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VwGH vom 23.06.2010, 2010/06/0059

VwGH vom 23.06.2010, 2010/06/0059

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. M N in A, vertreten durch Dr. Johann Lutz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 1/IV, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8-1/568-2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. J G in A, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, 2. Gemeinde A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom kam der Erstmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Rinderlaufstalles auf einem Grundstück im Gemeindegebiet ein (das, wie sich aus den Akten ergibt, durch Vereinigung verschiedener früher bestandener Grundstücke entstanden ist); das Baugrundstück ist im Flächenwidmungsplan (beschlossen am , kundgemacht 2003, im fraglichen Bereich teilweise abgeändert mit Beschluss des Gemeinderates vom , nach Genehmigung durch die Landesregierung kundgemacht im Dezember 2008) als "Sonderfläche Hofstelle" gemäß § 44 TROG 2006 gewidmet. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstückes (nach dem Flächenwidmungsplan gewidmet als landwirtschaftliches Mischgebiet). Gegenstand des Vorhabens sind auch bauliche Vorkehrungen, die für den Einbau einer Biogasanlage erforderlich sind (es besteht nämlich die Absicht, die anfallende Gülle zur Produktion von Biogas zu verwenden, das zur Warmwassererzeugung und/oder Heizung genutzt werden soll); die Biogasanlage selbst ist aber nicht Gegenstand des Bauvorhabens (diesbezüglich ist ein Bewilligungsverfahren bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft anhängig).

Der Bürgermeister beraumte mit Erledigung (Ladung/Kundmachung) vom die Bauverhandlung für den an; diese Erledigung enthält den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998.

Der Beschwerdeführer und weitere Nachbarn beantragten hierauf die Vertagung der Bauverhandlung, weil die Zeit nicht ausreiche, um sich gehörig vorzubereiten; dieses Vertagungsbegehren wurde vom Bürgermeister abgelehnt.

Der Beschwerdeführer und weitere Nachbarn erhoben vor, in und auch nach der Bauverhandlung zahlreiche Einwendungen gegen das Vorhaben und sprachen sich insbesondere gegen die in Aussicht genommene Biogasanlage aus.

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte Baubewilligung und erachtete die Einwendungen als unbegründet; er verwies darauf, dass es nur um die Errichtung eines Rinderlaufstalles gehe, für die Erteilung der Genehmigung zur Errichtung der Biogasanlage sei eine andere Behörde zuständig. Der Bauwerber hätte "jederzeit auch Baupläne ohne die angestrebte Biogasanlage einreichen" können. Keinesfalls könne von einer "etappenweisen Einreichung von Unterlagen ausgegangen" werden, weil die Biogasanlage und der Rinderlaufstall von der Baubehörde in keinem Zusammenhang gesehen werden dürften.

Der Beschwerdeführer und weitere Nachbarn erhoben Berufung, die mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen erhoben der Beschwerdeführer und die weiteren Nachbarn Vorstellung an die belangte Behörde, die mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls als unbegründet abgewiesen wurde.

Zur Begründung heißt es nach Darstellung des Verfahrensganges und Rechtsausführungen, die Frage, ob dem Nachbarn eine angemessene Vorbereitungszeit zwischen der Zustellung der Ladung und der mündlichen Verhandlung gewährt worden sei, sei nie losgelöst vom jeweiligen Einzelfall zu betrachten. Zwar wäre unter Berücksichtigung des relativ großen Vorhabens der Vertagungsantrag unter Umständen zwar berechtigt, dieser Verfahrensmangel sei jedoch durch die Möglichkeit saniert, dass die Beschwerdeführer Berufung erheben konnten.

