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VwGH vom 20.09.2011, 2008/01/0611

VwGH vom 20.09.2011, 2008/01/0611

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des V A in G, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 35/IV - A 1057/2006, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer behauptet, er sei ein nigerianischer Staatsangehöriger und halte sich seit 2000 im Bundesgebiet auf; nach seiner Darstellung habe er vor seiner Einreise nach Österreich in Nigeria und drei Jahre in Griechenland gelebt. Am heiratete er in Athen/Griechenland die österreichische Staatsbürgerin HJB.

Am beantragte der Beschwerdeführer unter dem Namen "A A, geboren am in U/Nigeria" bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Auf Grund bescheidmäßiger Namensänderungen jeweils vom führt der Beschwerdeführer seither den Namen "V A".

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer (unter dem Namen A A) gemäß § 11a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 die österreichische Staatsbürgerschaft mit Wirkung vom verliehen.

Dieser Verleihung lag zu Grunde, dass laut einem Bericht der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom unter der Identität "A A" keine Einbürgerungshindernisse hervorgekommen waren.

Der Bundesminister für Inneres stellte am einen Antrag auf Wiederaufnahme des Staatsbürgerschaftsverfahrens gemäß § 35 StbG in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG. Zu diesem Antrag wurde auf einen Bericht des Bundeskriminalamtes vom verwiesen. Demnach sei bei der erkennungsdienstlichen Behandlung (Abnahme der Fingerabdrücke) des Beschwerdeführers (unter dem Namen "V A") am festgestellt worden, dass idente Fingerabdrücke (auch) unter der Identität "J Ad, geboren am in Sierra Leone" eingelegen seien. Über Interpol Wiesbaden sei nunmehr bekannt geworden, dass in Deutschland idente Fingerabdrücke dieser Person unter der Identität "C T, geboren am in Kamerun" einliegen würden.

Daraufhin habe die belangte Behörde umgehend ein Ermittlungsverfahren zur Feststellung konkreter Wiederaufnahmegründe und Einbürgerungshindernisse im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Identitäten des Beschwerdeführers eingeleitet. Derart habe sich dann ergeben, dass der Beschwerdeführer unter der Identität "J Ad" vom Bezirksgericht Wien-Fünfhaus am wegen § 231 Abs. 1 StGB (Gebrauch fremder Ausweise) zu einer Geldstrafe verurteilt worden war; dieses Urteil sei am in Rechtskraft erwachsen, die Tilgungsfrist habe am begonnen.

Der Beschwerdeführer sei unter der Identität "V A" am vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Delikten nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Er habe am (auch) ein 1999 erhobenes Rechtsmittel zurückgezogen, wodurch seine unter der Identität "J Ad" am erlittene Verurteilung wegen § 27 SMG rechtskräftig geworden sei.

Der Beschwerdeführer sei unter der Identität "C T" am vom Amtsgericht Düsseldorf wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Nach Auskunft des Bundesamtes für Justiz (Bundeszentralregister) vom seien die unter "C T" eingetragenen Verurteilungen des Beschwerdeführers aus den Jahren 1996 und 1997 bei weiterer Straffreiheit erst am getilgt. Gegen den Beschwerdeführer würden (laut einer Auskunft der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom ) zudem die näher dargestellten gravierenden verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen (wegen Alkohol am Steuer, Verweigerung der Atemluftuntersuchung, sowie Übertretungen der Straßenverkehrsordnung, des KFG und des Führerscheingesetzes) vorliegen.

Der Beschwerdeführer habe nach Vorhalt der Ermittlungsergebnisse im Rahmen des gewährten Parteiengehörs in seiner Stellungnahme vom die verschiedenen Personenidentitäten und seine festgestellten Aliasidentitäten (ausdrücklich) nicht bestritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom entschied die belangte Behörde wie folgt:

"I. Das mit rechtskräftigem Bescheid vom zu Zahl MA 61/IV-A 1559/03 abgeschlossene Staatsbürgerschaftsverfahren, mit welchem Herrn V A vormals A A, geboren am in U, Nigeria die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, wird von Amts wegen zum Zeitpunkt vor Verleihung wieder aufgenommen.

Rechtsgrundlage: § 69 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung.

