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VwGH vom 23.06.2017, Ra 2017/08/0019

VwGH vom 23.06.2017, Ra 2017/08/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der M T in A (Schweiz), vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. I4142109894- 1/3E, betreffend Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung für einen Angehörigen gemäß § 123 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Gebietskrankenkasse, 6850 Dornbirn, Jahngasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1 Die belangte Behörde stellte auf Grund eines Antrags der Revisionswerberin vom mit Bescheid vom fest, dass diese für ihren Sohn Matteo T. gemäß § 123 Abs. 4 Z 2 lit. a ASVG keine Anspruchsberechtigung (auf Leistungen aus der Krankenversicherung) habe. Sie führte aus, die Revisionswerberin sei bei der M. GmbH beschäftigt gewesen und beziehe seit der Geburt ihres Sohnes am bis zum Kinderbetreuungsgeld (bzw. anfänglich Wochengeld). Die Revisionswerberin, ihr Sohn und ihr Ehemann, der Vater des Kindes, seien in der Schweiz wohnhaft, der Ehemann auch dort erwerbstätig. Gemäß § 123 Abs. 1 ASVG bestehe Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für Angehörige (Kinder), wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hätten, weder nach den Vorschriften des ASVG noch nach anderen gesetzlichen Vorschriften krankenversichert seien und für sie keine Krankenfürsorge einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers vorgesehen sei. Für Familienangehörige von Personen, die in der Schweiz wohnen würden, sei gemäß Art. 32 VO Nr. 883/2004 die Schweiz als Wohnsitzstaat zuständig. Eine Diskriminierung iSd Art. 4 VO Nr. 883/2004 liege nicht vor, weil § 123 ASVG eine Ausnahme statuiere und Art. 3 Abs. 1 (schweizerisches) Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) Angehörige einbeziehe. Eine indirekte Diskriminierung würde nur dann vorliegen, wenn etwa Versicherungsleistungen nur zu unverhältnismäßigen Bedingungen erlangt werden könnten (z.B. lange Wartezeiten). Auch das liege in der Schweiz nicht vor.