Feststehe, dass nach § 2 Abs. 4 Z 9 der Gewerbeordnung der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung und Lieferung von Wärme als Biomasse mit einer Brennstoffwärmeleistung bis einschließlich 4 MW durch natürliche Personen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder land- oder forstwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen sei, sodass der Einwand, der Bürgermeister hätte zu Unrecht über den Rinderlaufstall entschieden, unzutreffend sei. Es bestehe auch kein Widerspruch zur Flächenwidmung und keine Notwendigkeit einer Ausweisung im Sinne des § 44 Abs. 5 TROG 2006. Das Baugrundstück sei als Sonderfläche Hofstelle gemäß § 44 Abs. 1 TROG 2006 ausgewiesen, ein Immissionsschutz sei mit dieser Ausweisung nicht verbunden.

Dem Einwand, der Abstand des geplanten Objektes zu den jeweiligen Grundgrenzen sei zu gering, sei entgegenzuhalten, dass den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 TBO 2001 in sämtlichen Bereichen entsprochen werde. Zur Bauhöhe sei darauf zu verweisen, dass kein rechtskräftiger Bebauungsplan bestehe, sodass auch die in den Plänen vorgesehene Höhe von 9,32 m keinen Widerspruch zu einem Bebauungsplan darstellen könne. Soweit eine Befangenheit des Sachverständigen C. behauptet werde, sei darauf zu verweisen, dass sich der Sachverständige offenkundig mit dem Projekt der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes und Nebenanlagen zur bestehenden Hofstelle auseinander gesetzt habe. Eine Unschlüssigkeit des Gutachtens sei nicht zu erkennen. Der Sachverständige habe entgegen den Ausführungen in der Vorstellung lediglich auf einen Entwurf des ergänzenden Bebauungsplanes verwiesen, sich jedoch nicht inhaltlich auf diesen gestützt (wurde näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Gemeinde hat ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 anzuwenden.

§ 25 Abs. 3 und 5 TBO 2001 lautet:

"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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b)
der Bestimmungen über den Brandschutz;
c)
der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
d)
der Abstandsbestimmungen des § 6;
e)
im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001."

"(5) Werden in der Bauverhandlung privatrechtliche Einwendungen erhoben, so hat die Behörde möglichst auf eine Einigung hinzuwirken. Kommt eine Einigung zu Stande, so ist diese in der Verhandlungsschrift zu beurkunden. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, so ist der Nachbar mit seinen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Einwendungen sind in der Baubewilligung ausdrücklich anzuführen."

§ 44 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006, LGBl. Nr. 27 (Wiederverlautbarung), lautet (entspricht, soweit im Beschwerdefall erheblich, der Stammfassung des TROG 2001 gemäß LGBl. Nr. 93/2001 - Wiederverlautbarung; die geringfügigen Änderungen durch LGBl. Nr. 35/2005 sind im Lichte des Beschwerdefalles nicht von Belang):

"§ 44

Sonderflächen für Hofstellen

(1) Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für Hofstellen ist nur zulässig, wenn

a) die Widmung der Beseitigung wirtschaftlich ungünstiger Orts- oder Hoflagen, der im Interesse der Landeskultur gelegenen Neugründung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe oder sonstigen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere der Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, dient oder aus besonderen raumordnungsfachlichen Gründen erforderlich ist,

b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs. 2 lit. e, f, g und h nicht widerspricht; dabei ist insbesondere auf die Entfernung zum bestehenden Siedlungsgebiet Bedacht zu nehmen,

c) die betreffenden Grundflächen für eine dem besonderen Verwendungszweck entsprechende Bebauung in gesundheitlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht geeignet sind.