II. Der Antrag des V A, vormals A A, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 10 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 2 StbG in der geltenden Fassung."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Staatsbürgerschaftsverfahrens wegen § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG könne gemäß § 35 StbG auf Antrag des Bundesministers für Inneres erfolgen. Da der Wiederaufnahmeantrag des Bundesministers für Inneres vom aber zur Rechtzeitigkeit der Antragstellung kein Vorbringen enthalte, erfolge die Wiederaufnahme auf Grund des festgestellten Sachverhaltes von Amts wegen.

Der Beschwerdeführer habe anlässlich der Antragstellung auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Lebenslauf sowie in den Niederschriften vom und und während des gesamten Staatsbürgerschaftsverfahrens wesentliche Umstände, wie seine Aliasidentitäten "J Ad und C T", seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und seine unter den Aliasidentitäten erlittenen gerichtlichen Verurteilungen und Vormerkungen in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland verschwiegen. Seine Aliasidentitäten habe er in seiner Stellungnahme vom ausdrücklich nicht bestritten.

Trotz Belehrung über die Folgen falscher Angaben habe der Beschwerdeführer am angegeben, dass er von Geburt bis 1997 in Nigeria, von 1997 bis 2000 in Griechenland und ab 2000 in Wien gelebt habe. Anlässlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft am habe er bestätigt, dass er im In- und Ausland nicht gerichtlich bestraft und gegen ihn kein Strafverfahren anhängig sei. Die belangte Behörde sei auf die vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben des Beschwerdeführers im Verleihungsverfahren angewiesen gewesen.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom wegen des Gebrauches fremder Ausweise sei im Verleihungszeitpunkt getilgt gewesen. Jedoch sei am unter der Identität "J Ad" beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein gerichtliches Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen einer Vorsatztat (§ 27 Suchtmittelgesetz) im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft anhängig gewesen; dieses Verfahren sei gemäß § 412 StPO wegen unbekannten Aufenthalts des (am verurteilten) "J Ad" abgebrochen gewesen. Des Weiteren hätten in der Bundesrepublik Deutschland gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Handels mit Betäubungsmitteln bestanden; diese Straftaten, die in Österreich gerichtlich strafbar seien, seien erst (frühestens) am getilgt.

Hätte die belangte Behörde von den genannten Verurteilungen und Vormerkungen rechtzeitig erfahren, hätte sie wegen Vorliegens von Einbürgerungshindernissen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2, 4, 6 und 8 StbG (in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998) die Staatsbürgerschaft nicht verliehen. Im Verleihungszeitpunkt seien ohne Wissen der Behörde die absoluten Einbürgerungshindernisse gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 StbG vorgelegen. Der Beschwerdeführer habe somit der Staatsbürgerschaftsbehörde wesentliche Umstände bewusst verschwiegen und falsche Angaben gemacht. Er habe dadurch die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG erschlichen. Das Staatsbürgerschaftsverfahren sei daher vor der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wieder aufzunehmen.

Das Verleihungsansuchen vom sei abzuweisen, da auf Grund der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers vom durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 28 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und der ungetilgten Verurteilungen aus der Bundesrepublik Deutschland das absolute Einbürgerungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG (in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008) vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 lauten:

"§ 4. Soweit dieses Bundesgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, kommt für seinen Bereich dem Geschlecht und dem Familienstand keine rechtliche Bedeutung zu. Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet, in diesen Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebensumstände darzulegen.

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. …

2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrundeliegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;


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3.
4.
gegen ihn nicht wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat oder eines mit Freiheitsstrafe bedrohten Finanzvergehens bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig ist;
…"
§ 10 Abs. 1 Z. 2 StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, lautet:

"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;"

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde bei ihrer von Amts wegen (§ 69 Abs. 3 AVG) verfügten Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verleihungsverfahren wesentliche Umstände über seine persönlichen Verhältnisse, seine gerichtlichen Strafen und das gegen ihn anhängig gewesene gerichtliche Strafverfahren bewusst verschwiegen und darüber falsche Angaben gemacht hat. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG (Erschleichung) gewertet, da diese Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z. 2 und 4 StbG (in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998) von wesentlicher Bedeutung gewesen seien.