2 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde. In der Beschwerdebeantwortung brachte die belangte Behörde vor, beim Sohn der Revisionswerberin würden ein abgeleiteter Anspruch von seiner Mutter, der Revisionswerberin, nach dem ASVG und - wegen seines Wohnsitzes in der Schweiz - ein eigenständiger Sachleistungsanspruch gegen die schweizerische Lehrerkrankenkasse (SLKK) auf Grund der Versicherungspflicht in der obligatorischen Krankenversicherung nach dem Schweizer KVG zusammentreffen. Art. 32 VO Nr. 883/2004 würde die allgemeine Regel des Art. 11 VO Nr. 883/2004 verdrängen. Die Behauptung der Revisionswerberin, mangels einer eigenen Versicherung für das Kind würde eine Anspruchsberechtigung nach dem ASVG bestehen und sie sei deshalb so zu stellen, als würde sie mit ihrer Familie in Österreich leben, sei verfehlt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Revisionswerberin (ab ), ihr Ehemann und deren Sohn hätten ihren Wohnsitz in der Schweiz. Sie sei bis vor der Entbindung ihres Sohnes bei der M. GmbH in Bludenz (Vorarlberg) beschäftigt gewesen und habe bis zum Kinderbetreuungsgeld bezogen. Der Ehemann und der Sohn der Revisionswerberin seien bei der SLKK krankenversichert. Da der Sohn der Revisionswerberin keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe, bestünde gemäß § 123 ASVG kein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung für Angehörige. Die Revisionswerberin sei - obwohl sich ihr Wohnsitz in der Schweiz befunden habe - auf Grund der Erwerbstätigkeit bei der M. GmbH gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a VO Nr. 883/2004 in Österreich versichert gewesen und unterliege den nationalen Rechtsvorschriften. In Österreich sei ein Beschäftigungsverbot oder eine gesetzliche Karenz nach dem Mutterschutzgesetz (bzw. nach gleichartigen österreichischen Gesetzen) einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Nach Art. 11 Abs. 3 lit. e VO Nr. 883/2004 unterliege eine (erwerbs-)wirtschaftlich nicht "aktive" Person (z.B. Kinder, Studierende) grundsätzlich den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates. Art. 32 VO Nr. 883/2004 sehe betreffend die Rangfolge der Sachleistungsansprüche besondere Vorschriften für den Leistungsanspruch von Familienangehörigen im Wohnmitgliedstaat vor. Diese Bestimmung regle nicht nur die Anspruchskonkurrenz zwischen eigenen und abgeleiteten Leistungsansprüchen des Familienangehörigen, sie stelle auch eine Kollisionsnorm dar, die das anzuwendende Recht bezüglich des Statusverhältnisses (beispielsweise der Versicherteneigenschaft) einschließlich etwaiger Beitragspflichten bestimme. Die Vorschrift ziele insbesondere auf die Vermeidung von Doppelversicherungen von Familienangehörigen sowie auf eine Belastungsangleichung innerhalb der Europäischen Union ab, soweit Einwohnersysteme (sogenannte "nationale Gesundheitsdienste") betroffen seien. Bei letzteren handle es sich um steuerbasierte Systeme für Leistungen bei Krankheit sowie bei Mutter- und Vaterschaft, die - anders als bei Sozialversicherungen, die durch Beiträge von Beschäftigten oder Selbständigen finanziert würden - allen Einwohnern eines Landes offen stünden. Art. 32 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 stelle den Grundsatz auf, dass ein eigenständiger Anspruch Vorrang vor einem abgeleiteten Anspruch habe. Von diesem Grundsatz bestehe aber eine Ausnahme, wenn der eigenständige Anspruch allein durch den Wohnsitz begründet werde. Diesfalls trete der (eigenständige) Anspruch allein auf Grund des Wohnsitzes zurück gegenüber einem abgeleiteten Anspruch einer Versicherung. Wenn aber - so Abs. 2 der genannten Bestimmung - bei den Familienangehörigen der Ehegatte oder die Person, der das Sorgerecht für die Familienmitglieder im Wohnstaat zukomme, gleichzeitig auch selbst eine Erwerbstätigkeit ausübe oder von einem Träger des Wohnstaates eine Rente beziehe, würden die Ansprüche, die aus dem Wohnstaat resultierten, vorgehen. Ein eigener Anspruch entstehe, wenn jemand vom persönlichen Geltungsbereich des Koordinationsrechts umfasst werde und ein Tatbestand vorliege, der diesen Anspruch auslöse, der nicht von einer anderen Person abgeleitet werde. Dies könne das Ausüben einer Beschäftigung, einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder der Bezug einer Rente sein. Beim Leistungsanspruch der Familienangehörigen spreche man von einem abgeleiteten Anspruch, d.h. der Anspruch sei direkt mit dem Leistungsanspruch des Erwerbstätigen oder Rentners verbunden. Die Revisionswerberin habe auf Grund der Erwerbstätigkeit in Österreich einen eigenständigen Sachleistungsanspruch gegenüber dem österreichischen Sozialversicherungsträger. Der Ehemann der Revisionswerberin besitze einen eigenen Sachleistungsanspruch gegenüber dem schweizerischen Sozialversicherungsträger. Zwischen den Elternteilen komme es zu keiner Anspruchskonkurrenz. Im vorliegenden Fall würde es um die Frage gehen, ob die Verordnung Nr. 883/2004 auf den Sohn anzuwenden sei. Dieser habe sowohl einen von der Revisionswerberin abgeleiteten Versicherungsanspruch nach dem ASVG als auch einen von seinem Vater abgeleiteten Versicherungsanspruch nach dem KVG. Da die Ansprüche des Sohnes gegenüber den Elternteilen im gleichen Rang stünden, komme es zu keiner Anspruchskonkurrenz bzw. zu keiner Kollision, weshalb die Verordnung Nr. 883/2004 keine Anwendung finde. Daher sei der Antrag der Revisionswerberin auf Feststellung gemäß § 123 ASVG ausschließlich nach den nationalen Bestimmungen zu beurteilen. Der Sohn der Revisionswerberin habe keinen Wohnsitz im Inland, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen für eine Angehörigeneigenschaft iSd § 123 ASVG nicht erfüllt seien.

4 Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 123 ASVG nicht abweiche.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. 6 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung

erstattet, in der sie die Abweisung der Revision beantragt.

II.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Die Revisionswerberin bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, es fehle an Rechtsprechung zur Frage, ob sich der Krankenversicherungsschutz einer in der österreichischen Krankenversicherung versicherten Person im vorliegenden Fall auch auf Familienmitglieder erstrecke, die in der Schweiz wohnhaft seien.

