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VwGH vom 29.01.2013, 2010/05/0232

VwGH vom 29.01.2013, 2010/05/0232

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2010/05/0233

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen die Bescheide des Berufungssenates der Stadt Wien vom , 1) Zl. MA 64- 2243/2010 u.a. (Beschwerde Zl. 2010/05/0232) und 2) Zl. MA 64- 3006/2010 u.a. (Beschwerde Zl. 2010/05/0233), betreffend Gebrauchserlaubnis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der zweitangefochtene Bescheid wird insoweit, als er den Standort Radingerstraße / Ofnergasse betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden vom wies die im Instanzenzug angerufene belangte Behörde die jeweils erhobenen Berufungen über die Anträge der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für die Errichtung von Bezirksinformationsanlagen (City-Light Vitrinen) an den näher genannten Standorten nach §§ 1 und 2 Gebrauchserlaubnisgesetz 1966 für Wien (GAG) ab. Im Beschwerdefall geht es um die Standorte Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 8-10 (erstangefochtener Bescheid), und Wien 2., Radingerstraße / Ofnergasse (zweitangefochtener Bescheid).

Im Rahmen des zuvor durchgeführten Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde wurden von Amtssachverständigen der Magistratsabteilung (MA) 19 zu beiden beantragten Standorten - als Ergänzungen zu den bereits erstatteten einander gleichenden und das "Wiener Werbeanlagenkonzept 2008" darstellenden Gutachten vor der Erstbehörde - weitere Gutachten erstellt.

Beiden Gutachten der MA 19 ( bzw. ) sind folgende übereinstimmende Ausführungen zu entnehmen:

"Die Aufstellung von Werbeanlagen im öffentlichen Raum folgt bestimmten stadtgestalterischen Konzepten, die gewährleisten, dass es zu keiner Störung des Stadtbildes kommt. Grundsätzlich sind dabei Werbeanlagen, welche die Sicht auf anerkannte Qualitäten der Stadt verdecken, diese überragen, dominieren oder konkurrieren, aus Sicht der Stadtgestaltung zu vermeiden.

