanstaltenrechtlich bewilligten Behandlungsplätzen in einem 24 Stunden Schichtbetrieb pro Woche knapp 120 chronische Hämodialysepatienten versorgt. Ohne Aufstockung der Behandlungsplätze könnten bestimmte moderne Strukturqualitätskriterien (15-Stunden-Schichtbetrieb/Woche - ausreichende Reservekapazität für Notfälle, Verschiebungen von Dialyseterminen und Urlaubsdialysen) nicht mehr umgesetzt werden. Im Großraum Graz herrsche seit geraumer Zeit eine progredient angespannte Situation hinsichtlich freier Dialysekapazitäten. Die Beschwerdeführerin werde regelmäßig seitens der Dialysestation des LKH und der Z wegen Platzmangels um Übernahme chronischer Hämodialysepatienten zur weiteren Betreuung ersucht, welchen Wünschen wegen fehlender freier Kapazitäten nur mehr bei Freiwerden eines Behandlungsplatzes entsprochen werden könne. Mangels freier Behandlungsplätze könnten keine therapeutischen Apheresen durchgeführt werden. Im Dialysezentrum X Therapeutische Apherese führe die Ressourcenverknappung ab Vermehrung der Behandlungsschichten in die Nacht zu einem beträchtlichen Anstieg der Personalkosten, die durch Aufstockung der Behandlungsplätze und damit möglicher Reduktion der Behandlungsschichten reduziert würden. Laut Vorausschau des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen (ÖBIG) sei bis zum Jahr 2015 auch in der Steiermark mit einer deutlichen Steigerung der Versorgungsverpflichtung für Dialysepatienten zu rechnen. Das auf Initiative der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse und der Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH ins Leben gerufene Projektteam "Nierenersatztherapie - Dialyseversorgung Steiermark" habe für die Region Süd prospektiv bis zum Jahr 2010 einen zusätzlichen Bedarf an 30 Hämodialyseplätzen errechnet und sich dafür ausgesprochen, den künftig steigenden Bedarf an Nierenersatztherapie nach Möglichkeit durch Aufstockung der Behandlungskapazitäten an bestehenden Dialysezentren abzudecken.

An die Wiedergabe dieser Stellungnahmen schließt folgende "rechtliche Beurteilung der Bedarfssituation":

Gemäß § 3 Abs. 3 KALG sei der Bedarf nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem Landeskrankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassenen Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu beurteilen.

Die befragten Institutionen hätten sich, bis auf die Beschwerdeführerin, positiv geäußert oder "sich verschwiegen". Auch die Beschwerdeführerin, die zwar die Leistungserweiterung ablehne, habe nicht in Abrede gestellt, dass zusätzliche Dialyseplätze notwendig seien, was jedoch im Rahmen des Reformpool-Projekts diskutiert werden solle. Dies lasse den Schluss zu, dass zwar aus der Sicht der Beschwerdeführerin die Situierung in Graz als nicht optimal gesehen werde, jedoch grundsätzlich ein Bedarf für weitere Dialyseplätze gegeben sei. Wie auch der Landessanitätsrat in seinem Gutachten ausgeführt habe, würde eine Erweiterung der Patientenversorgung jedenfalls eine Erleichterung für den betroffenen Personenkreis darstellen, weil Nachtschichten weder für Patienten noch für das Personal besonders angenehm seien und nachdrücklich den akuten Bedarf unterstrichen. Eine regional ausgewogene Verteilung von Dialyseplätzen wäre auch, wie die Beschwerdeführerin ausführe, im Wege der Gesundheitsplattform zu diskutieren. Im ÖSG 2006 werde ein Erreichbarkeitsrichtwert von 45 Minuten angegeben, was für den in Aussicht genommenen Standort eine gute Erreichbarkeit für ein breites Einzugsgebiet bedeute. Weiters werde im ÖSG 2006 ausgeführt, dass Neuerrichtungen von Standorten nur dann erfolgen sollten, wenn an bestehenden Zentren Aufstockungen nicht durchführbar seien oder durch einen neu einzurichtenden Standort in einer mit Dialysezentren unterdurchschnittlich versorgten Region deutlich geringere Anreisezeiten zu erzielen seien. Bei einer schon bestehenden Krankenanstalt und der dadurch notwendiger Weise gegebenen Erfahrung und des Fachwissens sei eine Aufstockung jedenfalls einer noch nicht einmal geplanten Neuerrichtung in einer anderen Region deutlich vorzuziehen. Auch die sonstigen im ÖSG genannten Strukturqualitätskriterien seien gegeben, sodass von einem Bedarf am geplanten Standort auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie auch die Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Aus Anlass zweier bei ihm anhängiger Beschwerdeverfahren, in denen die Bedarfsprüfungsbestimmungen von Krankenanstaltengesetzen anderer Bundesländer einschlägig waren, hatte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zlen. EU 2007/11/0001, EU 2007/11/0002-1, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Anwendung der genannten Bedarfsprüfungsbestimmungen der Art. 43 (iVm Art. 48) EG entgegen steht.