(2) Auf Sonderflächen für Hofstellen dürfen nur Hofstellen, deren Wohnnutzfläche höchstens 300 m2 beträgt und deren betriebliche Nutzfläche unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des jeweiligen Betriebes angemessen ist, samt den dazugehörenden Nebengebäuden und Nebenanlagen errichtet werden. In begründeten Fällen kann anlässlich der Widmung als Sonderfläche für Hofstellen auch eine größere höchstzulässige Wohnnutzfläche festgelegt werden. Als Wohnnutzfläche gilt die gesamte Nutzfläche des Wohngebäudes bzw. des Wohnteiles einschließlich allfälliger Ferienwohnungen und allfälliger der Privatzimmervermietung, als Freizeitwohnsitz und als Altenwohnteil dienender Räume mit Ausnahme von Keller- und Dachbodenräumen, soweit sie nach ihrer baulichen Ausgestaltung nicht für Wohnzwecke geeignet sind, von Gängen, Treppen, offenen Balkonen, Loggien und Terrassen und von Räumen, die für landwirtschaftliche Zwecke besonders ausgestattet sind. Die Wohnnutzfläche mehrerer Gebäude im selben Hofverband einschließlich allfälliger Austraghäuser ist zusammenzuzählen.

(3) Zubauten zu Hofstellen, mit denen Wohnräume geschaffen werden, dürfen auf Sonderflächen für Hofstellen nur errichtet werden, wenn das Gesamtausmaß der Wohnnutzfläche 300 m2, im Fall einer Festlegung nach Abs. 2 zweiter Satz das danach festgelegte Ausmaß, nicht übersteigt. Dies gilt auch für die Änderung des Verwendungszweckes von bisher zu betrieblichen Zwecken genutzten Räumen von Hofstellen zu Wohnzwecken. Eine solche Änderung des Verwendungszweckes ist weiters nur zulässig, wenn sie nicht im Widerspruch zu betriebswirtschaftlichen Erfordernissen steht. Zubauten zu Hofstellen, mit denen Räume für betriebliche Zwecke geschaffen werden, dürfen auf Sonderflächen für Hofstellen nur errichtet werden, wenn sie betriebswirtschaftlich erforderlich sind.

(4) Für die weitere Verwendung der Hofstellen von aufgelassenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie für Zu- und Umbauten und den Wiederaufbau solcher Hofstellen gilt § 42 Abs. 2, 5 vierter Satz, 6 dritter, vierter und fünfter Satz und 7 sinngemäß. Besteht für die betreffende Sonderfläche für Hofstellen eine Festlegung nach Abs. 2 zweiter Satz, so darf die Wohnnutzfläche statt 300 m2 das danach festgelegte Ausmaß nicht übersteigen.

(5) Im Rahmen von Hofstellen darf eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden, wenn dies durch eine Festlegung im Flächenwidmungsplan zusätzlich zur Widmung als Sonderfläche für Hofstellen für zulässig erklärt worden ist. Eine solche Festlegung muss die Art der gewerblichen Tätigkeit genau bezeichnen. Sie darf nur getroffen werden, wenn durch die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit auf der betreffenden Grundfläche eine geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde entsprechend den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere dürfen

a) kein zusätzlicher Aufwand für die verkehrsmäßige Erschließung der betreffenden Grundfläche und deren Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser- und Löschwasserversorgung und zur Abwasserentsorgung entstehen sowie

b) unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten keine schädlichen Auswirkungen auf die Umgebung, keine unzumutbare Belästigung der Bevölkerung, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und keine erhebliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes zu erwarten sein.

(6) Eine gewerbliche Tätigkeit im Sinn des Abs. 5 darf nur vom Hofbetreiber selbst neben der Hofbewirtschaftung in Form eines Kleinbetriebes ausgeübt werden. Die Ausübung einer solchen gewerblichen Tätigkeit ist nicht mehr zulässig, wenn die Hofbewirtschaftung eingestellt worden ist.

(7) Zum Zweck der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit im Sinn des Abs. 5 dürfen Neubauten im selben Hofverband nicht errichtet werden. Die Baumasse der zu gewerblichen Zwecken verwendeten Räume der Hofstelle darf im Verhältnis zur Baumasse aller Gebäude im selben Hofverband nur ein untergeordnetes Ausmaß aufweisen und 300 m3 nicht übersteigen, der Charakter des Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb muss bestehen bleiben und es muss die Hofstelle in ihrer Substanz und ihrem Erscheinungsbild im Wesentlichen erhalten bleiben.