Ein Stadtraum, ein Straßenraum, ein öffentlicher Raum ist unter folgenden Voraussetzungen als 'gestalterisch bewältigt', als nicht beeinträchtigt bzw. nicht gestört zu bezeichnen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
wenn Freiflächen und möblierte Bereiche in einem ästhetisch und funktionell ausgewogenen Verhältnis zu einander stehen,
-
wenn neben den rein verkehrs- und sicherheitsbedingten Freiflächen und -räumen auch visuelle Freiräume zur Verfügung stehen, um ein 'optisches Ausruhen' zu ermöglichen,
-
wenn Gestaltung, Anordnung und Lage der erforderlichen Stadtmöbel klar ablesbaren nachvollziehbaren Konzepten gewählt werden,
-
wenn der Eindruck von 'Unruhe' durch übertriebene Formvielfalt und das Empfinden von 'Angeräumtheit' durch ein Überangebot von Elementen vermieden wird,
-
wenn der Betrachter sich im öffentlichen Raum leicht orientieren kann, den öffentlichen Raum überblicken und optimal visuell erleben kann.
Gutachten
Werbestandorte müssen aus Sicht der Stadtgestaltung in Bezug auf städteräumliche Gegebenheiten aus mehreren unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, überprüft und bewertet werden.
Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
-
das Freihalten von gestalterisch relevanten oder kulturhistorisch bedeutenden Stadträumen,
-
kein Einschränken, Be- oder Verhindern von Ausblicken auf prägende Bau- und Raumstrukturen sowie der umgebenden Bausubstanz,
-
kein Verhindern von Fernbeziehungen und
-
kein Verstellen von Sichtachsen.
Zumeist führt die Sicht aus wechselnden Blickwinkeln auf die gleiche Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen. Für eine positive Beurteilung über den Standort einer Werbeanlage darf somit keiner der untersuchten Blickwinkel in Bezug auf die o.a. Punkte problematisch, negativ bzw. beeinträchtigt oder störend sein."
Zum Standort "Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 8-10" erstattete der Amtssachverständige nach Darstellung des Aufstellungsortes und Beschreibung der eingereichten Werbeanlage unter "Befund" am folgendes Gutachten:
"Die beantragte Werbeanlage verstellt am beantragten Aufstellort die Sicht auf die Platzgestaltung des 'Meidlinger Platzl' und auf die Grüngestaltung der Zürgelbäume. Aus diesem Grund stört sie das örtliche Stadtbild.
Positive Erlebbarkeit und optische Wirkung von städteräumlichen Gegebenheiten aber auch visuelle Erholung durch Frei- und / oder Grünräume sind für die Bevölkerung wichtige Funktionen eines Stadtraumes. In diesem Sinn ist bei der Aufstellung von Werbeanlagen auf ein Einfügen in die vorhandenen Raumstruktur zu achten. So sind vorhandene optische und räumliche Engstellen durch die Werbeanlagen nicht noch weiter zu verstärken oder sogar zu erzeugen. Dies ist insbesondere zur Vermeidung von Angsträumen und in Hinblick auf die subjektiv empfundene Sicherheit von Bedeutung. Anstelle von Mindestmaßen sind Maße und Abstände zu wählen, die komfortable, raumgestaltete, raumerlebbare Nutzung des öffentlichen Raumes zulassen. Der Abstand zur unmittelbaren Bebauung oder zu angrenzenden Freiräumen ist so zu bemessen, dass keine barriereartige Wirkung entsteht oder der Stadtraum verengt bzw. verstellt wird.
Durch die Werbeanlage entsteht am beantragten Aufstellungsort im Gehsteigbereich in Richtung des Durchganges des August-Fürst-Hofes eine barriereartige Wirkung und visuelle Verengung für den Benutzer des Gehweges. Deshalb werden die öffentlichen Interessen in Bezug auf das Stadtbild sowie das örtliche Stadtbild gestört.
Positive Erlebbarkeit und optische Wirkung von städteräumlichen Gegebenheiten aber auch visuelle Erholung durch Frei- und /oder Grünräume sind für die Bevölkerung wichtige Funktionen eines Stadtraumes. In diesem Sinn ist bei der Aufstellung von Werbeanlagen auf ein Einfügen in die vorhandene Raumstruktur zu achten.
Die Sitzgelegenheiten unter Bäumen bieten positive Erlebbarkeit und visuelle Ruhe und Erholung. Die Positionierung der Vitrine beeinträchtigt diese Ruhe, weil Werbeanlagen visuell dominante, naturgemäß auffällige Bildinhalte transportieren. Deshalb werden die öffentlichen Interessen in Bezug auf das Stadtbild sowie das örtliche Stadtbild gestört.
Das Stadtbild störende Gesichtspunkte der Untersuchung sind an Hand der im Zuge der Ortserhebung erstellten Abbildungen erläutert:
Um die Störung des Stadtbildes durch Werbeanlagen, die sich nur nach Passantenfrequenzzahlen orientieren, hintan zuhalten, wurde im 'Wiener Werbeanlagenkonzept 2008' die Eignung von besonderen Werbeanlagen für Kategorien von Straßenräumen untersucht. Dafür wurden die betrachteten Straßenräume nach Nutzung, Funktion und gestalterischer Wirkung im örtlichen Stadtbild charakterisiert und geordnet. Ziel der Stadtgestaltung ist es Werbeanlagen lokal, in gemäß Straßenkategorisierung geeigneten Straßenräumen zu konzentrieren und durch Standortkriterien das Stadtbild einheitlich zu gestalten. Nicht immer ist ein Stadtraum eindeutig zu einer Kategorie zuzuordnen.
