VwGH vom 17.12.2014, 2012/10/0189
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der S GmbH in Wien, vertreten durch die Galla Herget Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Margaretenstraße 22/12, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen vom , Zl. 670048-88-07-INS, betreffend Feststellung der Arzneimitteleigenschaft und Schutzmaßnahmen gemäß § 77 Arzneimittelgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen vom wurde gegenüber der beschwerdeführenden Partei gemäß § 1 Abs. 3b Arzneimittelgesetz - AMG festgestellt, dass es sich bei den im Bescheid im Einzelnen aufgelisteten Produkten um Arzneimittel im Sinn des § 1 Abs. 1 AMG handle.
Gleichzeitig wurde als Schutzmaßnahmen "gemäß § 77 AMG" verfügt
"1. die vorläufige Beschlagnahme nachfolgend
aufgelisteter Produkte und Mengen,
2. dass jegliche weitere Inverkehrbringung der
Produkte sowie das Anpreisen der Produkte im Internet unverzüglich
einzustellen ist und
3. binnen zwei Wochen ab Zustellung des
gegenständlichen Bescheides
a. alle belieferten Kunden nachweislich über die
Arzneimitteleigenschaft der Produkte zu informieren sind,
b. die Namen und Adressen der verständigten Kunden dem
Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu übermitteln sind,
sowie
c. allfällig weitere Namen und Adressen von nicht im
Zuge der Inspektion mitgeteilten Lieferanten dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu übermitteln sind."
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die gegenständlichen, als "Poppers" bezeichneten Produkte würden von der beschwerdeführenden Partei in Verkehr gebracht, indem sie diese über verschiedene Websites vertreibe. Im Herbst 2010 seien Probenzüge von dort angebotenen "Poppers" durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) durchgeführt worden. Sowohl auf der Rechnung als auch auf dem Kuvert scheine als Aussteller bzw. Absender die beschwerdeführende Partei auf.
"Poppers" sei eine umgangssprachliche Sammelbezeichnung für eine Gruppe flüssiger und kurzzeitig wirksamer Drogen. Der Name rühre vom Geräusch des Öffnens (Knallen) der Glasampullen (zur Inhalation bei Angina pectoris) her, in denen die Substanzen früher erhältlich gewesen seien. "Poppers" seien Produkte, die derzeit in Österreich durch Sex-Shops und per Internet in Verkehr gebracht würden und typischerweise in Glasfläschchen mit 10 bis 30 ml Inhalt erhältlich seien. "Poppers" enthielten Nitrite (wie Amyl-, Butyl-, Isobutyl-, Isopropyl- oder Ethylnitrit) in flüssiger Form und würden gemäß Aufmachung als Weihrauchprodukte, Raumluftverbesserer, Videokopf-, Schuh- oder Lederreiniger in Verkehr gebracht.
Entgegen der auf der Kennzeichnung deklarierten Zweckbestimmung würden die Dämpfe der leicht flüchtigen Flüssigkeit von den Konsumenten direkt aus ihrem Trägergefäß inhaliert. An der Bewerbung der "Poppers" im Internet und in diversen Internetforen sei zu erkennen, dass diese angewendet würden, um Körperfunktionen gezielt zu beeinflussen. Die konsumierende Zielgruppe erwerbe diese Produkte ausschließlich für diesen Zweck, nämlich um durch Inhalation eine arzneiliche Wirkung, im Speziellen eine gefäßerweiternde Wirkung (was sich u. a. in einem Rauschzustand bzw. einer Erschlaffung des Schließmuskels zeige) herbeizuführen. Das bewusste Inverkehrbringen der gegenständlichen Produkte zu anderen als den arzneimittelrechtlichen Zwecken diene ausschließlich der Umgehung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften; dieser Umstand sei den konsumierenden Verbrauchern absolut bewusst.
