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VwGH vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0024

VwGH vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der M GmbH in H, vertreten durch Gillhofer & Plank, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Herrengasse 6- 8/3/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W147 2136347-1/5E, W147 2136348-1/5E, W147 2136355-1/5E, W147 2136352-1/5E, W147 2136351-1/5E, betreffend Aufnahme in den Erstattungskodex (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; weitere Partei: Bundesministerin für Gesundheit und Frauen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei beantragte am die Aufnahme der Arzneispezialität Medikinet retard (Wirkstoff: Methylphenidat) in fünf verschiedenen Wirkstoffstärken (20 mg, 30 mg, 40 mg, 50 mg, 60 mg) in den gelben Bereich des Erstattungskodex. Sie stufte die Produkte pharmakologisch gemäß § 23 Abs. 2 Z 4 der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex - VO-EKO (neue Darreichungsform eines im Erstattungskodex bereits angeführten Wirkstoffes) und medizinischtherapeutisch gemäß § 24 Abs. 2 Z 4 VO-EKO (zusätzlicher therapeutischer Nutzen für die Mehrzahl der in Frage kommenden PatientInnen) ein. Folgende Verwendung wurde (unter Berücksichtigung einer Abänderung im Lauf des Verfahrens) beantragt: "Bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen als Teil eines umfassenden Behandlungsprogramms, wenn mit Therapiealternativen aus dem Grünen Bereich kein Auslangen gefunden werden kann. Diagnosestellung, Therapieeinleitung und regelmäßige Kontrolle durch FachärztInnen für Neurologie oder Neurologie und Psychiatrie oder Psychiatrie und Neurologie oder Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Pädiatrie. Medikinet retard eignet sich für eine chef(kontroll)ärztliche Langzeitgenehmigung für 3 Monate.".

2 Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden: Hauptverband) teilte der revisionswerbenden Partei mit Schreiben vom mit, dass der Innovationsgrad gemäß § 23 Abs. 2 Z 4 VO-EKO nicht nachvollziehbar sei. Bei den Wirkstoffstärken 20 mg, 30 mg und 40 mg sei der gleiche Wirkstoff (mit gleichem ATC-Code auf der 5. Ebene) in der gleichen Wirkstoffstärke mit der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform bereits im Erstattungskodex enthalten (Arzneispezialität Ritalin), was einer Einstufung gemäß § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO entspreche. Bei den Wirkstoffstärken 50 mg und 60 mg sei der gleiche Wirkstoff (mit gleichem ATC-Code auf der 5. Ebene) bereits in einer anderen Wirkstoffstärke in einer Darreichungsform zur peroralen Einnahme mit einer für einen vergleichbaren Zeitraum retardierten Freisetzung angeführt, was einer Einstufung gemäß § 23 Abs. 2 Z 2 VO-EKO entspreche. Zum Vergleich im Rahmen der medizinisch-therapeutischen Evaluation sei jeweils Ritalin in bestimmten Dosierungen und Wirkstoffstärken heranzuziehen. Dabei sei der Hauptverband zum Ergebnis gekommen, dass die Einstufung gemäß § 24 Abs. 2 Z 4 VO-EKO nicht nachvollziehbar sei. Im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen sei kein zusätzlicher PatientInnennutzen nachgewiesen worden. Der Retardierungsmechanismus von Medikinet retard funktioniere nur bei Verabreichung mit Nahrung, was sogar einen Nachteil gegenüber Ritalin darstelle.

3 Die revisionswerbende Partei trat in ihrer Stellungnahme vom der Einstufung als wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt (Generikum) im Sinn des § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO entgegen. Medikinet unterscheide sich in der Galenik wesentlich von den Vergleichsprodukten. Medikinet befinde sich schon in den Wirkstoffstärken 5 mg und 10 mg im Erstattungskodex und sei bisher nicht als wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt zu Ritalin qualifiziert worden.

4 Mit Bescheiden vom wies der Hauptverband die auf die verschiedenen Wirkstoffstärken bezogenen Anträge auf Aufnahme in den gelben Bereich des Erstattungskodex nach Befassung der Heilmittel-Evaluierungskommission (HEK) ab. Die Begründung entsprach im Wesentlichen jener der vorläufigen Feststellung vom . Im Erstattungskodex seien bereits wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten angeführt, deren Retardierung nicht von der Einnahme eines Frühstücks abhänge und die daher für die betroffene PatientInnengruppe besser geeignet seien. Daher sei die Aufnahme der beantragten Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex nicht zweckmäßig. Für die bereits im Erstattungskodex enthaltenen Wirkstoffstärken von Medikinet retard gebe es keine vergleichbaren Präparate in der gleichen Wirkstoffstärke; diese Wirkstoffstärken könnten auch nicht durch Teilung von Ritalin erzielt werden. Für die verfahrensgegenständlichen Wirkstoffstärken gebe es hingegen entweder gleiche Wirkstoffstärken von Ritalin im Erstattungskodex (20 mg, 30 mg, 40 mg), oder sie könnten durch Kombination von zwei dieser Wirkstoffstärken erzielt werden.

