VwGH vom 22.04.2015, 2012/10/0192
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der H F GmbH in K, vertreten durch Mag. Michael Tinzl, Mag. Albert Frank, Mag. Michael Schönlechner Tinzl Frank Rechtsanwälte-Partnerschaft in 6020 Innsbruck, Museumstraße 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-14.541/13, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Imst erteilte mit Bescheid vom der beschwerdeführenden Partei gemäß §§ 1, 6 lit. j, 29 Abs. 1 lit. b, Abs. 5 und 9 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. Nr. 110/2011, unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken im Rahmen des Betriebes der "Teststrecke K."
auf einer Teilfläche eines näher bezeichneten Grundstückes, nach Maßgabe eingereichter Projektunterlagen, welche einen integrierten Bestandteil des Bescheides bildeten.
Dagegen erhob der Landesumweltanwalt von Tirol Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde unter Berufung auf die §§ 6 lit. j, 7 Abs. 2 lit. a Z 1 und 9 lit. g iVm § 29 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a Z 2 und Abs. 8 TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. Nr. 94/2012, sowie unter "Berücksichtigung" von Art. 6 Abs. 3 des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich "Tourismus", BGBl. III Nr. 230/2002, die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken im Rahmen des Betriebes der "Teststrecke K." auf Teilflächen der näher bezeichneten Grundstücke.
Begründend führte die belangte Behörde - gestützt auf Gutachten und Stellungnahmen des naturkundefachlichen Amtssachverständigen, des Naturschutzbeauftragten für den Bezirk I. und des Sachverständigen für Wildbach- und Lawinenverbauung - aus, dass die nach teilweiser Änderung letztlich geplanten Maßnahmen, nämlich der Betrieb einer Teststrecke für zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge auf einem bestehenden Schotterweg mit einer Länge von ca. 1.500 m, die von frühestens 15. November eines Jahres bis zum 15. April des Folgejahres grundsätzlich bei Tageslicht, jedoch an maximal drei Tagen pro Saison bis spätestens 22.00 Uhr (ohne Errichtung einer Flutlichtanlage), betrieben werden soll, des Weiteren die Nutzung einer Geländeverebnung auf einer Fläche von ca. 8.500 m2 außerhalb der Weganlage für Testfahrten, darüber hinaus die temporäre Errichtung einer Blockhütte, von Eventzelten und einer Testrampe, teilweise in Feuchtgebietsbereichen lägen. Bei den transportablen Einrichtungen handle es sich um "Anlagen" im Sinne des TNSchG 2005, die im Uferschutzbereich eines Gewässers zu liegen kämen. Die Maßnahmen führten zu einer Beeinträchtigung der Wildtiere, einer Schädigung der örtlichen Vegetation und der Feuchtgebietsbereiche sowie zu einer beträchtlichen Verschlechterung der Schutzgüter Erholungswert und Landschaftsbild. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung könnten die von der beschwerdeführenden Partei zugunsten des Projektes vorgebrachten Interessen der Verkehrssicherheit, des Unternehmertums und des Tourismus wegen der festgestellten Lawinengefährdung für das Projektgebiet nicht als öffentliche Interessen an der Errichtung der gegenständlichen Teststrecke anerkannt werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichte Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26 idgF, lauten:
"§ 1
Allgemeine Grundsätze
(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
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a) | ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit, |
b) | ihr Erholungswert, |
c) | der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und |
d) | ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt |
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet (Naturlandschaft) oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft). Der ökologisch orientierten und der die Kulturlandschaft erhaltenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt. |
(2) Sofern Vorhaben, die sich auf die Interessen des Naturschutzes im Sinne des Abs. 1 nachteilig auswirken, nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften zulässig sind, müssen sie so ausgeführt werden, dass die Natur möglichst wenig beeinträchtigt wird.
...
§ 3
Begriffsbestimmungen
...
(8) Feuchtgebiet ist ein vom Wasser geprägter, in sich geschlossener und vom Nachbargebiet abgrenzbarer Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Dazu gehören insbesondere auch Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder.
...
§ 6
Allgemeine Bewilligungspflicht
Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:
...
j) die Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken; davon ausgenommen ist die Verwendung von Kraftfahrzeugen:
...
