VwGH vom 22.04.2015, 2012/10/0122
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des X Y in Z, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Oliver Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-560160/4/Re/Th, betreffend bedarfsorientierte Mindestsicherung (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vom auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes gemäß den §§ 4 ff iVm 13, 27 und 31 Oberösterreichisches Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies der belangte Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.
Begründend führte der belangte UVS - nach Darlegung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, dass dem am in Eritrea geborenen Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Der Beschwerdeführer habe am das 18. Lebensjahr vollendet und den vorgelegten Unterlagen zufolge am die Externistenprüfung für den Abschluss der Pflichtschule bei der Hauptschule 2 in Steyr abgelegt. Eine Schulausbildung zur Vorbereitung auf die Externistenprüfung habe er nicht absolviert. Der Beschwerdeführer habe allerdings vom bis an einem Vorbereitungskurs für die Ablegung der Externistenprüfung beim Berufsförderungsinstitut in Steyr teilgenommen. Unabhängig von der Qualifikation dieses Lehrganges als "Schulausbildung" im Sinne des § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG habe der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen aber nicht erfüllt, da der Beginn dieses Lehrganges am bereits nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Beschwerdeführers gelegen war.
In der dagegen erhobenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG) erlassen wird, LGBl. Nr. 74/2011, lauten auszugsweise:
"§ 4
Persönliche Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter
Mindestsicherung
(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die
1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und
...
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,
...
(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall - abweichend von Abs. 1 - auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit
1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und
2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.
§ 5
Sachliche Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung
Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist, dass eine Person im Sinn des § 4
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1. | von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und |
2. | bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7). |
... | |
§ 11 | |
Einsatz der Arbeitskraft |
(1) Hilfebedürftige haben ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.
(2) Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.
(3) Der Einsatz der Arbeitskraft darf insbesondere nicht verlangt werden von
...
5. Schülerinnen und Schüler, die in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen.
..."
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der erste persönliche Kontakt des Beschwerdeführers zum österreichischen Schulwesen mit dem Ablegen der Externistenprüfung am bei einer Hauptschule in Steyr stattgefunden habe. Eine "Schulausbildung" zur Vorbereitung auf diese Externistenprüfung habe der Beschwerdeführer nicht absolviert.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Ergebnis ein, dass der von ihm von November 2008 bis April 2009 bei einem Bildungsverein besuchte Vorbereitungslehrgang zum externen Hauptschulabschluss als "Schulausbildung" im Sinne des § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG anzusehen sei. Des Weiteren rügt die Beschwerde als Verfahrensmangel, dass der belangte UVS die vom Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Berufung vorgelegte Teilnahmebestätigung dieses Bildungsvereines nicht berücksichtigt habe.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Als "Schulausbildung" im Sinne des Oö. BMSG kommt grundsätzlich die Ausbildung an einer Schule im Sinne der Art. 14 und 14a B-VG und gemäß § 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG) in Frage. Diese Auffassung kommt in der hg. Judikatur dadurch zum Ausdruck, dass zum Begriff "Schulausbildung" ausgeführt wird, dass ein "privater Kurs" nicht als "Schulausbildung" angesehen werden könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/11/0283) bzw. dass der Abbruch eines Selbststudiums dem Abbruch einer Schulausbildung nicht gleichzuhalten sei (vgl. VwSlg. 6925A/1966). Auch die Materialien zur Art. 15a B-VG-Vereinbarung über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung (deren Art. 14 Abs. 3 Z 5 die Bestimmung des § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG entspricht) zeigen, dass unter "Schulausbildung" nicht jede Ausbildung an einer Bildungseinrichtung zu verstehen ist. So wird darauf hingewiesen, dass das Studium an einer Hochschule oder an einer ähnlichen Einrichtung grundsätzlich nicht als "Erwerbs- oder Schulausbildung" im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Z 5 anzusehen sei (vgl. 677 BlgNR 24. GP 18). Dem belangten UVS kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn er den - vom Beschwerdeführer vor dessen Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen - Vorbereitungskurs bei einem privaten Bildungsträger nicht als "Schulausbildung" im Sinne der oben genannten Gesetzesbestimmung qualifiziert.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am