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VwGH vom 23.05.2013, 2012/11/0009

VwGH vom 23.05.2013, 2012/11/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der S T in P, vertreten durch List Rechtsanwälte GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. 41.550/625-9/10, betreffend Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom hatte die Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten abgewiesen, da der Grad der Behinderung (GdB) lediglich 40% betrage.

Mit Erkenntnis vom , Zl. 2008/11/0203, auf das zur Vorgeschichte verwiesen wird, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend führte er - soweit im Folgenden von Interesse - aus, die Aufklärung des aufgezeigten Widerspruchs in Ansehung der Kraft und des Faustschlusses der linken Hand der Beschwerdeführerin und insbesondere hinsichtlich eines Leidens der Beschwerdeführerin an der Halswirbelsäule bzw. an der Schulter, hätte allenfalls zu einem für den Standpunkt der Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis führen können. Dass die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren "nachgereichten Befunde" und die Stellungnahme vom nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Amtssachverständigen Dris. K-D stünden, wie offensichtlich der medizinische Sachverständige Dr. L und mit ihm im Einklang die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vermeinten, sei für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Die belangte Behörde hätte die abweichende Beurteilung des Facharztes für Orthopädie Dr. F berücksichtigen und ein ergänzendes Gutachten einholen müssen, da erst dann hätte beurteilt werden können, welchen GdB die Beschwerdeführerin aufweise.

Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren holte die belangte Behörde zwei neue amtsärztliche Gutachten ein, das nervenfachärztliche Gutachten Dris. S vom und das Gutachten Dris. K, eines Facharztes für Chirurgie, vom , jeweils nach am erfolgter Untersuchung der Beschwerdeführerin.

Das nervenfachärztliche Gutachten Dris. S. lautet

(auszugsweise) wie folgt:

" Befund:

Neurologisch: Hirnnerven o.B.

OE: Reflexe seitengleich, Knips negativ, Mot. reduziert

(orthopädisch)

UE: Reflexe seitengIeich, Babinski negativ, Fersen-Zehenstand o. B.

Ataxie geht; Frontalzeichen, Unruhezeichen negativ. Sens. intakt

Psychisch: Gedankenductus o.B., Kognition ausreichend,

Stimmung etwas gesenkt, Affekt stabil, Verhalten adäquat,

funktionell negativ. Persönlichkeit: unauffällig

Beurteilung:

St.p. CTS-Operation rechts

g.Z. 475 10%

MRS, da geringfügig sensible Beschwerden

…"

Zu den vorgelegten Befunden, das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet betreffend, führte Dr. S darüber hinaus aus, sämtliche für das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet relevanten Befunde des erstinstanzlichen Verfahrens seien nochmals eingesehen bzw. die des Berufungsverfahrens neu berücksichtigt worden. Aufgrund dieser ergebe sich nun obige Einschätzung.

Im Hinblick auf die "Fragestellung des VwGH" wird ausgeführt, neurologisch seien Defizite am linken Arm nicht eindeutig feststellbar, der neurologische Befund zeige seitengleiche Reflexe. Es gebe keine neurologische Diagnose bezüglich "linke OE", jedoch Hinweis auf Medianusbeschwerden rechts. Eine "CTS-Op."

sei eventuell notwendig. "NLG für Daumennerven" sei reduziert, "Plattenentfernung und Retinaculumspaltung vorgesehen rechts, links keine Auffälligkeiten".

Der chirurgische Gutachten Dris. K lautet (auszugsweise):

" Wirbelsäule: Normal konfiguriert, Becken gerade, die Rückenmuskulatur normal entwickelt, kein muskulärer Hartspann, kein Druckschmerz, kein Bewegungsschmerz. KJA 1/19, HWS Rot. bds. 70 Grad , Seitneigen bds. 20 Grad , Ott 30/32, Schober 10/14 bei guter Entfaltbarkeit, FBA 12cm, Aufrichten frei, Seitneigen bds.

40 Grad , Rotation frei

Thorax: Äußerlich unauffällig, symmetrisch

Abdomen: In Thoraxniveau, Bauchdecken weich,

unauffälliger Palpationsbefund

Obere Extremitäten: Beidseits normale Gelenkskonturen,

keine Entzündungszeichen, keine Weichteilschwellung. Handpulse seitengleich tastbar. Narbe lateral am rechten Unterarm, Narbe nach CTS-OP rechts. Plastisch gedecktes Narbenareal linke Hohlhand. Rechts wird eine Handgelenksschiene getragen, links eine Handgelenksmanschette. Schultergelenke, Ellbogengelenke und Handgelenke bds. frei beweglich, Angabe von Bewegungsschmerz im rechten Handgelenk.

