VwGH 25.04.2013, 2012/10/0153
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der IW in Graz, vertreten durch Mag. Stefan Benda, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A B26-3160/2011-8, betreffend Berichtigung eines Bescheides in einer Angelegenheit der Hilfe für Menschen mit Behinderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom hat die Steiermärkische Landesregierung ihren Bescheid vom (der durch Beschwerde zur hg. Zl. 2012/10/0025 lediglich in seinem zweiten Spruchpunkt angefochten wurde) gemäß § 62 Abs. 4 AVG dahingehend berichtigt, dass im ersten Spruchpunkt anstelle des Leistungszeitraumes bis (für den die Geldleistung "Persönliche Assistenz" für Familienentlastung und Freizeitassistenz im Ausmaß von 300 Jahresstunden - ohne Selbstbehalt - zuerkannt wurde) der Leistungszeitraum bis zu lauten habe und in der Begründung des Bescheides auf Seite 10 darauf Bezug zu nehmen sei, dass mit Bescheid der ersten Instanz 300 (anstatt 240) Jahresstunden der Geldleistung "Persönliche Assistenz" vom (anstatt ) bis zugesprochen worden seien.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall gehe sowohl aus der (gemeint:) Begründung des Bescheides vom , in der der Spruch des Bescheides der erstinstanzlichen Behörde (zu ergänzen: zunächst zweimal richtig) zitiert worden sei, als auch aus der Berufung der Beschwerdeführerin und deren weiterer Eingabe, mit der ihre Berufung teilweise zurückgezogen, aber hinsichtlich des Zeitraumes bis unverändert aufrechterhalten worden sei, hervor, dass es sich bei dem im Spruch versehentlich angeführten Zeitraum bis um einen für jedermann erkennbaren Irrtum handle, der bei entsprechender Aufmerksamkeit der Behörde bereits bei Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können. Der Zeitraum laute daher richtigerweise bis . Ebenso handle es sich bei der in der Begründung enthaltenen Bezugnahme darauf, dass mit Bescheid der ersten Instanz 240 Jahresstunden der Geldleistung "Persönliche Assistenz" von bis zugesprochen worden seien, um eine offenkundige Unrichtigkeit, die gemäß § 62 Abs. 4 AVG zu berichtigen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid, insoweit damit der Spruch des Bescheides der belangten Behörde vom berichtigt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Beschwerde bringt zusammengefasst vor, der dem Bescheid vom zugrunde liegende Antrag stamme vom (und nicht etwa aus März oder April 2011). Leistungen seien gemäß § 42 Abs. 3 Steiermärkisches Behindertengesetz (Stmk. BHG) im Regelfall ab Antragstellung zuzuerkennen und würden von der belangten Behörde auch ab Antragstellung zuerkannt. Bei der Härtefallberechnung werde von der belangten Behörde im berichtigten Bescheid auch eine Berechnung für das Jahr 2010 vorgenommen. Der erstinstanzliche Bescheid sei im berichtigten Bescheid (an näher genannter Stelle) richtig wiedergegeben worden; die belangte Behörde sei sich daher bewusst gewesen, dass in erster Instanz die Leistung erst ab zuerkannt worden sei. Dennoch habe die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Leistungszuerkennung auch für das Jahr 2010 geprüft. Die belangte Behörde habe auch in anderen Fällen die Leistung "Persönliche Assistenz" schon ab dem Antragsdatum oder dem (dem Antrag folgenden oder vorangegangenen) Monatsersten anstelle eines in erster Instanz festgesetzten späteren Beginnes zuerkannt; dazu würden entsprechende Bescheide der belangten Behörde vorgelegt. Die belangte Behörde sehe sich auch regelmäßig, wie im Falle der Beschwerdeführerin im berichtigten Bescheid, als befugt an, bei erstinstanzlich zuerkannten Leistungen auch über solche Zeiträume abzusprechen, hinsichtlich derer der erstinstanzliche Bescheid nach dem Willen des Berufungswerbers nicht mehr angefochten werden solle. Die Befugnis zu Letzterem möge strittig sein, für die Frage der Zulässigkeit einer Berichtigung sei aber nicht maßgebend, ob die belangte Behörde zu Recht oder zur Unrecht auch über nicht vom erstinstanzlichen Bescheid oder der Berufung umfasste Zeiträume abspreche. Es könne daher mit guten Gründen davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde ihre Rechtsmeinung, wonach Leistungszuerkennungen ab Antragstellung gebührten, auch im Falle der Beschwerdeführerin gegenüber der erstinstanzlichen Behörde durchsetzen habe wollen und daher die Leistung ab zuerkannt habe.
