VwGH 31.05.2012, 2008/02/0320
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | StVO 1960 §89a Abs7; VStG §44a impl; |
RS 1 | Bei Kostenvorschreibungsverfahren nach § 89a Abs. 7 StVO 1960 handelt es sich nicht um ein Strafverfahren, weswegen § 44a VStG nicht anzuwenden ist. |
Normen | |
RS 2 | Die Behörde ist nicht verpflichtet den Bf anzuleiten, "wie ein Beweisanbot an die Behörde zu erstatten ist". |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/02/0362 E RS 1 |
Norm | StVO 1960 §89a Abs2; |
RS 3 | Für die zwangsweise Entfernung von Gegenständen nach § 89a Abs. 2 StVO 1960 sind ausschließlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entfernung des Fahrzeuges entscheidend (Hinweis E , 2008/02/0178; E , 90/02/0099). |
Norm | StVO 1960 §89a Abs2; |
RS 4 | Es ist der Behörde freigestellt, zu entscheiden, welches von mehreren rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen zu entfernen ist, wenn durch mehrere abgestellte Fahrzeuge der Verkehr beeinträchtigt wird (vgl. E , 92/02/0057; E , 85/18/0160). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der A Z in W, vertreten durch die Ruggenthaler Rechtsanwalts KG in 1010 Wien, Biberstraße 22, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 65-4381/2007, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages der Berichterin, des Vertreters der Beschwerdeführerin sowie des Vertreters der belangten Behörde, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.302,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführerin der Kostenersatz für die von der Magistratsabteilung 68 (Feuerwehr und Katastrophenschutz) am von 19.47 bis 20.12 Uhr vorgenommene Entfernung des in Wien 3, Rabengasse 3, verkehrsbehindernd abgestellt gewesenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges, in der Höhe von insgesamt EUR 180,-- vorgeschrieben.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Zulassungsbesitzerin des entfernten Pkws, der in Wien 3, Rabengasse vor ON 3 verkehrsbehindernd abgestellt gewesen sei. Die belangte Behörde sehe es als erwiesen an, dass durch das zu weit vom Fahrbahnrand entfernt abgestellte Fahrzeug der Beschwerdeführerin der Lenker eines Linienbusses am Vorbeifahren gehindert worden sei, sodass eine Verkehrsbeeinträchtigung nicht nur zu besorgen, sondern konkret gegeben gewesen sei. Daher sei die Feuerwehr zur Beseitigung dieser Verkehrsbeeinträchtigung aufgefordert worden. Die Höhe der Kosten für die Ortsveränderung des Kraftfahrzeuges der Beschwerdeführerin entspreche den tatsächlich entstandenen Kosten gemäß Tarif der Feuerwehr von EUR 7,20 pro Einsatzminute, für 25 Minuten Einsatzdauer daher EUR 180,--.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die Beschwerdeführerin hat ferner unaufgefordert den Schriftsatz vom erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
Gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 hat die Behörde die Entfernung eines stehenden Fahrzeuges zu veranlassen, wenn dadurch der Verkehr beeinträchtigt wird.
Nach § 89a Abs. 2a lit. b StVO 1960 ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere gegeben, wenn (unter anderem) der Lenker eines Omnibusses des Kraftfahrlinienverkehrs am Vorbeifahren gehindert ist.
§ 89a Abs. 7 fünfter Satz, letzter Tatbestand StVO 1960 bestimmt, dass die Kosten für die Entfernung vom Inhaber (hier: Zulassungsbesitzer) zu tragen sind, wenn die Aufstellung von Anbeginn gesetzwidrig war.