Der gegenständliche Stadtraum ist wie im Befund begründet, als Kommunikationsraum und Stadtraum mit überwiegender Wohnnutzung zu charakterisieren.
Als Kommunikationszone gelten Plätze und Orte, die durch ihre Lage, ihre Gestalt und ihre Funktion im Stadtraum urbane Kommunikation vermehrt zulassen und eine 'Treffpunktfunktion' erfüllen. Hier heben beleuchtete Werbeelemente, wie Säulen, Telefonzellen mit Werbevitrine und Wartehallen mit Werbevitrinen, deren Identität und Gestaltwirkung hervor. Säulen oder freistehende Vitrinen sind hier generell denkbar.
In Straßenräumen mit überwiegender Wohnnutzung ist trotz der Vielgestaltigkeit dieser Kategorie das gemeinsame einheitliche Gestaltanliegen der Ausdruck von visueller Ruhe. Wohngebiete sollen den Bürgerinnen und Bürgern visuellen Rückzug vom Trubel des Stadtalltags mit seinen vielfältigen optischen Reizen gewähren. Die Anzahl der Werbeelemente soll sich hier auf die unbedingt erforderlichen, wie Telefonzellen und Wartehallen beschränken.
Weil eine Werbevitrine nicht als unbedingt erforderliches Werbeelement, das sind Werbeanlagen die in notwendige, funktionelle Möbel der Infrastruktur des öffentlichen Raumes integriert sind, anzusehen ist, stört die Vitrine das örtliche Stadtbild.
Auch wenn in Kommunikationszonen Vitrinen als angemessenes Werbeelement angemessenes Werbeelement angesehen werden, ist bei gleichzeitigem Vorliegen von Gesichtspunkten die gegen eine Aufstellung sprechen, das Stadtbild als gestört zu bezeichnen, weil eine Verschlechterung eines Aspektes des örtlichen Stadtbild eintritt.
Bemerkt wird weiters, dass aus dem Umstand, dass schon einzelne Objekte vorhanden sind, die das Ortsbild stören, nicht abgeleitet werden kann, dass ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden kann.
Schluss
Das vorliegenden Ansuchen ist aus oben genannten Gründen, aus stadtgestalterischer Sicht abzulehnen, weil der Erteilung der Gebrauchserlaubnis städtebauliche Interessen und Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes gemäß § 2 GAG entgegen stehen und weil die Werbeanlage das örtliche Stadtbild gemäß § 85 stört."
Zum Standort "Wien 2., Radingerstraße / Ofnergasse" traf der Amtssachverständige ebenfalls nach Darstellung des Aufstellungsortes und Beschreibung der eingereichten Werbeanlage am die nachstehende gutachtliche Beurteilung:
"Die beantragte Werbeanlage verstellt am beantragten Aufstellungsort die Blickachse zum Kahlenberg und die Sicht auf die Fassade des Heitmannhofes. Aus diesem Grund stört sie das örtliche Stadtbild.
Erforderliche Überblickbarkeit und freie Sichtbeziehungen im Straßenraum sind Grundvoraussetzung für ein optimales Raumerlebnis. So sind historische gewachsene oder neu strukturierte Freiräume und Plätze sowie Kreuzungsbereiche und Gehsteigvorziehungen bei Gehwegen, die platzartige Erweiterungen im Straßenraster darstellen, von jeglichen funktionslosen Elementen freizuhalten und der Straßenraum eindeutig in Bereiche zu strukturieren, um den Benutzern einen guten Überblick wie auch eine klare und barrierefrei Querung der Straße zu ermöglichen.
Die Gehsteigvorziehung ist gestalterisch klar definiert, die mit der Gehsteigvorziehung beabsichtigte Strukturierung des Straßenraumes wird durch die Vitrine beeinträchtigt. Durch die Aufstellung der Werbevitrine werden die öffentlichen Interessen in Bezug auf das Stadtbild sowie das örtliche Stadtbild gestört, weil die klare Definition der Gehsteigvorziehung durch Verstellen verunklärt wird.
Das Stadtbild störende Gesichtspunkte der Untersuchung sind an Hand der im Zuge der Ortserhebung erstellten Abbildungen erläutert.
Um die Störung des Stadtbildes durch Werbeanlagen, die sich nur nach Passantenfrequenzzahlen orientieren, hintan zuhalten, wurde im 'Wiener Werbeanlagenkonzept 2008' die Eignung von besonderen Werbeanlagen für Kategorien von Straßenräumen untersucht. Dafür wurden die betrachteten Straßenräume nach Nutzung, Funktion und gestalterischer Wirkung im örtlichen Stadtbild charakterisiert und geordnet. Ziel der Stadtgestaltung ist es Werbeanlagen lokal, in gemäß Straßenkategorisierung geeigneten Straßenräumen zu konzentrieren und durch Standortkriterien das Stadtbild einheitlich zu gestalten. Nicht immer ist ein Stadtraum eindeutig zu einer Kategorie zuzuordnen.
Der gegenständliche Stadtraum ist wie im Befund begründet, als Stadtraum mit überwiegender Wohnnutzung zu beschreiben.