Die pharmakologische Wirkung durch Inhalation der in "Poppers" enthaltenen Nitrite trete innerhalb von Sekunden ein und halte aufgrund der "raschen Verstoffwechselung" nur einige Minuten an. Durch die gefäßerweiternde Wirkung würden "High"-Gefühle, verstärkte sexuelle Wahrnehmung und Intensivierung des Orgasmusgefühls beschrieben; die Erweiterung des Schließmuskels solle den Analverkehr erleichtern. Die Inhalation von Alkylnitriten einschließlich Amylnitrit führe zu "Flush" (Hautrötung), Kopfschmerzen und Schwindel. Ferner könne es zu Herzrasen, Blutdruckabfall, Ruhelosigkeit, Übelkeit und Erbrechen kommen. Besonders bei höherer Dosierung bzw. intensiverer Anwendung seien Ohnmachten, akute Psychosen, vorübergehende Halbseitenlähmungen und in seltenen Fällen plötzliche Todesfälle möglich. Chronischer Missbrauch könne zu gelbkrustösen Hautschädigungen im Inhalationsbereich (Nase, Mund, Lippen, Gesicht), Nasennebenhöhlenentzündung und allergischen Reaktionen der Lunge führen. Die gleichzeitige Einnahme von PDE-5-Hemmern wie Sildenafil solle wegen der Wahrscheinlichkeit verstärkter unerwünschter Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System unterbleiben.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass die gegenständlichen Produkte sowohl unter der Definition eines Präsentationsarzneimittels als auch unter jene eines Funktionsarzneimittels subsumierbar seien. Die Anwendung von "Poppers" stelle ein Gesundheitsrisiko für den Konsumenten dar. Deren Inhalation habe die bereits beschriebenen Auswirkungen, zudem sei über Immunosuppression sowie ein erhöhtes Risiko an HIV-Transmission und Karposi-Sarkom berichtet worden. "Poppers" seien weiters brennbar und explosiv; deren Anwendung könne daher zu Verletzungen (z.B. Verbrennungen) führen. Aus diesen Gründen ergebe sich, dass "Poppers" die Gesundheit und in schweren Fällen auch das Leben von Menschen gefährden könnten. "Poppers" würden ohne Zulassung, ohne Gebrauchsinformation und ohne ärztliche Verschreibung in Verkehr gebracht. Die Konsumenten würden somit auch nicht auf Gegenanzeigen (in erster Linie Herz-Kreislauf-Erkrankungen), Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln (z.B. PDE-5-Hemmer), Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung hingewiesen.
Zusammenfassend sei auszuführen, dass sich die gegenständlichen Arzneimittel entgegen den arzneimittelrechtlichen Vorschriften in Verkehr befänden und mit ihrer Anwendung eine Gesundheits- bzw. Lebensgefährdung der Anwender verbunden sei. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1681/10-8, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofs hat die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom ergänzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.
2. Die hier in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes - AMG, BGBl. Nr. 185/1983 idF BGBl. I Nr. 146/2009, lauten wie folgt:
" Begriffsbestimmungen
§ 1. (1) 'Arzneimittel' sind Stoffe oder Zubereitungen
aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu
dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt
sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte
Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen
des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte
Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde
Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen
des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.
(2) Als Arzneimittel gelten
1. Gegenstände, die ein Arzneimittel enthalten oder
auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist, und die zur Anwendung am
oder im menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind, und
2. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die die
Merkmale des Abs. 1 nicht aufweisen, sofern sie dazu bestimmt sind, für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet zu werden.
(...)
(3b) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat auf Antrag einer Person, die ein Produkt in Verkehr bringen will, festzustellen, ob ein Produkt unter die Definition des Arzneimittels fällt. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann auch von Amts wegen feststellen, ob ein Produkt unter die Definition des Arzneimittels fällt. (...)
(...)
Anforderungen an Arzneimittel
§ 3. (1) Es ist verboten, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, bei denen es nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den praktischen Erfahrungen nicht als gesichert erscheint, daß sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädliche Wirkung haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgeht.
(...)
§ 76b. (...)
(9) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die beschlagnahmte Ware als Sicherungsmaßnahme für verfallen zu erklären, wenn davon eine ernstliche und erhebliche Gefährdung von Mensch oder Tier ausgeht und der Verfügungsberechtigte nicht gewährleistet, dass die Ware nach deren Freigabe nicht in Verkehr gebracht wird.
(...)
Schutzmaßnahmen
§ 77. Wird bei einer Kontrolle gemäß § 76 festgestellt oder erhält das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen sonst davon Kenntnis, daß ein Arzneimittel diesem Bundesgesetz nicht entspricht, kann das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Maßnahmen verfügen, die das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels hindern oder beschränken. Gegebenenfalls ist § 76b Abs. 9 anwendbar.