Mit Urteil vom , C-169/07, erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hiezu Folgendes:

"Nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach für die Errichtung einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnheilkunde eine Bewilligung erforderlich ist und diese Bewilligung, wenn angesichts des bereits bestehenden Versorgungsangebots durch Kassenvertragsärzte kein die Errichtung einer solchen Krankenanstalt rechtfertigender Bedarf besteht, zu versagen ist, steht Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG entgegen, sofern sie nicht auch Gruppenpraxen einem solchen System unterwerfen und sofern sie nicht auf einer Bedingung beruhen, die geeignet ist, der Ausübung des Ermessens durch die nationalen Behörden Grenzen zu setzen."

Ausgehend vom zitierten Urteil des EuGH hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall (in dem es nicht um grenzüberschreitende Tätigkeiten der Mitbeteiligten geht, sondern um die Erbringung medizinischer Leistungen am Sitz der Mitbeteiligten in Graz) mit Beschluss vom , Zl. 2007/11/0047, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 3 Abs. 2 lit. a und § 3 Abs 3 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999 - KALG, als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Antrag mit Erkenntnis vom , G 81/10-8 u.a., abgewiesen.

2. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nach den im Zeitpunkt seiner Erlassung maßgebenden Bestimmungen des Stmk. KALG zu beurteilen, die auszugsweise lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 1

Begriff und Einteilung der Krankenanstalten

(3) Krankenanstalten im Sinne des Abs. 1 sind:

7. selbstständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbstständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen. Der Verwendungszweck eines selbstständigen Ambulatoriums erfährt dann keine Änderung, wenn dieses Ambulatorium über eine angemessene Zahl von Betten verfügt, die für eine kurzfristige, 24 Stunden nicht überschreitende Unterbringung zur Durchführung ambulanter, diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen unentbehrlich ist. Die angemessene Zahl von Betten ist im Rahmen der Bedarfsprüfung gemäß § 3 Abs. 3 festzustellen.

§ 3

Errichtungsbewilligung

(1) Die Errichtung einer Krankenanstalt bedarf nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Bewilligung der Landesregierung.

(2) Diese kann unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften erforderlichen Voraussetzungen nur erteilt werden, wenn

a) ein Bedarf im Sinne des Abs. 3 nach einer Krankenanstalt hinsichtlich des angegebenen Anstaltszweckes (§ 1 Abs. 3 und § 2 a) und des in Aussicht genommenen Leistungsangebotes gegeben ist;

(3) Der Bedarf ist nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot sowohl nach dem Landes-Krankenanstaltenplan als auch im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privatergemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Kassenvertragszahnärzte und Kassenvertragsdentisten zu beurteilen.

§ 4

Verfahren zur Errichtungsbewilligung

(2) Bei Prüfung des Bedarfes (§ 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3) sind neben den Parteien gemäß § 5 a auch die Träger der öffentlichen Krankenanstalten des jeweiligen Versorgungssektors (§ 24) zu hören.