5 Gegen diese Bescheide erhob die revisionswerbende Partei Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht. Sie brachte insbesondere vor, dass es sich bei den beantragten Arzneispezialitäten um keine Generika (im Verhältnis zu Ritalin) handle, sondern - im Hinblick darauf, dass sich bereits Medikinet retard Produkte im Erstattungskodex befänden - um zusätzliche Wirkstoffstärken im Sinn des § 23 Abs. 2 Z 2 VO-EKO. Medikinet retard als gesamte Wirkstoffstärkenpalette biete für die PatientInnen einen Nutzen. Sie müssten bei verändertem Dosisbedarf nicht auf ein anderes Methylphenidat-Produkt ausweichen, das sich auf Grund der unterschiedlichen Galenik - wie der Hauptverband selbst behaupte - klinisch unterschiedlich auswirke. Die revisionswerbende Partei bestritt außerdem - unter Hinweis auf eine in Form eines Posters vorgelegte Studie - die Abhängigkeit der Retardierungswirkung von einem Frühstück. Weiters habe der Hauptverband noch ein - außerhalb der Frist nach § 19 Abs. 3 Z 5 VO-EKO erstattetes - Preisanbot berücksichtigen müssen.

6 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden als unbegründet ab.

7 Unter der Überschrift "Feststellungen" stellte es im Wesentlichen den Verfahrensgang dar und gab die Fachinformation der beantragten Arzneispezialitäten wieder. Es erklärte - übereinstimmend mit dem Hauptverband -, welche Arzneispezialitäten als therapeutische Alternativen heranzuziehen seien. Sodann führte es aus, dass bei Nichteinhaltung der gebotenen Nahrungsaufnahme das Risiko eines "dose-dumpings" bestehe. Es habe daher nicht festgestellt werden können, dass die beantragten Arzneispezialitäten einen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Mehrzahl der PatientInnen, welche für die Behandlung in Frage kämen, im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen hätten.

8 Unter der Überschrift "Beweiswürdigung" verwies das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass der Hauptverband ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt habe und zusammengefasst berechtigterweise zum Ergebnis gekommen sei, dass die beantragte Verwendung aus medizinischer Sicht nicht akzeptiert werden könne. Der Zuordnung des Innovationsgrades sei zu folgen, wobei unter "praktisch gleicher Darreichungsform" Hartgelatinekapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung zur peroralen Einnahme zu verstehen seien. Als therapeutische Alternativen seien alle im Erstattungskodex verfügbaren Therapiealternativen heranzuziehen und nicht nur Medikinet retard in den bereits im Erstattungskodex enthaltenen Wirkstoffstärken; die Einschätzung der revisionswerbenden Partei, wonach die beantragten Arzneispezialitäten auf Grund des Umstands, dass Medikinet in den Wirkstoffstärken 5 mg und 10 mg bereits im Erstattungskodex sei, gemäß § 23 Abs. 2 Z 4 VO-EKO einzustufen wären, sei daher verfehlt. Soweit im Beschwerdeschriftsatz darauf verwiesen werde, dass auf die bereits im Erstattungskodex enthaltenen wirkstoffgleichen Produkte nicht die Generika-Preisregel angewendet worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass infolge der negativen medizinischen Bewertung eine gesundheitsökonomische Evaluation entfallen habe können. In der medizinisch-therapeutischen Evaluation seien bei der Festlegung und Quantifizierung des Nutzens für PatientInnen durch die Behandlung mit der beantragten Arzneispezialität im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen in nachvollziehbarer Weise pharmazeutisch-technologische Nachteile für Medikinet retard festgestellt worden, und zwar wegen der Notwendigkeit der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme zur Erzielung der Retardierungswirkung. Gerade bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen, die häufig unter den Nebenwirkungen Anorexie und verminderter Appetit litten, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie kein geregeltes Frühstück zu sich nähmen. Bei Einnahme in nüchternem Zustand könne in Bezug auf Medikinet retard gar nicht mehr von einem Retard-Präparat gesprochen werden. Dabei sei auf die aktuelle Datenlage Rücksicht zu nehmen und nicht auf jene, die bei Aufnahme von Medikinet retard in den Wirkstoffstärken 5 mg und 10 mg vorgelegen sei. Dem Hauptverband sei im Ergebnis zuzustimmen, dass die beantragte medizinische Verwendung von Medikinet retard wegen der stärkeren Nahrungsabhängigkeit der Retardierung im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen nicht akzeptiert werden könne. Somit habe auch die gesundheitsökonomische Evaluation entfallen können.

