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VwGH 28.11.2008, 2008/02/0221

VwGH 28.11.2008, 2008/02/0221

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §13a;
VwRallg;
RS 1
§13a AVG verpflichtet die Beh nicht, die Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten oder zur Erhebung bestimmter Behauptungen und Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/18/0300 E RS 2
Normen
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §22 Abs1;
RS 2
Verweigert ein Fahrzeuglenker die Atemluftuntersuchung nach neuerlichem Lenken und nach neuerlicher Aufforderung ein zweites Mal, kann weder von einem Dauerdelikt noch von einem fortgesetzten Delikt gesprochen werden. Es liegen vielmehr verschiedene selbständige Taten iSd § 22 VStG vor, für welche nebeneinander Strafen zu verhängen sind (Hinweis E , 88/02/0108).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 92/03/0017 E RS 3

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2008/02/0222

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerden des A P in K, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Scheffelstraße 8, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg 1. vom , Zl. UVS-1-601/E6-2007, und

2. vom , Zl. UVS-1-604/E6-2007, beide betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerden und der vorgelegten angefochtenen Bescheide steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 13.08 an einem näher bezeichneten Ort ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt; der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,97 mg/l ergeben.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Übertretung des § 99 Abs 1 lit. a iVm § 5 Abs 1 StVO begangen; über ihn wurde unter Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von EUR 581,-- verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2008/02/0221, protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe ein Fahrrad (Damenfahrrad blau-weiß) in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass er sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Verweigerung sei am um 13.50 Uhr an einem näher bezeichneten Ort erfolgt.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO begangen; über ihn wurde unter Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von EUR 581,-- verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2008/02/0222, protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Dieser hat beschlossen, die Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hierüber erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens notwendig, wenn Indizien in Richtung einer mangelnden Zurechnungsfähigkeit (vgl. § 3 Abs. 1 VStG) zur Tatzeit vorliegen, um diese Frage hinreichend beurteilen zu können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/02/0258, mwN). Die belangte Behörde ist auf dieser Grundlage zur Frage der Fähigkeit des Beschwerdeführers, das Unerlaubte seiner Tat einzusehen bzw. der Einsicht gemäß zu handeln, zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt nicht diskretions- und dispositionsunfähig war. Erkennbar als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, dass dieses schriftlich erstattete Gutachten mit dem Sachverständigen nicht erörtert worden sei, unterlässt es jedoch in der Folge, die Wesentlichkeit dieses behaupteten Verfahrensmangels darzutun, sodass auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht näher einzugehen ist.

Der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe ihre Manuduktionspflicht insofern verletzt, als sie den im Verwaltungsstrafverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführer, für den nur sein Sachwalter eingeschritten sei, anzuleiten gehabt hätte, weiteres Vorbringen und geeignete Beweisanbote zum rechtlich relevanten Umstand des Vorliegens eines fortgesetzten Delikts zu erstatten, ist entgegenzuhalten, dass die dafür maßgebliche Regelung des § 13a AVG die Behörde nicht verpflichtet, die Partei in materiellrechtlicher Hinsicht zu beraten oder zur Erhebung bestimmter Behauptungen und Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Aufl., zu § 13a AVG E 8 bis 10 zitierte hg. Rechtsprechung ).

Der Beschwerdeführer wendet sodann einen Verstoß der belangten Behörde gegen das Doppelbestrafungsverbot ein, weil ein fortgesetztes Delikt vorgelegen sei. Dem ist die ständige hg. Rechtsprechung entgegenzuhalten, wonach weder von einem Dauerdelikt noch von einem fortgesetzten Delikt gesprochen werden kann, wenn ein Fahrzeuglenker die Atemluftuntersuchung nach neuerlichem Lenken und nach neuerlicher Aufforderung verweigert. Auch im gegenständlichen Fall liegen voneinander getrennte Fahrten vor, deren Antritt (nach Beendigung der vorherigen Fahrt und Verstreichen einer wenn auch kurzen Zeitspanne) jedes Mal einen neuen Willensentschluss voraussetzte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/02/0016). Es liegen sohin verschiedene selbständige Taten im Sinne des § 22 VStG vor, für welche nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. etwa das zu § 5 Abs. 2 StVO ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0017).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten Verhandlung abgesehen werden. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen, weil der Verwaltungsgerichtshof nach Stattfinden eines Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, einem Tribunal im Sinne der MRK, angerufen wurde.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13a;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §22 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime
Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2008:2008020221.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAE-73020