Fingerbeweglichkeit rechts uneingeschränkt, Faustschluss suffizient, mit verminderter Kraft durchgeführt. Links Teilverlust des Zeigefingers im DIP-Gelenk, das PIP-Gelenk versteift, MCP-Gelenk frei. Die Finger III-IV in leichter Beugestellung gehalten, Flexion bis FKHA von 3cm. Verlust des Kleinfingers im Grundgelenk. Unauffällige Stumpfverhältnisse. Daumen frei beweglich.

Umfangmaße: OA re 29cm, li 28cm, UA re 24cm, li 23cm, MH re 20cm, li 19cm

Untere Extremitäten: Beidseits normale Gelenkskonturen, die Muskulatur seitengleich entwickelt, keine Entzündungszeichen, keine Weichteilschwellung. Beinlängen seitengleich. Periphere Pulse seitengleich tastbar. In der linken Leiste eine Narbe nach Hautentnahme. Sämtliche Gelenke beidseits frei beweglich, Kniegelenke bandfest. Zehen- und Fersenstand, Einbeinstand sowie Hocke ungehindert durchführbar, Gangbild unauffällig

Diagnose


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1) Teilverlust des Zeigefingers, Bewegungsbehinderung des Mittel- und Ringfingers und Verlust des Kleinfingers (Gegenarm)
g.Z. 69
30%
2) degenerative Veränderung des rechten Handgelenkes (Gebrauchsarm) oberer Rahmensatz, da Zustand nach Ellenverkürzungsosteotomie und befundmäßig dokumentierte Arthralgien und Sensibilitätsstörung ohne funktionelle Einschränkung
58
30%
3) Zustand nach CTS-Operation rechts eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da geringfügig sensible Beschwerden
g.Z. 475
10%

Der GesGdB beträgt 40%, da der führende GdB 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird, da ungünstiges Zusammenwirken. Leiden 3 erhöht wegen kompletter Leidensüberschneidung mit Leiden 2 nicht weiter.

Die Behinderte ist zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder integrativem Betrieb geeignet.

Der GesGdB kann ab angenommen werden.

Zu den Berufungseinwendungen

Die Problematik der rechten Hand wurde berücksichtigt und entsprechend der Morphologie und dokumentierten Symptomatik mit einem GdB von 30% entsprechend bewertet, wobei die stattgehabte Operation an der rechten Hand mitberücksichtigt ist An der rechten Schulter findet sich keine funktionelle Einschränkung, daher kein GdB. Die Einschätzung richtet sich nach den bestehenden Veränderungen und Funktionsdefiziten und nicht nach der Beeinträchtigung im Berufs- und Alltagsleben. Eingeschätzt wird der gegenwärtige Zustand und nicht allfällige zukünftige Verschlechterungen.

Stellungnahme zur Fragestellung des VwGH ABI. 135/18

Nach Handverletzung links ergibt sich naturgemäß eine Behinderung des Faustschlusses, die gutachterlich berücksichtigt ist. Die Halswirbelsäule und die rechte Schulter sind vollkommen frei beweglich und bedingen somit keinen GdB, da sich die Einschätzung nach funktionellen Kriterien richtet. Der im Gutachten Dris F ausgewiesene inkomplette Faustschluß links ist berücksichtigt. Die Einschätzung der Halswirbelsäule richtet sich jedoch nach funktionellen Kriterien und nicht nach dem subjektiven Beschwerdebild. Da die Halswirbelsäule frei beweglich ist, ergibt sich hier kein GdB.

Zum Gutachten 1. Instanz ABI. 78-82, 122-124 ergibt sich eine Änderung nur insofern, als ein Zustand nach CTS-OP rechts zusätzlich anzuerkennen war. Eine Änderung des GesGDB resultiert daraus jedoch nicht.

Gegenüber Gutachten 2. Instanz ABI. 131/17-20, 131/40 ergibt sich eine Änderung nur insofern, als neurologischerseits ein Zustand nach CTS-OP rechts zusätzlich anerkannt wurde. Eine Änderung des GesGdB resultiert daraus nicht."