2. zur Ausführung von Vorhaben, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt, im hiefür notwendigen Ausmaß;
3. auf Grundstücken, für die eine Bewilligung nach lit. g vorliegt, auf denen Parkplätze errichtet oder die als Parkplätze bereitgestellt werden, einschließlich der hiefür notwendigen Zu- und Abfahrten;
...
§ 7
Schutz der Gewässer
(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:
...
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b) | die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen; |
c) | die Ableitung oder Entnahme von Wasser zum Betrieb von Stromerzeugungsanlagen; |
... |
(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich
a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens und
b) eines 500 Meter breiten, vom Ufer stehender Gewässer mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 landeinwärts zu messenden Geländestreifens
1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und
2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
...
§ 9
Schutz von Feuchtgebieten
In Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:
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a) | das Einbringen von Material; |
b) | das Ausbaggern; |
c) | die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden; |
d) | jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinausgehende Nutzung; |
e) | Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche; |
f) | Entwässerungen; |
g) | die Verwendung von Kraftfahrzeugen. |
... | |
§ 29 | |
Naturschutzrechtliche Bewilligungen, aufsichtsbehördliche | |
Genehmigungen |
(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
...
(4) Trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. b, Abs. 2 Z 2, Abs. 3 lit. a oder § 14 Abs. 4 ist die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden kann, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt werden.
(5) Eine Bewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1, in den Fällen des Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 insbesondere unter Berücksichtigung des betreffenden Schutzzweckes, zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.
(6) Ergibt sich nach der Erteilung der Bewilligung, dass die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 trotz Einhaltung der in der Bewilligung vorgeschriebenen Auflagen in einem erheblichen Ausmaß beeinträchtigt sind, so hat die Behörde die zur Vermeidung der Beeinträchtigungen oder zu deren Beschränkung auf ein geringes Ausmaß erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Solche Auflagen sind nur insoweit zulässig, als der damit verbundene Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis zum erzielbaren Erfolg steht.
(7) Auflagen sind auf Antrag mit Bescheid aufzuheben, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
(8) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt.
..."
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der Betrieb der Teststrecke sowie die Errichtung der temporären bzw. transportablen Einrichtungen gemäß §§ 6 lit. j, 7 Abs. 2 lit. a Z 1 und 9 lit. g iVm 29 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 lit. a Z 2 und Abs. 8 TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005 idF LGBl. Nr. 94/2012, einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürften, die Bewilligungsvoraussetzungen aber nicht vorlägen. Gestützt auf die Gutachten zweier naturschutzfachlicher Amtssachverständiger habe das Ermittlungsverfahren für den Fall der Umsetzung des antragsgegenständlichen Vorhabens neben einer "mittleren" Beeinträchtigung der Wildtiere, einer Schädigung der örtlichen Vegetation und der Feuchtgebietsbereiche eine beträchtliche Verschlechterung der Schutzgüter Erholungswert und Landschaftsbild ergeben.
In der dagegen erhobenen Beschwerde führt die beschwerdeführende Partei aus, die belangte Behörde habe hinsichtlich der örtlichen Vegetation und der Feuchtgebiete Feststellungen getroffen, die den beiden Gutachten der Amtssachverständigen widersprächen und sie habe sich auch nicht mit den Widersprüchen zwischen den beiden naturkundefachlichen Sachverständigen befasst, welche in Hinblick auf die zu erwartende Lärmbelastung und die Beeinträchtigung des Erholungswertes zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt seien. Zudem beruhten die Ausführungen betreffend den Bestand der Wildtiere lediglich auf allgemeinen Annahmen.
Mit ihren Einwendungen gegen die durch die belangte Behörde getroffenen Feststellungen zeigt die beschwerdeführende Partei eine zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:
So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0192), dass in einem Verfahren über eine Bewilligung gemäß § 29 TNSchG 2005 in einem ersten Schritt zu prüfen ist, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 leg. cit. - Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt - durch das Vorhaben zukommt. Dem sind die öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüberzustellen.