Die Beschwerde bringt vor, die "Personenidentität zu T/Ad sowie die Erhebungsergebnisse der belangten Behörde zur Delinquenz unter diesen Identitäten" würden nicht bestritten, der angefochtene Bescheid sei jedoch deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde nur über den Antrag des Bundesministers für Inneres absprechen hätte "müssen". Der Bescheidbegründung sei zu entnehmen, dass dieser Antrag des Bundesministers hätte abgewiesen werden müssen. Sache des Verwaltungsverfahrens sei nur der Wiederaufnahmeantrag des Bundesministers für Inneres gewesen. Eine Wiederaufnahme von Amts wegen sei ausgeschlossen. Der Antrag des Bundesministers für Inneres vom sei aber wegen des Ablaufs der Frist des § 69 Abs. 2 AVG verfristet gewesen und hätte daher zurückgewiesen werden müssen. Das Staatsbürgerschaftsverfahren sei zu Unrecht von Amts wegen wieder aufgenommen worden.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Gemäß § 69 Abs. 3 AVG kann die Wiederaufnahme des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Abs. 1 auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

Im Beschwerdefall wurde vom Bundesminister für Inneres, dem gemäß § 35 StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG auch ein Antragsrecht zusteht, ein Wiederaufnahmeantrag gestellt, die belangte Behörde hat mit dem hier angefochtenen Bescheid jedoch über diesen Antrag nicht entschieden. Das zur Verfristung des Wiederaufnahmeantrages des Bundesministers für Inneres erstattete Beschwerdevorbringen, wie über den Antrag des Bundesministers zu entscheiden gewesen wäre, geht daher ins Leere.

Insoweit der Beschwerdeführer meint, sein Verleihungsverfahren hätte (wegen des Antrages des Bundesministers für Inneres) nicht von Amts wegen wieder aufgenommen werden dürfen, verkennt er die Rechtslage des § 69 Abs. 3 AVG bzw. § 35 StbG, wonach die Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens auch ohne Antrag von Amts wegen verfügen (bewilligen) kann . Daher war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von Amts wegen die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG verfügte.

Die amtswegige Wiederaufnahme auf der Grundlage des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG ist an keine Frist gebunden, sie kann zeitlich unbegrenzt verfügt werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69, Rz 77 mwN). Dass die belangte Behörde von der ihr in § 69 Abs. 3 AVG eingeräumten Befugnis nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist - wie im Folgenden näher ausgeführt - nicht zu ersehen.

§ 24 StbG zufolge ist eine Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG auch zulässig, wenn der Betroffene dadurch staatenlos wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/01/0017).

Zur Abweisung des Verleihungsansuchens (im wiederaufgenommenen Verfahren) erstattete der Beschwerdeführer kein Vorbringen.

Bei der amtswegigen Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 3 AVG ist der Behörde Ermessen eingeräumt (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 76, Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage, Rz 604, und Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht,

5. Auflage, 321).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom in der Rechtssache C- 135/08, Rottmann, ist, wenn eine Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung zur Folge hat, dass der Betroffene neben der Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats der Einbürgerung die Unionsbürgerschaft verliert, "zu prüfen, ob die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die unionsrechtliche Stellung des Betroffenen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt" (Randnrn. 54, 55 und 59). Bei der Prüfung einer Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung sind - so der EuGH weiter - "die möglichen Folgen zu berücksichtigen, die diese Entscheidung für den Betroffenen und gegebenenfalls für seine Familienangehörigen in Bezug auf den Verlust der Rechte, die jeder Unionsbürger genießt, mit sich bringt. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob dieser Verlust gerechtfertigt ist im Verhältnis zur Schwere des vom Betroffenen begangenen Verstoßes, zur Zeit, die zwischen der Einbürgerungsentscheidung und der Rücknahmeentscheidung vergangen ist, und zur Möglichkeit für den Betroffenen, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit wiederzuerlangen" (Randnr. 56). "Ein Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit durch Täuschung erschlichen wurde", kann "nicht nach Art. 17 EG verpflichtet sein, von der Rücknahme der Einbürgerung allein deshalb abzusehen, weil der Betroffene die Staatsangehörigkeit seines Herkunftsmitgliedstaats nicht wiedererlangt hat" (Randnr. 57). Jedoch ist zu beurteilen, "ob die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit es unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände verlangt, dass dem Betroffenen vor Wirksamwerden einer derartigen Entscheidung über die Rücknahme der Einbürgerung eine angemessene Frist eingeräumt wird, damit er versuchen kann, die Staatsangehörigkeit seines Herkunftsmitgliedstaats wiederzuerlangen" (Randnr. 58).