Im Rahmen des Parteiengehörs erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme vom , in der sie die Ergebnisse der eingeholten Gutachten bestritt, da bei Punkt 3 beim Zustand nach der CTS-Operation rechts festgestellt worden sei, dass geringfügig sensible Beschwerden vorliegen. Es sei aber vielmehr diese Position mit g.Z. 476 ("Kraftlosigkeit der Bewegung ohne Bewegungseinschränkung"- 20%) zu beurteilen, weil der rechte Arm der Beschwerdeführerin so schwach sei, dass sie oft Schmerzen habe und ihr Essen nicht selber zubereiten könne. Da diese Position nicht unter einem Grad der Behinderung von 20 vH liege, wäre sie jedenfalls bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des Leidens 1 sei die Position 76 mit 40 % heranzuziehen, da die Beschwerdeführerin erhebliche Behinderungen in vier Fingern hätte und den Mittel- und Ringfinger wegen einer Bewegungsbehinderung funktionell nicht einsetzen könne. Hinsichtlich des Leidens 2 sei die Position 419 mit 40 bis 70% heranzuziehen, da sie erhebliche Schmerzen im rechten Handgelenk habe und eine deutliche Herabsetzung der Kraft und eine Bewegungseinschränkung bestehe.

Überhaupt seien die eingeholten Sachverständigengutachten unvollständig und unschlüssig geblieben sowie die vorgelegten Beweismittel nicht ausreichend bei der Beurteilung berücksichtigt worden. Die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens sei erforderlich.

Des Weiteren legte die Beschwerdeführerin ein Gutachten Dris. P, eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom vor, welches zusammengefasst ausführt, bei klinischen Untersuchungen vom und habe sich im Bereich der Halswirbelsäule ein Druck- und Belastungsschmerz (C4/5 und C5/6 re li) gezeigt. Zudem zeige sich ein paravertebraler Hartspann und eine Einschränkung der Seitenneigung und Rotation um ca. 30%. Im Bereich der rechten Schulter finde sich ein Druckschmerz über der ventrolateralen Rotatorenmanschette und ein Abduktions- und Innenrotationsschmerz der rechten Schulter bei Z. n. Schulter-Arthroskopie wie beschrieben. Die Beweglichkeit sei nur in der Endlage eingeschränkt.

Die sensible radikuläre Symptomatik in den Händen sei aufgrund der Voroperation schwer beurteilbar. Es bestehe jedenfalls ein Z. n. Ellenverkürzung rechts wegen Handgelenksarthrose und Arthralgie bei Z. n. nach zusätzlicher KTS-OP rechts. Die Flexion und Extension sei vielleicht endlagig eingeschränkt, dürfte aber nicht behindern. Es zeige sich allerdings ein radialer und palmarer Druckschmerz über dem rechten Handgelenk und dem distalen Unterarm. Hier sei vom Neurologen ein zusätzliches Pronator teres - Syndrom "verdächtigt" worden. Bislang seien nur die Verluste und Defekte der linken Hand und die degenerativen Veränderungen an der rechten Hand mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz für die Beurteilung herangezogen worden. Es bestünden aber noch schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter, vor allem bei der Ventralduktion und bei der Innenrotation und ein Verdacht eines Pronator teres - Syndroms. Diese Veränderungen seien zwar nicht ursächlich mit dem Kreissägenunfall in Zusammenhang zu bringen, es bestehe aber doch eine zusätzliche Behinderung, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 50 vH in der Gesamtbeurteilung rechtfertige.

Mit Stellungnahme vom ergänzte der chirurgische Sachverständige Dr. K sein Gutachten dahin, dass die vorgelegten chirurgisch relevanten Befunde keine Änderung in der Beurteilung bedingten. Die neu vorliegenden Befunde bezüglich Wirbelsäule, Schultern, Becken und rechtem Knie beschrieben lediglich geringe degenerative Veränderungen, die in Zusammenschau mit der eigenen Befundung und auch unter Berücksichtigung des Attestes Dris. P mit hier beschriebenen lediglich endlagigen Funktionsdefiziten zu keiner geänderten Beurteilung führten. Die im aktuellen MRT der rechten Hand beschriebenen Veränderungen seien unter der Gesundheitsschädigung 2) mit einem GdB von 30% voll berücksichtigt. Weitere fachspezifische Untersuchungen seien nicht erforderlich.

Zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, normale Gelenkskontur bedeute, dass keine Fehlstellungen, keine arthrotisch veränderten Gelenke vorliegen. Wie aus dem Untersuchungsbefund ersichtlich, sei die Muskulatur lediglich an den unteren Extremitäten als seitengleich beschrieben worden. An den oberen Extremitäten ergebe sich - wie aus dem Gutachten ersichtlich - eine Umfangdifferenz von 1 cm, d.h. die Muskulatur sei rechts etwas stärker ausgeprägt als links. Ebenso sei vermerkt, dass rechts eine Handgelenksschiene und links eine Handgelenksmanschette getragen worden seien. Die Ausprüfung der Gelenksmuskulatur habe mit Schmerzen nichts zu tun, eine schwache Gelenksmuskulatur sei entsprechend Umfangmessungen nicht objektivierbar. Die Diagnose Zustand nach CTS-Operation betreffe das neurologische Fachgebiet, da allfällige neurologische Ausfälle eben nur vom Neurologen beurteilt werden können. Hierzu sei keine Stellungnahme möglich.

Zum neurologischen Befund Prof. La (aus dem Verfahren erster Instanz) sei aus chirurgisch-orthopädischer Sicht ebenfalls keine Stellungnahme möglich. Laut Befund bestehe hier das klinische Bild einer Schädigung des Nervus medianus, es werde der Verdacht auf ein Pronator teres - Syndrom geäußert. Diese Veränderungen beträfen, ebenso wie daraus resultierende Schmerzsensationen, ausschließlich das neurologische Fachgebiet.

Das Gleiche gelte für die Beurteilung eines MRT des Nervus medianus sowie für Sensiblitätsstörungen. Bezüglich Leiden 1 sei der Teilverlust des Zeigefingers, der Verlust des Kleinfingers und die Funktionseinschränkung des Mittel- und Ringfingers mit Position 69 korrekt bewertet worden. Position 76 würde den Verlust von drei Fingern bedeuten, dies liege jedoch nicht vor. Bezüglich Leiden 2 habe keine Bewegungseinschränkung des Handgelenkes festgestellt werden können, die in Befunden dokumentierten Arthralgien seien mit der Position 58 berücksichtigt. Die Anwendung von Position 419 wäre nicht korrekt, da keine Schwellung, keine Atrophien und keine Gelenksergüsse nachweisbar seien.

Ein ungünstiges Zusammenwirken von Leiden 1 und 2 sei sehr wohl gegeben, da Behinderungen an beiden Armen vorlägen. Die Einschätzung eines Wirbelsäulenleidens richte sich, wie bereits im Gutachten ausgeführt, nach funktionellen Kriterien und nicht nach subjektiven Beschwerdeangaben. Anlässlich der Anamneseerhebung seien keine diesbezüglichen Beschwerden angegeben worden. Die Halswirbelsäule, wie untersuchungsmäßig festgestellt, sei frei beweglich, daher ergebe sich hier kein GdB. Ebenso wäre die rechte Schulter frei beweglich und ergebe sich somit auch hier kein GdB. Der gefertigte Sachverständige sei laut Vorschreibung mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden und habe sich mit den bestehenden Veränderungen ausführlich auseinandergesetzt. Zusammenfassend ergebe sich keine geänderte Beurteilung.

Im Röntgenbild der Wirbelsäule, Schultern und Hände von November 2010 seien lediglich geringgradige degenerative Wirbelsäulenveränderungen beschrieben, die bei klinisch freier Beweglichkeit keiner Behinderung gleichkämen. Im Bereich der Schultern seien lediglich diskrete Veränderungen, die bei freier Beweglichkeit keinen GdB bedingten. Die beschriebene Arthrose des rechten Handgelenkes sei bereits zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bekannt gewesen und sei unter der Diagnose 2 berücksichtigt. Im Bereich der Kniegelenke seien diskrete degenerative Veränderungen beschrieben, die bei freier Kniegelenksbeweglichkeit keinen GdB bedingten.

Zum orthopädischen Befund Dris. F aus dem Juni 2008 sei bereits im ersten Gutachten Stellung genommen worden. Frei bewegliche HWS und frei bewegliche Schulter bedingten keinen GdB. Im MRT des Handgelenkes vom November 2011 würden deutliche degenerative Veränderungen beschrieben. Diese seien in der Einschätzung mit einem GdB von 30% ausreichend berücksichtigt.