Die belangte Behörde führt u.a. aus, dass die Umsetzung des antragsgegenständlichen Vorhabens neben einer "mittleren" Beeinträchtigung der Wildtiere, einer Schädigung der örtlichen Vegetation und der Feuchtgebietsbereiche eine beträchtliche Verschlechterung der Schutzgüter Erholungswert und Landschaftsbild mit sich bringen würde.
Dem im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Naturkunde ist hierzu zu entnehmen, dass durch Lärm und sich schnell bewegende Kraftfahrzeuge wichtige Habitatsbereiche für verschiedene Tierarten verloren gehen könnten. Aufgrund der im Nahebereich des geplanten Projektes gelegenen Landesstraße, welche vor allem auch in den Wintermonaten aufgrund des Tourismus eine hohe Fahrzeugfrequenz aufweise, sei diesbezüglich jedoch bereits eine wesentliche Vorbelastung des Gebietes gegeben, weshalb die Beeinträchtigung der Wildtiere durch die gegenständlich geplanten Testfahrten als nicht über ein mittleres Maß hinausgehend zu beurteilen sei. Eine Schädigung der örtlichen Vegetation könne bei Einhaltung von Vorschreibungen weitgehend ausgeschlossen werden. So müssten vor allem die Feuchtgebietsbereiche, welche auch gänzlich geschützte Pflanzenarten gemäß der TNSchVO 2006 aufwiesen, vom Befahren ausgenommen werden. Da auch bei zum Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen ein Flüssigkeitsverlust (Öle, Kühl- und Bremsflüssigkeit, Treibstoff etc.) niemals ausgeschlossen werden könne, sei zum Schutz der Gewässer der 5 m-Uferschutzbereich außerhalb der Weganlage jedenfalls nicht zu befahren. Mit einer solchen Vorschreibung seien die betreffenden Feuchtgebietsbereiche gleichfalls geschützt, weil sich diese innerhalb des Uferschutzbereiches befänden. Eine Beeinträchtigung der Bürstlings-/Weidevegetation sei bei Vorliegen einer entsprechend dicken Schneedecke nicht zu erwarten; falls es dennoch zu lokalen Schäden komme, seien diese aus naturkundefachlicher Sicht als nicht wesentlich zu bezeichnen. Die beiden im Pflanzenverband vorkommenden teilweise geschützten Pflanzenarten (Silikat-Glocken-Enzian und Alpen-Bärlapp) fänden sich zwar relativ häufig in der Umgebung, bei einer Schädigung einzelner Exemplare sei aber nicht mit einer Gefährdung des lokalen Bestandes zu rechnen.
Störungen des Erholungswertes ergäben sich im Zuge der zu erwartenden Lärmentwicklung während der Trainingsfahrten, allerdings bestehe durch die Landesstraße bereits eine beträchtliche Vorbelastung und seien die im Zuge der Trainingsfahrten zusätzlich zu erwartenden Lärmemissionen als geringe zusätzliche Beeinträchtigung des Erholungswertes zu sehen. Hinsichtlich des Landschaftsbildes werde festgehalten, dass farbige, bewegte Objekte auf Schnee auf weite Entfernung wahrnehmbar seien. Die temporären Einrichtungen würden bei entsprechender Farbgebung eine untergeordnete Landschaftswirkung entfalten. Somit seien langfristig geringe Beeinträchtigungen zu erwarten.