9 Unter der Überschrift "Rechtliche Beurteilung" folgte schließlich eine Wiedergabe verschiedener verfahrens- und materiellrechtlicher Vorschriften, die das Bundesverwaltungsgericht als maßgeblich erachtete. Die eigentliche "rechtliche Würdigung" beschränkte sich - nach dem Hinweis, dass die Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Erstattungskodex eine Ermessensentscheidung des Hauptverbandes sei - auf folgende Ausführungen:

"Den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens folgend hat die belangte Behörde, basierend auf den Kriterien der VO-EKO den Sachverhalt der einzelnen Anträge ordnungsgemäß festgestellt und begründet; dies insbesondere betreffend den pharmakologischen Innovationsgrad und den medizinisch-therapeutischen Nutzen der beantragten Arzneispezialitäten in den unterschiedlichen Wirkungsstärken. Wie dargelegt schließt sich der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichtes den Schlussfolgerungen der belangten Behörde an, wonach die beantragte Verwendung der beantragten Arzneispezialitäten infolge ihres Produktnachteils gegenüber den bereits im EKO geführten Alternativen aus medizinischer Sicht nicht akzeptiert werden kann. Da die Beschwerdeführerin aus den in der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen im Ergebnis keine Gründe geltend machte, die eine Überschreitung des Ermessens des Hauptverbandes in seiner Entscheidungsfindung zutage brachte, waren die Beschwerden spruchgemäß abzuweisen."

10 Schließlich begründete das Bundesverwaltungsgericht, warum es die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 Abs. 2 VwGG für nicht erforderlich hielt.

11 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei, weil der vorliegende Fall sich als "ausschließlich tatsachenlastig" erwiesen und "keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung" aufgeworfen habe.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage durch das Bundesverwaltungsgericht sowie Durchführung des Vorverfahrens, in dem der Hauptverband eine Revisionsbeantwortung erstattete, erwogen:

12 1. Die Revision macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG insbesondere geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. So habe es nicht berücksichtigt, dass nach dem Erkenntnis vom , Ra 2016/08/0090, dann, wenn bereits vergleichbare Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex gelistet seien, der Beweis des wesentlichen therapeutischen Zusatznutzens schon erbracht sei und damit die Aufnahme in den gelben Bereich zu erfolgen habe.

13 Damit ist die Revision im Ergebnis im Recht, weshalb sie sich als zulässig und - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - berechtigt erweist.

14 2. Ist eine Arzneispezialität im gelben Bereich des Erstattungskodex angeführt, dann kann davon ausgegangen werden, dass - jedenfalls solange kein Verfahren zur Änderung der Verschreibbarkeit bzw. der Streichung eingeleitet worden ist (§§ 35 ff VO-EKO) - diese Arzneispezialität sich durch einen (allenfalls auf eine Untergruppe von Patienten bezogenen) wesentlichen therapeutischen Zusatznutzen gegenüber den im grünen Bereich des Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten auszeichnet. Der für eine Aufnahme einer beantragten Arzneispezialität in den gelben Bereich erforderliche Nachweis eines "wesentlichen therapeutischen Zusatznutzens für Patienten" ist somit (mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte) auch erbracht, wenn im gelben Bereich - allenfalls eingeschränkt auf eine bestimmte Patientengruppe bzw. Verschreibungsregel - eine oder mehrere "vergleichbare" Arzneispezialitäten angeführt sind, also der in der beantragten Arzneispezialität enthaltene Wirkstoff mit einem bereits im gelben Bereich angeführten Wirkstoff ident ist bzw. er diesem gegenüber eine therapeutische Wirksamkeit iSd § 24 Abs. 2 Z 1 VO-EKO oder höher besitzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/08/0090, Punkt 7. der Entscheidungsgründe).

15 Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass sich im gelben Bereich des Erstattungskodex schon Arzneispezialitäten befinden, die den gleichen Wirkstoff wie die nunmehr beantragten Arzneispezialitäten haben. Bei diesen bereits im gelben Bereich enthaltenen Arzneispezialitäten ist davon auszugehen, dass sie einen wesentlichen therapeutischen Zusatznutzen für PatientInnen bieten, was auch vom Hauptverband und vom Bundesverwaltungsgericht nicht in Abrede gestellt wird. Gleiches müsste also grundsätzlich auch für die verfahrensgegenständlichen Produkte mit dem selben Wirkstoff (Medikinet retard in verschiedenen Wirkstoffstärken) gelten. Einer solchen Beurteilung entgegenstehende Anhaltspunkte erblickt das Bundesverwaltungsgericht - den diesbezüglichen Feststellungen des Hauptverbandes folgend - offenbar darin, dass die Retardierungswirkung von Medikinet retard von der Einnahme eines Frühstücks abhängig sei. Unabhängig davon, ob diese - von der revisionswerbenden Partei bestrittene - Annahme zutrifft, reicht sie nicht zur Verneinung eines wesentlichen therapeutischen Zusatznutzens als Voraussetzung für die Aufnahme in den gelben Bereich aus: Dabei ist nämlich stets von einem Vergleich zu Arzneispezialitäten aus dem grünen Bereich auszugehen; bezogen auf diesen Maßstab ist ein Nachteil gegenüber einem Vergleichsprodukt aus dem gelben Bereich für sich genommen irrelevant. Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass sich im gelben Bereich auch schon Medikinet retard-Produkte in anderen Wirkstoffstärken befinden; in Bezug auf diese - abgesehen von der Wirkstoffstärke völlig identen - Arzneispezialitäten scheidet die Argumentation mit dem Nachteil in Bezug auf die Einnahmebedingungen von vornherein aus.