Im MRT der rechten Schulter vom November 2011 seien geringe degenerative Veränderungen und benigne zystische Veränderungen im Markraum des Glenoids beschrieben. Diese Veränderungen seien bereits zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bekannt gewesen und bedingten bei freier Beweglichkeit keinen GdB.

Hinsichtlich des orthopädischen Attestes Dris. P vom , in dem von einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der rechten Schulter - es werde dort lediglich eine endlagige Funktionseinschränkung beschrieben -, einem Meniscusschaden des rechten Kniegelenkes und einem Verdacht auf ein Pronator teres - Syndroms die Rede ist, ergebe sich ebenfalls keine Änderung in der Beurteilung. Die Beurteilung richte sich nach dem eigenen Befund und hier festgestellter Funktionsdefizite. Auch unter Berücksichtigung der im Attest beschriebenen lediglich endlagigen Funktionsdefizite würde aufgrund der Geringfügigkeit daraus keine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung resultieren. Ein etwaiges Pronator teres - Syndrom betreffe das neurologische Fachgebiet. In einer von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme vom führte der medizinische Sachverständige Dr. L aus, dem Laborbefund vom sei keine einschätzungswürdige Gesundheitsschädigung zu entnehmen. Betreffend die Einschätzung "St.p. CTS-Operation rechts" unter "gZ 475" mit 10% sei anzumerken, dass diese nicht zu ändern sei, da unter dieser Diagnose die betroffenen Beschwerden und Funktionseinbußen im Bereich der rechten Hand (neben den degenerativen Veränderungen des rechten Handgelenkes) sehr gut erfassbar seien. Eine andere Gesundheitsschädigung bzw. eine Gesundheitsschädigung, die einen höheren Einzel-GdB als 10% zur Folge hätte, sei den Befunden nicht zu entnehmen. Eine weitere Untersuchung wegen der geäußerten Verdachtsdiagnose Pronator teres - Syndrom sei nicht erforderlich, eine Änderung des derzeit ermittelten Gesamtgrades der Behinderung nicht zu erwarten. Im Rahmen des neuerlich eingeräumten Parteiengehörs erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme vom , in der sie im Wesentlichen einwendete, die lediglich auf der Aktenlage basierenden medizinischen Stellungnahmen seien unvollständig und unschlüssig. Erforderlich sei die Einholung eines orthopädischen und eines neurologischen Sachverständigengutachtens. Im darauf von der belangten Behörde ergänzend eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten Dris. Sch vom führte dieser zusammengefasst aus, im Hinblick auf den neurologischen Status seien die Hirnnerven unauffällig und die Optomotorik intakt, an den oberen Extremitäten bestünden keine Paresen, im Bereich der linken Hand bestehe ein Z.n. Kreissägenverletzung mit Versteifung der Finger 3+4, "re keine Paresen, Faustschluss möglich, Fingerspreizen ebenso, Flexion im Daumenendglied ebenfalls gut möglich, Pronation gegen Widerstand sei sehr schmerzhaft". Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination sei intakt, an den unteren Extremitäten bestünden keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination intakt, die Pyramidenzeichen seien an den oberen und unteren Extremitäten negativ, das Gangbild ohne Hilfsmittel unauffällig. Die Sensibilität werde im Bereich des Nervus medianus rechts als gestört angegeben (Dys- und Parästhesien angegeben).

Es ergebe sich folgende Einschätzung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1) Teilverlust des Zeigefingers, Bewegungsbehinderung des Mittel- und Ringfingers und Verlust des Kleinfingers (Gegenarm)
g.Z. 69
30%
2) degenerative Veränderung des rechten Handgelenkes (Gebrauchsarm) oberer Rahmensatz, da Zustand nach Ellenverkürzungs-OP und befundmäßig dokumentierte Arthralgien und Sensibilitätsstörung ohne funktionelle Einschränkung
58
30%
3) Pronator teres Syndrom re eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da dauern Sensibilitätsausfälle bestehen"
g.Z. 475
10%

Der Gesamtgrad der Behinderung betrage 40%, da der führende GdB 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht werde, da ein ungünstiges Zusammenwirken vorliege. Leiden 3 erhöhe wegen Geringfügigkeit Leiden 2 nicht.

Zum Berufungsvorbringen werde ausgeführt, es bestünden Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet des Nervus medianus rechts, ohne eindeutig objektivierbare Paresen, die Bewegungseinschränkungen seien schmerzbedingt, die Sensibilitätsstörungen erreichten einen GdB von 10%. Es bestehe der hochgradige Verdacht auf ein Pronator teres - Syndrom mit Sensibilitätsstörungen im Ausbreitungsgebiet des Nervus medianus rechts, Paresen seien allerdings nicht objektivierbar, daher erfolge keine Änderung der Einschätzung.

