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VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0190

VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0190

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/02/0211 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des für das Land Niederösterreich bestellten Tierschutzombudsmannes in St. Pölten, vertreten durch Urbanek & Rudolph, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom , Zl. Senat-PL-08-2001, betreffend Zurückweisung eines Einspruches in Angelegenheit Bestrafung nach dem Tierschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Behörde erster Instanz erließ eine Strafverfügung vom , mit der sie FH schuldig erkannte, er habe es als Tierhalter zu verantworten, dass er bis zum im landwirtschaftlichen Betrieb in W ein Kalb unter sechs Monaten mit der AT-Nr. ... angebunden gehalten habe, obwohl die Anbindehaltung von Kälbern verboten sei.

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß Anlage 2 Z. 3.2.1 der

1. Tierhalteverordnung iVm § 24 Abs. 1 Z. 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004 (TSchG), begangen.

Es wurde gemäß § 38 Abs. 3 TSchG eine Geldstrafe (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diese Strafverfügung, und zwar wegen der zu geringen Strafhöhe, erhob der für das Land Niederösterreich bestellte Tierschutzombudsmann (in der Folge: Tierschutzombudsmann) Einspruch.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom wurde dieser Einspruch gemäß § 49 Abs. 1 VStG zurückgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Tierschutzombudsmannes wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom mit einer hier nicht maßgeblichen Änderung keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 41 des Tierschutzgesetzes (TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004

idF. BGBl. I Nr. 2/2008, lautet auszugsweise:

"...

(3) Der Tierschutzombudsmann hat die Aufgabe, die Interessen des Tierschutzes zu vertreten.

(4) Der Tierschutzombudsmann hat in Verwaltungsverfahren einschließlich Verwaltungsstrafverfahren nach diesem Bundesgesetz Parteistellung. Er ist berechtigt, in alle Verfahrensakten Einsicht zu nehmen sowie alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Die Behörden haben den Tierschutzombudsmann bei der Ausübung seines Amtes zu unterstützen.

..."

§ 49 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), BGBl. Nr. 52/1991

idF. BGBl. Nr. 620/1995, lautet:

"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung zu vollstrecken."

1) Zur Beschwerdelegitimation des Tierschutzombudsmannes vor dem Verwaltungsgerichtshof:

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die gegenständliche Beschwerde leitet die Beschwerdelegitimation aus Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ab. Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde kommt es - unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren - lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage der (objektiven) Gesetzmäßigkeit durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0217, mwN).

Der Tierschutzombudsmann hat gemäß § 41 Abs. 4 TSchG Parteistellung in Verwaltungsstrafverfahren nach dem TSchG. Die Begründung der Parteistellung durch Gesetz vermittelt für sich allein nicht die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. Vor allem sogenannten Amts- oder Formalparteien, denen die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren ausdrücklich gesetzlich eingeräumt sein muss, kommt nicht ohne weiteres die Beschwerdeberechtigung zu. Ihre Aufgabe im Verwaltungsverfahren ist es nicht, eigene subjektive Rechte zu vertreten, sondern die Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit des das Verfahren abschließenden Bescheides bzw. die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen in diesem Zusammenhang. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss eines verstärkten Senats vom , Slg. NF. Nr. 10.511/A, ausgesprochen hat, können Beschwerden nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG grundsätzlich nur unter Berufung auf eine eigene, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichtete Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben werden. Fehlt es an der Behauptung, in der eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung, außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen (vgl. insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und Z. 3 B-VG), einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen, in denen einer Organpartei keine eigene, gegen den Staat gerichtete Interessenssphäre zukam, dieser aber insoweit die Beschwerdelegitimation zuerkannt, als es zur Durchsetzung der aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse erforderlich ist. Nur die sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte stellen danach subjektive öffentliche Rechte der Organpartei dar, deren Verletzung in einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG geltend gemacht werden kann (vgl. zum Ganzen das auch in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0036, mwN).

Der Tierschutzombudsmann hat gemäß § 41 Abs. 3 TSchG die Interessen des Tierschutzes zu vertreten. Damit ist ihm die Vertretung dieser Interessen als Organ übertragen, dazu ist ihm in den betreffenden Verwaltungsverfahren Parteistellung eingeräumt. Dem Tierschutzombudsmann sind aber keine subjektiv-öffentlichen Rechte übertragen, weshalb ihm - über die Geltendmachung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Parteistellung und der damit verbundenen prozessualen Rechte hinaus - als bloßer Organpartei des Verwaltungs(straf)verfahrens die Beschwerdelegitimation nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG fehlt.

Im gegenständlichen Fall ist die Beschwerdelegitimation darin gegründet, dass der Tierschutzombudsmann Einspruch erhoben hat.

2) Zum Recht des Tierschutzombudsmannes, Einspruch gegen eine gegen einen Beschuldigten erlassene Strafverfügung zu erheben:

Nach § 49 Abs. 1 VStG hat das Recht, Einspruch zu erheben, ausschließlich der Beschuldigte.

Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung hat der Tierschutzombudsmann kein Einspruchsrecht gegen Strafverfügungen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am