§ 5a

Parteistellung im Errichtungsbewilligungsverfahren für

Krankenanstalten

(1) Im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt haben die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und betroffene Sozialversicherungsträger, bei selbstständigen Ambulatorien auch die Ärztekammer für Steiermark bzw. bei Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des nach § 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 zu prüfenden Bedarfes Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Artikel 131 Abs. 2 B-VG.

§ 6

Verlegung einer Krankenanstalt und räumliche Änderungen

(2) Jede geplante räumliche Veränderung ist der Landesregierung anzuzeigen. Wesentliche Veränderungen, auch der apparativen Ausstattung oder des Leistungsangebotes, bedürfen der Bewilligung der Landesregierung. Diese ist insbesondere nur dann zu erteilen, wenn das Vorhaben dem Landes Krankenanstaltenplan entspricht.

(3) Wesentliche Veränderungen sind insbesondere Vorhaben zur Schaffung neuer Betriebsbereiche (Abteilungen, Departements, Stationen, Institute, Ambulatorien und dergleichen) oder Maßnahmen zur Änderung des Umfanges der Krankenanstalt. Für den zu ändernden Teil der Krankenanstalt sind die Bestimmungen der §§ 3 bis 5a sinngemäß anzuwenden. ..."

3. Die Beschwerdeführerin wendet in ihrer gemäß § 5a Abs 1 iVm § 33 Abs 2 lit a KALG zulässigen Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, die belangte Behörde habe die Frage des Bedarfs nach der von der Mitbeteiligten beantragten Erweiterung des Leistungsangebots unrichtig beurteilt. Sie habe bei ihrer Bedarfsbeurteilung lediglich auf den Raum Graz abgestellt, anstelle die Versorgungsregion Süd der Steiermark als Gesamtes, worunter die Bezirke Graz, Graz-Umgebung, Weiz, Voitsberg, Deutschlandsberg, Leibnitz, Feldbach, Bad Radkersburg, Fürstenfeld und Hartberg fielen, zu betrachten. Zudem habe die belangte Behörde nur am Rande darauf Bezug genommen, dass im ÖSG 2006 von einem Erreichbarkeitsrichtwert von 45 Minuten ausgegangen werde und dass Neuerrichtungen von Standorten nur dann erfolgen sollten, wenn an bestehenden Zentren Aufstockungen nicht durchführbar seien oder wenn durch einen neu einzurichtenden Standort in einer mit Dialysezentren unterdurchschnittlich versorgten Region deutlich geringere Anreisezeiten zu erzielen seien. Die Beschwerdeführerin sei bestrebt, um ihren patientenorientierten, auf regionale Gesichtspunkte abgestellten Interessen durch Planung und Verteilung von Dialyseeinrichtungen in der Steiermark, insbesondere in der Versorgungssituation Süd nachzukommen, eine Verbesserung der Dialyseversorgung über die Gesundheitsplattform in der südlichen Steiermark zu erzielen. Dies solle nach derzeitigem Stand gerade nicht durch Leistungserweiterungen in Graz, sondern in den im Süden der Steiermark befindlichen Bezirken geschehen. Hierauf nehme auch der ÖSG 2006 Bezug. Dadurch käme es zu einer deutlichen Reduktion der Anfahrtswege für die Patienten und der von der Beschwerdeführerin zu tragenden Transportkosten, zumal aus den südlichen Bezirken ca. 200 Patienten zwei- bis dreimal wöchentlich nach Graz und retour zu ihren Dialysebehandlungen zu transportieren seien.

4. Dieses Vorbringen ist zielführend.

4.1. Die von der Mitbeteiligten beabsichtigte Ausweitung des Leistungsangebots von bisher 15 auf nunmehr 40 Behandlungsplätze bedarf nach § 6 Abs. 2 und 3 KALG einer Bewilligung der Landesregierung, wofür (u.a.) das Bestehen eines Bedarfs (§ 3 Abs. 2 lit. a KALG) Voraussetzung ist.