Im Vergleich zum Gutachten vom sei die Schädigung des Nervus medianus rechts berücksichtigt. Die Befunde zeigten aus neuropsychiatrischer Sicht keine neuen Erkenntnisse, um die Beurteilung zu ändern, da die objektivierbaren Funktionsausfälle ohnehin entsprechend eingestuft worden seien. Nunmehr sei die Diagnose geändert worden, da "derzeit" eine Schädigung des Nervus medianus rechts im Sinne eine Pronator teres - Syndroms vorliege, wobei diesbezüglich eine Operation geplant sei.

Im Rahmen des Parteiengehörs erstattete die Beschwerdeführerin eine dritte Stellungnahme vom und brachte zusammengefasst vor, entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wäre ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie einzuholen. Zudem hätten sich Änderungen im Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben, da sie laut einem Röntgenbefund unter einer Ankylosierung der kleinen Fingergelenke des dritten und vierten Fingers leide. Im Ambulanzbrief des orthopädischen Spitales Wien Speising vom sei ein Pronator teres - Syndrom festgestellt worden, das eine Operation erforderlich mache. Aufgrund anhaltender Beschwerden habe im August 2011 auch eine MRT des rechten Handgelenkes durchgeführt werden müssen. Den Patientenbrief des orthopädischen Spitales Wien Speising vom betreffend die avisierte Operation reichte die Beschwerdeführerin nach.

In seiner von der belangten Behörde eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom führte Dr. Sch hiezu aus, die Gelenksveränderungen beträfen eine orthopädische Fragestellung, die Tatsache, dass eine Operation des Pronator teres - Syndroms geplant sei, sei schon zum Zeitpunkt der letzten Begutachtung bekannt gewesen. Der NLG-Befund vom zeige aus neuropsychiatrischer Sicht keine neuen Erkenntnisse, um die Beurteilung zu ändern. Am sei eine Operation mit Spaltung der Faszie des Musculus pronator und eine Operation des Karpaltunnelsyndroms rechts durchgeführt worden. Fachärztliche Befunde über den postoperativen Verlauf lägen noch nicht vor, es könne daher derzeit keine Beurteilung einer eventuellen Verbesserung oder Verschlechterung des Zustandes bezüglich des unter Punkt 3 beurteilten Leidens getroffen werden. Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin den Ambulanzbrief des orthopädischen Spitales Wien Speising vom vor. Zum postoperativen Status wird festgehalten:

"Status

Wunden bland, keine Schwellung, keine Rötung, keine Überwärmung, keine Infekthinweise. Im Bereich der gesamten Beugeseite des rechten Unterarmes und der Hand gibt die Patientin ein Taubheitsgefühl an. Davon ausgenommen ist das Ulnaris Versorgungsgebiet, kleiner Finger und Ulnarseite des Ringfingers. Die Beweglichkeit im Ellbogengelenk frei, im Handgelenk Dorsalextension, Palmarflexion nur im Ausmaß von 20-0-20 möglich. Ein Faustschluss ist nicht komplett möglich. Fingerballenanstand etwa 2 QF.

Procedere

Der Patientin wird eine VO für Ergotherapie - 5 Einheiten -

mitgegeben."

In der von der belangten Behörde abschließend eingeholten medizinischen Stellungnahme Dris. L vom führt dieser hiezu aus, der postoperative Verlauf sei als sehr gut zu bezeichnen; die Einschätzung im Handgelenk rechts sei korrekt im Gutachten aufgelistet. Den Ausführungen von Dr. Sch sei nichts hinzuzufügen - "keine Änderung/Erweiterung der Beurteilung möglich" -, die relevanten Gesundheitsschädigungen seien korrekt ermittelt worden.

Mit im Instanzenzug ergangenem (Ersatz)Bescheid vom wies die Bundesberufungskommission den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten neuerlich ab.

