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VwGH vom 16.12.2011, 2008/02/0175

VwGH vom 16.12.2011, 2008/02/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des J S in N, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-162958/11/Ki/Da, VwSen-521885/11/Ki/Da, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um 19.45 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW im Stadtgebiet von B gelenkt und habe sich in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden und sich, obwohl er im Verdacht gestanden sei, dass sein Verhalten als Lenker des genannten PKWs mit einem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang gestanden sei, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen; die Verweigerung sei um 20.15 Uhr bei der Polizeiinspektion B erfolgt; beim Beschwerdeführer seien deutliche Alkoholisierungsmerkmale festgestellt worden.

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 5 Abs. 2 StVO 1960 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt wurde.

Hinsichtlich eines weiteren Verstoßes gegen die StVO 1960 hat die belangte Behörde das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Gang des Verwaltungsstrafverfahrens wieder und stellte die maßgebende Rechtslage dar. Auf der Sachverhaltsebene ging sie erkennbar davon aus, dass der Beschwerdeführer am an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt gewesen sei. Nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden seien beim Beschwerdeführer Alkoholisierungsmerkmale festgestellt worden. Er sei zum Alkotest aufgefordert worden, wozu er sofort zugestimmt habe. Bei der Durchführung des Alkomattests sei es trotz vier Versuchen zu keinem gültigen Messergebnis gekommen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, sich redlich bemüht zu haben, habe jedoch einen Defekt am Alkomaten vermutet. Deshalb seien noch drei Versuche mit dem Alkomat-Vortestgerät durchgeführt worden, wobei ebenfalls kein gültiges Messergebnis zustande gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe sich gerechtfertigt, er habe den ganzen Tag über seit 16.00 Uhr nur drei halbe Bier getrunken. Er habe richtig hineingeblasen, der Alkomat habe aber nicht richtig funktioniert. Beim Mundstück des Alkomaten habe die einschreitende Beamtin ein "schnappendes" Geräusch wahrgenommen. Beim Beblasen des Alkomaten habe es sich so angehört, als ob irgendein Gegenstand gegen das Mundstück gestoßen sei. Auch das Vortestgerät habe einen Fehler, denn die Luft sei während des Hineinblasens aus dem Mundstück wieder zurückgekommen. Die Blasvolumina bei den vier Versuchen seien mit Werten zwischen 1,8 und 2,1 Liter ausreichend gewesen, die Blaszeiten mit jeweils zwei Sekunden offenkundig zu kurz. Die einschreitenden Beamten hätten bemerkt, dass sich der Beschwerdeführer heiser angehört habe und angegeben habe, verkühlt zu sein. Subjektiv hätten sie jedoch den Eindruck gehabt, dass der Beschwerdeführer fähig sei, den Alkotest durchzuführen. Im Zuge des Tests habe der Beschwerdeführer den Verdacht geäußert, dass das Gerät einen Defekt haben könnte. Nachdem auch das Blasen in das Vortestgerät keinen Erfolg gebracht habe, habe einer der Beamten das Vortestgerät ausprobiert, was ein verwertbares Ergebnis erbracht habe. Der Alkomat selbst sei nicht getestet worden. Der Alkomat habe sowohl vorher als auch nachher ordnungsgemäß funktioniert. Bei den Alkotest-Versuchen des Beschwerdeführers sei immer dasselbe Mundstück beim Alkomaten verwendet worden, beim Vortestgerät sei dann ein neues Mundstück verwendet worden. Eine Beschädigung des Mundstückes sei nicht aufgefallen. Das Mundstück sei nicht überprüft, sondern anschließend entsorgt worden. Laut Bestätigung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom sei das verwendete Messgerät zum Vorfallszeitpunkt ordnungsgemäß geeicht gewesen. Dem Beschwerdeführer sei die Lenkberechtigung bereits zwei Mal wegen Alkoholisierung entzogen worden. Der Beschwerdeführer sei verkühlt gewesen, habe auch Zigaretten geraucht und sei arbeiten gegangen; er habe zu dieser Zeit im Oberkiefer keine Zähne gehabt. Nachdem die Beamten erklärt hätten, er habe den Alkotest verweigert, sei er ins Krankenhaus Braunau gefahren, wo man ihm jedoch kein Blut abgenommen habe. Er sei danach zur Polizeiinspektion zurück gegangen, wo ihm ein Polizeibeamter empfohlen habe, zur Blutabnahme einen Privatarzt aufzusuchen, was ca. EUR 500,-- koste.

