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VwGH vom 08.10.2014, 2012/10/0245

VwGH vom 08.10.2014, 2012/10/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr. Sporrer und den Hofrat Dr. Lukasser als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des R D in Wien, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Rahlgasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 06/59/4087/2012-2, betreffend Übertretung des Wiener Baumschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid gab der belangte Verwaltungssenat der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom wegen Verwaltungsübertretungen nach § 13 Abs. 2 Z 4 iVm § 6 Abs. 1 bis 4 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. Nr. 27/1974 idF LGBl. Nr. 53/2001, iVm § 9 VStG hinsichtlich der Schuldfrage keine Folge.

Hinsichtlich der Strafhöhe gab der belangte Verwaltungssenat der Berufung insofern Folge, als anstelle von acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 980,-- (insgesamt EUR 7.840,--) und acht Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 6 Tagen und 19 Stunden (insgesamt 1 Monat 3 Wochen 3 Tage und 8 Stunden) eine Geldstrafe von insgesamt EUR 4.000,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt wurde.

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt ein Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom zugrunde, in welchem den Rechtsvorgängerinnen als Grundstückseigentümerinnen jener Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für welche der Beschwerdeführer als Geschäftsführer bestellt worden war, die Bewilligung zum Entfernen von näher bezeichneten Bäumen erteilt und gleichzeitig Folgendes ausgesprochen:

"Gemäß § 6 Abs. 2 bis 4 des Wr. Baumschutzgesetzes wird die Durchführung einer Ersatzpflanzung unter Berücksichtigung der aus vegetationstechnischen Gründen üblichen Pflanzzeit (Herbst/Frühling) innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Vornahme der bewilligten Baumentfernung in nachstehend angeführter Art und nachstehend abgeführtem Umfang auf dem in der beigeschlossenen Skizze verzeichneten Standort vorgeschrieben:

..."

Wie sich aus dem Administrativverfahren ergibt, dürften die verfahrensgegenständlichen Bäume spätestens im Oktober 2010 gefällt worden sein, weshalb der belangte Verwaltungssenat von einer Verpflichtung zur Ersatzpflanzung ab November 2011 ausgegangen war. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nun für den "Tatzeitraum" bis die genannte Verwaltungsstrafe verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der belangte Verwaltungssenat legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift, und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Baumschutzgesetzes

lauten:

"Ersatzpflanzung

§ 6. (1) Wird die Entfernung eines Baumes bewilligt, so ist - ausgenommen im Falle des § 4 Abs. 1 Z. 2 - nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Ersatzpflanzung durchzuführen.

(2) Das Ausmaß der Ersatzpflanzung bestimmt sich derart, daß pro angefangenen 15 cm Stammumfang des zu entfernenden Baumes, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, ein Ersatzbaum mittlerer Baumschulenqualität (8 bis 15 cm Stammumfang) zu pflanzen ist. In den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 1, 3 und 6 sind Ersatzbäume im Verhältnis 1 : 1 zu pflanzen, wobei im Falle des § 4 Abs. 1 Z. 6 der Magistrat von der Vorschreibung der Ersatzpflanzung Abstand nehmen kann.

(3) Die Durchführung der Ersatzpflanzung obliegt - abgesehen von den Fällen des Abs. 6 - dem Träger der Bewilligung nach § 4, der sie in erster Linie auf derselben Grundfläche, wenn dies nicht möglich ist, in einem Umkreis von höchstens 300 m vom Standort des zu entfernenden Baumes auf eigenem oder fremdem Grunde vorzunehmen hat. Bei einer Ersatzpflanzung auf fremdem Grunde hat der Bewilligungswerber eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers dem Magistrat vorzulegen.

(4) Standort und Ausmaß der Ersatzpflanzung sowie die Frist für deren Durchführung sind im Bescheid gemäß § 5 Abs. 3 vorzuschreiben, wobei auf Art und Umfang, die örtlichen Möglichkeiten, das vorhandene Stadt- und Vegetationsbild und die Erfordernisse einer fachgerechten Pflanzung Bedacht zu nehmen ist. Der Standort der Ersatzpflanzung ist in Plänen oder Skizzen zu bezeichnen, welche dem Bescheid anzuschließen sind, wobei auf den Beilagen zu vermerken ist, daß sie einen Bestandteil des Bescheides bilden.