4.2. Hinsichtlich der Anforderungen an die Beurteilung einer Entscheidung über die für die Errichtung einer Krankenanstalt wie auch die Erweiterung ihres Leistungsangebots maßgebenden Bedarfslage wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2012/11/0041 und 2012/11/0046, und vom , Zl. 2005/11/0119, jeweils mwN, verwiesen (vgl. im Übrigen - betreffend ein selbständiges Ambulatorium für Dialyse - auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/11/0176).

4.3. Hervorzuheben ist daraus, dass die Prüfung der Bedarfslage Feststellungen hinsichtlich des in Frage kommenden Einzugsgebiets des Ambulatoriums sowie darüber erfordert, in welchem Umfang ein Bedarf der in Frage kommenden Bevölkerung nach den angebotenen Untersuchungen besteht und inwieweit er durch das vorhandene Angebot befriedigt werden kann. Dazu sind insbesondere Feststellungen hinsichtlich der Anzahl, der Verkehrslage (Erreichbarkeit) und Betriebsgröße der in angemessener Entfernung gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen sowie deren Ausstattung und Auslastung erforderlich.

4.4. Vor diesem Hintergrund wäre die belangte Behörde zunächst gehalten gewesen, nachvollziehbare Feststellungen zum in Frage kommenden Einzugsgebiet des gegenständlichen Ambulatoriums zu treffen.

Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen:

Nach einer Wiedergabe der im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen (abgesehen von jener der Beschwerdeführerin seien alle positiv gewesen; die Beschwerdeführerin selbst habe zwar die Leistungserweiterung abgelehnt, aber nicht in Abrede gestellt, dass zusätzliche Dialyseplätze notwendig seien, auch wenn die Situierung in Graz als nicht optimal angesehen werde) bezog sich die belangte Behörde auf das - oben wiedergegebene - Gutachten des Landessanitätsrats, der ausgeführt habe, eine Erweiterung der Patientenversorgung würde jedenfalls eine Erleichterung für den betroffenen Personenkreis darstellen, weil Nachtschichten weder für Patienten noch für das Personal besonders angenehm seien und nachdrücklich den akuten Bedarf unterstrichen.

Die belangte Behörde hat sich also auf die Beschreibung der Leistungserbringung in der bestehenden Einrichtung der Mitbeteiligten beschränkt und jene Umstände hervorgehoben, die ihrer Auffassung nach für die Bewilligung der beantragten Leistungserweiterung sprächen (im Wesentlichen: durch Reduktion des "Schichtbetriebs" patienten- und personalfreundlichere Dienstzeiten, Schaffung von Kapazitäten für Notfälle). Sie hat es aber - obwohl im Verfahren nicht nur seitens der Beschwerdeführerin, sondern auch seitens der Steiermärkischen Krankenanstalten GesmbH (KAGes) die "Versorgungsregion Süd" bzw. der "Raum Süd" als maßgeblicher Einzugsbereich benannt wurde, Feststellungen hinsichtlich dieses Einzugsbereichs zu treffen.

Mit der bloß auf die bestehende Einrichtung der Mitbeteiligten bezogenen, eine Auseinandersetzung mit dem Leistungsangebot gleichartiger Einrichtungen im Einzugsgebiet vermissen lassenden Argumentation der belangten Behörde ist für deren Standpunkt schon deshalb nichts zu gewinnen, weil mangels Auseinandersetzung mit dem bestehenden Versorgungsangebot im gesamten Einzugsbereich offen bleibt, wieso gerade die Aufstockung der Kapazitäten an der gegenständlichen Einrichtung zu einer Förderung der ärztlichen Betreuung der Bevölkerung insgesamt führen wird. Das Argument der belangten Behörde, es seien "Nachtschichten weder für Patienten noch für das Personal besonders angenehm", rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines Bedarfs, weil es nicht näher konkretisiert wurde.

5. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-73103