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VwGH vom 18.02.2015, 2012/10/0229

VwGH vom 18.02.2015, 2012/10/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des K R in M, vertreten durch Mag. Martin Reihs, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kellermanngasse 5/12, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom , Zl. 5-N-B5121/2-2012, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen einen naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom , Zl. ND-09-02-483-20, trug die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See (BH) dem nunmehrigen Beschwerdeführer unter Berufung auf § 55 Abs. 2 und 3 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes - NG 1990, LGBl. Nr. 27/1991 idgF, auf, einen ohne naturschutzbehördliche Bewilligung errichteten Unterstand im Ausmaß von 14 x 6,5 x 4 m auf näher bezeichneten Grundstücken der KG G. zu entfernen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers wegen Verspätung zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde mit Datum vom vergebens versucht habe, dem Beschwerdeführer diesen Bescheid an der Abgabestelle R.-gasse in M. sowie an der Abgabestelle Z.-höhe in I. zuzustellen. Mit Schreiben vom , Zl. ND-09-02-483-21, habe die erstinstanzliche Behörde dem Beschwerdeführer eine Ersatzvornahme angekündigt und dieses Schriftstück dem Beschwerdeführer an die Adresse Z.-höhe in I. zugestellt. Mit Schreiben vom habe sich der Beschwerdeführer auf dieses Schriftstück der erstinstanzlichen Behörde vom bezogen und mitgeteilt, dass ihm der darin erwähnte Bescheid vom , Zl. ND-09- 02-483-20, nicht zugestellt worden sei. Unter Einem habe der Beschwerdeführer ersucht, den erstinstanzlichen Bescheid an die von ihm angeführte Adresse R.-platz in R. zuzustellen. Mit Datum vom habe die Behörde den genannten Bescheid dem Beschwerdeführer an die von ihm angegebene Adresse R.-platz in R. durch Hinterlegung zugestellt. Die Abholfrist habe mit zu laufen begonnen. Erst am sei bei der erstinstanzlichen Behörde die Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers eingelangt.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz - ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 idgF, haben folgenden Wortlaut:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus- , Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Die belangte Behörde stützte sich in ihrem Bescheid darauf, dass der Beschwerdeführer spätestens mit Erhalt des Schriftstückes der BH vom , Zl. ND-09-02-483-21, welches aufgrund der Bezugnahme auf dessen Inhalt in dem darauf gerichteten Antwortschreiben des Beschwerdeführers vom als erfolgreich zugestellt anzusehen sei, bewusst gewesen sein musste, dass er einen Bescheid der erstinstanzlichen Behörde zugestellt erhalten werde, dies insbesondere deswegen, weil er in seinem o. e. Schreiben explizit um Zustellung des Bescheides an die Adresse R.-platz in R. ersucht hat. Auch sei keine Mitteilung an die BH durch den Beschwerdeführer erfolgt, dass er sich für einen längeren Zeitraum von der Abgabestelle entfernen werde.

Der Beschwerdeführer bringt hingegen im Rahmen seiner Beschwerde nun erstmals vor, dass er vom 27. Juli bis beruflich von der Abgabestelle in R. ortsabwesend gewesen sei sowie, dass er von der Hinterlegung erst am erfahren und das Schriftstück am behoben habe. Zwischen dem 27. Juli und dem habe er sich primär in der Nähe des Sitzes seines landwirtschaftlichen Betriebes in T., wo er einen Nebenwohnsitz habe, aufgehalten. Sein Aufenthalt sei betriebsbedingt bei seinen landwirtschaftlichen Flächen in S. sowie im Südburgenland gelegen gewesen, wo er auch genächtigt habe. Er sei zu dieser Zeit nicht in R. aufhältig gewesen.

Unter Verweis auf § 17 Abs. 3 Zustellgesetz macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Zustellung durch Hinterlegung nicht rechtswirksam erfolgt sei, da er erst am Kenntnis vom Zustellversuch erlangt habe; es sei daher von einer Zustellung am , dem Tag der ehestmöglichen Behebung nach Rückkehr zur Abgabestelle, auszugehen. Die mit Datum vom per Fax eingebrachte Berufung sei daher rechtzeitig erfolgt und die Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung somit verfehlt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsfrage, ob eine Berufung rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, aufgrund von Tatsachen zu entscheiden, welche die Behörde festzustellen hat. Dabei ist der Partei gemäß § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit zu geben, vom Ermittlungsergebnis Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift führt zu einem rechtserheblichen Verfahrensmangel, wenn nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/02/0286, mwN).

Die Begründung des Bescheides und die vorgelegten Verwaltungsakten enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer die Verspätung der gegenständlichen Berufung im Zuge des Berufungsverfahrens vorgehalten worden ist. Auch in der Beschwerde findet sich kein Hinweis darauf, dass dem Beschwerdeführer zu dieser Frage Parteiengehör gewährt worden wäre.

Da vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-73012