Nach Wiedergabe der im zweiten Rechtsgang eingeholten Gutachten und Stellungnahmen sowie der wesentlichen Rechtsvorschriften und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes führte sie zusammengefasst aus, die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten und die medizinischen Stellungnahmen seien schlüssig, nachvollziehbar und wiesen keine Widersprüche auf. Es sei auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen worden. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen klinischen Befund, entsprächen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die im Rahmen des Parteiengehörs vorgelegten Befunde seien im erweiterten Ermittlungsverfahren geprüft worden, hätten jedoch in der Folge keine maßgebenden Änderungen der Beurteilung bewirkt. Die im Rahmen des dritten Parteiengehörs vorgelegten Befunde stünden nicht im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen und seien nicht geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu entkräften oder eine Erweiterung der Beweisaufnahme herbeizuführen. Eine weitere dauernde Gesundheitsschädigung beziehungsweise eine relevante Verschlechterung des Gesamtleidenszustandes werde nicht dokumentiert.

Die Angaben der Berufungswerberin hätten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden können. Die befassten Gutachter hätten sich sowohl mit dem Vorbringen als auch den vorgelegten Beweismitteln eingehend auseinandergesetzt und plausibel dargelegt, warum keine höheren Funktionsdefizite hätten objektiviert werden können.

Für die Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG seien zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthalte aber keine Regelung, aus der geschlossen werden könne, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es bestehe demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es komme vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an. Insoweit die Beschwerdeführerin moniere, dass ihrem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Orthopädie nicht Folge gegeben worden sei, sei sie darauf zu verweisen, dass die Beurteilung durch einen Chirurgen und durch Nervenfachärzte nicht offensichtlich sachwidrig erfolgt sei. Die Sachverständigengutachten und die Stellungnahmen würden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Im Vergleich zur erstinstanzlichen Beurteilung sei keine maßgebende Änderung eingetreten, aus der Berücksichtigung der Gesundheitsschädigung 3 (Pronator teres Syndrom rechts) resultiere keine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung.

Da ein GdB von (nur) 40 vH festgestellt worden sei, seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG nicht erfüllt. Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die maßgebenden Bestimmungen des BEinstG (idF BGBl. I Nr. 111/2010) lauten (auszugsweise):

"Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH.

Behinderung

§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Feststellung der Begünstigung

§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967). Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

Übergangsbestimmungen

§ 27. (1) In am noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Dies gilt bis auch für Verfahren nach § 14, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ein rechtskräftiger Bescheid, mit dem über die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgesprochen wurde oder ein rechtskräftiger Bescheid nach den Bestimmungen der §§ 40ff des Bundesbehindertengesetzes vorliegt.

…"

1.2. Da das Verfahren im Beschwerdefall am noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, ist der GdB auf Grund der gemäß § 7 Abs. 2 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957), BGBl. Nr. 152/1957, ergangenen Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom , BGBl. Nr. 150/1965, über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 und den in der Anlage zu dieser Verordnung enthaltenen Ansätzen einzuschätzen, welche (auszugsweise) wie folgt lauten:

"Anlage

Richtsätze

für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.)

gemäß § 7 KOVG.

ABSCHNITT I

Chirurgische und orthopädische Krankheiten

c) Schultergürtel und obere Extremitäten: Schultergelenk: Gebrauchsarm Gegenarm

Handgelenk:

58. Bewegungseinschränkung je nach

Ausmaß ........................... 10-30

10-30

Verlust zweier Finger einer Hand:

69. des Zeige- und Mittelfingers ... . 30 30

ABSCHNITT IV

Nervenkrankheiten

i) Periphere Lähmungen: Gebrauchsarm Gegenarm

Nervus medianus:

475. Isolierte Sensibilitätsstörungen .... 0-20 0-20

476. Kraftlosigkeit der Bewegung 20 10

ohne Bewegungseinschränkung

…"

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, hat die Gesamteinschätzung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege der Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze zu erfolgen, vielmehr ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht, und dann zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gerechtfertigt ist, wobei die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit im Vordergrund zu stehen haben (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0209). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen (§ 14 Abs. 2 BEinstG), wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0209).

Die Beschwerde behauptet nicht, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von der in der zitierten Rechtsprechung beschriebenen Vorgangsweise abgewichen wäre.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei ihr vor der Erlassung des Bescheides zu den abschließenden Stellungnahmen Dris. Sch und Dris. L keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden. Sie hätte vorgebracht, dass sie ein Taubheitsgefühl in der nunmehr operierten rechten Hand habe und weiterhin Beschwerden bestehen und es zu Komplikationen gekommen sei.