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides dies noch nicht bedenken, nach den zeitlichen Wirkungen von Vorabentscheidungen des EuGH ist diese Rechtsprechung jedoch bei der Prüfung des Beschwerdefalles zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/01/0855, mit Verweis auf das , KemptnerKG gegen Hauptzollamt Hamburg-Jonas, Slg. 2008, I-00411, Randnrn. 35 und 36, mwN).

Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, in mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechten verletzt worden zu sein.

Die durch die Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens bewirkte Rücknahme der Einbürgerung - verbunden mit dem Verlust auch der Unionsbürgerschaft - ist nach Lage des Falles nicht als unverhältnismäßig zu erkennen: Der Beschwerdeführer hat die österreichische Staatsbürgerschaft durch betrügerische Handlungen (Täuschung) erschlichen. Er erlangte diese Staatsbürgerschaft, indem er das Verleihungsbegehren unter falscher Identität stellte. Der Beschwerdeführer - der angab, gerichtlich unbescholten zu sein - verschwieg derart die in Österreich erlittene Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom wegen § 27 Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten (davon 6 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren; da der Beschwerdeführer sich nach der Verurteilung verborgen hielt und erst am die Zurückziehung seiner Berufung erklärte, wurde diese Verurteilung erst an diesem Tag rechtskräftig) und seine Verurteilung in Deutschland durch das Amtsgericht Düsseldorf vom zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten wegen Handels mit Betäubungsmitteln.

Diese (verschwiegenen) Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Suchtgiftkriminalität, insbesondere wegen Handel mit Suchtgift (Betäubungsmitteln), sind unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Ordnung bzw. der Gefahr der Verwendung von Betäubungsmitteln für die Gesellschaft als besonders schwerwiegend anzusehen. Daher ist ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass der - wie dargestellt - in dieser Hinsicht verurteilte Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht erlangt, vorgelegen. Auch hatte er niemals sonst Anspruch auf Erlangung der (erschlichenen) österreichischen Staatsbürgerschaft.

Der Beschwerdeführer wurde am durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 28 SMG - weil er das Inverkehrsetzen großer Mengen von Kokain und Heroin in der Absicht organisiert hatte, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen -

zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt, die er seither (unter Anrechnung der Vorhaft) verbüßt.

Der Zeitraum zwischen der erschlichenen Verleihung der Staatsbürgerschaft (Oktober 2004) und der Rücknahme dieser Verleihung (August 2008) war kurz und fällt daher nicht besonders ins Gewicht. Im Hinblick darauf, dass er seit 2006 keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging und seit 2007 seine längere Freiheitsstrafe verbüßt, ist - selbst bei Zutreffen eines Familienlebens aufgrund seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin - eine wesentliche Integration des Beschwerdeführers nicht erkennbar.

Zur Möglichkeit einer Wiedererlangung seiner "alten Staatsbürgerschaft" ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nicht Staatsbürger eines Mitgliedstaates der EU war, aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse und angesichts seiner mehrfachen Aliasidentitäten (verbunden mit Aliasstaatsbürgerschaften) jedoch unbeantwortet bleiben muss, welche Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer - dessen wahrer Herkunftsstaat unbekannt ist - hatte. Vor dem Hintergrund der festgestellten internationalen Betätigung des Beschwerdeführers in der Drogenkriminalität ist ein öffentliches Interesse an einer Beibehaltung der Unionsbürgerschaft zu verneinen.

Nach Lage des Falles besteht unter Beachtung der aus dem Unionsrecht sich ergebenden Grundsätze, insbesondere jenes der Verhältnismäßigkeit, unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. das genannte Randnrn. 55, 57, 59 und 63) insgesamt betrachtet keine unionsrechtliche Verpflichtung von der Rücknahme der Staatsbürgerschaft abzusehen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am