§ 78. (1) Kommen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Tatsachen zur Kenntnis, auf Grund derer zu besorgen ist, daß ein im Verkehr befindliches Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung alle notwendigen Maßnahmen zu verfügen, die das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieses Arzneimittels hindern oder beschränken.
(2) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann Maßnahmen gemäß Abs. 1 auch ohne vorausgegangenes Verfahren oder vor Erlassen eines Bescheides treffen; hierüber ist jedoch innerhalb von zwei Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt.
(3) Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen haben Arzneimittel vorläufig zu beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Mensch oder Tier darstellen. § 76b Abs. 2 bis 9 und § 76c sind anwendbar.
(...)"
3. Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Feststellung der Arzneimitteleigenschaft nach § 1 Abs. 3b AMG.
§ 1 Abs. 1 AMG stellt für das Vorliegen eines Arzneimittels - alternativ - auf zwei verschiedene Kriterien ab, nämlich darauf, ob Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen "nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen" (objektive Zweckbestimmung) oder "nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind" (subjektive Zweckbestimmung), bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper die in den § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 5 AMG beschriebenen Wirkungen hervorzurufen bzw. Funktionen zu erfüllen. Das Vorliegen eines dieser beiden Kriterien bedingt unabhängig davon, ob auch das andere bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung des Produkts als Arzneimittel (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/10/0027, mwN, sowie vom , Zl. 2013/10/0094).
Das Kriterium der objektiven Zweckbestimmung für die Einstufung als Arzneimittel ergibt sich aus der Wortfolge "die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen" in § 1 Abs. 1 AMG. Entscheidend ist dafür, ob das Produkt nach der objektiven Erwartung der Verkehrskreise (u.a. der Verbraucher) geeignet ist, eine arzneiliche Wirksamkeit zu entfalten (vgl. wiederum die hg. Erkenntnisse vom , mwN, sowie vom ).
In diesem Zusammenhang wendet sich die Beschwerde nicht konkret gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Feststellungen, wonach die durch die in den gegenständlichen Produkten enthaltenen Stoffe innerhalb von wenigen Sekunden eintretende gefäßerweiternde Wirkung unter anderem "High"-Gefühle, verstärkte sexuelle Wahrnehmung und eine Intensivierung des Orgasmusgefühls auslöst und die "Poppers" konsumierende Zielgruppe diese Produkte ausschließlich für den Zweck erwirbt, um durch deren Inhalation gerade die beschriebene gefäßerweiternde Wirkung herbeizuführen.
Nach diesen Feststellungen sind die Produkte somit nach der Erwartung ihrer Konsumenten (somit der "Verkehrskreise") geeignet, den Zustand und die Funktionen des Körpers sowie seelische Zustände zu beeinflussen und damit eine arzneiliche Wirkung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG zu erzielen. Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den gegenständlichen Produkten nach der objektiven Zweckbestimmung um Arzneimittel im Sinn des § 1 Abs. 1 AMG handelt ("Funktionsarzneimittel").
Auf die weitwendigen Beschwerdeausführungen zu der Aufmachung, der Verwendungsbeschreibung und der Bewerbung der Produkte durch die beschwerdeführende Partei kommt es daher ebenso wenig an wie auf die weiteren Darlegungen der Beschwerde zur Arzneimitteleigenschaft nach der subjektiven Zweckbestimmung (und die Rechtsprechungshinweise dazu).
Auch der von der Beschwerde behauptete rechtliche Feststellungsmangel liegt somit nicht vor.
4.1. Soweit die Beschwerde im Weiteren einen Verstoß gegen unionsrechtliche Normen wegen Behinderung des freien Warenverkehrs behauptet und vorbringt, nach der Rechtsprechung des EuGH (Hinweis auf dessen Urteil vom , Rs C-88/07, Europäische Kommission gegen das Königreich Spanien) stelle es eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union dar, wenn ein Mitgliedstaat ein Erzeugnis, das kein Arzneimittel sei, den für Arzneimittel geltenden Regeln unterstelle, ist dem nach dem bereits Gesagten zu erwidern, dass die belangte Behörde - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - zu Recht von der Arzneimitteleigenschaft der betroffenen Produkte ausgegangen ist. Im Übrigen behauptet die beschwerdeführende Partei gar nicht konkret, dass die vom angefochtenen Bescheid erfassten Erzeugnisse in einem anderen Mitgliedstaat der Union rechtmäßig hergestellt und/oder auf den Markt gebracht worden wären (vgl. Rz 116 und den Tenor des zitierten EuGH-Urteils).