Damit zeigt die Beschwerde jedoch keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.2.2. Die Beschwerde bestreitet nämlich nicht mit konkretem Vorbringen die von der belangten Behörde, den eingeholten Gutachten Dris. Sch, S und K folgend, zugrunde gelegten Einschätzungen des GdB, die den einzelnen Leiden zukommen. Insbesondere tritt sie nicht der Einschätzung des am stärksten beeinträchtigenden Leidens (des Teilverlusts des Zeigefingers, der Bewegungsbehinderung des Mittel- und Ringfingers und des Verlusts des Kleinfingers) mit einem GdB von 30 vH. entgegen bzw. zeigt sie auch nicht substantiiert auf, warum dieses Leiden mit mehr als 30 vH. zu bewerten gewesen wäre. Ausgehend davon fehlt es aber an ausreichend konkretem Vorbringen, weshalb ungeachtet eines führenden Leidens mit einem GdB von (nur) 30 vH. und einer wechselseitigen Leidensbeeinflussung mit Leiden 2, die den GdB um eine Stufe erhöht, eine weitere wechselseitige Beeinflussung der Leiden vorliegen sollte, die eine zusätzliche Verstärkung des Teilverlust des Zeigefingers, der Bewegungsbehinderung des Mittel- und Ringfingers und des Verlusts des Kleinfingers oder der degenerativen Veränderung des rechten Handgelenkes zu einem GdB von wenigstens 50 vH., wie er für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten unabdingbar ist, nach sich zöge (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0206).

Den von der belangten Behörde verwerteten Gutachten Dris. S und Dris. Sch ist zu entnehmen, dass eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung nur hinsichtlich des Leidens 2 besteht. Leiden 3 bewirke wegen Geringfügigkeit keine Erhöhung der übrigen Leiden. Diese Ausführungen werden in der Beschwerde gleichfalls nicht konkret bestritten.

2.2.3. Die Beschwerde zeigt auch deshalb keine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels auf, weil sie den Ausführungen Dris. Sch zu dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten Dris. P, in denen ausführlich dargelegt wird, warum dem Gutachten Dris. P nicht gefolgt werden könne, nicht substantiiert entgegentritt. Zudem legt sie mit der Beschwerde auch keine entsprechenden neuen Befunde vor, die eine Verschlechterung der Leiden zumindest für möglich erachten lassen.

2.2.4. Wenn daher die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in der Frage der richtsatzmäßigen Einschätzung, besonders in Bezug auf die degenerative Veränderung am rechten Handgelenk und das Pronator teres - Syndrom, in freier Beweiswürdigung dem Sachverständigengutachten Dris. Sch folgt, ist dies im Lichte des Beschwerdevorbringens und im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden nachprüfenden Kontrolle der Sachverhaltsfeststellungen, die darauf beschränkt ist, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, nicht als unschlüssig zu beanstanden.

2.3. Soweit die Beschwerde weiters rügt, dass von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren nur ein chirurgisches und ein nervenfachärztliches Gutachten, nicht aber auch ein orthopädisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass sich aus dem erwähnten hg. Erkenntnis vom nur ergibt, dass der Verwaltungsgerichtshof die Einholung eines Gutachtens für unabdingbar hielt, welches die Beurteilung Dris. F berücksichtigt; eine Vorgabe, dass es sich dabei jedenfalls um ein Gutachten eines Facharztes für Orthopädie handeln müsse, ist dem Erkenntnis nicht zu entnehmen.

Dass die belangte Behörde die Leiden der Beschwerdeführerin, wie den Teilverlust des Zeigefingers, Bewegungsbehinderung des Mittel- und Ringfingers und Verlust des Kleinfingers, die degenerative Veränderung des rechten Handgelenkes und das Pronator teres - Syndrom einschließlich des möglichen Zusammenwirkens der einzelnen Leidenszustände durch ein neurologisches und chirurgisches Gutachten abklären ließ, ist auf der Grundlage des vorgelegten Verwaltungsaktes nicht zu beanstanden. Den ausführlichen gutachterlichen Stellungnahmen ist wiederholt und ohne eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unschlüssigkeit zu entnehmen, dass eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung nur hinsichtlich Leiden 1 und 2 besteht und die relevanten, objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsminderungen entsprechend berücksichtigt wurden.

2.4. Da vor diesem Hintergrund die von der belangten Behörde auf der Grundlage von Sachverständigengutachten getroffene Einschätzung der Leidenszustände der Beschwerdeführerin nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am