16 3. Die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts ist aber auch insoweit unschlüssig, als (für die Wirkstoffstärken 20 mg, 30 mg und 40 mg) einerseits eine pharmakologische Einstufung nach § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO als wirkstoffgleiche Nachfolgeprodukte vorgenommen, andererseits aber eine gleiche medizinisch-therapeutische Wirkung verneint wird.

17 Diese beiden Beurteilungsergebnisse widersprechen einander. Die pharmakologische Einstufung nach § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO setzt voraus, dass die beantragte Arzneispezialität "den gleichen Wirkstoff, die gleiche Wirkstoffstärke und die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform" wie bereits eine oder mehrere im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten hat; diese Einstufung führt im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation zwingend zur Anwendung der für Generika geltenden Preisregeln (§ 351c Abs. 10 ASVG und § 25 Abs. 2 Z 1 (iVm Abs. 5) VO-EKO); was die medizinisch-therapeutische Evaluation betrifft, so kann sie beim Vergleich zwischen wirkstoffgleichen Produkten im Sinn des § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO nur zu einer Einstufung nach § 24 Abs. 2 Z 1 VO-EKO führen. Stellt sich hingegen heraus, dass Arzneispezialitäten trotz gleicher Wirkstoffe und gleicher Wirkstoffstärke unterschiedliche medizinisch-therapeutische Wirkungen haben, dann handelt es sich um keine wirkstoffgleichen Produkte (Generika) im Sinn des § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO, wobei sich die Unterschiede nur aus der verschiedenen - also letztlich weder gleichen noch "praktisch gleichen" - Darreichungsform ergeben können.

18 4. Richtigerweise wäre im vorliegenden Fall zunächst - als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in den gelben Bereich (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/08/0090, Punkt 5.2. der Entscheidungsgründe) - zu klären gewesen, ob die beantragten Arzneispezialitäten im Verhältnis zu den therapeutischen Alternativen im grünen Bereich einen wesentlichen therapeutischen Zusatznutzen für PatientInnen bewirken. Davon wäre im Zweifel auszugehen gewesen, weil sich wirkstoffgleiche Produkte bereits im gelben Bereich befanden.

19 Nach der Bejahung eines solchen wesentlichen therapeutischen Zusatznutzens wäre im nächsten Schritt (gegebenenfalls) die gesundheitsökonomische Evaluation durchzuführen gewesen. Dabei wären als Vergleichsprodukte solche aus dem gelben Bereich heranzuziehen gewesen (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/08/0090, Punkt 8. der Entscheidungsgründe). Im Verhältnis zu diesen Vergleichsprodukten - im vorliegenden Fall nach den bisherigen Verfahrensergebnissen Medikinet retard 5 mg und 10 mg sowie Ritalin 20 mg, 30 mg und 40 mg - wäre insbesondere zu klären gewesen, ob es sich (in den Fällen gleicher Wirkstoffstärke) um wirkstoffgleiche Nachfolgeprodukte im Sinn des § 23 Abs. 2 Z 1 VO-EKO handelt, was insoweit zur medizinisch-therapeutischen Einstufung nach § 24 Abs. 2 Z 1 VO-EKO und zur Anwendung der Generika-Preisregel führen hätte müssen.

20 Dabei stellen sich im Übrigen sowohl Tatsachenfragen - die mit insbesondere medizinischem Sachverstand zu klären sind - als auch Rechtsfragen, die eine Würdigung der maßgeblichen Rechtsbegriffe (gegebenenfalls unter Heranziehung der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) und eine nachvollziehbare Subsumtion voraussetzen (vgl. zur Abgrenzung zwischen Tatsachenfeststellungen und rechtlicher Beurteilung in Verfahren betreffend Aufnahme in den Erstattungskodex etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/08/0017, Punkt 4. der Entscheidungsgründe). Dies sollte auch in der Gliederung der Entscheidung entsprechend zum Ausdruck kommen.

21 5. Da das Bundesverwaltungsgericht nach dem Gesagten die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

22 6. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am