...

Strafbestimmungen

§ 13. (1) Wer entgegen den Bestimmungen des § 4 ohne vorherige Bewilligung mehr als 20 Bäume entfernt oder entfernen läßt, ist vom ordentlichen Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, wer

...

4. die vorgeschriebene Ersatz- oder Umpflanzung nicht vornimmt oder Maßnahmen setzt, die die vorgeschriebene Ersatz- oder Umpflanzung unmöglich machen,

5. die Anzeigepflicht nach § 7 Abs. 1 verletzt,

...

(3) Die Verwaltungsübertretungen sind vom Magistrat in den Fällen des Abs. 2 Z 1 bis 4 mit Geldstrafe von 700 Euro bis zu 42 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, in den Fällen der Z 5 bis 7 mit Geldstrafe bis zu 7 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen."

In der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides führte der belangte Verwaltungssenat im Wesentlichen aus, dass der Magistrat der Stadt Wien, MA 42 - Stadtgartenamt, am einen Ortsaugenschein durchgeführt und in einem Schreiben vom festgehalten habe, dass die mit Bescheid vom vorgeschriebenen acht Ersatzbäume noch nicht gepflanzt worden seien. Die zur Entfernung bewilligten Bäume seien bereits gefällt worden, die Pflanzung der Ersatzbäume wäre bereits möglich gewesen und die Ersatzpflanzung hätte bis Ende November 2011 durchgeführt werden sollen.

Des Weiteren führte der belangte Verwaltungssenat aus, dass mit Schreiben vom vom Vorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers als Geschäftsführer der genannten GmbH an das Bezirksamt ein Ansuchen um Fristerstreckung bis Ende November 2012 für die Durchführung der Ersatzpflanzung mit der Begründung gestellt worden sei, dass ein Bauvorhaben auf der Liegenschaft in Planung sei. Dieses Fristerstreckungsersuchen sei vom Antragsteller mit Datum vom allerdings wieder zurückgezogen worden.

In der Folge sei am eine Mitteilung des Stadtgartenamtes erfolgt, dass die mit Bescheid vom vorgeschriebene Ersatzpflanzung noch immer nicht durchgeführt worden sei, worauf die Erstbehörde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und das erstinstanzliche Straferkenntnis erlassen habe, gegen welches der Beschwerdeführer Berufung erhoben habe.

Der belangte Verwaltungssenat habe im Berufungsverfahren eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt - aufgrund des sachlichen Zusammenhanges gemeinsam mit dem gegen den Vorgänger des Beschwerdeführers als Geschäftsführer - hinsichtlich der Übertretung im Tatzeitraum vom bis geführten Verwaltungsstrafverfahrens. In dieser Verhandlung sei vorgebracht worden, dass die Ersatzpflanzung im vorgeschriebenen Ausmaß am durchgeführt worden sei, dies aufgrund der vom Gärtner empfohlenen Rücksichtnahme auf die Frostgefahr in den Wintermonaten.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der Beschwerdeführer ab , dem Datum seiner Bestellung zum neuen Geschäftsführer der Gesellschaft, als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG anzusehen ist. In rechtlicher Hinsicht führte der belangte Verwaltungssenat des Weiteren aus, dass die Verpflichtung zur Vornahme der vorgeschriebenen Ersatzpflanzungen jedenfalls ab November 2011 bestanden habe, die vom Beschwerdeführer "im Tatzeitraum" nach außen vertretene Gesellschaft durch grundbücherlichen Beschluss vom bücherliches Eigentum erworben habe, sowie, dass die vorgeschriebene Ersatzpflanzung erst am durchgeführt worden sei.