9 Die Revision ist aus dem genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt:

10 1. In der Revision wird vorgebracht, Ehemann und Sohn der Revisionswerberin seien in der Schweiz anfangs bei der SLKK krankenversichert gewesen. Die Revisionswerberin habe sich "nach dem Ausscheiden aus der österreichischen Sozialversicherung" (mit ) auch für die SLKK entschieden. Mit hätten alle drei Familienmitglieder zur Swica-Krankenversicherung in Wittnau (Schweiz) gewechselt. In der Schweiz bestehe Krankenversicherungspflicht. Jedes Kind müsse von seinem gesetzlichen Vertreter ab Geburt gegen Krankheit versichert werden. Die Revisionswerberin müsse ihren Sohn um ca. EUR 90,-- monatlich versichern. Die Koordinierungsregel des Art. 32 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 würde lediglich bestimmen, dass ein eigenständiger Sachleistungsanspruch gegenüber einem abgeleiteten Anspruch auf Leistungen für Familienangehörige Vorrang habe. Diese Bestimmung würde lediglich Koordinierungsbestimmungen für Familienangehörige enthalten, die in einem Mitgliedstaat mit "Volksgesundheitsdienst" wohnen würden. Die (Leistungen bei Krankheit betreffenden) Art. 17 und Art. 18 VO Nr. 883/2004 würden auch Familienangehörige umfassen. Daher bestünde ein Anspruch auf Sachleistungen auch für den Sohn der Revisionswerberin. Ein anderes Ergebnis ergebe sich nur, wenn die Kollisionsnorm des Art. 32 VO Nr. 883/2004 eine Anspruchsberechtigung für den Sohn ausschließen würde. Das Verwaltungsgericht sei irrtümlich davon ausgegangen, dass der Sohn abgeleitete Ansprüche von der Revisionswerberin bzw. von seinem Vater hätte. Es habe verkannt, dass es im schweizerischen Krankenversicherungsrecht keine Mitversicherung und somit keine abgeleiteten Ansprüche von Eltern gebe. Mangels abgeleiteten Anspruchs vom Vater bestünde keine Kollision. Art. 32 VO Nr. 883/2004 komme nicht zur Anwendung. Der Sohn der Revisionswerberin habe einen Anspruch nach Art. 17 VO Nr. 883/2004 auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung in der Schweiz seit Geburt sowie einen Anspruch nach Art. 18 VO Nr. 883/2004 auf Krankenversicherung in Österreich für die Zeit seit Geburt, jeweils bis (dem Ende der österreichischen Pflichtversicherung).

11 2.1. Die soziale Krankenversicherung in der Schweiz ist durch das KVG geregelt. Die soziale Krankenversicherung umfasst gemäß Art. 1a KVG die obligatorische Krankenpflegeversicherung sowie eine freiwillige Taggeldversicherung und gewährt Leistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft. Gemäß Art. 3 Abs. 1 KVG muss sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz innerhalb von drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern oder von ihrem gesetzlichen Vertreter bzw. ihrer gesetzlichen Vertreterin versichern lassen. Gemäß Art. 5 Abs. 1 KVG beginnt die Versicherung bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Bei verspätetem Beitritt beginnt die Versicherung gemäß Art. 5 Abs. 2 KVG im Zeitpunkt des Beitritts.

12 Die Genossenschaft "Krankenkasse SLKK" mit Hauptsitz in Zürich (die ehemalige schweizerische Lehrerkrankenkasse) bietet - gemeinsam mit den insgesamt 61 gegenwärtig in der Schweiz anerkannten Krankenkassen - die obligatorische Krankenpflegeversicherung iSd Art. 3 KVG an. Nach Art. 2 der Allgemeinen Bedingungen (AVB) der SLKK für die obligatorische Krankenpflegeversicherung ist jede Person, die ihren Wohnsitz im Tätigkeitsgebiet der SLKK hat, berechtigt, in die Krankenversicherung einzutreten bzw. einen Antrag auf Abschluss der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (und der freiwilligen Taggeldversicherung) zu stellen. Gemäß Art. 9 Abs. 2 AVB setzt die SLKK für Versicherte bis zum vollendeten

18. Altersjahr (Kinder) eine tiefere Prämie fest als für Erwachsene. Dieselben Rahmenbedingungen gelten grundsätzlich auch für die erwähnte Swica-Krankenversicherung, zu der die Familie der Revisionswerberin ihrem Vorbringen nach mit gewechselt ist.

13 2.2. Die Revisionswerberin begehrt die Feststellung der Angehörigeneigenschaft gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG (vgl. zum Antragsverfahren Windisch-Graetz in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm Rz 3 zu § 123 ASVG). Sie hat nicht bestritten, dass ihr Sohn im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in der Schweiz bei der SLKK (bzw. später bei Swica-Krankenversicherung) krankenversichert war.

14 2.3. Beim KVG, das die schweizerische Krankenversicherung regelt, handelt es sich ebenso wie beim ASVG, das die österreichische Krankenversicherung regelt, um Rechtsvorschriften, die "Leistungen bei Krankheit" iSd Art. 3 Abs. 1 lit. a VO Nr. 883/2004 betreffen und daher dem Europäischen Koordinationsrecht betreffend die Soziale Sicherheit unterliegen (vgl. zur Anwendbarkeit des Koordinationsrechts betreffend Leistungen aus der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung und Leistungen der schweizerischen beruflichen Vorsorge das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/08/0047).