Die im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholte naturschutzfachliche Stellungnahme führt zum erstinstanzlichen naturschutzfachlichen Gutachten hinsichtlich der Auswirkungen auf das Landschaftsbild und auf den Erholungswert ergänzend aus, dass die in der unmittelbaren Nähe befindlichen Hochtäler und Kessel (Klammtal, Hirscheben) und die dort befindlichen Wander- und Skitourenziele (Rietzer Grieskogel, Kreuzjoch, Mitterzeiger, Flaurlinger Törl, Flaurlinger Scharte, Gaiskogel, etc.) ganzjährig stark frequentiert würden. Die zu erwartenden auditiven und visuellen Beeinträchtigungen während des Fahrbetriebes (der vom Sachverständigen mit bis zu 80 Tagen pro Jahr angenommen wird) würden als eine beträchtliche Verschlechterung des Erholungswertes einzustufen sein. Durch die dem Projektgebiet südseitig angrenzende, steil aufragende Talflanke werde zudem die Lärmausbreitung hin zum gegenüberliegenden Klammtal verstärkt auftreten und somit vor allem in diesem Bereich der Betrieb der Fahrstrecke eine weitreichende negative Wirkung entfalten. Eine Vorbelastung durch die Landesstraße sei zwar vorhanden, trotzdem würde die zu erwartende Lärmentwicklung auf der gegenständlichen Fahrstrecke als eine relevante Zusatzbelastung zu werten sein. Dies ergäbe sich einerseits aus dem Umstand, dass sich die Lärmentwicklung über weite Teile der gesamten Tageszeit erstrecken könne, während sich die Lärmentwicklung auf der Landesstraße tageszeitlich früh vormittags und spät nachmittags konzentriere. Des Weiteren sei zu erwarten, dass die Fahrzeuge auf der gegenständlichen Fahrstrecke hochtourig gefahren würden und die Geräuschentwicklung stärker sein werde, als jene auf der Landesstraße, auf welcher die Fahrzeuge mit mehr oder weniger konstanter Geschwindigkeit und wenig Schaltvorgängen führen. Zudem sei die Landesstraße im Eingangsbereich des Klammtales eingehaust (Galerie), wodurch die Lärmemissionen gedämpft würden.
Hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen auf den Erholungswert schiene nur eine stärkere Begrenzung der Betriebszeiten zielführend - beispielsweise eine tageszeitliche Begrenzung, gekoppelt an den Hauptverkehrsfluss auf der Landesstraße, der in der Wintersaison durch den An- und Abreiseverkehr im Skigebiet bestimmt werde. Die tatsächliche Auswirkung auf das Erholungsgebiet (Skitourengebiet Rietzer Grieskogel/Kreuzjoch) durch Lärmbelästigung sei stark abhängig vom Ausmaß der Nutzung der Strecke bzw. von der Art und Weise der Nutzung (Leistungsstärke/Lärmemissionen der verwendeten Fahrzeuge, "Fahrstil", etc.). Im Falle der Bewilligungserteilung erscheine daher eine Befristung auf fünf Jahre sinnvoll.
Im angefochtenen Bescheid finden sich nun weder Feststellungen zu den einzelnen durch das Projekt beeinträchtigten Tier- und Pflanzenarten, noch wird dargelegt, inwieweit sich die geplanten Testfahrten in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkret auf die in Rede stehenden Lebensräume auswirken. Der bloße Verweis auf eine "mittlere Beeinträchtigung der Wildtiere", eine "Schädigung der örtlichen Vegetation und der Feuchtgebietsbereiche" und eine "beträchtliche Verschlechterung der Schutzgüter Erholungswert und Landschaftsbild" vermögen eine derartige Feststellung nicht zu ersetzen. Zudem fehlen Darlegungen, denen nachvollziehbar entnommen werden kann, inwiefern die das Bild der Landschaft prägenden Elemente durch die Errichtung der geplanten Teststrecke und der temporären Anlagen optisch verändert würden. Zudem entsprechen auch die Darlegungen der belangten Behörde hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Projektes auf den Erholungswert nicht den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung (vgl. zu diesen Anforderungen abermals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0192); kann diesen Darlegungen doch weder nachvollziehbar entnommen werden, von welchem Ausmaß (zusätzlicher) Lärmbelästigung die belangte Behörde bei Realisierung des Vorhabens der beschwerdeführenden Partei für das betroffene Gebiet ausgeht, noch, welche Auswirkungen damit in qualitativer wie quantitativer Hinsicht auf dessen Erholungswert zu erwarten wären. Dazu kommt, dass die beiden naturkundlichen Gutachten, auf die sich die Behörde stützt, hinsichtlich der Lärmemissionen und der Beeinträchtigungen des Erholungswertes zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, wie die Beschwerde zutreffend vorbringt.
Aus diesen Gründen beruht die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung der belangten Behörde, die Bewilligung könne nicht erteilt werden, nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Diese Mängel sind auch relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG, weil nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderslautenden Ergebnis gelangt wäre. Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-72936