(8) Als Sonderflächen für Hofstellen können auch nicht zusammenhängende Grundflächen gewidmet werden, (wenn ...)

§ 55 TROG 2006 lautet:

"§ 55

Ausnahmen, Befreiung

(1) Die Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzender Bebauungspläne nach § 54 Abs. 1 besteht nicht

a) für einzelne unbebaute Grundstücke im Bereich zusammenhängend bebauter Gebiete oder im unmittelbaren Anschluss an solche Gebiete, die auf Grund ihrer Größe nur mit Wohngebäuden mit höchstens fünf Wohnungen oder mit Gebäuden für Kleinbetriebe bebaut werden können, und

b) für bereits bebaute Grundstücke,

sofern die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung dieser Grundstücke mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bereits besteht und die Erlassung von Bebauungsplänen zur Gewährleistung einer geordneten Bebauung bzw. weiteren Bebauung derselben nicht erforderlich ist.

(2) Die Landesregierung kann einzelne Gemeinden auf deren Antrag durch Verordnung von der Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzender Bebauungspläne hinsichtlich des gesamten Gemeindegebietes oder hinsichtlich bestimmter Teile des Gemeindegebietes befreien, wenn die Erlassung von Bebauungsplänen insbesondere auf Grund der Größe der Gemeinde, der Siedlungs- und der Grundstücksstrukturen oder der aktuellen und der in absehbarer Zeit zu erwartenden Bautätigkeit zur Gewährleistung einer geordneten verkehrsmäßigen Erschließung und Bebauung bzw. weiteren verkehrsmäßigen Erschließung und Bebauung entsprechend den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nicht erforderlich ist.

(3) Auf Grundstücken, für die auf Grund des Abs. 1 oder 2 ein allgemeiner und ein ergänzender Bebauungsplan nicht bestehen, darf die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden nur erteilt werden, wenn

a) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere im Hinblick auf die Größenverhältnisse der Gebäude zueinander und den Schutz des Orts- und Straßenbildes, nicht zuwiderläuft,

b) der Neubau eine zweckmäßige und Boden sparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet und

c) im Fall des Abs. 2 die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht."

Im Hinblick auf das Vorhaben des Beschwerdeführers ist klarzustellen, dass es in diesem Beschwerdeverfahren allein um das zugrundeliegende Baubewilligungsverfahren geht, in welchem die Errichtung einer Biogasanlage nicht projektgegenständlich war. Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren, das sich nur auf das eingereichte, vom ausdrücklichen Antrag des Bauwerbers umfasste Projekt beziehen kann. Nur dieses ist (und war hier) Gegenstand der Baubewilligung. Ob die Biogasanlage im behördlichen Genehmigungsverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft einer Genehmigung zugeführt werden kann oder nicht, ist hier nicht relevant; hier kommt es vielmehr nur darauf an, ob der Beschwerdeführer durch die erteilte Baubewilligung in - rechtzeitig geltend gemachten - subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wurde oder nicht.

Im zugrundeliegenden Bauverfahren ging es ua. darum, die baulichen Grundlagen für die in Aussicht genommene Biogasanlage zu schaffen (und nicht um die Biogasanlage selbst). Dazu gehören, wie den Plänen zu entnehmen ist, einerseits zwei Räume im Obergeschoß für den Gas-Vorverdichter und für den Biogasspeicher, andererseits ist neben dem Gülle-Endlager ein Fermenter geplant (beim Endlager und bei diesem Fermenter handelt es sich um unterirdische zylindrische Baukörper).