Der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erhobene Einwand, dass die von ihm zu verantwortende Nichtvornahme der Ersatzpflanzung "im Tatzeitraum" in eine Jahreszeit gefallen wäre, in der die Baumpflanzungen aus Witterungsgründen unmöglich bzw. untunlich gewesen wären, da die Bäume bei einer Auspflanzung im Winter nicht hätten auswurzeln können, begegnet der belangte Verwaltungssenat damit, dass die mit dem Bewilligungsbescheid vom auferlegte Verpflichtung zur Durchführung der vorgeschriebenen Ersatzpflanzung innerhalb einer Zeitspanne von einem Jahr ab dem Zeitpunkt der Fällung den Bewilligungsträgern und kraft dinglicher Wirkung auch deren bücherlichen Rechtsnachfolgern auferlegt sei. Die Jahresfrist sei ausreichend, um Gewähr dafür zu bieten, dass die Ersatzpflanzung unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Fällung der Bäume jedenfalls im Frühling oder im Herbst durchgeführt werden könne. Wenn es der Verpflichtete dagegen versäume, die Pflanzung der Bäume in der Pflanzungsperiode vorzunehmen, habe er auch die Risiken zu tragen, wenn eine Pflanzung außerhalb dieser Zeitspanne fehlschlage.

Das auf eine Untunlichkeit der Durchführung der Ersatzpflanzung abzielende Vorbringen vermochte nach Auffassung des belangten Verwaltungssenates auch in subjektiver Hinsicht nicht zu entschuldigen, zumal der Beschwerdeführer es in der Hand gehabt hätte, entweder die Durchführung der Ersatzpflanzung zu veranlassen oder andernfalls durch Verweigerung der Übernahme der Geschäftsführung einer strafrechtlichen Verantwortung zu entgehen. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft dargetan, dass ihm die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift nur schwer möglich gewesen wäre oder dass die Tat aufgrund besonderer Umstände nur schwer zu vermeiden gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde entscheidungswesentlich vor, dass innerhalb des als tatgegenständlich definierten Zeitraumes vom bis eine Baumpflanzung aufgrund der Witterungsbedingungen nicht möglich gewesen wäre. Ein in diesem Zeitraum gesetzter Baum, sofern dies aufgrund des Bodenfrostes überhaupt möglich gewesen wäre, wäre jedenfalls "eingegangen". Da während dieses Zeitraumes eine Ersatzpflanzung nicht möglich gewesen wäre, treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden am Unterlassen der Ersatzpflanzungen.

Darüber hinaus wandte der Beschwerdeführer ein, dass er erst mit Eintragung seiner Bestellung ins Firmenbuch am zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der GmbH, welche Eigentümerin der genannten Liegenschaft war, außenvertretungsbefugt gewesen sei. Er hätte davor keine rechtlichen Schritte nach außen setzen können, selbst wenn er bereits im Innenverhältnis per Beschluss vom zum Geschäftsführer bestellt worden war. Es träfe ihn daher auch aus diesem Grund am Unterlassen der Ersatzpflanzung vor dem jedenfalls kein Verschulden und daher sei auch keine Strafbarkeit gegeben.

Bereits mit seinem ersten Einwand zeigt der Beschwerdeführer eine zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Hinsichtlich des Verschuldens des Beschwerdeführers an der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist der Hinweis der belangten Behörde zunächst zutreffend, dass es sich bei der Übertretung der Bestimmung des § 13 Abs. 2 Z 4 Wr. Baumschutzgesetz um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem gemäß § 5 Abs. 1 VStG der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0059).

Der Beschwerdeführer hat in diesem Punkt vorgebracht, der im angefochtenen Bescheid umschriebene Tatzeitraum zwischen und falle in den meteorologischen Winter und es sei eine Baumpflanzung aufgrund der Witterungsbedingungen nicht möglich gewesen, vielmehr wäre ein in diesem Zeitraum gesetzter Baum jedenfalls "eingegangen".

Ungeachtet dieses Vorbringens ist die belangte Behörde ohne weiteres von einem Verschulden des Beschwerdeführers am Unterlassen der Ersatzpflanzung ausgegangen, ohne sich in diesem Punkt auf widersprechende Beweisergebnisse stützen zu können.

Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, bei deren Einhaltung sie zu einem im Ergebnis anderen Bescheid hätte kommen müssen. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben. Ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am