Insoweit sich die beschwerdeführende Partei zunächst gegen die von der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Feststellung, durch die Abstellung des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin sei der Lenker eines Linienbusses am Vorbeifahren gehindert worden, vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung hinsichtlich der Frage der Verkehrsbehinderung nicht aufkommen, wobei auch der Hinweis der Beschwerdeführerin versagt, dass sich die belangte Behörde nicht hinreichend mit ihrem Einwand auseinandergesetzt habe, dass sie ihr Fahrzeug vor der ON 4-6 der Rabengasse und nicht wie festgestellt vor ON 3 abgestellt habe. Dies deshalb, weil es sich bei Kostenvorschreibungsverfahren nach § 89a Abs. 7 StVO 1960 nicht um Strafverfahren handelt. Somit gehen auch alle Einwendungen der Beschwerdeführerin ins Leere, die sich inhaltlich auf § 44a VStG beziehen, weil der Tatort nicht hinreichend genau festgestellt worden sei. Gegenstand eines Spruches, mit dem im Sinne des § 89a Abs. 7 StVO 1960 Kosten vorgeschrieben werden, ist allein die Zahlungsverpflichtung einer bestimmten Person gegenüber einer bestimmten Gebietskörperschaft innerhalb bestimmter Frist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0036).
Weshalb die (unterbliebene) Einvernahme des Pannendienstmitarbeiters, der nach dem Einsatz der Feuerwehr erst am nächsten Tag zum bereits an den Fahrbahnrand verschobenen Fahrzeug der Beschwerdeführerin gerufen wurde, zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hätte beitragen können, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch rügt, dass die Gewährung von Parteiengehör "in ausreichendem Ausmaß" unterblieben sei, die sie in die Lage versetzt hätte, ergänzendes Vorbringen zu erstatten und hiefür Beweise (wie etwa die Einvernahme des Pannendienstmitarbeiters und ihres Ehemannes) anzubieten, übersieht sie, dass eine Anleitung, wie ein Beweisanbot an die Behörde zu erstatten ist (um diese zur Einvernahme von Zeugen zu veranlassen) - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht Verpflichtung der Behörde ist (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens 6. Auflage, S 296 f wiedergegebene hg. Rechtsprechung zu § 13a AVG).
Die Beschwerdeführerin wendet schließlich ein, zum Zeitpunkt, als sie ihr Fahrzeug abgestellt habe, sei ein ausreichend breiter Fahrstreifen frei gewesen, um einen Linienbus passieren zu lassen, die Verkehrsbeeinträchtigung sei vermutlich erst nach dem Abstellen ihres Fahrzeuges durch ein anderes Fahrzeug entstanden. Dem ist zu entgegnen, dass für die zwangsweise Entfernung von Gegenständen nach § 89a Abs. 2 StVO 1960 nach der hg. Rechtsprechung ausschließlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entfernung des Fahrzeuges entscheidend sind (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/02/0178, sowie vom , Zl. 90/02/0099, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch erkannt, dass es der Behörde freigestellt ist, zu entscheiden, welches von mehreren rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen zu entfernen ist, wenn durch mehrere abgestellte Fahrzeuge der Verkehr beeinträchtigt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/02/0057 und vom , Zl. 85/18/0160).
Das Kraftfahrzeug der Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt des Umstellens um ca. 50 cm zum rechten Fahrbahnrand verkehrsbeeinträchtigend abgestellt, sodass dessen Verschiebung durch die Feuerwehr um rund 40 cm jedenfalls gerechtfertigt war. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Verkehrsbeeinträchtigung allenfalls auch durch ein anderes Fahrzeug nach dem Abstellen des entfernten Fahrzeuges entstanden sein könnte oder vorhersehbar war.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es auch unbeachtlich, ob das gegen sie geführte Verwaltungsstrafverfahren betreffend eine Übertretung der StVO 1960 eingestellt wurde, weil eine rechtskräftige Bestrafung keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Kostenvorschreibung gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 ist und daraus keine Bindungswirkung hinsichtlich der Kostenvorschreibung abgeleitet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/02/0240). Es bestand daher für die belangte Behörde auch kein Anlass, das Verfahren auszusetzen.
Da die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid auferlegten Kosten nicht bestritten wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2008020320.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAE-73066