Beweiswürdigend folgte die belangte Behörde im Wesentlichen den Angaben der vernommenen Zeugen, denen in den relevanten Punkten vom Beschwerdeführer nicht widersprochen worden sei. In Betrachtung der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass eine Beschädigung des Mundstücks nicht vorgelegen sei. Zwar sei seitens der Polizeibeamten kein Test am Alkomaten durchgeführt worden, es sei dem Beschwerdeführer aber die Möglichkeit eingeräumt worden, am Vortestgerät Versuche durchzuführen, wobei trotz Austauschen des Mundstückes kein Ergebnis zustande gekommen sei. Ebenfalls ergebe sich aus der Gesamtschau, dass der Beschwerdeführer gesundheitlich in der Lage gewesen sei, den Test durchzuführen. Zum Beweisantrag auf Einholung eines technischen Gutachtens zur Frage des Defektes am Mundstück werde festgehalten, dass die Aufnahme des Beweises aus objektiver Sicht entbehrlich sei. Es möge zutreffen, dass es zu Defekten an Mundstücken für Alkomaten kommen und dass derartige Defekte die ordnungsgemäße Durchführung eines Tests hindern könnten, im Beschwerdefall habe jedoch ein weiterer Test mit dem Vortestgerät ebenfalls kein positives Ergebnis gebracht, obwohl ein anderes Mundstück verwendet worden sei. Das vom Beschwerdeführer verwendete Mundstück sei entsorgt worden. Im Übrigen sei nach dem Messprotokoll lediglich die Blaszeit als zu kurz angegeben worden.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von einer Verweigerung des Alkotests durch den Beschwerdeführer aus. Die Verweigerung habe darin bestanden, dass trotz mehrerer Versuche keine gültige Messung zustande gekommen bzw. eine solche durch das Verhalten des Beschwerdeführers verhindert worden sei. Der Beschwerdeführer habe den Blasvorgang nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Eine Vorführung zum Amtsarzt sei aus in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründen nicht erforderlich gewesen. Dem Beschwerdeführer sei über seinen Einwand, das Mundstück sei defekt, sofort die Möglichkeit eingeräumt worden, einen weiteren Test unter Verwendung eines anderen Mundstücks mit einem sogenannten Alkovortestgerät durchführen zu lassen.

Gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben (Z. 1) , oder bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen (Z. 2).

Eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung ist dann gegeben, wenn mehrere Versuche zu keiner gültigen Messung geführt haben und das Zustandekommen eines entsprechenden Messergebnisses durch das Verhalten des Probanden verhindert wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0019). Die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft ist auch dann strafbar, wenn durch eine ärztliche Untersuchung das Nichtvorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung festgestellt wird (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Als Verweigerung der Atemluftprobe gilt auch, wenn an der mittels Alkomaten durchgeführten Untersuchung nicht entsprechend mitgewirkt wird, und zwar auch dann, wenn sich der Betreffende verbal dazu bereit erklärt hat, die Atemluft untersuchen zu lassen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/02/0006).

In der Beschwerde rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensfehler, er habe den Antrag auf Einholung eines technischen Gutachtens zum Beweis dafür gestellt, dass gegenständlich ein defektes Mundstück dazu geführt habe, dass es zu keinem verwertbaren Messergebnis gekommen sei und dass aus technischer Sicht unter derartigen Umständen der Alkomattest mit einem anderen Mundstück hätte wiederholt werden müssen. Nur ein defektes Mundstück könne die Erklärung dafür geben, dass es zu keinem verwertbaren Ergebnis gekommen sei, dies auch im Zusammenhang mit der Aussage über ein seltsames Geräusch des Mundstücks.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass ein gültiges Messergebnis nicht erzielt worden sei, bestreitet aber die Annahme der belangten Behörde, dass dieser Umstand auf sein Verhalten zurückzuführen gewesen sei. Er bekämpft damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die allerdings nur einer eingeschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in der Richtung unterliegt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und die hiebei getroffenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0360).

Unter diesem Gesichtspunkt hält aber der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit stand:

Der Beschwerdeführer übersieht nämlich bei seiner Beweisrüge, dass nach den insofern unbekämpft gebliebenen Feststellungen das Mundstück entsorgt worden war und allein durch die Möglichkeit eines Defektes an einem Mundstück noch kein Beweis über dessen Funktions(un)tüchtigkeit des Alkomaten erbracht wird. Insoweit kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, sie hätte einen für das Verfahrensergebnis wesentlichen Beweis nicht zugelassen. Die belangte Behörde hat gar nicht in Abrede gestellt, dass nicht auch die Möglichkeit bestünde, dass ein Mundstück defekt sein könne, hat jedoch im Beschwerdefall eine solche Möglichkeit in freier Beweiswürdigung verneint, zumal der Beschwerdeführer auch beim Vortestgerät, das nachweislich funktionsfähig war, kein gültiges Messergebnis zustande gebracht hat. Dem Beschwerdeführer ist im Übrigen zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Straßenaufsichtsorgane als befähigt anzusehen sind, Alkoholisierungssymptome zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/11/0027, mwN) und einem geschulten Organ der Straßenaufsicht auch die einwandfreie Beurteilung, warum bei der Atemluftuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zustande gekommen ist, zugemutet werden kann. Von dieser Rechtsprechung abzugehen bieten auch die Beschwerdebehauptungen keinen Anlass.

In der Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, die Polizeibeamten hätten ihn zur Blutabnahme bringen müssen, sowie unter Verweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0159, die Polizeibeamten hätten nach seinem Einwand die Funktionsfähigkeit des Alkomaten überprüfen müssen.

Nach dem eben genannten Erkenntnis vom hat sich der einschreitende Polizeibeamte, wenn ein Proband anlässlich der Untersuchung der Atemluft unverzüglich und konkret einwendet, dass die Funktionstüchtigkeit des Gerätes nicht gegeben sein dürfte, zunächst davon zu überzeugen, ob dieser Einwand zutrifft.

Anders als der Beschwerdeführer meint, ergibt sich aus dem Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0159, im vorliegenden Falle kein für ihn günstigeres Ergebnis. Einerseits hat der Beschwerdeführer keinen konkreten Verdacht geäußert, worin ein allfälliger Defekt des Gerätes liegen könnte, andererseits hat er es auch unterlassen, das Vortestgerät ordnungsgemäß zu beblasen, welches bei einem Versuch des Beamten funktionierte, sodass unter Berücksichtigung der ausreichenden Blasvolumina des über den Alkomattest angefertigten Messprotokolls keine weitergehende Untersuchungspflicht durch die Polizeibeamten bestanden hat.

Insgesamt ergibt sich daher, dass dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit anhaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-72983