Das Vorliegen eines Versehens sei daher in höchstem Maße in Frage zu stellen, von einer Offenkundigkeit könne aber jedenfalls keine Rede sein. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin "so wie auch eine mit dem Fall vertraute durchschnittliche Verfahrenspartei" davon ausgehen können, dass die belangte Behörde unter Berufung auf das ihr eingeräumte Recht, ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den Bescheid der ersten Instanz nach jeder Richtung abzuändern, den Leistungsbeginn in Abhängigkeit vom Antragsdatum festgesetzt habe. Da die belangte Behörde im berichtigten Bescheid auch in anderer Hinsicht ihr Recht auf Bescheidabänderung exzessiv und abweichend von der Einschränkung der Berufung interpretiert habe, könne sie sich nun nicht darauf berufen, dass die Beschwerdeführerin in der Berufung nur auf die Frage des Härtefalles und auf den Zeitraum bis Bezug genommen habe und daraus die Offenkundigkeit eines Versehens ableiten. Es lägen auch insofern Verfahrensmängel vor, als der entscheidungswesentliche Sachverhalt, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen eines offenbaren Versehens, dem angefochtenen Bescheid "nicht deutlich zu entnehmen" sei und die belangte Behörde auf Einwände der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren gegen die Annahme eines Schreibfehlers oder eines offenbaren Versehens im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG nicht eingegangen sei.
Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde allerdings nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde (unter anderem) Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Berichtigungsfähig ist ein Bescheid, wenn die Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist. Offenbar auf einem Versehen beruht die Unrichtigkeit dann, wenn sie für den Bescheidadressaten klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es kommt dabei letztlich auch auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile (z.B. Begründung) bzw. auf den Akteninhalt an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/10/0159, mwN).
Diese Voraussetzungen hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Recht angenommen: Entgegen der Beschwerdeansicht lässt sich dem berichtigten Bescheid keinerlei Hinweis darauf entnehmen, dass die belangte Behörde Leistungen für einen Zeitraum zuerkennen wollte, der vor dem von der Behörde erster Instanz festgesetzten und von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht bekämpften Leistungsbeginn mit liegt. Der berichtigte Bescheid enthält in seiner Begründung weder eine Bezugnahme auf das Antragsdatum noch bringt er zum Ausdruck, dass hinsichtlich des Leistungsbeginns von der Entscheidung der Behörde erster Instanz abgewichen werden solle. Auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bescheide der belangte Behörde, in denen die Zuerkennung von Leistungen abweichend von der Erstbehörde mit dem Antragsdatum verknüpft werden, stützen gerade nicht die Beschwerdeannahme, dies wäre auch im vorliegenden Fall beabsichtigt gewesen, enthalten diese Bescheid doch explizite Ausführungen dazu, dass die Berufungsbehörde insofern eine Abänderung vornimmt. Gerade Letzteres ist dem berichtigten Bescheid aber nicht zu entnehmen.
Auch die Ausführungen der belangten Behörde im berichtigten Bescheid zur Frage der Zulässigkeit einer Berufungszurückziehung hinsichtlich des Zeitraumes vom bis lassen jeglichen konkreten Zusammenhang mit einer im Berufungsverfahren von der belangten Behörde beabsichtigten Ausdehnung des von der Erstbehörde zuerkannten Leistungszeitraumes vermissen. Entgegen den Beschwerdeausführungen lässt sich dem berichtigten Bescheid auch keine "Härtefallberechnung" für das Jahr 2010 entnehmen. Die belangte Behörde hat insoweit lediglich den für das Jahr 2010 und Jänner bis Juni 2011 geltenden Richtsatz für alleinstehend Unterstützte gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 lit. a Stmk. BHG, der somit für den Zeitraum bis noch relevant war, und denjenigen ab gesondert dargestellt.
Der Beschwerdeansicht, es bestünden gute Gründe für die Annahme, die belangte Behörde habe eine Leistungszuerkennung ab Antragstellung auch im Falle der Beschwerdeführerin gegenüber der erstinstanzlichen Behörde durchsetzen wollen und daher die Leistung ab zuerkannt, ist demnach nicht zu folgen. Vielmehr lässt die zweimalige richtige () und einmalige falsche () Wiedergabe des von der Erstbehörde festgesetzten Beginns des Leistungszeitraumes in der Begründung des berichtigten Bescheides bei vollständigem Fehlen von Ausführungen dazu, dass insofern von der Erstbehörde abgewichen werden solle, nur den Schluss zu, dass das im Spruch des berichtigten Bescheides genannte Datum eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit darstellt, die von der belangten Behörde im Grunde des § 62 Abs. 4 AVG berichtigt werden konnte.
Was schließlich die von der Beschwerde behaupteten Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides anbelangt, so wird nach dem Gesagten deren Relevanz iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht konkret aufgezeigt.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2012100153.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAE-72842