Die nicht näher begründete Beschwerdebehauptung, das Bauvorhaben einerseits und die geplante Biogasanlage andererseits stünden in einem untrennbaren Zusammenhang, mag - allenfalls - für die Biogasanlage aus dem Gesichtspunkt zutreffen, dass es der zuvor genannten baulichen Anlagen bedarf. Allerdings wird weder dargelegt noch ist erkennbar, dass aus baurechtlicher Sicht die Biogasanlage eine unbedingte Voraussetzung für das bauliche Vorhaben, nämlich für den geplanten Rinderlaufstall wäre.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde war als Baubehörde erster Instanz für die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zuständig und es begegnet keine Bedenken, dass diese Bewilligung auch Bauteile bzw. bauliche Anlagen umfasst, die - sichtlich - eine bauliche Voraussetzung für die in Aussicht genommene Biogasanlage sind. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Baubewilligung (zumindest zum Teil) durch eine unzuständige Behörde erteilt worden wäre. Da die Biogasanlage, wie mehrfach betont, nicht projektgegenständlich war, hatte sich der Bürgermeister damit auch nicht zu befassen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorträgt, möglicherweise sei die in Aussicht genommene Biogasanlage weder nach dem Tiroler Gasgesetz noch nach der Gewerbeordnung bewilligungspflichtig, sodass sie der Bauwerber ohne jegliche Bewilligung errichten und in Betrieb nehmen könnte oder dürfte, ist darauf zu verweisen, dass es dann, wenn solche möglichen künftigen Maßnahmen eines baubehördlichen Konsens bedürften, Sache des Bauwerbers wäre, darum bei der Baubehörde einzukommen.

Daher vermag es auch keine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens zu begründen, dass sich die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht mit einer möglichen Brandgefahr befasst haben, die durch die nicht projektgegenständliche Biogasanlage entstehen könnte. Hinsichtlich der baulichen Anlagen wurde ein brandschutztechnisches Gutachten eingeholt.

Schon angesichts dessen bestand für die Baubehörde kein Grund, die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft abzuwarten, abgesehen davon, dass es kein subjektiv-öffentliches Recht auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zum Abschluss des Verfahrens (hier) vor der Bezirkshauptmannschaft gibt (vgl. dazu die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, bei E 103 und 104 zu § 38 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Da eine Biogasanlage nicht Gegenstand der erteilten Baubewilligung war, gehen die Ausführungen des Beschwerdeführers, es könnte sich dabei um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 44 Abs. 5 TROG 2006 handeln (die er darin erblickt, dass mit Hilfe des erzeugten Gases an Dritte vermietete Wohnungen des Bauwerbers mit Heizung und Warmwasser versorgt werden sollen), ins Leere, wobei dem Beschwerdeführer als Nachbarn im Hinblick auf den Katalog des § 25 Abs. 3 (hier: lit. a) TBO 2001 nur hinsichtlich damit verbundener Immissionen ein Mitspracherecht zukäme (§ 44 Abs. 5 lit. b TROG 2006 sieht einen Immissionsschutz vor).

Zu den Voraussetzungen des § 44 Abs. 3 TROG 2006 kommt dem Beschwerdeführer im Hinblick auf den Katalog des § 25 Abs. 3 TBO 2001 kein Mitspracherecht zu.