15 Art. 11, 17 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rats vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit lauten samt Überschriften:

16 "TITEL II

BESTIMMUNG DES ANWENDBAREN RECHTS

Artikel 11

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine

Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt,

unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des

Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit

angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des

Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß

Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses

Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats

einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den

Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a)

bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

(4) ..."

17 "Artikel 17

Wohnort in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat

Ein Versicherter oder seine Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen, erhalten in dem Wohnmitgliedstaat Sachleistungen, die vom Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht werden, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären."

18 "Artikel 32

Rangfolge der Sachleistungsansprüche - Besondere Vorschrift für den Leistungsanspruch von Familienangehörigen im Wohnmitgliedstaat

(1) Ein eigenständiger Sachleistungsanspruch aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats oder dieses Kapitels hat Vorrang vor einem abgeleiteten Anspruch auf Leistungen für Familienangehörige. Ein abgeleiteter Anspruch auf Sachleistungen hat jedoch Vorrang vor eigenständigen Ansprüchen, wenn der eigenständige Anspruch im Wohnmitgliedstaat unmittelbar und ausschließlich aufgrund des Wohnorts der betreffenden Person in diesem Mitgliedstaat besteht.

(2) Wohnen die Familienangehörigen eines Versicherten in einem Mitgliedstaat, nach dessen Rechtsvorschriften der Anspruch auf Sachleistungen nicht vom Bestehen einer Versicherung, einer Beschäftigung oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit abhängt, so werden die Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers in dem Mitgliedstaat erbracht, in dem sie wohnen, sofern der Ehegatte oder die Person, die das Sorgerecht für die Kinder des Versicherten hat, eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in diesem Mitgliedstaat ausübt oder von diesem Mitgliedstaat aufgrund einer Beschäftigung oder einer selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Rente erhält."

19 2.4. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit österreichischen Sozialversicherungsrechts auf die Revisionswerberin gemäß Art. 1 lit. a iVm Art. 11 abs. 2 und 3 lit. a VO 883/2004 waren im Verfahren nicht strittig.

20 Der Sohn der Revisionswerberin unterlag im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hingegen gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. e VO Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates, sohin der Schweiz, und war dort - wie dargestellt - bei der SLKK krankenversichert.

21 2.5. Hinsichtlich der Leistungszuständigkeit für Sachleistungen bei (u.a.) Krankheit (nur um solche ging es im vorliegenden Fall) enthält die VO Nr. 883/2004 in den Art. 17 ff spezielle Regelungen. So bestimmt - wie dargestellt - Art. 17 der VO Nr. 883/2004, dass ein Versicherter oder seine Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen, in dem Wohnmitgliedstaat Sachleistungen erhalten, die vom Träger des Wohnorts nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht werden, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären. Die konkrete Leistung richtet sich demnach also nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaates; hinsichtlich der Frage, ob - im Fall von Familienangehörigen - überhaupt eine Anspruchsberechtigung besteht, gilt hingegen das Recht des zuständigen Staates, d.h. in der Regel des Beschäftigungsstaates (vgl. das - noch zur VO Nr. 1408/71 ergangene - - Delavant; zu dessen Übertragbarkeit auf die Rechtslage nach der VO Nr. 883/2004 Zaglmayer in Spiegel, Art. 17 VO Nr. 883/2004, Rz 7, und Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 17, Rn 10). Diese grundsätzliche Anspruchsberechtigung war daher nach Maßgabe des § 123 ASVG zu beurteilen.

22 Schon bei dieser Beurteilung ist jedoch auch Art. 32 der VO Nr. 883/2004 zu beachten, wonach ein eigenständiger Sachleistungsanspruch auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats oder unmittelbar auf Grund der VO Nr. 883/2004 Vorrang vor einem abgeleiteten Anspruch auf Leistungen für Familienangehörige hat. Im vorliegenden Fall ging nach dieser Bestimmung der Anspruch des Sohnes der Revisionswerberin auf Grund seiner in der Schweiz bestehenden eigenen Krankenversicherung dem (allenfalls) von der Mutter abgeleiteten Anspruch auf Sachleistungen (die ihm gemäß Art. 17 der VO Nr. 883/2004 ebenfalls nach Maßgabe der Schweizer Rechtsvorschriften, aber auf Rechnung des österreichischen Trägers zu gewähren wären) vor. Eine Anspruchsberechtigung gemäß § 123 ASVG war daher auf Grund des unmittelbar anwendbaren Art. 32 der VO Nr. 883/2004 und folglich auch innerstaatlich zu verneinen.

23 3. Das Verwaltungsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht die Beschwerde abgewiesen.

24 4. Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

25 Ein Aufwandersatz war mangels Antrags der belangten Behörde nicht zuzusprechen.

Wien, am