In Straßenräumen mit überwiegender Wohnnutzung ist trotz der Vielgestaltigkeit dieser Kategorie das gemeinsame einheitliche Gestaltanliegen der Ausdruck von visueller Ruhe. Wohngebiete sollen den Bürgerinnen und Bürgern visuellen Rückzug vom Trubel des Stadtalltags mit seinen vielfältigen optischen Reizen gewähren. Die Anzahl der Werbeelemente soll sich hier auf die unbedingt erforderlichen, wie Telefonzellen und Wartehallen beschränken.
Weil eine Werbevitrine nicht als unbedingt erforderliches Werbeelement, das sind Werbeanlagen die in notwendige, funktionelle Möbel der Infrastruktur des öffentlichen Raumes integriert sind, anzusehen sind, stört die Vitrine das örtliche Stadtbild. Bemerkt wird weiters, dass aus dem Umstand, dass schon einzelne Objekte vorhanden sind, die das Ortsbild stören, nicht abgeleitet werden kann, dass ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden kann.
Schluss
Das vorliegenden Ansuchen ist aus oben genannten Gründen, aus stadtgestalterischer Sicht abzulehnen, weil der Erteilung der Gebrauchserlaubnis städtebauliche Interessen und Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes gemäß § 2 GAG entgegen stehen und weil die Werbeanlage das örtliche Stadtbild gemäß § 85 stört."
Die Beschwerdeführerin legte zu beiden Standorten Privatgutachten des Architekten Mag. J. R. vor. Beide Privatgutachten enthielten nähere Darstellungen zu den Aufstellungsorten und zu den angesuchten Werbeanlagen. Unter Bezugnahme auf das jeweilige Amtsgutachten und die darin angenommenen Störungen des Stadtbildes wurde auch anhand von Lichtbildern sowie einer Skizze bzw. eines Planes dargetan, weshalb diese Beeinträchtigungen nicht vorlägen.
Im Gutachten zum Standort Meidlinger Hauptstraße vom heißt es (zusammengefasst) insbesondere, es sei nicht möglich, dass ein im Stadtraum frei aufgestelltes Element (wie das projektgegenständliche) die Sicht auf den 3000 m2 großen Meidlinger Platz oder auf die 12 bis 14 m hohen Bäume verstelle. Es sei auszuschließen, dass eine barriereartige Wirkung entstünde, die Beschreibung des Stadtraumes im Gutachten der MA 19 erfasse nicht den bestehenden Charakter dieses Stadtraumes, seine Ordnung und Größenverhältnisse. Die Meidlinger Hauptstraße sei eine klassische Einkaufsstraße und damit ein Kommunikationsort.
Zur Sicht auf die Bäume führte der Sachverständige insbesondere aus, die Stämme der Alleebäume seien ungefähr 5 m, die Werbevitrine hingegen sei 2,19 m hoch. Die Vitrine könne daher nur einen Teil des Stammes, nicht jedoch den ganzen Baum oder die gesamte Gestaltung der Allee für den Passanten vorübergehend visuell abdecken.
Im Gutachten zum Standort Radingerstraße vom heißt es ebenfalls (zusammengefasst), es sei nicht möglich, dass das projektierte Element den Blick auf den Kahlenberg oder auch die Sicht auf den Heizmannhof (Gesamtlänge 222 m, relevanter Fassadenteil 27,3 m lang und 21,0 m hoch) verstelle. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Gehsteigvorziehung ein Gestaltungselement sein solle. Entgegen der unzureichenden Beschreibung im Amtsgutachten entspreche die Charakteristik des gegenständlichen Straßenabschnittes vielmehr einer "gemischten städtebaulichen Struktur", eine Störung des örtlichen Stadtbildes sei nicht zu erkennen.
Die belangte Behörde legte der MA 19 nur das Gegengutachten zum Standort Meidlinger Hauptstraße vor, woraufhin der Amtssachverständige in der diesbezüglichen Stellungnahme vom festhielt:
"Zu Punkt 1:
Es wird hier argumentiert, dass das in Rede stehende Element, das 3000 Quadratmeter große 'Meidlinger Platzl' wegen seiner Entfernung von 20,6 Meter zu demselben, nicht verstellen könne. Dies ist unrichtig. Auf Grund perspektivischer Gesetzmäßigkeiten nämlich, erscheint der weiter entfernte Gegenstand, gegenüber dem nahegelegenen, kleiner. Je näher der Betrachter außerdem zu der Vitrine steht, umso mehr wird von seinem Gesichtsfeld verstellt. Somit könnten auch 12-14 Meter hohen Bäumen der Allee zumindest partiell verstellt werden.
Weiters wird das völlig irrelevante Verhältnis der Länge und Breite des betroffenen Abschnittes der Meidlinger Hauptstraße und der Größe der Vitrine ins Treffen geführt. Entgegen der Darstellung des Gegengutachtens werden die Benutzer des Gehsteigs und der Aufenthaltsbereiche unter Bäumen in ihrer freien Sicht und Wahrnehmung insbesondere auf das Meidlinger Platzl und seine Gestaltung, sowie auf Alleebäume, behindert.
Die Argumentation, dass die Vitrine den Baum nicht zur Gänze sondern 'nur' den Stamm des Baumes verstellt ist irrelevant. Auch die teilweise Verstellung ist eine Minderung des Stadtbildes und gerade der Stamm ist ein wichtiger morphologischer Bestandteil von Bäumen, von Alleen und somit des Stadtbildes.