Der Beschwerdeführer äußert weiters Bedenken gegen die Widmung des Baugrundstückes als Sonderfläche Hofstelle und gegen die später erfolgte Änderung der Widmung; diese begründet er damit, dass der geplante Rinderlaufstall und die damit verbundene Biogasanlage mitten im Siedlungsgebiet der Gemeinde lägen und für den Beschwerdeführer mit enormen Geruchs- und Lärmimmissionen auf Grund des Neubaus und insbesondere des unmittelbar an seiner Grundgrenze liegenden Rinderlaufstalls zu rechnen sei.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die Liegenschaft des Beschwerdeführers und angrenzende Gebiete sind als landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmet. Dass sich das Baugrundstück "mitten im Siedlungsgebiet" befände, ist den Planunterlagen (zur Änderung der Flächenwidmung) nicht zu entnehmen. Es bestand ursprünglich aus mehreren Grundstücken. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen betreffend die Änderung der Flächenwidmung ergibt, war das ursprüngliche Grundstück Nr. 55 im Flächenwidmungsplan teils als Sonderfläche Hofstelle und teils als Freiland ausgewiesen. Auch das angrenzende Grundstück Nr. 54 war zum größten Teil als Hofstelle gewidmet, geringfügige Teilflächen waren als Freiland wie auch als Bauland in der Nutzungskategorie landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmet. Die Widmungsänderung erfolgte mit dem Ziel, eine einheitliche Widmung des Areals herbeizuführen. Dazu wurden geringfügige Flächen (nämlich im Ausmaß von 1 m2 und 2 m2) des Grundstückes Nr. 54 und eine Fläche des Grundstückes Nr. 55 als Sonderfläche Hofstelle umgewidmet. Weiters ist dem Flächenwidmungsplan zu entnehmen, dass im Anschluss an das Baugrundstück ebenfalls größere Flächen als Sonderfläche Hofstelle gewidmet sind. Angesichts dessen begegnen die erfolgte Umwidmung wie auch die ursprüngliche Widmung keinen Bedenken, der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedenfalls nicht zu einer entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof veranlasst. Dass nun auf dem Baugrundstück gerade ein Rinderlaufstall und in Verbindung damit eine Biogasanlage errichtet werden solle und dies in der Nähe der Grenze des Grundstückes des Beschwerdeführers, lässt die Widmung für sich allein nicht als gesetzwidrig erkennen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, das Vorhaben sei zu hoch; es widerspreche den in einem vorgesehenen Bebauungsgplan in Aussicht genommenen Bauhöhen und widerspreche auch dem § 7 Abs. 2 TBO 2001, wonach mangels Bebauungsplanes die Höhe von Gebäuden so zu wählen sei, dass sich die baulichen Anlagen in das bestehende Orts-, Straßen- und Landschaftsbild einzufügen hätten.

Dem ist zu entgegnen, dass begrifflich mangels Bebauungsplanes das Bauvorhaben nicht gegen Bestimmungen eines Bebauungsplanes verstoßen kann; Entwürfe zu Bebauungsplänen kommt keine verbindliche Wirkung zu. Zur (richtig wiedergegebenen) Bestimmung des § 7 Abs. 2 TBO 2001 kommt dem Beschwerdeführer als Nachbar aber nach dem Katalog des § 25 Abs. 3 TBO 2001 kein Mitspracherecht zu.

Der Beschwerdeführer trägt auch vor, die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 TROG 2006 seien nicht gegeben (wird näher ausgeführt). Dem ist zu erwidern, dass er diese Einwendung im Verwaltungsverfahren nicht erhoben hatte und nun erstmals in der Beschwerde ins Treffen führt, sodass ihm das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegengehalten werden muss.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, die Behörden hätten sich mit seinem Einwand, der Bauwerber hätte das Bauvorhaben (zumal angesichts der Emissionen der Biogasanlage) auch an einer anderen Stelle des Baugrundstückes errichten können, nicht gehörig auseinander gesetzt, was einen Verfahrensmangel begründe. Allerdings zeigt er nicht auf, welches Nachbarrecht im Sinne des Kataloges des § 25 Abs. 3 TBO 2001 dadurch verletzt worden sein könnte. Ebensowenig vermag es einen wesentlichen Verfahrensmangel zu begründen, dass die Baubehörde den Beschwerdeführer mit seinem Einwand, das Vorhaben beeinträchtige eine ihm zukommende Servitut, auf den Zivilrechtsweg verwiesen habe anstatt das Bauverfahren zu unterbrechen; die Vorgangsweise der Baubehörde entspricht vielmehr dem § 25 Abs. 5 TBO 2001, ein Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens wird dem Nachbarn dadurch nicht vermittelt.

Der Beschwerdeführer macht auch geltend, der dem Bauverfahren beigezogene Sachverständige C. sei befangen gewesen, zeigt aber die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht auf.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am