4.2. Die Beschwerde behauptet ferner, die belangte Behörde hätte im Zuge des Verwaltungsverfahrens ihre Unterrichtungspflicht gegenüber bestimmten "Wirtschaftsteilnehmern" nach Art. 6 iVm Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (zur Festlegung von Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter nationaler technischer Vorschriften für Produkte, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind, und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 3052/95/EG) verletzt.
Wie die belangte Behörde dazu zutreffend in ihrer Gegenschrift ausführt, ergibt sich insbesondere aus den Erwägungsgründen Nr. 2 und 3 dieser Verordnung und der Regelung ihres Geltungsbereichs in Art. 2, dass die Verordnung nur auf nicht unionsrechtlich harmonisierte Rechtsbereiche Anwendung findet. Der angefochtene Bescheid gründet allerdings auf Rechtsgrundlagen, die sich insbesondere auf die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zurückführen lassen (vgl. nur deren Art. 117).
Darüber hinaus behauptet die Beschwerde - wie bereits erwähnt - gar nicht konkret, die vom angefochtenen Bescheid betroffenen Produkte seien in einem anderen Mitgliedstaat der Union rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden (vgl. Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 764/2008).
4.3. Aus diesen Gründen sieht sich der Gerichtshof auch nicht zu dem von der beschwerdeführenden Partei angeregten Vorabentscheidungsersuchen veranlasst.
5. Soweit die Verfahrensrüge der Beschwerde mit Blick auf die bekämpfte Feststellung der Arzneimitteleigenschaft eine Verletzung des Parteiengehörs der beschwerdeführenden Partei und ein unvollständiges Ermittlungsverfahren rügt, legt sie nicht konkret dar, zu welchen von den eingangs erwähnten (nicht konkret bestrittenen) Feststellungen abweichenden Ergebnissen die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
6.1. Schließlich bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte mit den im angefochtenen Bescheid verhängten, auf § 77 AMG gestützten "Schutzmaßnahmen" Maßnahmen verfügt, die vom Gesetz nicht gedeckt seien; insbesondere die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen Aufträge, alle belieferten Kunden nachweislich über die Arzneimitteleigenschaft der Produkte zu informieren, die Namen und Adressen der verständigten Kunden sowie allfällige weitere Namen und Adressen von nicht im Zuge der Inspektion mitgeteilten Lieferanten der belangten Behörde zu übermitteln, seien mit Blick auf § 77 AMG überschießend.
6.2. Die belangte Behörde hat zwar die von ihr angeordneten Schutzmaßnahmen ausdrücklich (nur) auf § 77 AMG gestützt, nach dessen erstem Satz das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, wenn ein Arzneimittel dem AMG nicht entspricht, Maßnahmen verfügen kann, "die das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels hindern oder beschränken".
§ 78 Abs. 1 AMG ermächtigte die belangte Behörde allerdings darüber hinaus bei Kenntnis (u.a.) von Tatsachen, auf Grund derer zu besorgen war, dass ein im Verkehr befindliches Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen darstellte, "entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung alle notwendigen Maßnahmen zu verfügen, die das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieses Arzneimittels hindern oder beschränken".
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde - wie eingangs wiedergegeben - näher begründet aus, dass die gegenständlichen Produkte die Gesundheit und auch das Leben von Menschen gefährden können.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Anordnung auch von Maßnahmen zur Verhinderung und Beschränkung der Verwendung der vorliegenden Arzneimittel war somit - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - vom Gesetz gedeckt.
7. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
8. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der EGMR hat anerkannt (Urteil vom , B 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein), dass eine Verhandlung nicht geboten ist, wenn etwa keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann. Ein solcher Fall liegt hier vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0272, mwN).
9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-72927