Es wird weiters argumentiert, dass die Verstellung der Sichtrelation für Passanten und Passantinnen nur vorübergehend ist. Auch die zeitweise oder teilweise Störung des Stadtbildes ist aus Sicht der Stadtgestaltung zu vermeiden.
Zu Punkt 2:
Die Argumentation, dass das in Rede stehende Element in einem ausreichend breit dimensionierten Straßenraum, unter Einhaltung diverser Abstände, in einer Möblierungszone liegt und deshalb keine Störung des Stadtbildes aufgrund von barriereartiger Wirkung, visueller Enge und Verstellen hervorrufen kann, ist unrichtig.
Jedes Element, wie auch das gegenständliche, nimmt in einem Straßenraum, auch in einem sehr breiten, gewissen Raum, erzeugt naturgemäß ein 'Engerwerden' des psychisch wie auch des visuell wahrnehmbaren Straßenraums.
Eine barriereartige Wirkung ergibt sich deswegen, weil das Element quer zum Verlauf der Straße positioniert ist. Die Barriere ist, wenn nicht unbedingt eine räumliche, wie das Gegengutachten darstellt, so doch in jedem Fall eine visuelle. Damit bleibt das bereits festgestellte 'Verstellen', welches sich sowohl auf räumliche als auch visuelle Gegebenheiten beziehen kann, aufrecht.
Auch im sogenannten 'passiven Gehsteigsbereich' - der Möblierungszone, welche infrastrukturell erforderliche Elemente des öffentlichen Raumes aufnimmt, sind architektonisch begründete Abfolgen und Abstände der Elemente einzuhalten. Das Gegengutachten formuliert die Begriffe 'aktiver' und 'passiver' Gehsteigbereich mit dem Ziel das Wort 'Ruhebereich' nicht auszusprechen. Gleichzeitig wird im nächsten Absatz der Anspruch der Aufenthaltsbereiche unter Bäumen auf visuelle Ruhe und Erholung abgesprochen. In einer urbanen, hoch frequentierten Straße wie der Meidlinger Hauptstraße gibt es differenzierte Ansprüche, wozu auch die Ausprägung von Ruhebereichen zu zählen ist. Das Transportieren 'visuell dominanter, naturgemäß auffälliger Bildinhalte' in diesen Bereichen (ist)als Störung des Stadtbildes zu bezeichnen.
Zu Punkt 3:
Um die Störung des Stadtbildes durch Werbeanlagen hintan zuhalten, wurde im 'Wiener Werbeanlagenkonzept 2008' die Eignung von besonderen Werbeanlagen für Kategorien von Straßenräumen untersucht. Dafür wurden die betrachteten Straßenräume nach Nutzung, Funktion und gestalterischer Wirkung im örtlichen Stadtbild charakterisiert und geordnet. Ziel der Stadtgestaltung ist es Werbeanlagen lokal, in gemäß Straßenkategorisierung geeigneten Straßenräumen zu konzentrieren und durch Standortkriterien das Stadtbild einheitlich zu gestalten.
Wie schon in den vergangenen Stellungnahmen erörtert, ist ein Stadtraum nicht immer eindeutig einer Kategorie zuzuordnen. Die Meidlinger Hauptstraße ist in differenzierbare Abschnitte und Funktionen gliederbar. Am betroffenen Standort der sich unmittelbar vor der ausgedehnten städtischen Wohnhausanlage des August-Fürst-Hofes befindet, ist die Anwendung der Zeile der Kategorie überwiegende Wohnnutzung jedenfalls berechtigt. Weil die Vitrine kein notwendiges Stadtmöbel ist, stört sie das örtliche Stadtbild.
Somit ist aus den o.a. Gründen das vorliegende Ansuchen aus stadtgestalterischer Sicht auch weiterhin abzulehnen."
Diese Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 19 wurde der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin gab dazu keine weitere Stellungnahme ab.
Hierauf hat die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Soweit für die Beschwerdeverfahren erheblich, führte sie in den beinahe wortgleichen Begründungen der angefochtenen Bescheide nach einer auszugsweisen Wiedergabe der Amtsgutachten, des Privatgutachtens und der ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen jeweils aus, dass die Gutachten der Magistratsabteilung 19 unter Beiziehung des "Wiener Werbeanlagenkonzepts 2008" in ihrer Gesamtheit klar und nachvollziehbar darstellten, aus welchen Gründen die Aufstellung von Bezirksinformationsanlagen am verfahrensgegenständlichen Standort das Stadtbild beeinträchtigen würde. Schlagkräftige (Gegen
)Argumente, die diese Beurteilung der Amtssachverständigen der MA 19 in Zweifel ziehen hätten können, seien nicht vorgebracht worden. Betreffend den Standort "Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 8-10" führte die belangte Behörde zudem aus, dass der Amtssachverständige der MA 19 in seiner Stellungnahme vom jeden Punkt des Gegengutachtens der Beschwerdeführerin entkräftet habe.
Gegen diese Bescheide (beim zweitangefochtenen Bescheid nur hinsichtlich des Standortes Radingersstraße / Ofnergasse - der Bescheid betraf auch andere Standorte) richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in ihrem Recht auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gebrauchsabgabengesetzes 1966 für Wien (GAG) idgF lauten auszugsweise:

"§ 1 Gebrauchserlaubnis

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den zugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

(2) Jeder in der Sondernutzung (Abs. 1) nicht angegebene Gebrauch, der über die bestimmungsgemäße Benützung der Verkehrsflächen nach den straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen hinausgeht, bedarf der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin.

§ 2 Erteilung der Gebrauchserlaubnis

(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. …

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist."

Zu § 2 Abs. 2 GAG ist festzuhalten, dass entgegenstehende öffentliche Rücksichten im Sinne der genannten Bestimmung bereits dann vorliegen, wenn auch nur ein entsprechender Umstand als solcher Gesichtspunkt des Stadt- und Grünlandbildes zum Tragen kommt. Es ist nicht notwendig, dass es mehrere, aus Gründen des Stadt- und Grünlandbildes der Gebrauchserlaubnis entgegenstehende Umstände gibt.

Zum Standort Meidlinger Hauptstraße hat die MA 19 nachvollziehbar dargestellt, dass die Vitrine die Sicht auf die Bäume verstellte. Dabei sind, wie die MA 19 zutreffend annimmt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/05/0187) alle möglichen Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen und nicht nur solche, die in bestimmter Entfernung von der Anlage liegen. Es ist auch nicht bestritten, dass es sich dabei um eine stadtbildrelevante Allee handelt. Nicht als unschlüssig kann es daher erkannt werden, dass auch die Verstellung bloßer Baumteile durch ein Werbeelement negative Auswirkungen auf das Stadtbild hat. Der belangten Behörde kann daher schon im Hinblick darauf nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auf der Grundlage der Äußerungen der MA 19 die Berufung abgewiesen hat.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich des Standortes Radingergasse hat die belangte Behörde den Amtssachverständigen nicht mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gegengutachten befasst. Es wäre jedoch Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ihren Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinander zu setzen und insbesondere auch dessen Grundlagen zu erörtern und darzulegen, warum die Annahmen des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht richtig sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/05/0297, und vom , Zl. 2009/09/0138).

Der zweitangefochtene Bescheid war daher im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am